Als Mann verkleidete weibliche Militärpersonen

Hey Leute:winke:

und wiedermal brauch ich euren fachmännischen Rat...

Das sich Frauen (besonders während des !8/19. Jahrhunderts) aus Angst vor Armut und drohender Prostitution, aber auch aus Patriotismus oder wegen der beruflichen Aufstiegschancen als Männer verkleidet eine karriere beim Militär in angriff nahmen war zu der Zeit nicht "ungewöhnlich" . Vielen gelang es Jahre, Jahrzehnte oder gar Ihr ganzes Leben als Mann getrannt Ihrem Leben dem Militär zu widmen.
z.B.: Angélique Brulon, Maria Schellinck, Marie-Thérèse Figueur, Eleonore Prochaska usw.
All diese Frauen lebten (bis zu Ihrem Tode) unerkannt oder dürften trotz Ihres wahren Geschlechts im Militär bleiben, manche wurden sogar dafür aus gezeichnet und die Regierung nutzte Sie als eine Aushängeschild Ihrer Größe & Macht...

Doch mich interessiert die andere Seite der Medaille, hatte nämlich Hatte eine Frau keine herausragenden Erfolge vorzuweisen und ließ sich gar noch einen anderen Norm-verstoß zu Schulden kommen, oder hatte sie einen unehrenhaften Beruf wie Straßenräuber oder Pirat gewählt, konnte sie mit dem Tode bestraft werden - unter Berufung auf die Bibel, die das Verkleiden explizit verbietet: "Eine Frau soll nicht Männersachen und ein Mann soll nicht Frauenkleider anziehen: Denn wer das tut, ist dem Herrn, deinem Gott, ein Greuel" (5. Buch Mose, 22,5)-Manchmal wurden Sie aus dem Dienst entlassen, auch wenn man manchmal von einer Strafverfolgung absah.

Mich intressiert wie genau fand dann eine solche Entlassung statt:grübel:

Hoffe Ihr könnt Mir helfen
Mit sonnigen Grüßen
Schreiberling89
 
Wenn du schreibst, es wäre nicht ungewöhnlich, dass als Männer verkleidete Frauen lange Zeit im Militär waren, ließe das den Umkehrschluß zu, dass es üblich war. Und das war es nicht. Es gibt gerade mal eine Handvoll dokumentierter Frauen, also durch Quellen belegte, die so lebten.

Die Todesstrafe bei genannten Fällen (Räuberei, Piraterie) hatte wohl weniger mit dem Verkleiden, als dem Delikt zu tun. Nur hatte man durch das verwerfliche Verkleiden als Mann ein Argument mehr, sie in Mißkredit zu stellen.
 
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Hey Caro1:winke:
Ich glaube wir könn realistisch davon ausgehen das Straßenräuber, Piraten und der Gleichen Nicht "aus dem Dienst entlassen" wurde=) sondern ehr die Todesstrafe in solchen Fällen die einzigste Art war solche Kreise zu verlassen-vorallem wenn man eine Frau war, die sich nur als Mann ausgab-Ich glaub da sind wir uns einig.

was Mich jedoch beschäfftigt ist die Frage: wie eine Entlassung aus dem Dienst (uneherenhafte Entlassung) unter solchen Umständen beim Militär des 18/19.Jahrhunderts stattfand? Denn meine Heldin war ebenfalls eine als Man verkleidete Soldatin, deren wahren Identität ans Licht kamm und nun fälschlicher Weise einer Verschwörung bezichtigt wird.

daher würde Mich auch interessieren ob man bei solchen Entlassung (wie in dem Fall) die Uniform "behalten dürfte" bzw. wie die Strafverfolgung in einem solchen Fall aussah
 
daher würde Mich auch interessieren ob man bei solchen Entlassung (wie in dem Fall) die Uniform "behalten dürfte" bzw. wie die Strafverfolgung in einem solchen Fall aussah
Bei einer unehrenhaften Entlassung darf man die Uniform natürlich nicht weiterhin tragen, auch Männer nicht.

