Pläne des revolutionären Frankreichs für Großbritannien

romanus00I

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Jetzt mal eine ganz spekulative Frage - aber vielleicht gibt es dazu ja sogar Denkschriften, Memoiren und ähnliches. Was hatten die Franzosen zwischen 1792 und 1815 eigentlich mit Großbritannien vor?

Wollten sie damit wie bspw. mit Österreich umgehen, also den Staat erhalten, jedoch einige Annexionen durchführen? Oder wollten sie ihn ganz in eine Republik umwandeln? Oder gab es da auch schon einen Verwandten, den man als Vasall einsetzen konnte?

Dabei spielt natürlich auch der Zeitpunkt eine Rolle: das Direktorium hätte eher eine liberale, das Konsulat eher eine autoritäre und das Kaiserreich eher eine monarchische Verfassung gewünscht.

Es würde mich wundern, wenn es hierzu gar keine Vorstellungen gab - immerhin existierte lange Zeit eine Streitmacht, die zur Landung auf den Inseln gedacht war, und die Untersützung des irischen Aufstandes spricht auch für sich. Aber gab es weitergehende Pläne?
 
Jetzt mal eine ganz spekulative Frage - aber vielleicht gibt es dazu ja sogar Denkschriften, Memoiren und ähnliches. Was hatten die Franzosen zwischen 1792 und 1815 eigentlich mit Großbritannien vor?

Wollten sie damit wie bspw. mit Österreich umgehen, also den Staat erhalten, jedoch einige Annexionen durchführen?
jetzt muss ich doch staunen: hatte Frankreich zwischen 1792 und 1815 irgendwelche Teile von Großbritannien annektiert oder irgendeinen Einfluß zur Umgestaltung der großbritannischen Regierung gehabt? Wenn nicht, dann sollte die Frage irgendwie überflüssig sein.
 
Eine interessante Frage! Das betrifft m. E. insgesamt die französischen / napoleonischen Kriegsziele, die sich mir in den seltensten Fällen erschließen. Bin da in der Quellenlage aber auch nicht allzu bewandert, vieles scheint mir "on the fly" entschieden worden zu sein. Insbesondere scheint der eine oder andere aufstrebende General in Norditalien schon mal hin & wieder seine eigenen Friedensschlüsse gesucht zu haben - egal, was in Paris gewollt oder entschieden wird...

Ich sehe kein Szenario, in dem Frankreich tatsächlich den Briten hätte einen Frieden diktieren können. ("I do not say they won't come - I only say they won't come by the sea" - Lord St. Vincent) Daher sind meine folgenden Strickpunkte ausschließlich als müßige Spekulation zu betrachten:

Was ich mir vorstellen könnte, was französische Diplomaten & Militärs sich hätten vorstellen können:
- Eine massive Schwächung der britischen Flotte (Obergrenzen für die Anzahl an Kriegs-, Handels- und Fischereischiffen) (analog zur Verkrüppelung der preußischen Heeresmacht);
- "Schleifen" / Verkrüppeln der Marinestützpunkte in Portsmouth und Plymouth, insbesondere der Docks;
- Fischereirechte und Stützpunkte vor Neufundland (riiiieeesiges Thema im Siebenjährigen Krieg und beim Frieden von 1783);
- Abgabe / Lieferung von Kriegsschiffen (analog der Verträge mit Spanien), sowie Schwarzpulver/Salpeter, Karronaden und ggf. Eichenholz (hier lag eine französische strategische Schwäche, bzw. die Abgabe von Eichenholz hätte einer strategischen Schwächung der Royal Navy dienen können);
- ggf. Annexion der Kanalinseln (wäre interessant zu wissen, ob das in der ansässigen Inselbevölkerung Rückhalt gefunden hätte);
- auf jeden Fall "Befreiung / Unabhängigkeit" einer "Irischen Republik",
- ggf. ähnliches für Schottland (vielleicht hätte sich in Frankreich oder Spanien noch ein Stuart zum Restituieren gefunden);
- ggf. Rückgabe Franko-Kanadas (aus Prinzip, nicht aus irgendwelcher Notwendigkeit oder Verbundenheit heraus);
- Annexion diverser wirtschaftlich bedeutender Kolonien & strategisch günstig gelegenen Stützpunkte - wirtschaftlich: vor allem in Westindien, Westafrika, Indien; strategisch: ggf. Rückgabe der Kapkolonie an die Batavische Republik oder Annexion.

