Napoleon Alpenüberquerung

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Hallo, habe eben gelesen, dass Napoleon bei der Überquerung der Alpen 1800 sein Heer aufgeteilt haben soll. Bisher war mir nur bekannt, dass er über den Großen St. Bernhard gezogen ist. Kann auf die schnelle da auch nichts zu finden.
weiß jemand da was Genaues? Alos ob er das Heer aufgeteilt aht und welche Pässe er genutzt hat?
 
Er ist über die natürliche Barriere des Alpenhauptkammes gezogen. Hat aber zur Überquerung für sein riesiges Heer neue Pässe vor allem in den Westalpen ausbauen lassen. Er zog auch über den Großen St. Bernhard. Ich weiß leider auch nichts davon, ob er sein Heer aufgeteilt hat. Ich weiß nur, dass er nach einer Verstärkung von 25.000 Mann verlangt hat, die nur zu 15.000ds zu ihm über die Alpen kam.
 
Bei Wencker-Wildberg findet sich zu diesem Thema:
"Sobald die Nachrichten von dem Beginn der Feindseligkeiten in Italien und von dem Verlauf der feindl. Manöver in Paris eintrafen, hielt der Erste Konsul es für unbedingt erforderlich, sofort der Italienischen Armee zu Hilfe zu kommen; er zog es vor, über den Großen St. Bernhard in Italien einzubrechen, um die Armee Melas in den Rücken zu fallen, ihre Magazine, Wagenparks und Lazarette wegzunehmen und ihr dann die Schlacht anzubieten, nachdem sie von Österreich abgeschnitten war. Der Verlust einer einzigen Schlacht musste die gänzliche Vernichtung der öster. Armee und die Eroberung von ganz Italien zur Folge haben. Zu Ausführung eines solchen Planes gehörten Schnelligkeit, tiefste Geheimhaltung und große Kühnheit." [1]

Das Hervorgehobene deutet wohl an, dass wohl keine Zeit für einen Ausbau von Pässen war, bei WW findet eine solche Maßnahme jedenfalls keine Erwähnung.

Dafür wird der Übergang über den St. Bernard begründet:
"Der erste Konsul wollte lieber über den Gr. St. Bernhard als über den Mont Cenis gehen; der Übergang über beide war gleich beschwerlich. Von Lausanne bis St.-Pierre, einem am Fuß des St. Bernard gelegenen Dorf, führt eine für Artillilerie fahrbare Straße, ebenso vom Dorf St.-Remy nach Aosta. Die ganze Schwierigkeit bestand also nur im Übersteigen des St. Bernhard oder des Mont Cenis. Der Weg über den St. Bernhard gewährte jedoch den Vorteil, dass man Turin rechts liegen ließ und in einem weniger bekannten Gelände manöverierte, wo die bewegungen leichter der Kenntnis des Gegners entzogen werden konnten als auf der Heerstr. in Savoyen, wo der Feind viele Spione haben musste." [2]

An verschiedenen Stellen (Seite 467, 470) die Feststellung, dass die gesamte Armee (40000 Mann inkl. der Artillerie) über den St. Bernard die Alpen überwand.

Hier noch ein Link:
Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard ? Wikipedia

Hier auch Aufklärung zur Legende und Propaganda in Zusammenhang mit einem der wohl bekanntesten Bilder von Napoleon.

Grüße
excideuil

[1] Wencker-Wildberg, Friedrich: „Napoleon – Die Memoiren seines Lebens“, Gutenberg-Verlag Christensen & Co., Wien, Hamburg, Zürich, o. J., Bd. 3 (6) Seite 461
[2] Wencker-Wildberg, a.a.O., Seite 465
 
Hier auch Aufklärung zur Legende und Propaganda in Zusammenhang mit einem der wohl bekanntesten Bilder von Napoleon.

Dieses Bild ist natürlich gelogen und deshalb Propaganda, weil es in Wirklichkeit nämlich so war:
 

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Zu Ausführung eines solchen Planes gehörten Schnelligkeit, tiefste Geheimhaltung und große Kühnheit." [1]

Das Hervorgehobene deutet wohl an, dass wohl keine Zeit für einen Ausbau von Pässen war, bei WW findet eine solche Maßnahme jedenfalls keine Erwähnung.

Das ist der zentrale Punkt. Einer der zentralen Kennzeichen der napoleonischen Kriegsführung war die Geschwindigkeit der Aktionen.

Deswegen erscheint ein langwieriger Ausbau unwahrscheinlich. Bei Chandler hatte ich auch nichts gefunden.

Unabhängig davon erfolgte gerade im 18. Jahrhundert insgesamt eine deutliche Verbesserung der Strassen und somit eine deutliche Reduzierung der Reisezeit beispielsweise innerhalb Frankreichs.

