Die Unterlegenheit der französischen Marine

PeterPanem

Neues Mitglied
Guten Tag! Die Frage die mich beschäftigt ist, warum die französische Marine bei Gefechten mit der englischen meist den Kürzeren zog? Ab dem 18. Jahrhundert ist der Unterschied besonders krass. Das Missverhältnis scheint im Verlauf der Napoleonischen Kriege den Höhepunkt erreicht zu haben. Immer wieder wird in der Literatur die Qualität der französischen Schiffe hervorgehoben – also bleibt nur die Mannschaft als Ursache übrig. Insbesondere aber die Offiziere, die wohl eher wegen der Herkunft ihre Posten bekamen und weniger aufgrund des Könnens.
 
Moin

Die Überlegenheit der engl. Marine resultiert zum großen Teil aus der besseren Ausbildung der Offiziere und Matrosen! Eiserne Disziplin und harter Drill machten sich letztlich im Gefecht bezahlt (so sehr der Drill natürlich von den Mannschaften verflucht wurde).

Hier eine Bemerkung eines franz. Admirals der Mittelmeerflotte, Charles Villeneuve, zur franz. Flotte: "Wir haben schlechte Masten, schlechte Segel, schlechte Takelage, schlechte Offiziere und schlechte Matrosen." [Quelle: G-Geschichte, 3/10]

Die Franzosen "investierten" wohl eher in ein Landheer!

Gruß
Andreas
 
Wir hatten schonmal ein Thema (Thread) dazu. Die Statistiken verdeutlichen schon eine nummerische Unterlegenheit der Franzosen eigentlich durch das ganze 18.Jh., die dann in den Koalitionskriegen noch extremer ausfiel. Hinzu kam, dass die großen Schiffe oft in den Häfen von britischen Blockadeflotten festgenagelt waren.

@ El Quijote
Mit der Taktik hat es nur bedingt zu tun. Theoretisch erlebten die Franzosen ja mehrfach die britische Taktik und zogen auch ihre Schlüsse daraus. Nur konnte oder wollte man nicht die gegnerische Taktik übernehmen, auch wenn die Notwendigkeit dazu schon vielen Seemännern einleuchtete.

Zu den Matrosen und Kapitänen der franz. Marine ist mir erinnerlich, dass zumindest deren Ausdauer und Tapferkeit bis in ausweglose Situationen durchaus auch von den Briten anerkannt wurde.
Die Unterlegenheit der Franzosen, bis auf ein paar rühmliche Ausnahmen, faszinierte mich aber auch immer wieder.

Die Notwendigkeit einer starken Marine war aber in Frankreich im Grunde dem König durchaus bewusst. Wozu hätte es sonst einen extra Marineminister gegeben? Ein erheblicher Teil des Handels lief auch nach dem Verlust von franz. Kanada über den Atlantik. Selbst die im Verhältnis zu den spanischen Besitzungen in Süd- und Mittelamerika flächenmäßig kleinen französischen Territorien warfen für die franz. Handelsherren sagenhafte Gewinne ab. (siehe: http://www.geschichtsforum.de/604549-post12.html ) Die Inseln im franz. Besitz, die in Westindien lagen, wurden natürlich bei jedem Kriegsausbruch erneut Ziel britischer Angriffe. Auch der Handel in den indischen Ozean war noch bedeutend, selbst wenn man nur noch wenige Handelsposten im Vergl. zu der britischen Konkurrenz inne hatte. Recht berühmt sind ja die Aktionen von Robert Surcouf in diesen Gewässern.
 
Guckt euch mal die Seeverweildauer der Englischen und der Französischen Schiffe an. Die Englischen Schiffe waren viel länger auf See. Allein dadurch bedingt war die Seemännische Ausbildung der Besatzung besser. Zu der Qualität der Schiffe sollte man nicht nur den Entwurf im Auge haben, sondern auch die Materialien. In einem anderen Thread hat mal jemand geäussert das die Französischen Schiffe vom Material wohl nicht das gelbe vom Ei waren. Und die Schiffe nur für kurze Seeverweilzeiten ausgelegt, während die Englischen für eine lange Seeverweilzeit ausgelegt waren. Nicht um sonst konnte die Englische Marine Brest auch meist im Winter blockieren. Das währe nicht mit Schiffen möglich gewesen, die schlecht gebeut sind.