Meine fünf Assignaten...

Post Schreibulum: Ach ja: vor 1800 wäre es sicher noch wichtig gewesen, dem ollen Limey-Tyrannen auf dem englischen Königsthron seinen hirnverbrannten Anspruch auf die Krone Frankreichs aus seinem Wappen und seiner Titelliste zu entfernen... http://en.wikipedia.org/wiki/English_claims_to_the_French_throne
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine interessante Frage! Das betrifft m. E. insgesamt die französischen / napoleonischen Kriegsziele, die sich mir in den seltensten Fällen erschließen. Bin da in der Quellenlage aber auch nicht allzu bewandert, vieles scheint mir "on the fly" entschieden worden zu sein. Insbesondere scheint der eine oder andere aufstrebende General in Norditalien schon mal hin & wieder seine eigenen Friedensschlüsse gesucht zu haben - egal, was in Paris gewollt oder entschieden wird...

Ich sehe kein Szenario, in dem Frankreich tatsächlich den Briten hätte einen Frieden diktieren können. ("I do not say they won't come - I only say they won't come by the sea" - Lord St. Vincent) Daher sind meine folgenden Strickpunkte ausschließlich als müßige Spekulation zu betrachten:

Vollkommene Zustimmung. Ich werde zu den Spekulationen mal meinen Senf hinzu geben.

- Eine massive Schwächung der britischen Flotte (Obergrenzen für die Anzahl an Kriegs-, Handels- und Fischereischiffen) (analog zur Verkrüppelung der preußischen Heeresmacht);
- "Schleifen" / Verkrüppeln der Marinestützpunkte in Portsmouth und Plymouth, insbesondere der Docks;

Wäre sinnvoll gewesen. Beides hätte die Briten als Konkurrenten in gewisser Weise geschwächt

- Fischereirechte und Stützpunkte vor Neufundland (riiiieeesiges Thema im Siebenjährigen Krieg und beim Frieden von 1783);

Da Napoleon für Amerika und die noch vorhandenen französischen Kolonien wenig übrig hatte, halte ich das für fraglich.

- Abgabe / Lieferung von Kriegsschiffen (analog der Verträge mit Spanien), sowie Schwarzpulver/Salpeter, Karronaden und ggf. Eichenholz (hier lag eine französische strategische Schwäche, bzw. die Abgabe von Eichenholz hätte einer strategischen Schwächung der Royal Navy dienen können);

Es wäre die Frage ob so etwas dauerhaft nötig gewesen wäre, da letztlich die RN die letzte Seemacht war, die Napoleon im Weg stand. sobald diese dezimiert gewesen wäre, wäre eine weitere Schwächung kaum noch nötig gewesen.

- ggf. Annexion der Kanalinseln (wäre interessant zu wissen, ob das in der ansässigen Inselbevölkerung Rückhalt gefunden hätte);

Um die Bevölkerung hat man sich im Rheinland und den Niederlanden auch nicht geschert.

- auf jeden Fall "Befreiung / Unabhängigkeit" einer "Irischen Republik",

Oder aber ein Königreich unter einem von Napoleons Verwandten. Napoleon war nicht sonderlich begeistert davon Republiken zu bilden.