Dieser allgemeine Prozess der Verbesserung der Infratsuktur ist Napoleon sicherlich auch zu Gute gekommen.

Zumal ja gerade die Österreicher über die wohl "beste" leichte Kavallerie verfügten zur Aufklärung feindlicher Marschbewegungen.
 
Er ist über die natürliche Barriere des Alpenhauptkammes gezogen. Hat aber zur Überquerung für sein riesiges Heer neue Pässe vor allem in den Westalpen ausbauen lassen. Er zog auch über den Großen St. Bernhard. Ich weiß leider auch nichts davon, ob er sein Heer aufgeteilt hat. Ich weiß nur, dass er nach einer Verstärkung von 25.000 Mann verlangt hat, die nur zu 15.000ds zu ihm über die Alpen kam.

@ Ursi: Das mit dem Ausbau ist auch bei Wiki nachzulesen, ich habe es aber so verstanden, dass es die Zeit danach anbetrifft.

Zum eigentlichen Thema:

Bei David Chandler "Napoleon" ist nachzulesen, dass er tatsæchlich nicht nur den Grossen St. Bernhard Pass benutzt hat.
Eine Schwarz-Weiss-Karte zeigt, dass 11.000 Mann unter Lecourbe den St. Gotthard und den Simplon Pass benutzten, Napoleon mit 40.000 Mann den St. Bernhard und eine nicht næher bezifferte Einheit einen Pass weiter suedlich davon, auf Turin zu.

Im Text dann: 5 Korps sind ueber die Alpenpæsse geschickt worden, die Hauptarmee -wie hinlænglich bekannt - ueber den St. Bernhard.
Einteilung wird wie ueblich Vorhut - Hauptmacht - Nachhut gewesen sein.

Schwierigkeiten gab es bei "Fort Bard", das auf Gebirgspfaden umgangen werden musste, aber die Masse der Armee einige Tage aufhielt.

Zeitlicher Ablauf der Hauptarmee: 14. Mai Marschbefehl, 15. Mai ueber die Passhøhe, 16. Mai Aosta passiert, ... 2. Juni Einnahme von Mailand.
(Fort Bard hielt sich bis zum 5. Juni)

Die Ueberquerung der Pæsse wird als nicht ungewøhnlich beschrieben, allein der Zeitpunkt war eigentlich "zu frueh". Dementsprechend hatten die Franzosen noch gut mit Schnee und Eis zu kæmpfen.

Gruss, muheijo
 
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Schwierigkeiten gab es bei "Fort Bard", das auf Gebirgspfaden umgangen werden musste, aber die Masse der Armee einige Tage aufhielt.

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Laut Piamontisischer Sichtweise hat das Forte di Bard seine Truppen ganze 14 Tage aufgehalten und ihm die Überraschung verhagelt. Es wurde danach geschleift und erst 1830 in der heutigen sehr imposanten Bauweise wieder errichtet.

Welche Pässe hat er denn ausbauen lassen?
Er hat diesen Tunnel graben lassen, von dem die Schweizern später behaupteten, sie wären es gewesen. So wie bei Ricola: Eine weitere Erfindung Napoleons.:D
 

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Bei David Chandler "Napoleon" ist nachzulesen, dass er tatsæchlich nicht nur den Grossen St. Bernhard Pass benutzt hat.
Eine Schwarz-Weiss-Karte zeigt, dass 11.000 Mann unter Lecourbe den St. Gotthard und den Simplon Pass benutzten, Napoleon mit 40.000 Mann den St. Bernhard und eine nicht næher bezifferte Einheit einen Pass weiter suedlich davon, auf Turin zu.

Ich hätte es besser wissen müssen, dass Wencker-Wildberg in seinem immerhin 3500 Seiten starken Werk dennoch napoleonfixiert bleibt und in diesem Fall nur die Hauptarmee und deren Leistungen beim Übergang über die Alpen betrachtet.

Eine ähnliche Karte gibt es auch bei Rothenberg [1], Seite 63.
Danach sind Moncey mit einer Division über den St. - Gotthard Pass, Bethancourt mit einer Division über den Simplon Pass gegangen.
Die Division Chabran ging über den kleinen St. - Bernhard Pass.
Auf Turin ging Thurreau mit einer Division nach Überwindung des Cenis Passes.
Im Text (Seite 61) heißt es:
"Er [Napoleon] plante, die Alpen über fünf verschiedene Pässe zu queren. Der leichteste Übergang von Genf aus war der Kleine St. - Bernard Pass, doch diesen Weg lehnte Bonaparte ab, denn es wäre ein größerer Versorgungstreck notwendig gewesen als bei der schwierigen Route über den Gr. St. -Bernard-Pass, die näher an den Depots lag, die am Genfer See eingerichtet worden waren. Es wurden sorgfältige Vorbereitungen getroffen, um den Haupttruppenkörper über diesen 40 km langen Pass zu bewegen, während kleinere Sonderabteilungen über die vier übrigen Pässe kommen sollten, um Mélas zu verwirren."