Im übrigen war es wohl gerade Napoleon der sich mit weiblichen Soldatinnen gern schmückte. Von Marie Schellinck gibt es auch ein Bild mit Napoleon. Eben diese Marie war ursprünglich aus Belgien.

*Nachtrag* In "La Garçonne" von 1922 beschreibt Victor Margueritte das Leben einer jungen Frau, die sich nachdem sie sich durch den verlobten bedrängt fühlte, anfing sich wie ein Junge zu kleiden und sich gewisse Freiheiten herauszunhemen, was in einem relativ selbstbestimmten Leben gipfelt. Angeblich entstand daraus in etwa zu der Zeit der Garcon-Stil, als Frauen anfingen sich etwas androgyner zu kleiden und Kurzhaarfrisuren zu tragen.
 
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Hey Caro1:winke:
Ich glaube wir könn realistisch davon ausgehen das Straßenräuber, Piraten und der Gleichen Nicht "aus dem Dienst entlassen" wurde=) sondern ehr die Todesstrafe in solchen Fällen die einzigste Art war solche Kreise zu verlassen-vorallem wenn man eine Frau war, die sich nur als Mann ausgab-Ich glaub da sind wir uns einig.

was Mich jedoch beschäfftigt ist die Frage: wie eine Entlassung aus dem Dienst (uneherenhafte Entlassung) unter solchen Umständen beim Militär des 18/19.Jahrhunderts stattfand? Denn meine Heldin war ebenfalls eine als Man verkleidete Soldatin, deren wahren Identität ans Licht kamm und nun fälschlicher Weise einer Verschwörung bezichtigt wird.

daher würde Mich auch interessieren ob man bei solchen Entlassung (wie in dem Fall) die Uniform "behalten dürfte" bzw. wie die Strafverfolgung in einem solchen Fall aussah


Frauen zum Tode zu verurteilen, davor schreckten Obrigkeiten im 18. und 19. Jhd doch zurück, sofern es sich nicht gerade um Kinds- und Giftmörderinnen oder Brandstifterinnen handelte. Gegen die Piratinnen Mary Read und Anne Bonney lagen erdrückende Beweise und Aussagen vor, wegen angeblicher Schwangerschaft wurde aber ein Todesurteil nicht vollstreckt, und es starb Mary Read in Haft, während sich Anne Bonnys Schicksal unklar ist.
Von Mary Read war bekannt, dass sie als Soldatin in Flandern im Spanischen Erbfolgekrieg diente. Ihre Mutter bezog eine Pension und gab die Tochter als Jungen aus.

Bei Lichte besehen war das Leben, dass Frauen, die als Seeleute oder Soldaten ihren Mann standen wenig romantisch. Auf See galten Frauen an Bord in der Regel als gefährlicher, als Havarien und Klabautermänner. In Piratenstatuten wurden Frauen meist nur als Konterbande angesehen, wer welche an Bord schmuggelte, musste damit rechnen, getötet oder ausgesetzt zu werden. Die Verrichtung der Notdurft erforderte Vorsichtsmaßnahmen, denn Frauen, die entdeckt wurden, hatten allen Grund, zu fürchten, vergewaltigt und oder misshandelt zu werden.
 
Zitat:
Caro1 "Bei einer unehrenhaften Entlassung darf man die Uniform natürlich nicht weiterhin tragen, auch Männer nicht."

Wenn sie nicht Ihre Uniformen tragen dürften, was hatten sie dann an? :grübel:
also wenn sie entdeckt wurden und aus der Armee ausgeschlossen wurden? - soweit mir bekannt ist führten Soldaten keine andere Kleidung, außer Ihrer Uniform bei sich:fs:

Zitat:
Scorpio "Die Verrichtung der Notdurft erforderte Vorsichtsmaßnahmen, denn Frauen, die entdeckt wurden, hatten allen Grund, zu fürchten, vergewaltigt und oder misshandelt zu werden."

wäre auch sowas bei Soldaten auf dem Land möglich:detektiv:
 
Zitat:
Caro1 "Bei einer unehrenhaften Entlassung darf man die Uniform natürlich nicht weiterhin tragen, auch Männer nicht."