- ggf. ähnliches für Schottland (vielleicht hätte sich in Frankreich oder Spanien noch ein Stuart zum Restituieren gefunden);

Der letzte Jakobit war der Kardinal Henry Stuart (wäre Henry I. von Schottland und Henry IX. von England und Irland), der aber 1807 starb und als katholischer Geistlicher sein Leben größtenteils in Kirchenstaat verbracht hat. Danach war die Legitimität der Stuarts eigentlich erschöpft und auch Henry wäre für Napoleon wohl kaum ein geeigneter Thronkandidat geworden. Den jakobitischen Thronanspruch trugen die Könige von Sardinien weiter (der 1802 als König abgedankte Carlo Emanuele IV. und nach dessen Tod sein seit 1802 regierender Bruder Vittorio Emanuele I.).

- ggf. Rückgabe Franko-Kanadas (aus Prinzip, nicht aus irgendwelcher Notwendigkeit oder Verbundenheit heraus);

Ich denke da hätte Napoleon eher ganz Kanada an die USA vergeben um die in sein Bündnissystem zu integrieren. Er hatte wenig Interesse an Amerika.

- Annexion diverser wirtschaftlich bedeutender Kolonien & strategisch günstig gelegenen Stützpunkte - wirtschaftlich: vor allem in Westindien, Westafrika, Indien; strategisch: ggf. Rückgabe der Kapkolonie an die Batavische Republik oder Annexion.

Daran gab es sicherlich mehr Interesse von Seiten Napoleons, wobei auch hier zu beachten ist, dass er eher an einem kontinentalen Reich und der europäischen Hegemonie interessiert war, denn an Kolonien.
 
Ich finde die Frage schon sehr interessant. Es geht ja weniger darum, was wir uns als Ziele Frankreichs vorstellen, sondern welche Absichten Frankreich tatsächlich verfolgte und solche Ziele sagen dann schon sehr viel über die Außenpolitik Frankreichs aus. Gerade während der franz. Revolution ist dies ein komplexes Thema. Die Gironde-Regierung der ersten Jahreshälfte 1792 hatte sicherlich andere Ziele als die der zweiten - ganz abgesehen dann von der Außenpolitik der Robespierristen und schließlich des Direktoriums. Unsere Talleyrand-Kenner können vielleicht auch etwas dazu sagen, soweit Frankreich mit den Missionen Talleyrands denn politische Absichten verfolgte, die darüber hinaus gingen, bloß England aus dem österreichisch-preußischen Bündnissystem heraus zu halten.

Zumindest im Zusammenhang mit den Landungsplänen General Hoches muss es ein Konzept gegeben haben wie Hoche im Falle einer erfolgreichen Invasion hätte mit den ehemaligen britischen Untertanen umgehen sollen. Auch im Vorfeld der beabsichtigten Expedition Bonapartes und der letztlich gescheiterten Unternehmung Humberts muss es in der franz. Regierungen irgendwelche Planungen gegeben haben. In Irland gab es zumindest vergleichbar mit den frankreichfreundlichen Kräften in der Schweiz, in Italien und begrenzt auch in Deutschland gewisse Stützen einer zu installierenden neuen Ordnung.
Society of United Irishmen ? Wikipedia
http://en.wikipedia.org/wiki/Society_of_United_Irishmen
 
Jetzt mal eine ganz spekulative Frage - aber vielleicht gibt es dazu ja sogar Denkschriften, Memoiren und ähnliches. Was hatten die Franzosen zwischen 1792 und 1815 eigentlich mit Großbritannien vor?

Wollten sie damit wie bspw. mit Österreich umgehen, also den Staat erhalten, jedoch einige Annexionen durchführen? Oder wollten sie ihn ganz in eine Republik umwandeln? Oder gab es da auch schon einen Verwandten, den man als Vasall einsetzen konnte?

Dabei spielt natürlich auch der Zeitpunkt eine Rolle: das Direktorium hätte eher eine liberale, das Konsulat eher eine autoritäre und das Kaiserreich eher eine monarchische Verfassung gewünscht.

