Galeerenstrafe in Neuzeit und Antike

Gegenkaiser

Gesperrt
Frohes Neues Jahr werte Forumsgemeinde,

es hat sich ja mittlerweile unter kundigen Betrachtern herumgesprochen, dass die Galeerenstrafe in der Antike praktisch unbekannt war, und dass die entsprechende Szene in Ben Hur reine Fiktion ist. Allerdings kam es durchaus zum sporadischen Einsatz von Sklaven, die aber meist vor oder nach dem Einsatz freigelassen wurden. In der Regel bestanden die Rudermannschaften auf antiken Kriegsschiffen aus Bürgern, Halbbürgern, Bundesgenossen und Angeheuerten, also aus freien Männern.

Ganz anders dagegen in der frühen Neuzeit (1450-1750), als sowohl christliche (Franzosen, Spanier, Venedig, etc.) als auch moslemische Kriegsmarinen (Türken, algerische Korsaren) rücksichtslos andersgläubige Kriegsgefangene, 'Kriminelle' oder eingekaufte Sklaven auf die Ruderbänke zwangen. So konnten nach dem Sieg der christlichen Koalition in Lepanto 1571 15 000 (!!) christliche Rudersklaven befreit werden. Erst die schrittweise Ablösung der Galeere durch das Breitseiten-Segelschiff hat dieser Praxis ein langsames Ende bereitet.

War die viel gescholtene Antike also in dieser Hinsicht moralisch besser als die vermeintlich so aufklärerische Neuzeit? Und wie kommt es, dass Griechen und Römer auf den Einsatz von freien Ruderern vertrauten, wohingegen Franzosen und Türken so sehr auf versklavte Rudermannschaften angewiesen zu sein glaubten?

Literaturhinweise, die der Diskussion mehr Substanz verleihen können, sind sehr willkommen.
 
Thema läuft ja wie am Schnürchen...
Was soll man dazu sagen? Die Sklaverei war selbst im ach so fortschrittlichen Europa bis ins 18.Jh. nicht geächtet und erst an der Wende zum 19.Jh. kam es in Frankreich und dann noch entscheidender in England zu erfolgreichen Versuchen, die Sklaverei einzudämmen, anfangs erstmal nur betreffend den Sklavenhandel und das war in den letzten Dekaden der Herrschaft George III. schon ein riesiger Aufwand für die Abolutionisten, das im Unter- und Oberhaus, wo viele vom Sklavenhandel profitierten durchzusetzen. Also was soll dann daran überraschend sein, dass man auf Sklaven für Tätigkeiten zurückgriff, für welche diese prädestiniert waren, da sie dafür verfügbar waren?

@ Gegenkaiser
PS: Da hast Du ja auch nicht mitgemacht. http://www.geschichtsforum.de/f288/die-ganze-welt-einem-park-12882/
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

also zu dem Einsatz von Sklaven auf Kriegsschiffen in der Antike und später bei den Römern gibt es gegensätzliche Darstellungen. Ist gibt einmal die Behauptungen, das die Griechen keine Sklaven hatten, dafür aber die Römer.

Siehe Link:
Griechenland Superathleten auf antiken Kriegsschiffen - Wissen - sueddeutsche.de

Und dann wieder die Angabe:

Das Militär bediente sich auch der Sklaven, die den Hopliten dienten, sowie als Ruderer auf den Kriegsschiffen.
Rom hatte im Gegensatz zu Griechenland kaum Rudersklaven. Die wenigen die zum Einsatz kamen, wurden nach ihren Einsätzen frei gelassen.

Siehe Link:
Sklaverei in der Antike

Aber Grundsätzlich kann ich mir den Einsatz von Sklaven auf wichtigen Positionen eines Kriegsschiffes, zu welcher Zeit auch immer, nur schwer vorstellen.
Meist waren die Kriegsschiffe komplexe und sehr technische Bauten, sie verliehen der Nation, die welche besahsen Macht und Ansehen.
Um diese auch zumeist teuren Kriegsschiffe zu bedienen, benötigte man in aller Regel Fachpersonal, somit keine Sklaven.
Also auch die Ruderer, die fit sein mussten, um das wichtigste Moment der Ruderkriegschiffe, die Geschwindigkeit und die Bewegung ohne Wind zu halten.
Auch in der Segelkriegschiffzeit waren die Leute in der Takelage genauso Fachmänner, wie die an den Geschützen.
Und später, im Dampfkriegsschiffzeitalter war das Thema Sklaven schon rein von der Gesellschaft her erledigt.