Wenn sie nicht Ihre Uniformen tragen dürften, was hatten sie dann an? :grübel:
also wenn sie entdeckt wurden und aus der Armee ausgeschlossen wurden? - soweit mir bekannt ist führten Soldaten keine andere Kleidung, außer Ihrer Uniform bei sich:fs:
Ich versteh jetzt deine Frage nicht . :grübel:
Wenn sie unehrenhaft entlassen wurden, waren sie ja keine Soldaten mehr. Es geht hierbei ja nicht um eine Tracht, die man trägt, wenn man mag, sondern im Grunde schlichtweg um "Arbeitskleidung" bzw. das Recht eine Uniform zu tragen. Unberechtigt Uniformen zu tragen, zog ja auch Strafe nach sich.

Ein Polizist darf nach seiner Entlassung, und sei er in Rente, die Uniform auch nicht mehr tragen. Nur so zum Vergleich.
 
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Ich versteh jetzt deine Frage nicht . :grübel:
Wenn sie unehrenhaft entlassen wurden, waren sie ja keine Soldaten mehr. Es geht hierbei ja nicht um eine Tracht, die man trägt, wenn man mag, sondern im Grunde schlichtweg um "Arbeitskleidung" bzw. das Recht eine Uniform zu tragen. Unberechtigt Uniformen zu tragen, zog ja auch Strafe nach sich.

Ein Polizist darf nach seiner Entlassung, und sei er in Rente, die Uniform auch nicht mehr tragen. Nur so zum Vergleich.

Zwischen dem Polizisten im 21. Jahrhundert und er Militärperson im 18. Jahrhundert besteht allerdings ein eklatanter Unterschied: Die Militärperson hatte kaum/keine Kleidung zum Wechseln, der Polizist im 21. Jhdt. hat sicher mehrere Uniformen plus die Alltagskleidung zumal es in unserer Kultur heute als unschicklich - wenn nicht verpöhnt - gilt, Kleidung länger als einen Tag zu tragen, der Waschmaschine und der industriell gefertigten Kleidung sei Dank.
Konnte man nicht durch ein ostentatives Zerstören der Kleidung (Abreißen der Rangabzeichen, der Knöpfe) die Uniform entmilitarisieren?
 
Wenn du schreibst, es wäre nicht ungewöhnlich, dass als Männer verkleidete Frauen lange Zeit im Militär waren, ließe das den Umkehrschluß zu, dass es üblich war. Und das war es nicht. Es gibt gerade mal eine Handvoll dokumentierter Frauen, also durch Quellen belegte, die so lebten.

Die Todesstrafe bei genannten Fällen (Räuberei, Piraterie) hatte wohl weniger mit dem Verkleiden, als dem Delikt zu tun. Nur hatte man durch das verwerfliche Verkleiden als Mann ein Argument mehr, sie in Mißkredit zu stellen.

Wie @Caro bereits schrieb waren als Männer verkleidete Frauen im Militär sehr selten, das beschriebene Szenario ist ziemlich unwahrscheinlich und im Grunde auch recht spekulativ, denn wenn schon über verkleidete Frauen, die sich als Soldaten anwerben ließen, so weiß man noch weniger über Fälle unehrenhafter Entlassung von Frauen aus der Armee. Wenn schon nicht aus dem 18. 19. Jahrhundert, so erzählte mir meine Oma, dass sie sich unter abenteuerlichen Bedingungen, in einen Soldatenmantel gehüllt und mit Stahlhelm auf den Kopf in Gießen in die Kaserne einschmuggeln ließ, in der mein Opa stationiert war, um als jungverheiratete Ehefrau ihren Mann noch einmal zu sehen, der an die Ostfront versetzt wurde. Der Bataillionskommandeur, der meinen Großvater als Unteroffizier schätzte, erfuhr von dieser Geschichte und war geradezu entsetzt. Er erwähnte einen ähnlichen Fall, in dem ein Stabsgefreiter und seine Verlobte dabei aufflogen. Die Militärjustiz war gnadenlos, das Paar wurde angeklagt, eine "Entehrung oder Beleidigung der deutschen Wehrmacht" begangen zu haben, und der Mann soll in ein Strafbataillion versetzt worden sein.
 