Es würde mich wundern, wenn es hierzu gar keine Vorstellungen gab - immerhin existierte lange Zeit eine Streitmacht, die zur Landung auf den Inseln gedacht war, und die Untersützung des irischen Aufstandes spricht auch für sich. Aber gab es weitergehende Pläne?
Na, ja, so spannend finde ich die Frage nicht, da es zu keinem Zeitpunkt während der Revolution und der napoleonischen Herrschaft auch nur ansatzweise eine Situation gab, über Maßnahmen gegenüber einem besiegten Albion ernsthaft nachzudenken. Sicherlich mag es den einen oder anderen Gedanken gegeben haben; dennoch: zu ergreifende Maßnahmen wären doch erheblich von den erreichten - allerdings nie stattgefundenen - franz. Erfolgen abhängig gewesen. Damit ist das ganze Thema reine Spekulation.

Was nun die Politik Frankreichs gegenüber England angeht, ist - wie Brissotin richtig anmerkt - zu unterscheiden.
In der ersten Hälfte des Jahres 1792 fanden die diplomatischen Missionen Talleyrands in England statt. Es galt u.a., Englands Neutralität zu sichern. Darüber hinaus sollte auch finanzielle Transaktionen angestrebt werden, die Frankreichs stets leere Kasse aufbessern helfen sollten. In der 2. Mission hatte Talleyrand sogar Vollmacht, einen Handelsvertrag anzubieten, der nach Willms "die Basis einer Allianz beider Länder sein sollte". Die von Frankreich angestrebte "entente cordiale" hatte politisch auch das Ziel, die verbleibenden Großmächte auf dem Kontinent in Schach zu halten.
Die Missionen scheiterten, England war nicht bereit, mit einem Frankreich der wechselnden Minister, einem Land der sich stets ändernden Verhältnisse Verhandlungen zu führen. Erschwehrend kam der Einmarsch franz. Truppen in Holland nach der Kriegserklärung an den "König von Böhmen und Ungarn" und z.B. die Behandlung des franz. König nach dem Einnahme der Tuilerien hinzu.
Dass England neutral blieb, hatte mit den Missionen nichts zu tun, es entsprach einfach der engl. Politik der damal. Situation. (Vergl. J. Willms: Talleyrand, München, 2011)

Mit der Radikalisierung der Revolution änderte sich die Haltung gegenüber England. Ich zitiere aus einem meiner Beiträge:

Die Ideen zur Landung in England und zur Kontinentalsperre stammen nicht von Napoleon, sondern sind wie Fournier schreibt "im Schoß der revolutionären Regierung von Frankreich entstanden, als der junge General Bonaparte eben erst in Italien seine Lorbeeren zu pflücken begann."

In den Anmerkungen dazu heißt es:
"In einem Brief vom 22. Juli 1796 schrieb Mallet du Pan an Thugut: "Der Hass gegen England hat neue Kraft gewonnen; die Vorbereitungen zu einer Landung daselbst werden fortgesetzt, und es ist ein Plan gefasst und zum Teil auch schon durchgeführt, England die Häfen des Kontinents zu verschließen" Eine Woche später: "Man wird England, soweit man dies vermag, den Markt des Kontinents versperren, damit seine Einkünfte, seine Fabriken, kurz, seine wichtigsten Hilfsquellen angreifen, hierdurch den Widerspruch der brit. Nation hervorrufen und auf solche Weise die Regierung zwingen, um Frieden zu bitten."

"Das Gesetz vom 10. Brumaire V (31. Oktober 1796) verbot die Einfuhr aller engl. Produkte und Handelswaren und überdies aller Artikel, die vorzugsweise in England erzeugt wurden, wie Baumwollsamte, Musseline, Wirkwaren, Shawls, Kristallwaren, Zuckerraffinade usw."

"Der Motivenbericht dazu erklärte es als eines der wirksamsten Mittel, die heimischen Manufakturen wieder emporzubringen, "den Verkauf und den Konsum engl. Waren in der ganzen Ausdehnung der Republik zu verhindern"."