In der Handelsmarine mag das sicher anders sein.
 
Also was soll dann daran überraschend sein, dass man auf Sklaven für Tätigkeiten zurückgriff, für welche diese prädestiniert waren, da sie dafür verfügbar waren?

Meine vollste Zustimmung! Neben dem Soldatenschacher betrieben wohl auch einige deutsche Fürsten einen mehr oder weniger regen "Sklavenhandel". Mir ist aus der Literatur bekannt, dass der Fränkische Reichskreis im 18. Jhdt. regelmässig (jährlich?) "missliebige Personen" (oft mehrere Dutzend) aus seinem Zuchthaus nach Venedig verkaufte.
Nachzulesen (wenn ich mich recht entsinne!) bei Wolfgang Wüst: Die "gute" Policey im Fränkischen Reichskreis, Berlin 2003.
 
Ich wäre bei Begriffen aus dem politischen Kampf wie "Soldatenschacher" sehr vorsichtig, weil sie historisch undifferenziert sind und ein selektives Geschichtsbild wiedergeben. Was du überden fränkischen reichskreis schreibst, ist korrekt.

Kriminelle im Festungsbau, auf den Galeeren oder auch bei gesundheitsschädigenden Arbeiten wie Brillenschleifen oder Süßholzraspeln einzusetzen, dabei hatte man keine Skrupel. Gefangene auf Galeeren zu beschäftigen bot dazu noch den Vorteil, dass man sie erstens für immer los wurde und dafür noch etwas bekam, während man sie in Gefängnissen ernähren mußte. Zu solchen strafen wurden allerdings nur Schwerkriminelle verurteilt, und die Signoria behielt sich offenbar eine "Qualitätskontrolle" des ihnen übergebenen "Menschenmaterials" vor. In Frankreich spielte die Galeerenstrafe bis ins 19. Jhd eine Rolle. Es war allerdings eine Sache Gefangene zur galeere zu verurteilen, eine andere, sie dann auch tatsächlich in den Mittelmeerhäfen abliefern zu können. Manche Gefangene wie der Bandit Mathieu Rouhet, alias der Major wurde mehr als dreimal zur Galeerenstrafe verurteilt, konnte aber jedesmal rechtzeitig türmen. In Gaunerkreisen sprach man daher von 10, 15 Jahren Galeerenstrafe nur abfällig von 10 oder 15 Sous.


