Politischen Krise zwischen Frankreich und Russland 1811

Jürgen111

Neues Mitglied
Hallo,

ich hoffe jemand kann mir helfen. Ich kann diese Frage leider nicht beantworten da ich Sie nicht wirklich verstehe.

Frage: Fassen Sie die Entwicklung der politischen Krise zwischen Frankreich und Russland 1811 zusammen. Vergleichen Sie die Argumente Napoleons und des Zaren und überlegen Sie, ob die Möglichkeit einer friedlichen Lösung bestand.
Beachten Sie dabei auch deren Auswirkungen auf die von Napoleon etablierte Ordnung Europas.


Die beiden Texte sind unter diesem Link:
https://www.dropbox.com/sh/0irpduiq165w2qs/BwJbj7MM_g#/


Danke schon mal für eure hilfe
 
Die Texte sind viel zu klein, als dass man sie lesen könnte. Aber hilft es dir etwas, wenn ich das Stichwort Kontinentalsperre nenne?
 
Hi El Quijote,

wenn du auf Dropbox unten rechts auf die Drei Punkte gehst kannst du die Option "Original zeigen" auswählen. Dann kann man die Texte vergrößern und ohne Probleme lesen.

Kontinental sperre ist leider nicht genau auf dem Punkt gebracht denke ich. Aber schon mal vielen danke das du dir zeit nimmst
 
niemand eine Idee?

?????????? Wer lesen kann, ist duchaus im Vorteil. Und es ist wohl zumutbar, dass Du mal nach "KONTINENTALSPERRE" suchst. Wie ja auch schon deutlich geschrieben!!!!!!!

Es ist nicht unser Job, Deine Probleme zu lösen. Hier gibt es "Hilfe zur Selbsthilfe" und Interpretationshilfen. Also 1. Lesen, 2. Lesen und Thesen & Ideen schreiben. Dann kann Dir weiter geholfen werden.

Die Texte sind viel zu klein, als dass man sie lesen könnte. Aber hilft es dir etwas, wenn ich das Stichwort Kontinentalsperre nenne?
 
@Jürgen111

El Quijote hat es richtig gesagt, der Begriff:

Kontinentalsperre ? Wikipedia

auch Kontinentalsystem genannt ist in dem Zusammenhang sehr wichtig. Mit dem Vertrag von Tilsit (in Rußland oft als Schmach empfunden) trat Rußland diesem bei. Damit brach der überlebenswichtige Handel Rußlands mit England praktisch zusammen. Wirtschaftlich logisch, dass Rußland dann ausscheren musste.

Die Sperre diente dem Ziel, England wirtschaftlich in die Knie zu zwingen, da eine militärische Aktion gegen England nach Trafalgar unmöglich war.
Klar, dass die Aussicht eines Erfolges der Sperre umso größer war, je kompletter der Kontinent gegen engl. Waren gesichert war. Wenn also Rußland ausschert, entsteht - neben dem Schmuggel, Lizenzen etc. - ein Loch...

Daraus resultierte - neben generell politischen Bestrebungen zur Ausdehnung der Macht - ein Konflikt zwischen den beiden verbliebenen Großmächten auf dem Kontinent, der friedlich diplomatisch nicht zu lösen war.

Grüße
excideuil
 
Damit brach der überlebenswichtige Handel Rußlands mit England praktisch zusammen. Wirtschaftlich logisch, dass Rußland dann ausscheren musste.

Die Sperre diente dem Ziel, England wirtschaftlich in die Knie zu zwingen, da eine militärische Aktion gegen England nach Trafalgar unmöglich war.
Klar, dass die Aussicht eines Erfolges der Sperre umso größer war, je kompletter der Kontinent gegen engl. Waren gesichert war. Wenn also Rußland ausschert, entsteht - neben dem Schmuggel, Lizenzen etc. - ein Loch...