"Die Einfuhr engl. Artikel nach Frankreich hatte übrigens auch schon der Konvent - in Dekreten vom 1. März und 9. Oktober 1793 - streng verboten." [1/Bd. III, Seiten 15-16]

"Dass auch das Direktorium schon "Lizenzen" verkaufte, erfährt man aus einem Brief Mallet du Pans vom 28. Jänner 1798." [1/Bd. III, Seite 19]
([1] Fournier, August: „Napoleon I., Emil Vollmer (Phaidon Verlag), Essen, 1996, Nachdruck der Ausgabe Wien 1922)
Sicherlich nur ein paar Schlaglichter, dass das franz. (Groß)-Bürgertum England als Konkurrenten empfand und mit welchen Wirtschaftsmaßnahmen man "Albion" beizukommen versuchte.

Der große Korse hat die Wirtschaftspolitik der Revolution konsequent weitergeführt. Der Vertrag von Amiens, der Chancen zwischen beiden Nationen bot, die diplomatisch hätten geregelt werden können - Talleyrand und auch Bruder Joseph - mühten sich vergebens -, hatte keinen Bestand; Ausgangspunkt eines langjährigen Kampfes um die Trophäe des "Highlanders", der schließlich überzeugend von England gewonnen wurde.

Der zunehmenden Hegemonie Frankreichs über den Kontinent folgte 1806 das Dekret über das Kontinentalsystem - die Kontinentalsperre. England sollte wirtschaftlich in die Knie gezwungen werden. Hierbei ist interessant, wie oben angeführt, dass die Idee - bis hin zur Besetzung eines schmalen Küstenstreifens - wie es in der Angliederung der Hansestädte später erfolgte, bereits zur Zt. der Revolution existierte, Napoleon damit die Blaupause des franz. Bürgertum umsetzte.

Die Sperre zeigte nicht die erhoffte Wirkung, sondern brachte gravierende Probleme, Unzufriedenheit ... nicht zuletzt mit der letzten verbliebenen und verbündeten Großmacht auf dem Kontinent: Rußland
Lizenzen schafften Geld in die Kasse.
Geld, dass Napoleon ab 1810 verstärkt in die Marine investierte. Es gab ein neues Marineprogramm, mit welchem England militärisch in die Knie gezwungen werden sollte. Landungen in Irland und Schottland, Expeditionen zu ehemaligen Kolonien waren angedacht ...

Es gab Überlegungen, Maßnahmen und Kontakte, um sich z.B. des Wohlwollens der katholischen Bevölkerung Irlands zu versichern. Ich kann mich dabei nicht des Eindrucks erwehren, dass dies Mittel zum Zweck war, um die Höhe der anzulandenen Truppen möglichst gering zu halten, um dennoch den Effekt zu haben, die für die Engländer wichtige Insel einzunehmen.

Hinweise, wie einschlägige Revolutionäre oder Napoleon im Falle eines Sieges mit England verfahren wollten, habe ich nicht zu bieten - was nichts heißt.

Grüße
excideuil
 
- ggf. Annexion der Kanalinseln (wäre interessant zu wissen, ob das in der ansässigen Inselbevölkerung Rückhalt gefunden hätte);
die waren allerdings von den Briten so stark befestigt (schon im 18. Jh.), dass obendrein angesichts der gefährlichen Küsten (Riffe, riesige Tiden) keine allzu große Gefahr drohte.
 

Hinweise, wie einschlägige Revolutionäre oder Napoleon im Falle eines Sieges mit England verfahren wollten, habe ich nicht zu bieten - was nichts heißt.

Da könnte man als Beispiel anführen, wie Napoleon mit den besiegten Monarchien der Habsburger und Hohenzollern verfuhr. Sie mussten territorial Federn lassen und standen unter napoleonischer Beobachtung.

Bei dieser Gelegenheit eine Frage: Warum hat Napoleon die Habsburger und Hohenzollern nicht einfach davongejagt und eine ihm genehme Dynastie eingesetzt? Damit hätte er immerhin konstantes Wohlverhalten erreicht und sich eine Menge Ärger ersparen können.
 