Literatur: Ernst Schubert, Arme Leute, Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts, Martin Lange "Räuber und Gauner ganz privat"
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber Grundsätzlich kann ich mir den Einsatz von Sklaven auf wichtigen Positionen eines Kriegsschiffes, zu welcher Zeit auch immer, nur schwer vorstellen.
Meist waren die Kriegsschiffe komplexe und sehr technische Bauten, sie verliehen der Nation, die welche besahsen Macht und Ansehen.
Um diese auch zumeist teuren Kriegsschiffe zu bedienen, benötigte man in aller Regel Fachpersonal, somit keine Sklaven.
Also auch die Ruderer, die fit sein mussten, um das wichtigste Moment der Ruderkriegschiffe, die Geschwindigkeit und die Bewegung ohne Wind zu halten.
@Köbis, Du hast sicher Recht, dass man für die Takelage und die Steuerung eines Schiffes Fachleute benötigt. Für den Riemenantrieb einer Galeere sah das aber anders aus. Mit dem Einsatz des überlangem Scaloccio-Riemens, ab dem 16. Jh, der ein Gewicht von über einer viertel Tonne , eine Länge von 12-15 Metern hatte, und von 5 bis 6 Männern bedient wurde, war kein geschultes Personal mehr nötig. Man stellte die Mannschaft einer Ruderbank immer so zusammen, dass nur ein Neuling darunter war ,der von den Erfahreneren mitgerissen wurde und so seinen Takt fand. Außerdem war diese Arbeit derart gesellschaftlich verachtet, dass kaum noch Freiwillige dafür zu finden waren. Eine lange Strecke zu rudern war nur durch äußerste und brutalste Gawaltanwendung, seitens der Aufseher, durchzuführen. Eine freie Besatzung hätte unter diesen Bedingungen gemeutert. Auch die wenigen freiwilligen Ruderer wurden angekettet und bekamen die Peitsche zu spüren. Für die Bedienung der Segel hatte jede Galeere eine gewisse Anzahl von freien Matrosen an Bord. Geleeren besaßen keine komplizierten, mehrstöckigen Takelagen, sondern nur zwei riesige dreieckige Lateinersegel . Wurden die Segel angeschlagen, so ließ man die lange Rah auf die Bänke herab und die Rudersklaven befestigten das Tuch daran. Auch die Anker wurden, mittels eines Taues, welches unter den Bänken lag, von den Sträflingen aufgezogen. Für die Kriegsführung waren Söldner zuständig, die wärend der Fahrt des Schiffes auf den Laufplanken an den Bordseiten, zwischen den Riemen, auf ihren Seesäcken hockten, die Matrosen hielten sich im Bugbereich auf. Bei Kampfhandlungen war es sicher ein ziemliches Risiko eine so große Anzahl Gefangener auf dem Schiff zu haben, man hatte praktisch seinen größten Feind an Bord. Deshalb wurde auf jeder Seite, eine mit Kartätschen geladene Drehbasse auf die Ruderer gerichtet um diese in Schach zu halten. Muslimische Rudersklaven, wurden bei Kämpfen gegen osmanische Gegner zusätzlich mit Handschellen am Rudergriff gefesselt. Bei der Seeschlacht von Lepanto gab man den christlichen Sträflingen, gegen das Versprechen der Freiheit, Waffen und ließ sie mitkämpfen. Sie hatten keine andere Wahl, da sich ihr Los im Falle des osmanischen Sieges, kaum gebessert hätte. Sie wären umgehend an den Riemen einer türkischen Galeere gekettet worden.

Im Mittelalter verhielt es sich etwas anders. In Venedig stellte jeder Pfarrbezirk eine gewisse Anzahl freiwilliger Ruderer, die eine eigene Kampftruppe bildeten. Sie wurden zwar schlecht bezahlt, bekamen aber einen Anteil an der Beute zugesprochen. Auf Handelgaleeren konnten sie eigene Waren unter ihrer Bank mitführen und mit Profit weiterverkaufen. Mit steigendem Wohlstand wurde es zunehmend schwerer Freiwillige für diese Schinderei zu bekommen. Es hatte sich auch etwas im Zusammenleben auf den Schiffen geändert. Die Ruderer, die früher noch zur Mannschaft gehörten, wurden zunehmend als Gesindel bezeichnet und erhielten aus Einsparungsgründen miserable Verpflegung. Man mußte die Rudermannschaften hauptsächlich in den dalmatischen und griechischen Provinzen anheuern oder Werber schanghaiten junge Männer in Hafenkneipen. Auch griff man in Kriegszeiten immer mehr zu dem Mittel, Freiwillige unter den Kerkerinsassen zu rekrutieren oder ließ zahlungsunfähige Schuldner Ihre Kredite abarbeiten.
Man kann sich das Leben auf einer Galeere nicht schlimm genug vorstellen. Waren sie rein äußerlich wirklich schöne mit farbigen Stoffen und Malereieien verzierte, schnittige Schiffe, so muß der Gestank den sie verbreiteten entsetzlich gewesen sein. Man roch die Galeere schon lange bevor man sie sah. Den fünf Ruderern einer Bank stand ein Raum von 2,50m mal 1,25m zum arbeiten ,essen , schlafen und Notdurft verrichten zur Verfügung. Da ihr Platz nur etwa einen Meter über der Wasseroberfläche lag, waren die Sträflinge ständig der Nässe ausgesetzt. Auch war der Befall mit Ungeziefer unerträglich. Alle litten unter Krätze. Keiner, auch die Soldaten und Matrosen, hatte Platz sich zum schlafen hinzulegen. Man hockte da wo man Platz fand. Nur der Kapitän und die höheren Offiziere besaßen einen kleinen Raum im Heckbereich. Alle Anderen campierten ständig unter freiem Himmel, bei jedem Wetter.
Der Aufseher war der absolute Herrscher über die Ruderer und kein Kapitän hinderte ihn daran, diese nach Lust und Laune zu misshandeln.
In der ruderfreien Zeit strickten viele der Rudersklaven und Sträflinge Strümpfe, die im Hafen verkauft wurden . Von diesem Geld, abzüglich des Anteils des Woll-Lieferanten und des Aufsehers, konnten sich die Männer Wein und zusätzliche Nahrungsmittel kaufen.