Daraus resultierte - neben generell politischen Bestrebungen zur Ausdehnung der Macht - ein Konflikt zwischen den beiden verbliebenen Großmächten auf dem Kontinent, der friedlich diplomatisch nicht zu lösen war.

Vor diesem Hintergrund, ist da Alexanders Brief an Napoleon nicht ausgesprochen heuchlerisch?

Und, gab es nicht doch die Option, sich an die Kontinentalsperre zu halten? Wie war die Einschætzung aus damaliger Sicht, war man der Meinung, England kønnte sich bis zum "Sanktnimmerleinstag" halten, oder vermutete man den baldigen Zusammenbruch Englands (so denn Russland im Kontinentalsystem geblieben wære)?

Gruss, muheijo
 
Vor diesem Hintergrund, ist da Alexanders Brief an Napoleon nicht ausgesprochen heuchlerisch?

Und, gab es nicht doch die Option, sich an die Kontinentalsperre zu halten? Wie war die Einschætzung aus damaliger Sicht, war man der Meinung, England kønnte sich bis zum "Sanktnimmerleinstag" halten, oder vermutete man den baldigen Zusammenbruch Englands (so denn Russland im Kontinentalsystem geblieben wære)?

Gruss, muheijo
Na, ja, dass die Großmacht Rußland nach Westen drängte war seit den polnischen Teilungen kein Geheimnis. Nicht umsonst empfahl Talleyrand 1805, Österreich gegen die "Barbaren" einzubinden.

Ob der Zar heuchlerisch war, na, ja, eindeutig wohl die Ansage Napoleons an Kurakin:
"Ich habe ihren Kaiser zum Beherrscher des Nordens ernannt; das konnte ihm beweisen, was ich aus ihm machen wollte.... "

Sorry, aber das klingt nicht so als sollten sich zwei Herrscher auf Augenhöhe begegnen ...

Nein, aus russischer Sicht gab es keine - vor allem innenpolitische - Option als die Aufkündigung der Kontinentalsperre. Dies hatte eindeutig wirtschaftliche Gründe. Selbst Erwerbungen wie Finnland änderten daran nichts.

Grüße
excideuil
 
...Frage: Fassen Sie die Entwicklung der politischen Krise zwischen Frankreich und Russland 1811 zusammen. Vergleichen Sie die Argumente Napoleons und des Zaren und überlegen Sie, ob die Möglichkeit einer friedlichen Lösung bestand.
Beachten Sie dabei auch deren Auswirkungen auf die von Napoleon etablierte Ordnung Europas. ...

Wie meine Mitdiskutanten w.o. schon schrieben, das zentrale Argumentarium für diese Analyse ist die "Kontinentalsperre".

Eine "diplomatische Revolution" war mit N. an der Spitze Frankreichs und im sozioökonomischen Ergebnis der französischen Revolution nicht denkbar.

M.
 
Daraus resultierte - neben generell politischen Bestrebungen zur Ausdehnung der Macht - ein Konflikt zwischen den beiden verbliebenen Großmächten auf dem Kontinent, der friedlich diplomatisch nicht zu lösen war.

Ich bin mir nicht sicher, aber wahrscheinlich hätte man das Problem doch diplomatisch lösen können. Es war m.E. vor allem Napoleon, der dazu nicht bereit war.

