Robespierre als Motor der Revolution ?

Malcolm X

Neues Mitglied
Guten Tag,

Ich soll für die Schule in eine schriftliche Hausarbeit mit der o.g. Überschrift zusammenstellen.
Kann mir einer von euch sagen inwiefern Robbespierre nun als Motor der fr. Revolution zu sehen ist ?

Er hat ja zum einen schon die alten Verhältnisse umgewälzt, zum anderen aber mit seiner Schreckensherrschaft etwas Diktatur ähnliches geschaffen, vergleichbar mit dem davor herrschenden Absolutismus oder ???
 
Als Motor der Revolution würde ich ihn nicht sehen, zumindest nicht vor dem Putsch im Juni 1793. Man muss sehen, dass Robespierre schlecht vor den Massen sprechen konnte. Beim Fest des Höchsten Wesens am Ende seiner Diktatur machte er sich lächerlich, ebenso misslang ihm, seine Anhänger während seiner Absetzung zusammen zu halten. Die großen Redner waren andere wie Mirabeau, Danton etc..
Beispielhaft dafür ist, dass die Robespierristen kaum in den Wahlen Erfolge verbuchen konnten. Die Commune von Paris und ein Staatsstreich musste sie an die Regierung bringen. Innerhalb der gemäßigten Regierungen zuvor hatte Robespierre keine Rolle gespielt. Selbst beim Prozess gegen Marie Antoinette und Louis Capet waren andere wie Hébert wichtiger. Hébert ist ein gutes Beispiel dafür, wer in Paris eigentlich die Macht hinter sich bringen konnte, nämlich Publikumslieblinge wie er und Marat, welche die Commune beherrschten und Umstürze wie den 10. August 1792 herbeiführten.
Ich würde die tragenden Figuren der Revolution in zwei Gruppen, an Deiner Stelle unterscheiden. Zum einen diejenigen, welche politisch im Parlament bzw. in den vom König bestimmten, bzw. später gewählten Regierungen arbeiteten (1. Dumouriez ..., Vergniaud, Danton, Roland, 2. Robespierre, Saint-Just ... 3. Barras, Carnot, Reubell...) , zum anderen die Führer der Massen von Paris, man spricht von der Commune (Marat, Hébert, Roux etc.). In der Spätphase der Republik ließen sich die Massen neben kommunistischen Führern auch von den Royalisten instrumentalisieren und steuern. Zweifelsohne ist die Trennlinie zwischen den beiden Gruppen der politisch wichtigen Figuren nicht ganz klar zu ziehen. Dennoch kann man verzeichnen, dass gerade über die Stadt Paris hinaus, die dort erfolgreichen Agitatoren meistens wenig beliebt waren bzw. u.a. auch scheiterten wie Santerre.

Persönlich wirkte Robespierre also umwälzend erst nach dem Staatsstreich. Er bzw. die Diktatur des Triumvirats Robespierre, Saint-Just, Couthon hatte maßgeblichen Anteil an der Fomulierung einer Umwälzung hinsichtlich einiger sozialer Reformen, welche vor allem die Erziehung der Kinder u. ähnliches, aber auch die Verfolgung von, in Augen des Unbestechlichen, unmoralischem Verhalten wie Prostitution betreffen sollten. Dass Saint-Just selbst von einer erfrorenen Revolution sprach, deutet mich darauf hin, dass eigentlich Robespierre und seine Anhänger weniger Motoren als Lähmer einer Revolution waren. Hatten die Girondisten ihr Hauptinteresse darin gesehen, den Liberalisierungsprozess anzuhalten, um die Republik als solche zu konsolidieren, erwürgte die Ausschließlichkeit und Verfolgung anders denkender während der Diktatur Robespierres ein Weiterlaufen der Ereignisse. Erst nach dem Sturz Robespierres konnte an eine weitere Bearbeitung von Gesetzen und Festschreibung demokratischer Grundrechte weitergearbeitet werden, was sich in der Direktorialverfassung und selbst im Code Civil von Cambacérès zeigte.
 
Unter Robespierre fanden schon gewaltige Umwälzungen statt. So war plötzlich jeder, der mit dem Adel in Verbindung gebracht wurde, in Gefahr. Es gibt da diese Geschichte, dass Leute verhaftet wurden, die sich die Nase mit einem Taschentuch putzten, da dies ein Zeichen für Wohlstand war. So wurde der zuvor unterdrückte dritte Stand auf einmal klar bevorteiligt.
Dass in der Folge die vielen Hinrichtungen folgten, könnte man damit zusammenfassen, dass Robespierre mit seinen Maßnahmen über das eigentliche Ziel der Revolution hinausgeschossen ist.

s.d.caes.
 