Auf diesem Bild ist die Bestrafung eines Ruderers dargestellt.
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Es existieren zwei sehr aufschlußreiche Autobiographien von Galeerenruderern. Eine von Michael Heberer aus Bretten, der 1581 in osmanische Gefangenschaft geriet und 3 Jahre als Sklave an ein Ruder gekettet war . Aus der Zeit des Sonnenkönigs gibt es den Bericht des Hugenotten Jean Marthaile, der als religiös Verfolgter, 12 Jahre als Galeerensträfling leben musste.
 
Grüezi

In der Innerschweiz wurden zwischen 1570 und 1790 zahlreiche Diebe und Betrüger zur Galeerenstrafe verurteilt.

Venedig warb im 16. Jahrhundert in Luzern, Schwyz und Unterwalden um Sträflinge. Die Kantone veranstalteten darauf hin Bettlerjagden und verurteilten die brauchbaren Gefangenen zur Galeerenstrafe.

Anfang des 17. Jahrhunderts vereinbarten die Innerschweizer Kantone mit Savoyen einen Vertrag über die Lieferung von Galeerensträflingen. Man sammelte die Sträflinge in Luzern, schmiedete sie zusammen und transportierte sie dann über Bern oder das Wallis nach Savoyen.

Für genauere Angaben müsste ich mal in den Büchern nachschauen...


Gruss Pelzer


.
 
Hallo Pelzer, vielen Dank für diese Informationen, dass Venedig bereits im 16. Jh. Sträflinge aus der Schweiz bekam, wusste ich bisher noch nicht.
:winke:Galeotto
 
Ich hätte mal ne Frage zu den Galeeren. Ist vielleicht ein wenig O.T. aber gab es auch hochseefähige Galeeren oder waren diese Schiffe nur für küstennahe Einsätze geeignet?
 
Ich hätte mal ne Frage zu den Galeeren. Ist vielleicht ein wenig O.T. aber gab es auch hochseefähige Galeeren oder waren diese Schiffe nur für küstennahe Einsätze geeignet?
@Köbis 17, Galeeren waren für den Einsatz auf dem Ozean kaum geeignet. Die Höhe der Dollborde zur Wasseroberfläche betrug im beladenen Zustand nur wenig mehr als einen Meter. Das gewölbte Deck wurde schon bei mittlerem Seegang ständig vom Wasser überspült. Auch war bei größeren Wellen ein Takthalten der Riemen nicht machbar. Handelsgaleeren fuhren zwar von Venedig bis England, aber stets nur die Küsten entlang und hauptsächlich unter Segelantrieb. Auch die Spanier hatten bei der Invasion der Azoren im 16.Jh. einige Galeeren dabei. Lange Fahrten über den großen Teich waren aber schon wegen der großen Menge des benötigten Trinkwassers für bis zu 400 Mann Besatzung nicht möglich. Beim Einsatz im Mittelmeer wurde so häufig wie möglich geankert, um frisches Trinkwasser und Proviant an Bord zu nehmen. Im Winter stellte man ,wegen der häufigen Stürme die Tätigkeit der Galeeren völlig ein.
Galeassen waren wegen ihrer stabileren Bauart hochseetauglicher, hatten aber dasselbe Problem mit dem Proviant für die große Menge an Besatzung. Im Mittelmeer wurden sie aber auch in den Wintermonaten eingesetzt.
 