Grüße
excideuil

[1] Rothenberg, Gunther: „Die Napoleonischen Kriege“, Brandenburgisches Verlagshaus in der Dornier Medienholding GmbH, Berlin, 2000
 
In der Darstellung ist das Thema "Geschwindigkeit" als die zentrale Größe für den Feldzug bis Marengo untergegangen.

Das m.E. spannende an diesem Feldzug ist:

1. Es erfolgt eine dezentrale Annäherung, die mich ein wenig an die Anmarschwege der Preußen bei Königgrätz (1866) erinnert haben

2. Es erfolgte eine Sammlung / Konzentration der französischen Truppen in Norditalien, die jederzeit bedroht war durch die Übermacht der österreichischen Truppen. Diese Konzentration hätte jederzeit "kontingentweise" zerschlagen werden können

3. Diesen dezentralen Anmarsch der französischen Truppen, so Chandler, hätte Melas jederzeit durch energisches Handeln unterbinden können, da er über die innere Verbindungslinien verfügte. Und zudem eine numerische und qualitative Überlegenheit hätte geltend machen können (ein Teil der "Reserve-Artillerie" war am Weitermarsch bei Ft Bard gehindert worden)

4. Die Bewegung von Napoleon Richtung Mailand erfolgte als "Flankenmarsch", der jederzeit hätte in einem militärischen Fiasko enden können.

5. Melas betrieb keine angemessene Aufklärung und, anders als Napoleon, verfügte somit zu keinem Zeitpunkt über ein angemessenes Bild der franzöösischen Intentionen. Napoleon detachierte, was nicht ungefährlich war für die notwendige Konzentration, seine Korps und erzwang so die Aufnahme der "Fühlung" zu den sich zurückziehenden österreichischen Truppen.

6. Der Rückzug Richtung Marengo folgte rein taktischen Überlegungen, da die Ebene wohl eine der wenigen Gebiete in Noritalien war, auf der die Überlegenheit der österreischischen Kavallerie zur Geltung kommen konnte.

In diesem Sinne, so die Darstellung bei Chandler, sehen wir einen aktiven und umsichtigen Napoleon, der durchaus Risiken eingeht und einen Melas, der passiv agiert und zu eigentlich keinem Zeitpunkt das Geschehen versucht zu bestimmen, außer der Wahl des Schlachtfeldes.
 
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In der Darstellung ist das Thema "Geschwindigkeit" als die zentrale Größe für den Feldzug bis Marengo untergegangen.

Ja, diese Geschwindigkeit sollte ja spæter legendær werden, auch in den spæteren Feldzuegen ein Markenzeichen Napoleons, s. auch 1804, und auch hier wieder das "getrennt marschieren, vereint kæmpfen".
Sogar Wellington musste 1815 in Bruessel sagen: "Bei Gott, Napoleon hat mich reingelegt! Er hat 24 Stunden Vorsprung vor mir!"

Zu diesem hier:
5. Melas betrieb keine angemessene Aufklärung und, anders als Napoleon, verfügte somit zu keinem Zeitpunkt über ein angemessenes Bild der franzöösischen Intentionen.

gibt es noch einen anderen Aspekt, der ganz interessant ist:

N. hat bereits im Vorfeld des Feldzuges seine Gegner bewusst getæuscht.

In dem Bewusstsein, dass engl. und østerreichische Spione alles weitermelden wuerden, wurde eine "Phantomarmee" aus ein paar tausend Rekruten und ausgedienten Soldaten, die "teilweise mehr guten Willen als gesunde Glieder mitbrachten" bei Dijon zusammengezogen. Da in der Presse viel Lærm darum gemacht wurde, entsprechende Heerschauen abgehalten wurden und der gesamte Generalstab zeitweise vor Ort war, fuehrte das dazu, dass man in Østereich

a) glaubte, dass es keine "echte" Reservearmee gab (die sich aber mittlerweile fuer den Alpenuebergang klar machte)
und b) keinerlei Veranlassung sah, die Belagerung von Genua aufzuheben.
Im Ergebnis rechnete man also nicht mit dem Alpenuebergang.

(Zusammenfassung aus: "Ich, der Kaiser" - herausgegeben von Kurt Klinger; das ist ein Zusammentrag aus napoleonischen Briefen und Diktaten, also als reines Propagandamaterial entspr. vorsichtig zu bewerten. Dennoch: an dieser Stelle m.E. glaubhaft, dass solche Anstrengungen unternommen wurden)

Gruss, muheijo
 
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