Unter Robespierre fanden schon gewaltige Umwälzungen statt. So war plötzlich jeder, der mit dem Adel in Verbindung gebracht wurde, in Gefahr. Es gibt da diese Geschichte, dass Leute verhaftet wurden, die sich die Nase mit einem Taschentuch putzten, da dies ein Zeichen für Wohlstand war. So wurde der zuvor unterdrückte dritte Stand auf einmal klar bevorteiligt.
Dass in der Folge die vielen Hinrichtungen folgten, könnte man damit zusammenfassen, dass Robespierre mit seinen Maßnahmen über das eigentliche Ziel der Revolution hinausgeschossen ist.

s.d.caes.
Heißt das aber, dass er ein Motor der Revolution war? Brachte er sie voran oder unterdrückte er sie?

Etwas ähnliches habe ich auch schon von Culottes gelesen, dass man in Culottes 1793/94 in Paris nicht seines Lebens sicher gewesen sei. Dabei wird Robespierre selbst wohl nie Pantalons oder dergleichen getragen haben. ;)
 
@Brissotin: Zur Frage, ob er Motor oder eher Unterdrücker der Revolution war, wollte ich mich eher neutral halten.

Wenn ich aber näher drüber nachdenke, versuche ich es so zu sagen. Er war grundsätzlich für die Revolution, da er die alten Verhältnisse verachtete. Er sah wohl nur seinen Weg, als ein effektives Mittel, um die Umstände wirklich ändern zu können. Er konnte nicht ahnen, dass er dadurch die Revolution behinderte und später Napoleon eine Stellung einnehmen konnte, die den Königen gleich war. Insofern wäre er nicht Motor, sondern ein unfrewiliger Verhinderer/Verzögerer der Revolution.

s.d.caes.
 
Man könnte ihn vielleicht auch als Motor wider Willen bezeichnen. Wollte er die Revolution selber abwürgen, da er Anarchie etc., die wie bei den Septembermorden und am 10.August die schlimmen Begleiterscheinung einer Revolution ist, führte seine Diktatur eigentlich zu der Umkehr. Nach ihm waren Einstellung robespierristischer Art, ganz extrem verfemt. Auch nur im entferntesten mit seiner Vorgehensweise in Verbindung gebracht zu werden, machte jeden Politiker als realpolitisch nicht tragbar. Die robespierristische Diktatur wurde ja auf die greulichen Elemente wie Massenhinrichtungen (Lyon) und korrupte Gerichte reduziert in der Retrospektive. Das Wort "Jacobin" wurde fast ausschließlich als Schimpfwort verwendet, da von den "Terroristen" auf die Gesamtheit der ehem. jakobinischen Gedankenvertreter geschlossen wurde. Die Diktatur Robespierres führte also neben der ohnehin im Gepäck befindlichen Entdemokratisierung auch zu einer Demokratiefeindlichkeit durch das schlechte Beispiel, welches die rebespierristische Diktatur bezüglich Toleranz und Integrität der Justiz lieferte. Die robespierristische Vorgehensweisen wurden also der intelektuellen Elite in Frankreich bis auf Ausnahmen (Babeuf) verhasst, was zu einer Entfremdung gegenüber den Regierungen der späteren Schwesterrepubliken beitrug, die man als jakobinisch deffiniert.
Das Bild von den Greueln des robespierristischen Regimes erschien der Elite lange noch im Hinterkopf auf der einen und das der Rückkehr zum Ancien Régime auf der anderen Seite. Um beiden zu entgehen wurde die Bereitschaft auch demokratie bzw. republikfeindlicher bzw. konservative Regierungen zu akzeptieren (Triumvirat od. Rumpfdirektorium bzw. später gar das Konsulat) empfänglich. Somit kann man wohl durchaus davon sprechen, dass in doppelter Hinsicht Robespierre zur Beendigung der Revolution einen erheblichen Anteil hatte.
 
"Somit kann man wohl durchaus davon sprechen, dass in doppelter Hinsicht Robespierre zur Beendigung der Revolution einen erheblichen Anteil hatte."


Ok vielen Dank schonmal für dein fundeiertes Fachwissen, meinst du Beendigung jetzt so, dass er eher Bremse war oder dass er die Sache bis zum Ende durchgeführt hat ?
 
Ok vielen Dank schonmal für dein fundeiertes Fachwissen, meinst du Beendigung jetzt so, dass er eher Bremse war oder dass er die Sache bis zum Ende durchgeführt hat ?
Leider ist auch das nicht ganz klar zu beantworten. Manche Revolutionswissenschafter, natürlich vor allem die sozialistischen, sehen in Robespierres Diktatur den Höhepunkt der Revolution und das Jahr 1795 als das Ende der Revolution, da sich, ganz grob gesagt, an der Republik mit der Einführung des Direktoriums bis zum Übergang in die napoleonische Diktatur nichts verändert habe.
Für die Demokratisierung sehe ich ihn als Bremse, andere meinen, er sei ein Demokrat gewesen, der aber die demokratischen Rechte seiner Mitbürger für die Dauer des militärischen, inneren und äußeren Konliktes auf Eis legte. Sein Unduldsamkeit und Verfolgung anderer Politiker ist schwierig einzuschätzen. Den Demokratisierungsprozess bremste er sicherlich aus, dass die Verfassung von 1793 beispielsweise nie in Kraft trat, sollte man im Hinterkopf behalten, ob sie im Interesse der Regierung Robespierre jemals gelegen hat, können wir heute nicht mehr nachvollziehen.