Hier sind einige Bilder, meiner Galeerenmodelle. Man sieht recht gut, wie wenig Platz zwischen den Dollborden und der Wasserlinie lagen
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Osmanische Galeere 1571
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venezianische Galeasse (Lepanto)
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Es soll französische Mittelmeerhäfen gegeben haben, die sich weigerten Galeeren aufzunehmen, wegen des bestialischen Gestanks, den diese während ihrer Liegezeit verbreiteten.
 
Es soll französische Mittelmeerhäfen gegeben haben, die sich weigerten Galeeren aufzunehmen, wegen des bestialischen Gestanks, den diese während ihrer Liegezeit verbreiteten.
Es gab aber auch Städte, wie Marseille, die enorm von der Anwesenheit der Galeeren profitierten. Da die Schiffe im 17. Jh. die meiste Zeit im Hafen lagen, wurden die Rudersträflinge in der Stadt beschäftigt. Handwerksmeister holten sich Gefangene, um sie, zu einem kläglichen Lohn, für sich arbeiten zu lassen und Textilhändler verkauften die von den Ruderern gestrickten Strümpfe, mit großem Gewinn. Die Musiker, die die Gäste in den Kneipen unterhielten, waren häufig Galeerensträflinge. Im Hafen wurden Buden errichtet ,in denen die Sträflinge für geringen Lohn Dienstleistungen, aller Art anboten (auch illegale, wie Fälscherei und Hehlerei). Unter den Verurteilten befinden sich alle Berufsgruppen, Advokaten, Tischler, Perückenmacher, etc.), die alle zum Niedrigsttarif arbeiten. Die Männer konnten sich mit ihren Einnahmen einige Erleichterungen( Wein, Obst, Bestechungsgelder für die Aufseher um sich von der Peitsche freizukaufen) erkaufen. Auch die Wachen und Aufseher profitierten von den Geschäften der Galeerenruderer, da sie sich von allen Einnahmen, für das an-und abketten, einen Anteil auszahlen ließen. Fluchtversuche waren fast immer zum scheitern verurteilt, da die gesamte Stadtbevölkerung von Marseille auf Sträflingsjagd ging, sobald ein Schuß aus einer Galeerenkanone die Flucht anzeigte, um sich eine Belohnung zu sichern. Der Hugenotte Jean Marteilhe beklagt sich ,in seiner Autobiographie über die totale Mitleidlosigkeit der Provenzalen. Als er mit seinen Leidensgenossen, völlig erschöpft, nach dem langen Kettenmarsch, in Marseille ankam, und die umstehenden Frauen um etwas Wasser bat, erhielt er die Antwort ."Geh nur zu, dort wohin du gehst, wird es dir nicht an Wasser fehlen."

Die Kleidung der Galeerensträflinge:
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Jeder Sträfling erhielt zwei grobleinene Hemden, zwei Unterhosen(wobei men eher Unterröcke sagen muß, da sie wegen der Kette keine Hosenbeine hatten)ein Paar Strümpfe, einen roten wollenen Kittel und einen Regenmantel mit Kapuze aus starkem Segeltuch, den die Ruderer in der Nacht als Zudecke benutzten. Außerden trugen sie eine rote Zipfelmütze, die aber die Ohren freiließ, um die Pfeifsignale der Aufseher hören zu können. Diese Mütze erlangte in der franz. Revolution durch die Jakobiner Berühmtheit.
Schuhe erhielten die Sträflinge keine, um Fluchtversuche zu erschweren.
Wenn sie ruderten trugen sie nur die Unterhosen, anziehen durften sie sich nur wenn die Galeere unter Segeln fuhr.
 
