Umgang mit bzw. Rolle der Nicht-Franzosen in der Grande Armee

Fineglin

Neues Mitglied
Hallo,

ein Zitat besagt, dass Napoleon die Deutschen Soldaten meist als "Kanonenfutter" und dergleichen benutzt hat.
War es wirklich so, dass die nicht-französischen Soldaten allgemein für gefährlichere Einsätze o.ä. bevorzugt wurden? Insbesondere geht es mir dabei um die Rolle der sächsischen Armee, falls denn da genaueres bekannt ist wäre ich für jede Hilfe sehr dankbar.
 
Hallo,

ein Zitat besagt, dass Napoleon die Deutschen Soldaten meist als "Kanonenfutter" und dergleichen benutzt hat.
War es wirklich so, dass die nicht-französischen Soldaten allgemein für gefährlichere Einsätze o.ä. bevorzugt wurden? Insbesondere geht es mir dabei um die Rolle der sächsischen Armee, falls denn da genaueres bekannt ist wäre ich für jede Hilfe sehr dankbar.

@Fineglin

Welches Zitat?

Über den Einsatz von Rheinbund-Truppen gibt es viel Literatur.

M.
 
Ich bin kein Militär, daher ist meine Meinung sicher nicht maßgeblich.

Zur sächsischen Armee 1809:

"Während Napoleon nach Bayern eilte, wurde die Masse des sächs. Heeres auf seinen Befehl hin im IX. Korps der Armée d'Allemagne zusammengefasst und dem Oberbefehl des Marschalls Bernadotte unterstellt. Napoleon hatte ihn ausgewählt, weil B. zuvor als Gouverneur der Hansestädte Erfahrungen im Umgang mit Deutschen gesammelt hatte. Tatsächlich verstand es B., bei den ihm unterstellten Soldaten Ergebenheit zu erzeugen. Er sorgte sich um das Wohl der Truppe, ließ ihr aber Freiheiten bis hin zur Duldung von Disziplinlosigkeiten....
In den ersten Kämpfen mit österreichischen Verbänden - z.B. in der Schlacht von Linz - wurden weitere Defizite erkennbar. Die Infanterie erwies sich als unfähig, im Gefecht schnell umzugruppieren und Schützenschleier auszuwerfen. Ihr Postendienst war so mangelhaft, dass sie immer wieder von österreichischen Streifkommandos überrascht wurde. Viel Lob erfuhr dagegen die sächsische Kavallerie."

Das klingt in meinen Augen nicht wie Kanonenfutter. Aber wie gesagt, ich bin kein Militär.

Entnommen ist dieses Zitat hier:
Bauer, Gerhard: Geblendet vom Glanz der Goldenen Adler – Das sächsische Heer an der Seite der Großen Armee 1806-1813, in: Martin, Guntram; Vötsch, Jochen; Wiegand, Peter (Hrsg.): Geschichte Sachsens im Zeitalter Napoleons – Vom Kurfürstentum zum Königreich 1791 – 1815, Sächs. LZ für pol. Bildung, Beucha, Dresden, 2008, Seiten 165-166

Da du als Schüler jetzt das zweite Mal ein sächsisches Thema ansprichst, gehe ich davon aus, dass du in Sachsen wohnst. Daher noch einmal der Tipp, den dir Artorius schon gab:
Das angegebene Werk ist hier völlig kostenfrei erhältlich:
Schsische Landeszentrale fuer politische Bildung

Martin, Guntram/Vötsch, Jochen/Wiegand, Peter (Hrsg.),<br><br>Geschichte Sachsens im Zeitalter Napoleons.<br>Vom Kurfürstentum zum Königreich 1791-1815,

Ich fand den Tipp sehr hilfreich, sonst könnte ich aus dem Buch nicht zitieren.