Und, gab es nicht doch die Option, sich an die Kontinentalsperre zu halten? Wie war die Einschætzung aus damaliger Sicht, war man der Meinung, England kønnte sich bis zum "Sanktnimmerleinstag" halten, oder vermutete man den baldigen Zusammenbruch Englands (so denn Russland im Kontinentalsystem geblieben wære)?
Die Sperre diente dem Ziel, England wirtschaftlich in die Knie zu zwingen, da eine militärische Aktion gegen England nach Trafalgar unmöglich war.
Klar, dass die Aussicht eines Erfolges der Sperre umso größer war, je kompletter der Kontinent gegen engl. Waren gesichert war. Wenn also Rußland ausschert, entsteht - neben dem Schmuggel, Lizenzen etc. - ein Loch...
Im Prinzip war das Kontinentalsystem doch von Anfang an ein Schlag ins Wasser, da es den wirtschaftlichen Interessen eigentlich aller Mächte zuwiderlief und in diesem Wirtschaftskrieg England von Anfang an das Heft in der Hand hatte, schließlich lagen die kümmerlichen Reste der französischen Flotte nach Trafalgar in Cádiz fest und England kontrollierte die See, vor allem nachdem sie noch schnell die dänische Flotte zusammenschossen, damit diese nicht Napoleon in die Hände fiel (wieso erinnert mich das an Marsa al-Kabir/Mers el-Kébir?). Die Engländer konnten jedes Schiff aufbringen und die Kapitäne zwingen, ihnen ihre Güter zu günstigen Preisen zu verkaufen und von Portugal bis Russland und Sizilien bis Dänemark blühte der Schmuggel. Für Napoleon war es letztlich ein Riesenaufwand, das Kontinentalsystem beisammenzuhalten, indem er einerseits den notwendigen Druck auf die "Verbündeten" (Österreich, Russland, Preußen) ausüben musste und andererseits solche Klein- und Mittelmächte wie Portugal überhaupt erst einmal unter seine Kontrolle bringen musste - was ihm bekanntermaßen nicht gelang und wobei er zudem noch mit dem verbündeten Spanien politisch recht ungeschickt vorging und einen völlig unnötigen und blutigen Krieg in Spanien auslöste. Ein Krieg von dem er selber später meinte, dass dieser die Wurzel seines ersten Untergangs war. Ich glaube allerdings, dass er schon vorher scheiterte, nämlich als er nach dem Sieg über Preußen auf die Idee kam, 1806 die Kontinentalsperre auszurufen.
 
1. Für Napoleon war es letztlich ein Riesenaufwand, das Kontinentalsystem beisammenzuhalten,

2. Ein Krieg von dem er selber später meinte, dass dieser die Wurzel seines ersten Untergangs war. Ich glaube allerdings, dass er schon vorher scheiterte, nämlich als er nach dem Sieg über Preußen auf die Idee kam, 1806 die Kontinentalsperre auszurufen.

Ganz so einfach oder politisch sinnfrei war das Agieren von Napoleon m.E. nicht (läßt man mal die Veränderung des Binnenhandels in Europa außen vor). So beleuchtet Gates die Situation für beide Seiten vor allem auch in Bezug auf die Waren- und Finanzströme als Voraussetzung für die Finanzierung des Krieges.

The Napoleonic Wars 1803-1815 - David Gates - Google Books

Nach Gates basierte Napoleon die Einschätzung der wirtschaftlichen Möglichkeit von GB auf einer Studie von Chevalier de Guer aus dem Jahr 1802 ("Etat de la Situation des Finanaces de l'Angeleterre et de la Banque de Londres"). Sie analysierte vor allem die Art der Finanzierung durch GB. Die Wirtschaftsleistung von GB war dabei die zentrale Bais für das System der Finanzierung von kontinentalen Verbündeten. Im Kern steht dabei ein Kreislauf aus der Vergabe von Krediten durch GB / London und dem Einkaufen in GB durch die Verbündeten und der damit verbundenen Unterstützung der Wirtschaftskraft von GB.

Diesen "integrierten" Kreislauf wollte Napoleon unterbrechen, um die Finanzierung des Kriegs auf dem Kontinent für GB deutlich zu erschweren.

Diese Unterbindung des Kapital- und Warenflusses führte als direkte Reaktion zu einer massiven Kraftanstrengung durch GB und zwang es auf der iberischen Halbinsel eine Armee von ca. 60.000 Mann zu unterhalten und in 1810 beispielsweise eine sehr hohe Summe von ca 44 Millionen Pfund (1809) in seine Armee zu investieren. Dieses führte zu einer Krise bei der Finanzierung und Wellington wurde durch die Regierung gewarnt, dass der Krieg in diesem Umfang nicht sehr viel länger finanziert werden können.