Apvar
 
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Hier eine Bemerkung eines franz. Admirals der Mittelmeerflotte, Charles Villeneuve, zur franz. Flotte: "Wir haben schlechte Masten, schlechte Segel, schlechte Takelage, schlechte Offiziere und schlechte Matrosen." [Quelle: G-Geschichte, 3/10]

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Und vor allem einen miserablen Admiral! Schon dreist, diese Flachzange von Villeneuve.

Ich denke, man sollte die Frage etwas relativieren. Während des 18. Jahrhunderts haben die Franzosen auch Siege gegen die Briten erzielt, vor allem im Kampf Schiff gegen Schiff. Ihre Seeleute waren gut ausgebildet und ihre Artilleristen, laut einigen Meinungen, sogar besser als die ihrer Feinde. Es gibt auch die Auffassung, dass die Briten den Nahkampf suchten und diese hohen Schussfolgen trainierten, um die höhere Zielgenauigkeit der Franzosen auszugleichen.

Erst mit der Revolution, den folgenden Verlust der überwiegend adligen Offiziere und die Einkesselung in den Häfen führten zu einem radikalen Niedergang und der Folge an Blamagen aus der napoleonischen Zeit.
 
Ob Seeverweildauer, bessere Ausbildung und/oder mehr Mut für die englische Marine spricht und gegen die französische Marine, vermag ich nicht zu beurteilen.

Ich denke vielmehr, daß die französische Marine an einer potentiellen Ressourcenüberdehnung und an der Priorisierung des Kampfes auf dem Kontinent litt. Im Gegensatz zu UK mußte Frankreich ein Landheer unterhalten, daß die unmittelbaren Gegner zu Land Paroli bieten konnte. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. Preußen und seit 1789 auch noch Österreich und dann kam auch noch Rußland hinzu.

Diese Priorisierung auf das Heer führte zu einer privilegierten Ressourcenzuteilung an das Heer zu Lasten der Flotte. UK konnte Frankreich zwar auf dem Meer und in den Kolonien schädigen, aber nicht im Kernland (Metropole). Diese Kriege an der Peripherie waren für Frankreich nicht existentiell, wohl aber Kriege auf den Kontinent. Insoweit war die Ressourcenverteilung gerechtfertigt, und zwar von L. XIII. bis Napoleon.

Seetaktische Fragen spielten da m.E. keine Rolle, sondern die grundsätzlich notwendige strategische Ausrichtung der französischen Rüstungspolitik auf den Kontinent, also das Heer.

M.
 
Das Argument vom Aderlass des franz. Offizierkorps durch die Revolution trifft sicher zu, aber wird sich wohl nur in den ersten Jahren negativ bemerkbar gemacht haben. Gerade nach der Revolution herrschte ja endlich weitestgehend Chancengleichheit was die Offizierslaufbahn betrifft, so wie schon seit geraumer Zeit bei den Engländern. So konnten auch begabte Normalos ohne Adelsbrief, nur durch ihr Können aufsteigen. Dass sie zahlenmäßig unterlegen war ist auch richtig. Doch auch bei Einzelgefechten, wo das nicht zum tragen kommt, also zwischen zwei Schiffen, hat man meist den kürzeren gezogen.
 