Grüße
excideuil
 
Generell ist auffällig, dass man den Rheinbundtruppen französische Korpskommandeure vorsetzte, statt einfach Generäle aus den jeweiligen Staaten selber als Korpskommandeure gab.
Die Württembergischen Divisionen (1 Division Kavallerie, 1 Division Infanterie) kämpften ebenfalls bei Linz (Schlacht bei Ebelsberg) mit und zeichneten sich dort, v.a. ein Jägerregiment, aus.

Es scheint mir militärisch betrachtet nicht sinnvoll, irgendwelche Truppen sinnlos zu verheizen. Normalerweise setzte man die Truppen primär nach einigen rationalen Gesichtspunkten ein. Zum einen mochte es vorkommen, dass man unerwartet auf den Feind traf und dann einfach die Einheiten als erste in den Kampf warf bzw. sich verschanzen ließ, welche man zur Hand hatte. Als Beispiel fiele mir auf Anhieb die Schlacht bei Großgörschen ein, wobei Ney erst einmal allein mit seinem Korps gegen die russisch-preußischen Gesamtkräfte aushalten musste. Dann wiederum wurden Truppen nach ihrer Eignung eingesetzt. Einen schwierigen Auftrag, von dem der Ausgang der Schlacht abhängen konnte, überließ man gern besonders qualifizierten oder erfahrenen Einheiten oder Befehlshabern. Oftmals beachtete man das schon in der Aufstellung, welche sich nach den Plänen für den Angriff richten konnte. Unter Umständen mussten aber auch während der Schlacht natürlich Dispositionen getroffen werden, welche einen wesentlichen Part eher schlechteren Truppen zuschoben. Das konnte daher kommen, wenn bessere in der Kürze der Zeit bspw. nicht heran zu führen waren. Der Gegner machte ja auch nicht immer das, was man von ihm erwartete.

Ich habe jedenfalls bis jetzt noch nicht davon gelesen, dass die französischen Marschälle bspw. generell Rheinbundtruppen für minderwertig gehalten hätten. Wenn man sich vorstellt, wie groß der Anteil von Sachsen, Bayern, Württembergern usw. am Feldzug 1809 gegen Österreich war, hatten die französischen Befehlshaber ja auch schlicht keine andere Wahl als sich mit diesen Truppen zu arrangieren.

Zur sächsischen Kavallerie:
Berühmt geworden ist die sächs. schwere Kavallerie, namentlich das Regiment Garde du Corps (Kürassiere) und Zastrow, welche mit einer Attacke während der Schlacht bei Borodino in die Militärgeschichte eingingen.
 
Es scheint mir militärisch betrachtet nicht sinnvoll, irgendwelche Truppen sinnlos zu verheizen.
...
Ich habe jedenfalls bis jetzt noch nicht davon gelesen, dass die französischen Marschälle bspw. generell Rheinbundtruppen für minderwertig gehalten hätten. Wenn man sich vorstellt, wie groß der Anteil von Sachsen, Bayern, Württembergern usw. am Feldzug 1809 gegen Österreich war, hatten die französischen Befehlshaber ja auch schlicht keine andere Wahl als sich mit diesen Truppen zu arrangieren.
Der Logik des nicht sinnlosen Verheizung kann ich mich anschließen.
1809 beklagte sich Bernadotte über "die Langsamkeit seiner Truppen". [1/166] Ich gehe daher davon aus, dass die Umorganisation der Rheinbundtruppen nach franz. Vorbild noch nicht abgeschlossen war.
Zur sächsischen Kavallerie:
Berühmt geworden ist die sächs. schwere Kavallerie, namentlich das Regiment Garde du Corps (Kürassiere) und Zastrow, welche mit einer Attacke während der Schlacht bei Borodino in die Militärgeschichte eingingen.
"In der "großen Schlacht unter den Mauern von Moskau", wie Napoleon den Tag von Borodino, den 7. September 1812 nannte, wurde die die sächs. Kavallerie nahezu ausgelöscht. Die Kürrassier-Regimenter Garde du Corps und Zastrow attackierten zusammen mit polnischen Kürrassieren die das Feld beherrschende Rajevski-Schanze. Die 5. franz. Kürassiere unter Caulaincourt hatten zuvor zwar einen Einbruch erzielt, waren aber unter schweren Verlusten wieder aus dem Werk geworfen worden. Sachsen und Polen stürmten schließlich die Schanze, unterstützt durch leichte Infantrie unter Prinz Eugène. Während der Kämpfe um die Schanze und in der nachfolgenden Abwehr russischer Gegenangriffe wurden Zastrow-Kürassiere und Gardes du Corpes nahezu aufgerieben." [1/167]