Es gab aber auch Städte, wie Marseille, die enorm von der Anwesenheit der Galeeren profitierten. Da die Schiffe im 17. Jh. die meiste Zeit im Hafen lagen, wurden die Rudersträflinge in der Stadt beschäftigt. Handwerksmeister holten sich Gefangene, um sie, zu einem kläglichen Lohn, für sich arbeiten zu lassen und Textilhändler verkauften die von den Ruderern gestrickten Strümpfe, mit großem Gewinn. Die Musiker, die die Gäste in den Kneipen unterhielten, waren häufig Galeerensträflinge. Im Hafen wurden Buden errichtet ,in denen die Sträflinge für geringen Lohn Dienstleistungen, aller Art anboten (auch illegale, wie Fälscherei und Hehlerei). Unter den Verurteilten befinden sich alle Berufsgruppen, Advokaten, Tischler, Perückenmacher, etc.), die alle zum Niedrigsttarif arbeiten. Die Männer konnten sich mit ihren Einnahmen einige Erleichterungen( Wein, Obst, Bestechungsgelder für die Aufseher um sich von der Peitsche freizukaufen) erkaufen. Auch die Wachen und Aufseher profitierten von den Geschäften der Galeerenruderer, da sie sich von allen Einnahmen, für das an-und abketten, einen Anteil auszahlen ließen. Fluchtversuche waren fast immer zum scheitern verurteilt, da die gesamte Stadtbevölkerung von Marseille auf Sträflingsjagd ging, sobald ein Schuß aus einer Galeerenkanone die Flucht anzeigte, um sich eine Belohnung zu sichern. Der Hugenotte Jean Marteilhe beklagt sich ,in seiner Autobiographie über die totale Mitleidlosigkeit der Provenzalen. Als er mit seinen Leidensgenossen, völlig erschöpft, nach dem langen Kettenmarsch, in Marseille ankam, und die umstehenden Frauen um etwas Wasser bat, erhielt er die Antwort ."Geh nur zu, dort wohin du gehst, wird es dir nicht an Wasser fehlen."

Die Kleidung der Galeerensträflinge:
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Jeder Sträfling erhielt zwei grobleinene Hemden, zwei Unterhosen(wobei men eher Unterröcke sagen muß, da sie wegen der Kette keine Hosenbeine hatten)ein Paar Strümpfe, einen roten wollenen Kittel und einen Regenmantel mit Kapuze aus starkem Segeltuch, den die Ruderer in der Nacht als Zudecke benutzten. Außerden trugen sie eine rote Zipfelmütze, die aber die Ohren freiließ, um die Pfeifsignale der Aufseher hören zu können. Diese Mütze erlangte in der franz. Revolution durch die Jakobiner Berühmtheit.
Schuhe erhielten die Sträflinge keine, um Fluchtversuche zu erschweren.
Wenn sie ruderten trugen sie nur die Unterhosen, anziehen durften sie sich nur wenn die Galeere unter Segeln fuhr.


Was Galeotto schreibt, erinnert mich an einen früheren Beitrag zur Kulturgeschichte des Kaffees. Tatsächlich profitierte Marseille von der Galeerenflotte, und es war nicht nur die französische Flotte, mit der sich Geschäfte machen ließen. So überwinterte oft die türkische Galeerenflotte in Marseille, und die türkischen Ruderer erhielten offenbar reichlich Kaffee zugeteilt. Bald schon entwickelte sich ein schwunghafter Handel mit Kaffee, der u. a. von Limonadenhändlern verkauft wurde. Jedenfalls gehörte Marseille zu den ersten Städten, in denen sich bereits in den 1660er Jahren die ersten Kaffehäuser etablierten.
 