In seinen diktatorischen Maßnahmen (Verhaftungen, Gesetzesbeugung siehe Fall Danton) würde ich ihn schon als einen derjenigen sehen, der bis zur letzten Konsequenz seinen Ansichten folgte. Seine Lesungsart von Rousseau zum Bsp., wollte er ja scheinbar als die einzig wahre angesehen haben.

Dabei schrieb Edmund Burke (1729-1797) in "Betrachtungen..." folgendes
"Jeder weiß, daß ein großer Wettstreit zwischen den Leitern [der Nationalversammlung] angeht darüber, wer Rousseau am ähnlichsten ist. Tatsächlich sind sie ihm alle ähnlich. Sein Blut pulsiert in ihren Gemütern und ihrem Verhalten. Ihn studieren sie, über ihn denken sie nach..."

Im Wikipedia findest Du im Artikel über die Revolution auch etwas über das "Fest des Höchsten Wesens" (L'être supreme). Robespierre hielt dabei eine Rede, in der er sich als einziger oder oberster Ausleger dieser Art von Religion erhebt. Ich denke man kann daran seinen alles übersteigenden Führungsanspruch erkennen. Er meinte der einzige zu sein, der Rousseau verstand, begriff was Tugenden zu sein hatten und er müsse daher auch diese Maximen lehren.

Viel mehr kann man dazu nicht sagen. Er lebte, in meinen Augen, nicht bis zum eigentlichen Ende der Revolution (1799), aber entschied ganz fundamental in welche Richtung, nämlich Diktatur, sie gehen sollte. In gewisser Weise führten die späteren Regierungen ab 1795, nach einem kurzen demokratischen Zwischenspiel, die Diktatur fort, wobei zu bemerken ist, dass ein großer Teil der Direktoren wie Barras und Carnot selber mit Robespierre zum Zeitpunkt seines Terrorregimes mitgearbeitet hatten, bevor sie ihn stürzten.
 
Also war Robespierre im Gesamtverlauf der Revolution eher eine der wichtigeren Persönlichkeiten auch wenn ,,seine Herrschaft" nur etwa 14 Monate andauerte und er die Werte der Demokratie mit Füßen trat ?
 
Ich würde es so formulieren. Die 14 Monaten an sich waren überaus wichtig. Das Bild das viele Intelektuelle von Frankreich hatten, veränderte sich durch die Zeit des Terrors in Frankreich drastisch. Robespierre war wichtig, denn er war einer der entscheidenden Kräfte beim Sturz der demokratisch gewählten Regierung im Juni 1793. Während der Diktatur vom Sommer 1793 bis Sommer 1794 wurde Frankreich völlig verändert. Man denke an die Ausschreitungen in der Vendée, die im Frühjahr 1793 mit dem Tod des Königs und den großen Aushebungen der Levée en Masse ausbrachen. Hatte Robespierre zuvor noch eine relativ untergeordnete Rolle gespielt, wurde er innerhalb der neuen Regierung 1793 zusehends tonangebend, drängte Männer wie Danton aus den entscheidenden Positionen und schuf zusehends eine Regierung seines näheren Umfeldes - das Triumvirat.
Die militärischen Ereignisse, aber auch das innerfranzösische Vorgehen durch die Gerichte (Stichwort Revolutionstribunal) und Strafexpeditionen (Lyon, Toulon) vielleicht von anderen anfangs initiiert und von Robespierre zweckentfremdet, gestalteten aber doch ganz entscheidend das Bild, das wir heute von der Revolution haben.

Den Text, ganz schnell ergoogelt, fand ich eigentlich ganz gut: http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/181Heyer.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
Ok danke, wenn du mal im Umkreis Lörrach sein solltest geb ich dir einen aus ;-).

Was mich nebenbei mal noch interessiert: Die Revolution war ja darauf angelegt den Absolutismus abzuschaffen und das Volk an die Macht zu bringen, mit Bonaparte wurden diese Ziele doch letztendlich dann nicht erreicht, da er ja nur wieder ein neuer Monarch war oder nicht? Dann war der Prozess der ,,Umwälzung" ja erst nach Napoleons zeit abgeschlossen oder ?
 
Zurück
Oben