Meine These wäre, dass die Kontinentalsperre zeitlich durchaus für Napoleon gearbeitet hätte, wenn er das System weiterhin hätte durchsetzen können.

Letztlich war die Möglichkeit zur Fortführung eine "Finanzwette". So lange auf dem Kontinent von Bankhäusern und von Händlern britische Schuldscheine akzeptiert wurde für die Finanzierung, so lange setzten die ökonomischen Eliten auf dem Kontinent auf den Sieg von GB und der anschließenden Möglichkeit diese Forderungen ersetzt zu bekommen.

In diesem Sinne konnte sich GB / London finanzieren, obwohl der Handel mit dem Kontinent sehr deutlich eingeschränkt war.

Ergo: Die Idee zur Kontinentalsperre war aus der Sicht von Napoleon der erfolgversprechendste Mechanismus, ohne die Kontrolle über die Meere zu besitzen, einen Handelskrieg zu führen.
 
Die Studie war aus dem Jahr 1802, Trafalgar war drei Jahre später und die Einrichtung des Kontinentalsystems wiederum ein Jahr darauf. Was also 1802 seepolitisch klug gewesen wäre, aber landpolitisch nicht durchzusetzen, mag zwar durch die seit 1805 enger mit Frankreich verbundenen Spanier und die Erfolge in Mitteleuropa inzwischen landpolitisch in die Nähe der Realisierbarkeit gerückt sein, aber seepolitisch war man davon seit Trafalgar weiter entfernt als zuvor. Und nebenbei blutete Frankreich, und zwar wirtschaftlich und an Manpower, aus.
Und für die Franzosen welche überall in Europa Armeen zu unterhalten hatten, nur um das Kontinentalsystem aufrechtzuerhalten, muss man dasselbe zugestehen, wie für die Briten: Armeen kosten Geld und Zustimmung besonders bei denen, bei denen sie einquartiert waren.
 
Ich bin mir nicht sicher, aber wahrscheinlich hätte man das Problem doch diplomatisch lösen können. Es war m.E. vor allem Napoleon, der dazu nicht bereit war.
Entscheidend sind doch immer ökonomische Aspekte und dem Wegfall des Handels Rußlands mit England konnte Frankreich nichts entgegensetzen, sprich der Handel mit Rußland war - auch aufgrund der Entfernung - marginal. Auch ein Grund, warum das franz. Bürgertum gegen den Krieg 1812 war, weil es ökonomisch nichts zu gewinnen gab.

Betrachtet man dann noch den Wachstum des franz. Empire: Hansestädte, Oldenburg, die Vergrößerung des Herzogtums Warschau, dann waren das kaum vertrauensbildende Maßnahmen.

Hinzu kam, dass der Zar innenpolitisch nicht unumstritten war, das Schicksal Paul I. ihm hätte drohen können.

Nein, es gab für Alexander I. keine andere Alternative als aus der "Schmach von Tilsit" auszubrechen.

Und das konnte sich Napoleon nicht bieten lassen, sollte das Kontinentalsystem Erfolg haben.
Und damit sind wir hier:
Ergo: Die Idee zur Kontinentalsperre war aus der Sicht von Napoleon der erfolgversprechendste Mechanismus, ohne die Kontrolle über die Meere zu besitzen, einen Handelskrieg zu führen.
Die Idee dazu stammte nicht von Napoleon, sondern schon aus der Revolution und dies bis in kleine Details wie die Besetzung eines kleinen Streifens entlang der Küsten.

England stand durchaus (mehrfach) vor dem Kollaps. Gerettet wurde es durch die Kriege 1809 und 1812, durch seine überlegene Wirtschaft, vor allem aber durch das Bankenwesen, durch die Gewinnung neuer Absatzgebiete in Südamerika, und nicht zuletzt dadurch, dass die Währung stabil gehalten werden konnte und damit Vertrauen behielt.