So überwinterte oft die türkische Galeerenflotte in Marseille, und die türkischen Ruderer erhielten offenbar reichlich Kaffee zugeteilt. Bald schon entwickelte sich ein schwunghafter Handel mit Kaffee, der u. a. von Limonadenhändlern verkauft wurde.
@Scorpio, ich glaube nicht, dass ein Zusammenhang zwischen den osmanischen Galeeren und dem Kaffeehandel in Marseille besteht. Über die Ernährung der Rudersklaven ist durch den Bericht des Michael Heberer ziemlich viel bekannt. Kaffee gehörte nicht zu deren Proviant. Als Getränk erhielten sie ausschließlich Wasser, manchmal mit Essig vermischt.
Es ist mir nicht bekannt, dass die Osmanen mehrmals in Frankreich überwintert haben. !543 hatte Chaireddin Barbarossa seine Galeeren in Toulon mehrere Monate vor Anker liegen, was bei den anderen christlichen Mächten zu großer Entrüstung führte. Das Zusammenleben der Osmanen mit der Bevölkerung Toulons soll aber ziemlich friedlich verlaufen sein. Die Kaffeehäuser werden wohl eher durch die guten Handelsbeziehungen Frankreichs, mit der Hohen Pforte entstanden sein.
 
Gibt es ergiebige Homepages oder Bücher, wo das Prozedere mit Verträgen und Galeerensträflingstransport von Dtl. nach Venedig erläutert ist? Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch museumspädagogisch mal ein spannendes Thema ist. Das Problem ist dann vermutlich eher wie man das Ganze so herrunterbricht, dass es A noch erkennbar und B darstellbar ist. Die Gefangenen wurden ja scheinbar gesammelt und dann wiederum zu größeren Sammlungsorten, glaube z.B. nach Nürnberg geschickt, vonwo sie den Weg (zu Fuß?) nach Venedig antraten. Der schwäb. Kreis hatte, glaube ich mich zu entsinnen, noch lange entsprechende Abmachungen mit Venedig. Das Problem war ja irgendwann, dass denen mit den abnehmenden Kreisfestungen die Betätigungsfelder für die Sträflinge ausgingen. Städtische Steinbrüche waren zwar immernoch üblich, aber dürften wohl das typische "Schellenwerk" nicht ganz ersetzt haben. Der Aufwand des Transports der Sträflinge über die Alpen muss ja gewaltig gewesen sein. Von Süddeutschland bietet sich aber wohl kein anderer Weg an als die typische Route über den Brenner(?), die selbe die auch die Touristen im 18.Jh. wählten. :grübel:
 
@Scorpio, ich glaube nicht, dass ein Zusammenhang zwischen den osmanischen Galeeren und dem Kaffeehandel in Marseille besteht. Über die Ernährung der Rudersklaven ist durch den Bericht des Michael Heberer ziemlich viel bekannt. Kaffee gehörte nicht zu deren Proviant. Als Getränk erhielten sie ausschließlich Wasser, manchmal mit Essig vermischt.
Es ist mir nicht bekannt, dass die Osmanen mehrmals in Frankreich überwintert haben. !543 hatte Chaireddin Barbarossa seine Galeeren in Toulon mehrere Monate vor Anker liegen, was bei den anderen christlichen Mächten zu großer Entrüstung führte. Das Zusammenleben der Osmanen mit der Bevölkerung Toulons soll aber ziemlich friedlich verlaufen sein. Die Kaffeehäuser werden wohl eher durch die guten Handelsbeziehungen Frankreichs, mit der Hohen Pforte entstanden sein.

Da werde ich wohl mal nachschauen, welche Originalquellen Ulla Heise (Kaffee und Kaffeehaus 1996) bearbeitet hat, Heise ist Publizistin und Lektorin, keine Historikerin.

So ganz habe ich ohnehin nicht daran geglaubt, bis heute ist der Mokka in der Türkei eher ein Dessert für besondere Anlässe, Hauptgetränk ist Tee, der übrigens auch in der Türkei am Schwarzen Meer geerntet wird.
 
Hier sind einige Bilder, meiner Galeerenmodelle. Man sieht recht gut, wie wenig Platz zwischen den Dollborden und der Wasserlinie lagen
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Osmanische Galeere 1571
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venezianische Galeasse (Lepanto)
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Wunderschöne Stücke, wirklich meisterhaft! Jetzt beim betrachten der Modelle kapiere ich, was antike Autoren meinten, wenn sie von den "Schwingen" eines Schiffs sprachen.
 
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