Da könnte man als Beispiel anführen, wie Napoleon mit den besiegten Monarchien der Habsburger und Hohenzollern verfuhr. Sie mussten territorial Federn lassen und standen unter napoleonischer Beobachtung.
Das mag für den Kontinent zutreffen. Für England mit seiner Insellage, seinen globalen Aktivitäten, seinem überlegenen Bankenwesen, seiner Industrie dürfte gerade die Ökonomie eher im Fokus gestanden haben.

Bei dieser Gelegenheit eine Frage: Warum hat Napoleon die Habsburger und Hohenzollern nicht einfach davongejagt und eine ihm genehme Dynastie eingesetzt? Damit hätte er immerhin konstantes Wohlverhalten erreicht und sich eine Menge Ärger ersparen können.
Die Entmachtung der Habsburger stand nach meinem Wissen nie zur Debatte. Frankreich konnte/wollte sich die Probleme des Vielvölkerstaates nicht "aufdrücken". (Einmal davon abgesehen, dass Minister Talleyrand stets für ein Bündnis mit Österreich eintrat)
Preußen hingegen stand tatsächlich kurz vor dem Aus. Es ist maßgeblich Alexander I. zu danken, dass er aus strategischen Gründen ein sicherlich verkleinertes Preußen als Puffer zu Frankreich wünschte. (Tilsit 1807)

Grüße
excideuil
 
Die Sperre zeigte nicht die erhoffte Wirkung, sondern brachte gravierende Probleme, Unzufriedenheit ... nicht zuletzt mit der letzten verbliebenen und verbündeten Großmacht auf dem Kontinent: Rußland
Lizenzen schafften Geld in die Kasse.

Entschuldige meine Unwissenheit: was meinst du mit "Lizenzen"?

Geld, dass Napoleon ab 1810 verstärkt in die Marine investierte. Es gab ein neues Marineprogramm, mit welchem England militärisch in die Knie gezwungen werden sollte. Landungen in Irland und Schottland, Expeditionen zu ehemaligen Kolonien waren angedacht ...

Hatte ein solches Programm überhaupt Aussicht auf Erfolg, besonders nach Trafalgar?

Hinweise, wie einschlägige Revolutionäre oder Napoleon im Falle eines Sieges mit England verfahren wollten, habe ich nicht zu bieten - was nichts heißt.

Ich dachte dabei an verschiedenste Dokumente, wie ja auch das Deutsche Reich mit dem Septemberprogramm in den Ersten Weltkrieg zog.
 
Hatte ein solches Programm überhaupt Aussicht auf Erfolg, besonders nach Trafalgar?
Definiere "Erfolg". Wir sind hier wieder genau bei den eingangs von Dir angesprochenen Kriegszielen. :winke:
Das war m. E. ja genau das Problem der Franzosen: Sie hatten kein strategisches Konzept, wie den Engländern auf ihrer ollen Inselwelt beizukommen gewesen wäre. Der Versuch, über Ägypten nach Indien vorzustoßen, war neben der Hoche-Expedition nach Irland wohl noch der erfolgversprechendste Ansatz, den Briten zumindest richtig weh zu tun. Aber auch hier wäre mir nicht bekannt, dass französischerseits ein definierter "desired end state", also ein erwünschter politischer Endzustand formuliert worden wäre, der über ein "das perfide Albion in die Knie zwingen" hinaus gegangen wäre.

Die nach 1810 gebauten Kriegsschiffe waren groß und sahen auf dem Papier recht gut aus. Das durch die Revolution zerstörte professionelle Marineoffizierskorps scheint sich bis dahin einigermaßen neu konstituiert zu haben. Allerdings waren viele der neuen Schiffe recht schedderig zusammengezimmert und insbesondere fehlten die Besatzungen. Des weiteren fand das Schiffbauprogramm entlang der gesamten von Frankreich dominierten Küsten statt. Eine solche Flotte musste erstmal zusammengezogen und dann aufeinander eingespielt werden.
Die Stärke einer Flotte beruht eben nicht auf der Anzahl der Schiffe und der der Männer, die auf ihr herumturnten, sondern auf Ausbildung, Erfahrung und Koordination - sowohl innerhalb der einzelnen Besatzungen, zwischen den Schiffe und schließlich zwischen den Offizieren, die diese Flotte kommandierten. Und da sah es für die Franzosen ganz ganz duster aus.