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Ich denke vielmehr, daß die französische Marine an einer potentiellen Ressourcenüberdehnung und an der Priorisierung des Kampfes auf dem Kontinent litt.
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Im Gegensatz zu UK mußte Frankreich ein Landheer unterhalten, daß die unmittelbaren Gegner zu Land Paroli bieten konnte. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. Preußen und seit 1789 auch noch Österreich und dann kam auch noch Rußland hinzu.
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Diese Priorisierung auf das Heer führte zu einer privilegierten Ressourcenzuteilung an das Heer zu Lasten der Flotte.
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UK konnte Frankreich zwar auf dem Meer und in den Kolonien schädigen, aber nicht im Kernland (Metropole). Diese Kriege an der Peripherie waren für Frankreich nicht existentiell, wohl aber Kriege auf den Kontinent. Insoweit war die Ressourcenverteilung gerechtfertigt, und zwar von L. XIII. bis Napoleon.
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Das ist schwer zu sagen. Die Notwendigkeit einer starken Marine war eigentlich ebenso wie in England bekannt.
Als ein kleines Beispiel mag das Linienschiffmodell von Louis XV dienen, welches dem jungen König ein Kriegsschiff vorstellen sollte.

2.
Österreich war ein Dauerfeind, abgesehen vom Siebenjährigen Krieg. Aber auch das Bündnis in diesem Krieg änderte nichts an den Interessengegensätzen v.a. in Polen. Ansonsten waren Preußen, Österreich und England ziemlich dauerhafte Feinde Frankreichs.

3.
Eine Invasion in England war mehrfach auf dem Tisch. Spionage zu dem Zweck gab es auch, sowohl unter Louis XV als auch später.
Für die Kriegsführung in Schottland und Irland war eine Flotte unabdingbar.

Auf der anderen Seite war den Briten die Invasion durch Frankreich als permanente Bedrohung auch durchaus bewusst und wiederholt wurden darum auch Milizen etc. zur Küstenverteidigung aufgestellt.
Das Beispiel der durch einen Sturm verhinderten Landung unter General Hoche im 1. Koalitionskrieg macht die Bedeutung der Seekriegsführung Frankreichs ganz deutlich.

4.
Auch hier sehe ich Widersprüche in den tatsächlichen Bemühungen der Briten. Zwar hatten die Briten lange Zeit keine annähernd so große Streitmacht zu Lande wie Frankreich, aber sie waren ähnlich geschickt wie die Niederländer v.a. deutsche Hilfs- und Subsidientruppen in großer Zahl für die eigenen Pläne einzuspannen. Geld war sicherlich ein ähnlich gutes Mittel Frankreich in die Knie zu zwingen wie das Wagen mit den eigenen Truppen.

Frankreich versuchte ja auch nicht umsonst, die eigenen nummerischen Mängel mit Bündnissen seinerseits mit starken Seenationen wie Spanien und den Niederlanden (z.B. im Am. Unabhängigkeitskrieg) auszugleichen, die jeweils ebenso in Konkurrenz zu England standen.
 
Ich denke vielmehr, daß die französische Marine an einer potentiellen Ressourcenüberdehnung und an der Priorisierung des Kampfes auf dem Kontinent litt. Im Gegensatz zu UK mußte Frankreich ein Landheer unterhalten, daß die unmittelbaren Gegner zu Land Paroli bieten konnte. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. Preußen und seit 1789 auch noch Österreich und dann kam auch noch Rußland hinzu.
Die Kosten für die Marine stiegen (nach Cronin) in Frankreich von 34 Millionen Livre 1774 auf 169 Millionen Livre 1778. Das bedeutet, dass Frankreich über eine moderne Flotte verfügte, mit der ein Eingreifen in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg überhaupt möglich war. Das heißt im Gegenzug, dass England nicht über die Recourcen verfügte, Frankreich mit Hafenblockaden etc. daran zu hindern.

Generell ist natürlich richtig, dass England schon aus der Insellage See-orientierter sein musste, Frankreich hingegen als Kontinentalmacht eher das Hauptaugenmerk auf das Landheer richten musste.
Dabei darf aber nicht unterschätzt werden, dass Frankreich gegenüber England mehrfach bevölkerungsreicher war.
Und vor allem einen miserablen Admiral! Schon dreist, diese Flachzange von Villeneuve.
Das Urteil scheint mir ein wenig hart. Ein Admiral ist auch nur so gut wie sein oberster Befehlshaber. Und der war ausgebildeter Artillerist und genialer Stratege auf dem Lande. Ob er allerdings wirklich etwas vom Seekrieg verstand, wage ich einmal leise zu bezweifeln.