Und auf dem Kontinent kam hinzu, dass Frankreich seine Mittel zur Einhaltung der Sperre überdehnte, ja selbst nicht ohne brit. Waren auskam, was die Vergabe von Lizenzen durch Napoleon zeigte, mit der zwar Geld in die Kassen kam, aber das System konterkarierte.

Grüße
excideuil
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Kontinentalsperre war von vornherein wie ein "tot geborenes Kind". Stattdessen bot sich für Napoleon die Möglichkeit, England und Russland als Großmächte in Europa anzuerkennen und einen dauerhaften Frieden zu schließen.

- Ausgangspunkt wie o.g. diskutiert war die verhängte Kontinentalsperre. -
Weil aber insbesondere über die deutschen Küstenländer viel Schmuggelware nach Europa gelangte,liquidierte Napoleon am 13. Dezember 1810 kurzerhand vier Fürstentümer des Rheinbundes und die drei Stadtstaaten Bremen ,Hamburg und Lübeck und erklärte 1,2 Millionen Deutsche zu französischen Staatsbürgern. Das war ein Fußtritt gegen die Rheinbundstaaten, gegen das abgegebene Versprechen, Frankreichs Territorium niemals über den Rhein hinaus auszudehnen.Diese Annexion Norddeutschlands entthronte auch den Herzog von Oldenburg, einen nahen Verwandten des russischen Zaren. Ein weiterer Konflikt zwischen Russland und Frankreich erwuchs aus der Kontinentalsperre selbst.Der russische Adel hatte mit England sein Hauptabsatzgebiet für Holzausfuhren und weiterer Waren verloren. Der Wert des Rubels fiel auf 16 Kopeken. In der Staatskasse fehlten die Zolleinnahmen vergangener Zeiten. Darauf erließ Zar Alexander am 31. Dezember ein neues Zollgesetz, das die Kontinentalsperre unterlief.Das Zollgesetz genehmigte die Kolonialwaren ,sofern sie von neutralen Schiffen kamen.Ein zweites Dekret begrenzte die Einfuhr von französischen Waren.
Außerdem erlaubte man ausländischen und englischen Schiffen unter russischer Flagge zu fahren und erleichterte auch die Ausfuhr aus russischen Häfen durch Erteilung von Schifffahrt -Lizenzen.Die Blockade gegen Großbritannien zerbrach.
Die Folge daraus war:
"Die Kontinentalsperre schlug seit Herbst 1810 auf Frankreich selbst zurück. Rohstoffmangel der Baumwollindustrie und Absatzschwierigkeiten der gesamten Exportindustrie verursachten auch hier Bankrotte,Arbeitslosigkeit und Verelendung des Volkes. Empfindsam reagierten die Luxuswarenindustrie und die Seidenmanufakturen auf die russischen Zollgesetze.Der Kaiser fürchtete Arbeiterunruhen. Er zahlte den Industrieunternehmern hohe Subventionen und Darlehen aus der Staatskasse- gewährte den Großhändlern außerordentliche Lizenzen, hielt aber an der Blockadepolitik fest.
Die Folgen dieser Politik sind bekannt." Zitat aus dem Buch "Napoleons langer Schatten über Europa" -herausgegeben von Marion George,Andrea Rudolph
 
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Nein, es gab für Alexander I. keine andere Alternative als aus der "Schmach von Tilsit" auszubrechen.

Und das konnte sich Napoleon nicht bieten lassen, sollte das Kontinentalsystem Erfolg haben.

Im Prinzip deckt sich die Einschätzung mit der von Esdaile (S. 297-300).

Nach dem Frieden von Tilsit war Napoleon auf dem Höhepunkt seiner Macht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Frieden_von_Tilsit

Die Zukunft von GB war völlig unklar ("the future was distinctively uncertain") und es hätte passieren können, dass GB hätte Aufgeben müssen. ("that she would have been forced to give up").