Angesichts solcher Schilderungen kann natürlich der Eindruck entstehen, dass Rheinbundtruppen "verheizt" wurden.

Grüße
excideuil

[1] Bauer, Gerhard: Geblendet vom Glanz der Goldenen Adler – Das sächsische Heer an der Seite der Großen Armee 1806-1813, in: Martin, Guntram; Vötsch, Jochen; Wiegand, Peter (Hrsg.): Geschichte Sachsens im Zeitalter Napoleons – Vom Kurfürstentum zum Königreich 1791 – 1815, Sächs. LZ für pol. Bildung, Beucha, Dresden, 2008
 
Angesichts solcher Schilderungen kann natürlich der Eindruck entstehen, dass Rheinbundtruppen "verheizt" wurden.
Generell wurde ganz massiv Kavallerie bei Borodino eingesetzt und danach hatte Napi nur noch wenig Kavallerie übrig, was sich dann auch auf den weiteren Feldzug auswirken sollte. Ich habe einmal gelesen, dass die Verluste an Pferden so hoch waren, dass anschließend Napoleon einen Teil seiner Reiterei zu Fuß gehen lassen musste.
 
Generell wurde ganz massiv Kavallerie bei Borodino eingesetzt und danach hatte Napi nur noch wenig Kavallerie übrig, was sich dann auch auf den weiteren Feldzug auswirken sollte. Ich habe einmal gelesen, dass die Verluste an Pferden so hoch waren, dass anschließend Napoleon einen Teil seiner Reiterei zu Fuß gehen lassen musste.
Das war wohl so, denn:

"Mit ihrer enormen Überlegenheit bewirkte die russische leichte Kavallerie, dass Ns. Armee auf dem Rückzug von Moskau weder die nötige Verpflegung beschaffen noch Ruhepausen einlegen konnte, was schließlich zu ihrem Untergang führte. 1812 verlor N. nicht nur fast alle Soldaten, sondern im Grunde auch alle Pferde, mit denen er in Rußland eingefallen war. 1813 gelang es ihm, seine Truppen wieder aufzufüllen. Aber neue Pferde zu beschaffen, erwies sich als weitaus schwieriges Problem, das sich am Ende verheerend auswirkte." [1]

Aber damit schweifen wir deutlich vom Thema ab. :winke:

Grüße
excideuil

[1] Lieven, Dominic: Russland und Napoleon – Die Schlacht um Europa, C. Bertelsmann, München, 2011 (2009)
 
Das Zitat: "Napoleon waren die Deutschen nur Kanonenfutter, die er immer dahin stellte, wo er eine Lücke mit Menschenleichen Ausstopfen wollte.[...]

Stammt aus der Einleitung von "Geblendet vom Glanz der Goldenen Adler - Das sächsische Heer an der Seite der Großen Armee 1806-1813" von Gerhard Bauer. Als Quelle für das Zitat wird dort "[Anonym], Die Franzosen in Deutschland, München im Juli 1870" angegeben.
Insofern danke für den Buchtipp, es liegt bereit vor mir.