Mir fällt spontan nur Nadeshda Durova ein, die als "Alexander Durov" in die russische Armee eintrat...

Da aber ihre Autobiographie einige Widersprüche aufweist, ist die Frage, ob es sich dabei nur um einen Roman oder wirklich um eine Biographie handelt.

Das Buch ist übrigens durchaus interessant zu lesen, der deutsche Titel lautet "Die Offizierin" :)
 
In dem fiktiven, aber zeitgenössischen Roman "Peter Simple" von Frederick Marryat versucht sich eine Frau als Matrose an Bord zu schmuggeln, da sie sich dabei jedoch sehr ungeschickt anstellt (da das Ganze auch eher spontan war) fliegt sie jedoch sofort auf und wird mit einem verbalen - mit Verlaub - Arschtritt nach hause geschickt.
Wie soetwas überhaupt hätte funktionieren sollen ist mir ohnehin schleierhaft, die angeheuerten Matrosen wurden vor dem Auslaufen vom Schiffsarzt untersucht und mussten sich ausziehen, man wollte sich ja keine ansteckenden Krankheiten an Bord holen.
 
Hallo Schreiberling89,

In der Praxis der Werber für Heere der damaligen Zeit halte ich es durchaus für möglich das sich ein Mann mustern lässt, später aber eine Frau für ihn den Dienst antritt. Schließlich gab es keine Lichtbildausweise.
(Diese Mutmaßung bezieht sich auf die Manschaftsränge)
Es gibt genügend Berichte in denen sich Gauner immer wieder anwerben lassen ohne tats. ihren Dienst anzutreten bzw baldigst wieder desrtieren um sich woanders erneut anwerben zu lassen.

Man muß sich ggfls von der Vorstellung einer Venus in Uniform verabschieden wenn man nicht glauben mag das Frauen unter Soldaten leben konnten. (Heute gibt es zb im Handwerk fähige Koleginnen
die man auch erst auf den 2. oder gar 3. Blick als solche, weibl., erkennt)

Ich gehe von einer gewöhnlichen Enttarnung aus, ohne das etwas aussergewöhnliches wie Attentat oder Spionage vorgefallen war
(Einer solchen Person würde man wohl kaum in irgend was Glauben schenken):

Die Entdeckte müsste wohl beantworten was mit dem Namensträger
geschehn, wenns denn kein fiktiver war.
Dann würde man wohl erwarten das sie ihre tats. Identität aussagt.
(Alles mal davon ausgehend das wir es mit einem geordneten Heeresalltag
zu tun haben, nicht grade in der Schlacht oder gar auf dem chaotischen Rückzug, bei dem man übrigens auch eine Identität annehmen könnte)

Glaubt man der Enttarnten wird sie wahrscheinlich mit Pass in ihren Heimatort befohlen. Wir wissen das es ohne schwierig war damals zu reisen. (Darin können z. B auch Modi angegeben sein wie man ihr die Überwingung der Distanz zu ermöglichen hat,bsplw: Speisung und Logis)

(Ob sie diesem Befehl folgt oder wieder nicht gehorcht liegt dann in der Entscheidung der Enttarnten und führt ggfls zur nächsten Straftat)