Grüße
excideuil
 
Generell ist natürlich richtig, dass England schon aus der Insellage See-orientierter sein musste, Frankreich hingegen als Kontinentalmacht eher das Hauptaugenmerk auf das Landheer richten musste.
Dabei darf aber nicht unterschätzt werden, dass Frankreich gegenüber England mehrfach bevölkerungsreicher war.
Das mit der Insellage halte ich ohnehin nur begrenzt für belastbar.

Seit dem 16.Jh. lief der einträgliche Handel doch mit der Entdeckung Amerikas und weiterer Seewege v.a. zu Wasser. Alle Großmächte waren also auf sichere Handelswege angewiesen und dies war nur mit einer entsprechenden Seemacht zu bewerkstelligen. Auf den Handelsstraßen über Land waren doch die Transportzeiten viel zu lang und selbst bei den Flüssen war man noch auf deren Verlauf angewiesen, wenngleich es erste kleinere Kanalprojekte gab.

Frankreich war zwar stärker agrarisch geprägt als England, aber das waren letztlich die meisten anderen Handelsmächte Europas auch.

England hingegen hatte übrigens auch starke Interessen auf dem Festland, die v.a. eine Verteidigung Kurhannovers vorsahen als auch die Abwehr des französischen Zugriffes auf die Häfen und Märkte in den Niederlanden. Man denke an britische Landeoperationen sowohl im Ersten als auch im Zweiten Koalitionskrieg in den Niederlanden.

Die politische Stimmung in England gegenüber der Verbundenheit zu Kurhannover war wechselhaft. Mal wurde Kurhannover als eine Art Tür zum HRR aufgefasst (es war ja auch immer wieder strategisch wichtiges Aufmarschgebiet der britischen Landmacht) und ein andermal als Klotz am Bein.
 
Also, wir sollten erst einmal grob die Napoleonische Ära unterteilen, beim Seekrieg. In die Zeit vor Trafalgar und danach.
Nach der Revolution war das Französische Offizierscorps durch die Vertreibung und oder Hinrichtung der meisten Offiziere stark geschwächt. Und wenn man einen Bootsmann zu einem Kapitän befördert, ohne ihn taktisch zu schulen, wird er allenfalls Mittelmaß. Vor der Revolution hatte die Französische Marine gute Offiziere.
Nach Trafalgar hat der Französischen Marine schlicht und einfach die Schlachtflotte gefehlt, um die Blockade zu durchbrechen. Dies ist aber nötig um See-Erfahrung zu erlangen. Sowohl bei der Bedienung der Segel, als auch bei der Artillerie. Um Vorderlader ohne Dämpfung halbwegs Zielgenau abzufeuern braucht man auch Erfahrung, um die Bewegung der Schiffe abzuschätzen. Das einfache Laden und richten der Stücke kann auch an Land geübt werden. Für den Rest braucht man Seezeit.
Im Kanal war Brest "der" Kriegshafen. Nur gab es kaum Infrastruktur Marinetechnischer Art in der Nähe. Also musste alles mit Ochsenkarren oder kleineren Schiffen herangeholt werden. Und voila, hatte die Britische Flotte genug Ziele um Seezielschießen zu veranstalten. Oder mal wieder mal einen Betriebsausflug zum kapern gegnerischer Schiffe zu Veranstalten.
Die Unterlegenheit der Schlachtflotte sieht man schon daran, das nach Trafalgar keine große Seeschlacht mehr in der Napoleonischen Ära stattfand.
Nach Trafalgar haben sich die Franzosen auf den Kaperkrieg verlegt. Aber, auch hier mit zweifelhaftem erfolg.