Zum Glück für die "Portland"-Regierung, so Esdaile, war Napoleon kein rationaler Machthaber, der Russland keine gleichberechtigte politische Partnerschaft zubilligte und so die politische Entfremdung zwischen Frankreich und Russland verstärkte.

http://books.google.de/books?id=62uHd5fMSBQC&pg=PT1020&dq=charles+esdaile,+napoleon%60s+wars&hl=de&sa=X&ei=Wg6fUoPbLKbP0QWS4IGQAg&ved=0CDUQ6AEwAA#v=onepage&q=charles%20esdaile%2C%20napoleon%60s%20wars&f=false

Wäre diese Partnerschaft zustande gekommen, dann wäre die weitere europäische Politik vermutlich anders verlaufen.

Die Kontinentalsperre war von vornherein wie ein "tot geborenes Kind".

Auch wirtschaftlich war die Blockade durchaus ambivalent. Zum einen ist es natürlich richtig, dass die Zufuhr von Rohstoffen aus kolonialen Gebieten stark reduziert wurde und manche Indudstriezweige stark traf.

Zum anderen bot sich aber auch die Chance, durch die damit gewonnene Monopolstellung nationaler Industrien diese zu entwicklen und den Absatz sicher zu stellen, da kein Preiskampf mehr vorhanden war gegenüber eingeführten Waren. Eine Entwicklung, die beispielsweise auch relevant für den Export französicher Waren nach Deutschland wichtig war.

vgl. zur englischen Handelspolitik beispielsweise Black.
Trade, Empire and British Foreign Policy, 1689 1815: Politics of a ... - Jeremy Black - Google Books

und zu den generellen Veränderungen des Wirtschaftssystems im europäischen Kontext (Pdf anklicken)
Trade and Empire, 1700-1870
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier mal ein franz. Standpunkt


aus Napoléon et l'économie dirigée von Bertrand de Jouvenel


Die Maßnahmen die im Zusammenhang mit dem Blockus genommen wurden, hatten weitreichende Folgen auf die europäische Wirtschaft.

Man beginnt den Rohrzucker durch den Zucker der Zuckerrübe zu ersetzen....


Von Napoleon in den Konflikt hineingezogen, beginnen die deutschen Staaten ihre eignen Manufakturen auf zu bauen, da sie von den englischen Waren abgeschnitten waren.


Nach Ende des Konflikts verteidigen sie diese mit Zöllen. So beginnt die moderne deutsche Industrie.

Als Reaktion auf den englischen Handelsdruck nach Ende des Konflikts, enstehen die preussischen Zölle, das Werk von List und schußendlich der Zollverein.

Der Aufstieg der zwei Kontinentalmächte, die im 20 Jhd Großbritanien überflügeln, Deutschland und Frankreich, beginnt mit dem Blockus.


 
Es mag sicher auch Vorteile gegeben haben, aus dem Zwang, sich Alternativen zu den engl. Produkten und dem Handel mit England zu suchen.

Ich habe irgendwo mal gelesen, dass frz. Regimenter zeitweise mit weissen Uniformen ausgestattet werden mussten, weil es keinen blauen Farbstoff mehr gab - bis man einen Ersatz gefunden hatte.

Nicht vergessen sollte man auch, dass England ebenfalls eine Gegenblockade errichtet hat.
(Ich bin mir nicht einmal sicher, wer damit ueberhaupt angefangen hat)
Und da Frankreich sich im Krieg mit England befand, hætte der Handel dann ueber 3. Staaten laufen muessen.
Vermutl. hætten dann alle Lænder einschl. England davon profitiert, ausser eben Frankreich.
Insofern war die Kontinentalsperre schon folgerichtig - und doch falsch:

Um die Sperre aufrechtzuerhalten und auszuweiten, mussten immer mehr Lænder unter Kontrolle gebracht werden, und in letzter Konsequenz sogar direkt franzøsisch - weil die Zwangsverbuendeten zu lasch waren bzw. gar nicht an der Durchfuehrung der Sperre interessiert waren.
Und die Rueckgabe derselben Provinzen im Rahmen einer "Nachkriegsordnung" nach einem Zusammenbruch Englands wære absolut un-napoleonisch gewesen.
So kam es, wie es kommen musste: Europa konnte auf Dauer nicht tollerieren, dass die Illyrischen Provinzen, ein Grossteil des Kirchenstaates, Katalonien, Holland, die dt. Nordseekueste usw. franzøsisch war, und ein Grossteil der uebrigen Lænder Vasallenstaaten mit Herrschern, die nichts weiter als Befehlsempfænger waren - und einfach um- oder gar abgesetzt wurden, wenn's nicht funktionierte. Da machte Napoleon auch vor seiner eigenen Verwandtschaft nicht halt. (Paradebeispiel Holland)

Wenn man sich aber Napoleons Lage 1807 anschaut:

- Østerreich und Russland mehrfach besiegt, Preussen ebenso
- das HRR aufgeløst und durch den Rheinbund ersetzt
- mit Russland verbuendet
- einzig England als Gegner noch uebrig

wie will man da erwarten, dass Napoleon jetzt einen Frieden mit England schliesst, bei dem er mit grosser Wahrscheinlichkeit auch hætte "geben" muessen?

Und wie hætte so ein Frieden, hætte die Karte Europas dann aussehen sollen?

Gruss, muheijo
 
Nicht vergessen sollte man auch, dass England ebenfalls eine Gegenblockade errichtet hat.

Es war GB, das zuerst eine Blockade verhängt hatte. N. reagierte und der Rest ist eine interaktive Eskalation. Mit den Ereignissen in Dänemark, den militärischen Siegen über Preußen, dem Krieg von Russland gegen Schweden (Finnland), der Besetzung ganz Italiens und dem Einmarsch nach Portugal inlusive dem Krieg gegen Spanien. Aktion traf auf Reaktion. Dabei spielten die Neutralen eine besondere Rolle, da sie zu allen Zeiten eigentlich das entscheidende "Schlupfloch" waren, durch das teilweise die Blockade und Gegenblockade, sprich ein merkantilistischer Handelskrieg, konterkariert wurde.

Ein paar zusatzliche Aspekte:
1. Noch ein Hinweis auf die wohl wichtigste Publikation von Heckscher zum Bereich der Kontinental Blockade ("Continental System"). Sie ist als Klassiker bzw. Referenz anzusehen (online unter Link zu lesen).

Heckscher, The Continental System | Library of Economics and Liberty

2. Von O'Rourke wurde die Frage des Einflusses der Blockade auf die Im- und Exportleistung von einzelnen Kriegsteilnehmern untersucht.

Er kommt zu dem Ergebnis, dass für Frankreich der Import ca. um die Hälfte während der Untersuchungszeitraums reduziert wird. Für GB ergeben sich auf der mengemäßigen Seite wenige Veränderungen.

Er kritisiert diese Sicht, da die offiziellen Daten die umfangreiche Schmuggeltätigkeit nicht berücksichtigt und hält die Veränderung der Preisbildung für den aussagekräftigeren Indikator.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich während der britischen Blockade erheblich Preissteigerungen auf den nationalen kontinentalen Märkten für Waren aus den Kolonien, unter anderem für Baumwolle etc.. (vgl. PdF)

- Google Scholar

3. Die Bedeutung des Handelskriegs für die Kriegsführung bzw. für ihren Ausgang der napoleonischen Kriege sollte dennoch nicht überschätzt werden. Zu diesem Schluss kommt beispielsweise Mearsheimer bei seinem Vergleich zu dem Erfolg von Blockaden als Instrument der Kriegsführung

The Tragedy of Great Power Politics - John J. Mearsheimer - Google Books
 
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