Damals gehörten Frauen meist (zu) einem Mann. ( Vater, Vormund, Bruder...
was auch immer.
Zuhause angekommen wird die informierte Gerichtbarkeit dann alles weitere entscheiden. (Vom Spinndienst im Arbeitshaus bis Geige auf dem Marktplatz, oder du du du Baroness das war nicht fein,alles möglich und wahrscheinlich abhängig von der Herkunft)

Als letztes die Anmerkung: Wer keinen Armeedienst leisten darf, den kann man nicht entlassen ! (Wer keinen hat dem kann man auch nicht den Führerschein abnehmen)

Grüsse, Geschichteleser
 
ich kenne ein Beispiel aus der Musik, in dem Lied will eine Frau ihren Geliebten nicht in den Krieg ziehen lassen. Oder aber - als Alternative - sich selbst als Mann verkleiden und ihn begleiten.

Auszug aus dem Song "cruel war":
I'll tie back my hair, men's clothing I'll put on,
I'll pass as your comrade, as we march along.
I'll pass as your comrade, no one will ever know.
Won't you let me go with you?
No, my love, no.

Oh Johnny, oh Johnny, I fear you are unkind
I love you far better than all of mankind.
I love you far better than words can e're express
Won't you let me go with you?
Yes, my love, yes.

Yes, My Love, Yes.


ganz nachzulesen hier: Cruel War Lyrics - Peter, Paul & Mary
 
Also erstmal vielen vielen Dank für eure zahlreiche Mithilfe.

Der Song "cruel war" behandelt auf wunderschönste Weise hervorragend dieses Thema - Danke Beetle – Im Übrigen geht es wie Du recht vermutet hast, um ein Mädchen dessen Freund (Johnny) aus kriegsgründen Einberufen wird und Sie nicht will das er geht (da sie nicht ohne Ihn sein kann) und daher beschließt Ihn als sein „Kamerad“ zu begleiten – worauf er schließlich nach langem hin und her und ein wenig Überzeugsarbeit Ihrer Seits – Ihrer Idee schließlich seinen Segen gibt.
Da passt die schöne Geschichte von Scorpios Großeltern sehr gut^^

Auch stimme ich voll und ganz den Ausführungen von Geschichteleser zu – ein sehr, sehr, militär- und geschichtsbegeisteter Freund, der ebenfalls schreibt, hat ebenfalls sowas geäußert.
So könnte zum Beispiel eine dieser Modi gewesen sein ihr reisepraktische Kleidung zu geben, da Frauen denn sowas widerfuhr nur noch ihre Unterwäsche trugen – also was man als Soldat zu der Zeit eben so unter der Uniform trug.
Ebenso gefällt mir Geschichtelesers Idee das Sie während einer Schlacht bzw. chaotischen Rückzugs eine fremde Identität anzunehmen – Nur wie mag Sie das angestellt haben :grübel:

Desweiteren beschäftigt mich die Frage: wurde die Gerichtsbarkeit vor oder nach dem ihr die Heimkehr befohlen wurde, von Ihren Vergehen informiert?

Sonnige Grüße Schreiberling89:winke:
 
Im Übrigen geht es wie Du recht vermutet hast, um ein Mädchen dessen Freund (Johnny) aus kriegsgründen Einberufen wird und Sie nicht will das er geht (da sie nicht ohne Ihn sein kann) und daher beschließt Ihn als sein „Kamerad“ zu begleiten – worauf er schließlich nach langem hin und her und ein wenig Überzeugsarbeit Ihrer Seits – Ihrer Idee schließlich seinen Segen gibt.

Dann sollte dein Liebespaar vielleicht erstmal Nägel mit Köpfen machen und heiraten, denn ansonst kann es deiner Heldin passieren, dass sie nach Entdeckung mit dem erstbesten Kameraden verheiratet wird. Das scheint zumindest auf See die Regel gewesen zu sein, wenn denn eine Demaskierung unumgänglich war.