Für eine eindrucksvolle Invasion von Egalwasland hätten die Franzosen darüberhinaus Schiffsraum benötigt. Für ein einzelnes Korps sprechen wir hier von hunderten von Schiffen. Diese mussten auch zur Verfügung gestellt, zusammengezogen, bemannt und ausgerüstet werden. Eine erfolgreiche Landung irgendwo hätte Nachschub zumindest an Waffen, Munition und Pferden erfordert, d. h. auch nach einer Landung hätten die Zugänge zum Operationsgebite über Wochen- und Monate aktiv offen gehalten werden müssen. Strategisch-politische Erfolge waren über Napoleons Flottenrüstung kurz- und mittelfristig nicht zu erzielen...
 
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Entschuldige meine Unwissenheit: was meinst du mit "Lizenzen"?
Lizenzen stellen Genehmigungen dar, gegen Zahlung hoher Zölle mit verbotenen Waren zu handeln. Sie stellten damit ein Unterlaufen der Kontinentalsperre dar, hatten aber den Effekt, dass die Zölle die franz. Kasse füllten und Napoleon sich mit Waren versorgen konnte, z.B. Stoffe, die er zur Ausrüstung seiner Armee brauchte.

Hatte ein solches Programm überhaupt Aussicht auf Erfolg, besonders nach Trafalgar?
Aus der realen Historie heraus beurteilt definitiv nein. Hier ein Beitrag aus einem anderen Thread:
http://www.geschichtsforum.de/706101-post63.html
Es sind ein paar Zahlen enthalten: Ausgaben für Marinerüstung und Schiffsverluste im Vergleich Frankreich zu England. Frankreich kommt bei dem Vergleich nicht gut weg.
Geplant waren bis 1812 insgesamt über 100 Linienschiffe zu verfügen, am Ende der napoleon. Herrschaft waren es 75 oder 76. Die ehrgeizigen Ziele waren schon wegen der Kriege auf dem Kontinent nicht zu realisieren und dies obwohl Frankreich über die Ressourcen des fast gesamten Kontinentes gebot.
Über Ausrüstung, Mannschaften etc. hat Neddy etliches beigetragen, was die zusätzlichen Schwierigkeiten Frankreichs offenlegt.

Was die Schwierigkeiten und Risiken eines Landungsunternehmens selbst angeht, mag hier das Beispiel der Walcheren-Expedition der Briten 1809 dienen, welche ein Fehlschlag war:
Walcheren-Expedition ? Wikipedia

Schon die angegeben Zahlen (Schiffe, Boote, Mannschaften) machen deutlich, welch logistische Höchsleistungen so ein Unternehmen abverlangt.

Daran wird wohl deutlich, dass die Pläne zur Invasion der brit. Insel eher Wünsche - zumindest auf dem Prizip Hoffnung aufgebaut waren. Zudem ist es kaum glaubhaft, dass Engl. den Aufbau einer die engl. Seemacht bedrohenden Flotte durch Frankreich völlig unbeteiligt geschehen lassen hätte.

Ich dachte dabei an verschiedenste Dokumente, wie ja auch das Deutsche Reich mit dem Septemberprogramm in den Ersten Weltkrieg zog.
Im verlinkten Beitrag nehme ich Bezug auf ein Buch von N. P. Todorov. In ihm finden sich keine Dokumente, Zitate, die auf Pläne nach der Eroberung Englands Bezug nehmen. Es finden sich lediglich Hinweise, sich z.B. der Unterstützung der katholischen Bevölkerung Irlands zu versichern oder ein Hinweis, dass Frankreich mit einer entsprechend großen Flotte in der Lage wäre, England zum Frieden auf See zu zwingen.

Grüße
excideuil
 
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