Also direkt an bestimmten Schlachten/Schlachtmanövern wird man das Zitat bzw. das "verheizen" wohl nicht beweisen können wie es aussieht.
Im selben Text (Abschnitt: Die Grande Armee - Das Vorbild) wird noch von einer Bevorzugung der französischen Soldaten bei Materiallieferungen etc. gesprochen. Gibt es irgendwo Zahlen/Texte welche die Versorgungslieferungen der Grande Armée und die Verteilung der Güter genauer thematisieren?
 
Das Zitat: "Napoleon waren die Deutschen nur Kanonenfutter, die er immer dahin stellte, wo er eine Lücke mit Menschenleichen Ausstopfen wollte.[...]

Stammt aus der Einleitung von "Geblendet vom Glanz der Goldenen Adler - Das sächsische Heer an der Seite der Großen Armee 1806-1813" von Gerhard Bauer. Als Quelle für das Zitat wird dort "[Anonym], Die Franzosen in Deutschland, München im Juli 1870" angegeben.
Ein typisches Beispiel antifranzösischer Geschichtsschreibung jener Zeit. Eine Erklärung liefert Gerhard Bauer übrigens gleich mit, genau untendrunter. Zum Verständniss für alle hier der Textausschnitt:
Die "Rheinbundzeit" wurde von Historikern des Kaiserreichs, des Dritten Reichs und der DDR als eine Phase dargestellt, in der deutsche Fürsten ihre Untertanen bedenkenlos der Willkür Napoleons auslieferten. Im Sinne der nationalistischen wie später der sozialistischen Interpretation stellte dieses Bündnis eine unnatürliche Anbindung an den "Erbfeind" Frankreich bzw. eine Unterwerfung unter eine "Fremdherrschaft" dar. Demgegenüber wurde der Preussische Befreiungskampf von 1813 gegen Napoleon, dem sich letztlich die anderen deutschen Staaten anschlossen, als "nationale Erhebung" verklärt, die auf Drängen des Volkes erfolgt sei.
 
Irgendwo habe ich über ein Gespräch von Napoleon mit Metternich gelesen. Metternich sprach dabei die hohen Verluste der Grande Armee an, worauf ihn Napoleon antwortete, das wären ja mehrheitlich "nur" Deutsche gewesen. Metternich war anscheinend empört darüber und antwortete "Sire, ihr vergesst, dass ich auch Deutscher bin."

Ich habe das vor langer Zeit gelesen und kann mich leider nicht mehr an das Buch erinnern (Napoleon in Russland?) der Wortlaut ist aus der Erinnerung, bitte also vorsorglich um Entschuldigung, falls nicht ganz korrekt. In diesem Sinne war es jedenfalls.

Dieses würde auf ein gewisses "verheizen" hindeuten. Napoleon hat jedoch auch andere Nationalitäten ohne große Bedenken verwendet, so Spanier in Norddeutschland und auch Russland (obwohl diese da schon Feinde waren und die meisten überliefen) Italiener, Polen und Deutsche in Spanien, Deutsche in Italien, etc. Es gab Schlachten in Spanien (z.B. Talavera) bei denen auf beiden Seiten beachtliche Mengen an Deutschen kämpften, Braunschweiger und Hannoveraner für die Briten, Westfalen und Nassauer für die Franzosen.

Ich könnte mir vorstellen, dass dieses eine praktische Form war, die alliierten und besetzten Länder schwach zu halten während man die eigenen Truppen schonte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Irgendwo habe ich über ein Gespräch von Napoleon mit Metternich gelesen. Metternich sprach dabei die hohen Verluste der Grande Armee an, worauf ihn Napoleon antwortete, das wären ja mehrheitlich "nur" Deutsche gewesen. Metternich war anscheinend empört darüber und antwortete "Sire, ihr vergesst, dass ich auch Deutscher bin."

Dieses würde auf ein gewisses "verheizen" hindeuten.