Zum Thema Toleranz und aktives Übersehen: Du solltest dir, um ein Feeling für diese Dynamik zu kriegen, durchaus auch mal die zeitgenössischen Militärdebatten zu "Don't ask don't tell" anschauen. Da gibt es innerhalb des Militärs auch Strategien, von Queers und sogar Paaren zu wissen, ohne sie rausschmeißen zu müssen. Natürlich gibt es einige interessante Forschung dazu, speziell aus den Südstaaten (verwandtes Thema, Kleinstadtqueers). Zu einer Bloßstellung kommt es eigentlich regelmäßig nur dann, wenn irgendein individueller Hansel Stress macht und alle anderen durch ständiges Hetzen und gezieltes Ansprechen von Vorgesetzten dazu zwingt, eine ihnen bekannte und in der Gruppe akzeptierte Person zu einem Testfall für die geltenden Regeln zu machen - so dass sich die anderen aktiv gegen die Regeln des Zusammenlebens entscheiden müssten, wenn sie ihre Toleranz aufrecht erhalten wollen. In solchen Punkten verliert die "maskierte" Person dann regelmäßig, und wird den Regeln geopfert.

Genau diese Dynamik lässt sich durch die Geschichte hinweg auch bei verkleideten Frauen beobachten, und zwar ganz besonders in der Militärgeschichte, die ja dein Thema zu sein scheint. Ich empfehle hierzu die Lektüre eines sehr (!) guten Buchs zum Thema, nämlich Rudolf Dekker / Lotte van de Pol: "Frauen in Männerkleidern. Weibliche Transvestiten und ihre Geschichte." (1990) Die Faktenlage ist hier gerade im Militärbereich sehr solide, und es wird auf sensible, nuancierte Weise versucht, die ständige Wechselwirkung reeler Lebensentwürfe und gesellschaftlicher Projektion herauszuarbeiten. Das ist meiner Meinung nach gelungen; weiterhin sind die Kapitel klar strukturiert, so dass man auch einzelne Punkte leicht nachschlagen kann, und das Ganze ist gut geschrieben. Für dich vielleicht auch nicht ganz uninteressant ist die Detailverliebtheit der Beschreibungen.

Ich würde dich sehr ermuntern, die Eigendynamik der Verkleidung und deren Auswirkungen auf deine Heldin ernst zu nehmen - ebenso die Verwandlung der Paarbeziehung von Held+Damsell zu Kamerad+Kamerad, was ja auch bei deinem Johnny einiges an seinem Weltbild und Freundinnenbild ins Wanken bringen dürfte. Beide haben plötzlich große Anpassungsarbeit zu leisten, um in diesen veränderten Rollen als Paar bestehen zu können, und dann ist natürlich auch noch Krieg. Das ist psychologisch schon spannend, und für meine Begriffe auch das Spannendste an deinem Plot. Du willst ja sicher nicht einfach eine umgedrehte "Some like it hot"-Situation haben--- oder?

Jedenfalls nähme die Konzentration auf die Eigenynamik des Verkleidens und des Kameradseins auch ein bisschen dieses Fünfziger-Jahre-Feeling aus dem doch schwer unteremanzipierten "Sie folgt ihm überallhin wo er geht, die treue Seele"-Plot. Nichts für ungut. ;)
 
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Die Wikipedia-Liste ist erstaunlich klein. Das Buch, das ich oben zitiert habe, findet allein für die Niederlande zwischen 1550 und 1839 schon gut hundertzwanzig quellenverbürgte Frauen in Männerkleidern, vornehmlich in einem militärischen Zusammenhang. Wobei ich, wie oben angedeutet, auch von einer gewissen großzügigen Dunkelziffer ausgehen würde.
 
Ich habe ein kleines Problem mit folgenden Aussagen, übrigens.

Auf See galten Frauen an Bord in der Regel als gefährlicher, als Havarien und Klabautermänner.