Apvar
 
Wir hatten schonmal ein Thema (Thread) dazu. Die Statistiken verdeutlichen schon eine nummerische Unterlegenheit der Franzosen eigentlich durch das ganze 18.Jh., die dann in den Koalitionskriegen noch extremer ausfiel. Hinzu kam, dass die großen Schiffe oft in den Häfen von britischen Blockadeflotten festgenagelt waren.

Sehe ich auch so :winke:

Wenn man sich die Liste der französischen Schiffsverluste einige Jahre bzw. vor Trafalgar durchsieht, also etwa 1803/05, dann sind das meist Versenkungen oder Übernahmen durch erheblich überlegene britische Streitkräfte. Die Masse der Verluste entfällt hierauf.

Das wird besonders deutlich, wenn man sich die stärker bewaffneten Schiffe, etwa ab 32 Kanonen aufwärts, anschaut. Das ist dann keine Frage der Taktik mehr, oder der Qualität der Schiffe und Besatzungen, sondern eine Folge der britischen Seekriegsstrategie, hier an den Brennpunkten Überlegenheiten herzustellen.

Wenn man dieses (Teil-)Urteil akzeptiert, spitzt sich die Beurteilung der ganzen Frage dann auf den Ausgang von Trafalgar zu, bzw. überlagert diese große Schlacht etwas das übrige Bild.
 
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Das Urteil scheint mir ein wenig hart. Ein Admiral ist auch nur so gut wie sein oberster Befehlshaber. Und der war ausgebildeter Artillerist und genialer Stratege auf dem Lande. Ob er allerdings wirklich etwas vom Seekrieg verstand, wage ich einmal leise zu bezweifeln.

Villeneuve ist nur durch Zufall überhaupt admiral geworden. In Aboukir hat er sich und sein Schiff nur durch Flucht gerettet um dann in Malta gefangen genommen zu werden. Die Schlacht am Cap Finisterre hat er aus Zaghaftigkeit völlig vergeigt.

Napoleon schrieb danach über ihn: „ Gravina ist genial und entscheidungsfreudig im Kampf. Wenn Villeneuve diese Qualitäten gehabt hätte, wäre die Schlacht von Finisterre ein vollständiger Sieg geworden.“ und an Decree: "Villeneuve hat nicht einmal genügend Charakterstärke um eine Fregatte zu führen. Es fehlt ihm an Entschlusskraft und moralischer Courage" .

In Cadiz liess er sich entgegen der Befehle Napoleons einschließen um dann im ungeeignetesten Moment in See zu stechen, vermutlich nur um seiner Ablösung zuvorzukommen.

Sein einziger Erfolg, so weit mir bekannt, bestand aus der Einnahme von Diamond Rock in der Karibik.
 
Villeneuve ist nur durch Zufall überhaupt Admiral geworden. In Aboukir hat er sich und sein Schiff nur durch Flucht gerettet um dann in Malta gefangen genommen zu werden. Die Schlacht am Cap Finisterre hat er aus Zaghaftigkeit völlig vergeigt.

Napoleon schrieb danach über ihn: „ Gravina ist genial und entscheidungsfreudig im Kampf. Wenn Villeneuve diese Qualitäten gehabt hätte, wäre die Schlacht von Finisterre ein vollständiger Sieg geworden.“ und an Decrès: "Villeneuve hat nicht einmal genügend Charakterstärke um eine Fregatte zu führen. Es fehlt ihm an Entschlusskraft und moralischer Courage" .

In Cadiz liess er sich entgegen der Befehle Napoleons einschließen um dann im ungeeignetesten Moment in See zu stechen, vermutlich nur um seiner Ablösung zuvorzukommen.

Sein einziger Erfolg, so weit mir bekannt, bestand aus der Einnahme von Diamond Rock in der Karibik.