Kann ich dafür eine Quelle sehen? Also, nicht irgendeine Sekundärquelle in der das einfach en passant behauptet wird, sondern tatsächlich etwas Belegtes? Ich habe bisher nämlich noch nie eine Originalquelle von irgendwann gelesen, in dem sowas tatsächlich behauptet wird.

In der Geschichte der Binnenschifffahrt mussten sich Frauen nicht mal verkleiden, um als Fischerinnen, Schmugglerinnen, Standräuberinnen und teilweise sogar Piratinnen agieren zu können - hier gibt es auch unzählige Belege für Frauen mit Kommandos, mein Lieblingsbeispiel ist ja immer Grace O'Malley.

Die Aussage kann sich also nur auf die Tiefseeschifffahrt beziehen, aber auch da bin ich skeptisch. Es wurden doch ständig weibliche Passagiere oder auch weibliche Sklaven zuhauf transportiert, ohne dass sich da irgendwer spezifisch über Unglück beschwert hätte. Und wenn es dann doch Unglück gab und einer Schuld haben musste, dann konnte es einen schielenden Kameraden genauso als angeblichen Auslöser treffen.

Die Story mit dem weiblichen Unglück-bringen usw erinnert mich immer so ein bisschen an die Mär, dass die Leute im Mittelalter angeblich die Welt für eine Scheibe hielten. Und dann hat sich das doch einfach als Story erwiesen, die in der Neuzeit erzählt wurde, um sich vom Mittelalter abzugrenzen. Ich vermute hier sowas Ähnliches und würde das mit den weiblichen Klabautermännern (räusper) zumindest nicht für ein weitverbreitetes Sentiment halten. Ich halte das eher für eine Vorstellung des 19. Jahrhunderts, das den Abenteuerroman als reine Männerdomäne etabliert und diese Schiffs-Phantasieräume betont frauenfrei hält. Aber in historischer Realität.... naja.

Wie gesagt, ich hätte gern eine Quelle.

In Piratenstatuten wurden Frauen meist nur als Konterbande angesehen, wer welche an Bord schmuggelte, musste damit rechnen, getötet oder ausgesetzt zu werden.

Das steht in den Statuten von Captain Bartholomew Roberts, der aber im gleichen Atemzug auch Knaben verbietet (Artikel VI - bisschen runterscrollen). Obwohl tatsächlich sogar die Verkleidung von Frauen erwähnt wird, bezweifle ich doch stark, dass es hier um reine Prüderie geht, oder darum, dass man kämpfende Frauen für undenkbar hält. Wie bereits der Verweis auf "boys" andeutet, geht es in diesem Artikel überhaupt nicht um Frauen als solche, sondern um das Mitbringen von Leuten, die außer Sex keine Funktion an Bord haben und deswegen für Streit und Verteilungsprobleme sorgen könnten.

Diese mitgebrachten Personen beanspruchen eine Stimme, Platz, Schutz und einen Anteil an Essen und Trinken, ohne aber der Schiffsgemeinschaft etwas zurückzugeben oder im Ernstfall an einer Schlacht teilzunehmen - sie bringen nur einer einzigen Person einen "Nutzen," nämlich dem Piraten, der sie mitgebracht hat. Noch schlimmer, denn dieser Pirat hat automatisch einen Statusvorteil, wenn er einen exklusiven Sexualpartner als Sturmgepäck mit sich führt. Status-Allüren geht aber nicht in einer egalitären Nutzgemeinschaft, und zwar absolut gar nicht. Als Antwort auf solche Probleme sehe ich diesen Artikel, nicht als ein generelles Frauenverbot aus Prinzip.

Außerdem gilt das mit der Freiheit von Frauen nicht für alle "Piraten" dieser Zeit. Wie oben schon erwähnt, hatte zB Calico Jack weibliche Besatzungsmitglieder, und die Bukaniere hatten eigene Heiratsrituale, um die Anwesenheit von Frauen in ihrer spezifischen Gesellschaftsordnung gerade zu ermöglichen.
 
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