Keine Ahnung, warum du an Villeneuve kein gutes Haar läßt, ein paar Dinge machen mich stutzig:
"Von 1801 bis 1804 diente er als Befehlshaber des Geschwaders von Rochefort. Nach dem Tode des Admirals Latouche Treville übernahm er auf Vorschlag des Marineministers Decrès das Kommando über das Geschwader von Toulon."
"Im Jahre 1805, inzwischen zum Vizeadmiral aufgestiegen, erhielt Villeneuve den Befehl ..." Quelle:Wiki

Erst Konteradmiral, dann Vizeadmiral, ist das noch Zufall?
Wenn er denn wirklich die "Flachzange" gewesen ist, wie du sagst, warum wurde er dann vom Marineminister selbst in Vorschlag gebracht? Kannte man denn seine "Pappenheimer" nicht, und wenn, warum stellte man ihn auf einen Posten, dem er nicht gewachsen war?

Was die Schlacht von Finisterre angeht, der engl. Admiral wurde seines Postens enthoben und erhielt nie wieder ein Kommando.

Grüße
excideuil
 
Was die Schlacht von Finisterre angeht, der engl. Admiral wurde seines Postens enthoben und erhielt nie wieder ein Kommando.
Grüße
excideuil

Das allerdings wegen angeblich mangelndem Angriffsgeist. Da läßt sich trefflich streiten.

Ansonsten sehe ich das ähnlich:
Villeneuve kann man am ersten Tag der Schlacht kaum etwas vorwerfen, und dass es überhaupt zum Handgemenge in Nebel und zusätzlicher Sichtverschlechterung durch Qualm kam, kann man nicht oder falsch verstandenen Signalen zurechnen (Hero unter Captain Alan Garder). Vorher versuchten beide Seiten unter schlechter Sicht, in die bessere Position zu Manövrieren. Weitere britische Schiffe folgten bereits vor der Admirals-Order zum engagement. Das entstehende Durcheinander, bei dem sich die Gegner eher fanden als suchten, und bei dem die spanischen Linienschiffe durch die Windverhältnisse in schlechte Position und unter konzentriertes britisches Feuer kamen, war wohl kaum durch die beiden Admirale kontrollierbar.

Am Folgetag waren die Windverhältnisse miserabel, um den Abstand (17 sm) zwischen den Flotten nach der Nacht zu verringern. Calder zog mit seinen Prisen von dannen, Villeneuve ging von weiteren britischen Verbänden in der Biskaya aus, verzichtete auf die Verfolgung aufgrund des großen Abstands und der Perspektive auf eine Schlacht erst in die Dämmerung hinein (obwohl er einige Versuche zur Annäherung machte). Außerdem war Villeneuves Order, sich mit der Brest-Flotte ohne Kampfhandlung (=kampfkräftig) zu vereinigen.

Berücksichtigt man die miserablen Verhältnisse der Schlacht, ist das Urteils Napoleons wohl aus der Badewanne-Perspektive erfolgt, ... oder: dem Ärger über eine verpasste, vermeintlich günstige Gelegenheit zuzusprechen. Divisionen lassen sich halt im Landmarsch einfacher kommandieren. :D
 
Die Frage die mich beschäftigt ist, warum die französische Marine bei Gefechten mit der englischen meist den Kürzeren zog? [...] Immer wieder wird in der Literatur die Qualität der französischen Schiffe hervorgehoben – also bleibt nur die Mannschaft als Ursache übrig. Insbesondere aber die Offiziere, die wohl eher wegen der Herkunft ihre Posten bekamen und weniger aufgrund des Könnens.
Dafür gibt es nicht einen Grund, sondern mehrere. Ich beschränke mich hierbei auf die Zeit zwischen 1756 und 1815 und da wir das Thema an anderer Stelle hatten, eine grobe Zusammenfassung:
Politisch - Strategisch: Die handelsorientierte englische (Kaufmanns-)Politik blickte auf die See: Kontrolle der Seewege und der überseeischen Rohstoffquellen und Absatzmärkte. Die agrarisch orientierte französische (Adels-)Politik dachte in eher festländischen Kategorien. Daraus leitet sich ab: die britische Flotte diente: 1. zur Verteidigung der Sicherheit Großbritanniens, 2. zur Sicherung der Herrschaft in den überseeischen Kolonien - von Irland bis Indien und der Seeverbindungen dorthin und 3. der Aufgabe, den französischen, spanischen und niederländischen Konkurrenten eine ähnliche Nutzung der See zu verwehren. Die französische Flotte diente dazu, 1. die nassen Landesgrenzen Frankreichs gegen britische Raids zu verteidigen und 2. französische Truppen nach Übersee zu transportieren und deren Landoperationen dort zu flankieren und zu unterstützen. Während für die französische Flotte daher wichtig war, ihre Kampfkraft zu erhalten - also einer Schlägerei mit den Briten eher aus dem Weg zu gehen, war es den Briten wichtig, die Konkurrenz vom Wasser zu vertreiben. Dieses britische Dogma gipfelte im Vernichtungsgedanken, der wiederum bei Aboukir und Trafalgar besonders zum Ausdruck kommt. Die daraus abgeleitete taktische Vorgabe für die Franzosen war konsequent positiv: das eigene Schiff einsatzfähig erhalten (um an einem anderen Tag wieder präsent zu sein); das britische Gegenstück ebenso konsequent negativ: das gegnerisch Schiffe zu durch Eroberund oder Vernichtung aus dem Verkehr ziehen. Daher fochten die Franzosen tendenziell defensiv, zielten auf die Takelage um den Gegner manövrierunfähig zu machen und positionierten sich in Lee, um jederzeit ablaufen zu können. Die Briten positionierten sich in Luv, um jederzeit dem Gegner das Gefecht - und zwar den Nahkampf - aufzwingen zu können und zielten auf die Rümpfe, um die Besatzung zu dezimieren, zu demoralisierten und die gegnerischen Schiffe unschädlich machen oder noch besser erobern zu können. Die Franzosen bevorzugten es, diese Gefahr nicht zuzulassen und fochten auf Distanz, wozu sie zielen lernten (und das sehr gut) während die Briten ohnehin nah ran wollten, also ungezieltes Schnellfeuer auf kurze Distanz übten. Generell stiegen die Briten in ein Gefecht wesentlich aggressiver ein als die Franzosen, weshalb sie auch meistens (nicht immer) siegten.
Hier ist den Franzosen der Vorwurf zu machen, dass ihnen dieser Umstand jahrzehntelang bekannt war und sie, mit Ausnahme des Kommandanten der Redoutable bei Trafalger nichts taten, um ihre strukturell bedingte Niederlagengarantie zu beseitigen.

Technik: Die französischen Schiffe mögen häufig gut (für ihre o. a. genannten operativen Zwecke, nämlich groß und bei gutem Wetter schnell) designt gewesen sein. Die englischen Eigenentwürfe waren deswegen aber noch lange nicht grottenschlecht. Darüberhinaus waren diese wesentlich stabiler und dauerhafter konstruiert und in der Regel aus hochwertigerem Material, das auch für die Nachversorgung eher zur Verfügung stand. Merke: die beste Blaupause auf dem Papier bringt nix, wenn das Produkt nicht adäquat gebaut und versorgt werden kann.
Noch mehr Technik: Die Rümpfe der britischen Schiffe waren früher konsequenter gekupfert worden. Folge: Längere Stehzeit in See zwischen dem Docken und weniger bremsender Bewuchs. Die Geschützrohre waren von höherer Qualität und ließen eine höhere Feuergeschwindigkeit zu, das britische Schwarzpulver auch (die Briten hatten Zugang zu indischen Salpetervorkommen, die Franzosen mussten ihres mühsam von Kellerwänden kratzen). Die Takelagen waren von besserer Qualität und belastbarerer.
Wirtschaftlich: Die britische Regierung war finanzkräftiger und hatte mehr Geld, um ihre Schiffe einsatzklar zu machen. (Auf Grund der desolaten Finanzsituation konnten die Franzosen in den letzten Jahren des Siebenjährigen Krieges bei weitem nicht mehr alle vorhandenen Schiffe ausrüsten!)
Medizin und Hygiene: Ernährung, medizinische Versorgung und Hygiene an Bord der Briten waren weniger schlecht als bei den Franzosen. Folge: höhere körperliche Fitness und geringerer Krankenstand bei den Briten.
Fazit: Man sieht halt, wie geographische, soziale, politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Verhältnisse sich zu einem Gesamtbild verbinden.
 
Berücksichtigt man die miserablen Verhältnisse der Schlacht, ist das Urteils Napoleons wohl aus der Badewanne-Perspektive erfolgt, ... oder: dem Ärger über eine verpasste, vermeintlich günstige Gelegenheit zuzusprechen. Divisionen lassen sich halt im Landmarsch einfacher kommandieren.
Das Urteil über Villeneuve ähnelt dem recht deutlichen von Napoléon über seinen Stiefsohn nach dem Gefecht bei Gersdorf.

l´Empereur au Vice-Roi
Colditz,6.Mai 1813,3 heures et demie du matin
Mon fils,la journée d´hieraurait été belle,si vous m´aaviez envoyé 3000 prisonniers.Comment dans des gorges et dans un pays où la cavalerie de l´ennemiest inutile,ne m´envoyez-vous personne?
*
Wenn man sich die Verluste bei Verbündeten und Franzosen bei Großgörschen anschaut, wo Napoléon die Verantwortung trug, fängt man sich schon an zu fragen, wie er seinem Stiefsohn mehr Talent als sich selbst zutrauen wollte.
Freilich war Napoléon zu Lande ja Fachmann. Ähnlich ist beiden Beurteilungen, dass jemand einschätzte und verurteilte, der selber die Verhältnisse des Augenblicks garnicht und die der Topographie (zur See mit Faktoren wie Seegang, Klippen, Sandbänke etc. zu ersetzen) nur kaum kannte.

Vielen Dank Neddy. Ich denke, Du hast die Unterschiede in der Herangehensweise zwischen Briten und Franzosen recht deutlich gemacht. Wenn die Franzosen selber als Jäger auftraten und die Kommandeure auch wie Surcouf den entsprechenden Kampfgeist hatten, schlugen sie sich ja auch nicht so schlecht.
Kennen wir denn vom französischen Oberkommando Ordres wie bei den Engländern nach dem Motto: "Stellen Sie die feindliche Flotte, wo Sie sie finden! Machen Sie Prisen, wo Sie können! Wir erwarten das Geschwader von Admiral Bingel [fiktiv] bei Kap Ordelbeck [fiktiv]. Viel Erfolg!"

*
Gefecht bei Gersdorf ? Wikipedia
 
Zu den Matrosen und Kapitänen der franz. Marine ist mir erinnerlich, dass zumindest deren Ausdauer und Tapferkeit bis in ausweglose Situationen durchaus auch von den Briten anerkannt wurde.
Ein Problem Frankreichs war sicher auch die geringere Anzahl an erfahrenen Seeleuten zur Bemannung der Schiffe. Im Siebenjährigen Krieg war das ein großes Problem. Dürfte zu napoleonischer Zeit wahrscheinlich nicht sonderlich anders gewesen sein. Vielleicht kann ja noch jemand einige Angaben dazu machen.
 
Ein Problem Frankreichs war sicher auch die geringere Anzahl an erfahrenen Seeleuten zur Bemannung der Schiffe. Im Siebenjährigen Krieg war das ein großes Problem. Dürfte zu napoleonischer Zeit wahrscheinlich nicht sonderlich anders gewesen sein. Vielleicht kann ja noch jemand einige Angaben dazu machen.
Passt zum Spiel, was war zuerst da "Das Ei oder die Henne?"

Hätte man nicht Matrosen (in Friedenszeiten) ausbilden und Schiffe bauen können? Oder ist es ein strukturelles Problem gewesen? Gab es zu wenig Überseehandel, welcher ja letztlich die Seeleute und den Bedarf an Seeleuten auch in Friedenszeiten generierte?
 
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