Mir liegt die Quelle zu diesem denkwürdigen Gespräch vom 26. Juni 1813 zwischen Napoleon und Metternich vor. Ich gebe den wohl wichtigsten Text wieder:
"Nachdem ich ihn über eine halbe Stunde angehört hatte, unterbrach ich ihn mit der Bemerkung, dass ich in dem, was er soeben gesagt, einen starken Beweis der Notwendigkeit erkenne, so wechselvollen Geschicken ein Ziel zu setzen. "Das Glück", fügte ich bei, "kann Sie ein zweitesmal wie im Jahre 1812 im Stich lassen. In gewöhnlichen Jahren bilden die Armeen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung, heute ist es das ganze Volk, das Sie unter die Waffen rufen. Ihre jetzige Armee, ist sie nicht eine antizipierte Generation? Ich habe Ihre Soldaten gesehen, es sind Kinder. Eure Majestät haben das Gefühl, dass Sie der Nation absolut notwendig sind, brauchen aber nicht auch Sie die Nation? Und wenn diese jugendliche Armee, die Sie heute unter die Waffen gerufen haben, dahin gerafft sein wird, was dann?"
Als Napoleon diese Worte hörte, übermannte ihn der Zorn, er ward bleich und seine Züge verzerrten sich. "Sie sind nicht Soldat", fuhr er mich an, "und wissen nicht, was in der Seele eines Soldaten vorgeht. Ich bin im Felde aufgewachsen, und ein Mann wie ich schert sich wenig um das Leben einer Million Menschen".*) Mit diesem Ausruf warf er den Hut, welchen er bisher in der Hand gehalten, in die Ecke des Zimmers. Ich blieb ganz ruhig, stützte mich an die Ecke einer Konsole zwischen den zwei Fenstern, und sagte tief bewegt von dem, was ich eben gehört: Warum haben Sie mich gewählt, um mir zwischen vier Wänden das zu sagen, was Sie eben ausgesprochen; öffnen wir die Türen und mögen Ihre Worte von einem Ende Frankreichs bis zum anderen ertönen. Nicht die Sache, die ich vor Ihnen vertrete, wird dabei verlieren."
Napoleon fasste sich und mit ruhigem Tone sagte er mir folgende Worte, nicht minder merkwürdig als die vorigen: "Die Franzosen können sich nicht über mich beklagen; um sie zu schonen, habe ich die Deutschen und die Polen geopfert. Ich habe in dem Feldzug von Moskau dreimalhunderttausend Mann verloren, es waren nicht mehr als dreißigtausend Franzosen darunter."
"Sie vergessen, Sire", rief ich aus, "dass Sie zu einem Deutschen sprechen."
Napoleon ging wieder mit mir im Zimmer auf und ab, beim zweiten Gange hob er den am Boden liegenden Hut auf. Sofort kam er nochmals auf seine Heirat zu sprechen. "So habe ich denn", hub er an, "einen recht dummen Streich gemacht, eine Erzherzogin von Österreich zu heiraten."
"Nachdem Eure Majestät meine Meinung wissen wollen", erwiderte ich, "so will ich offen und frei sagen, Napoleon d e r E r o b e r e r hat einen Fehler begangen."
*) Ich wage es nicht, mich hier des von Napoleon gebrauchten viel derberen Ausdruckes zu bedienen."[1]

Ich sehe Napoleon kritisch, noch kritischer allerdings Metternichs Autobiografie. Jeder mag die Worte des damals noch Grafen auf sich wirken lassen. Ich sehe da eher den Versuch der Erhöhung der Rolle, die Metternich damals gespielt hat. Einen Beleg, dass Napoleon sinnlos Truppen verheizt hat, kann ich aber nicht erkennen.

Grüße
excideuil


[1] Metternich: „Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren“ Erster Teil, 1773-1815, Wilhelm Braumüller, Wien 1880, Bd. 1, Seiten 154-155
 
Vielleicht nochmal zurueck zum Ursprung.

Ich kann es noch nicht durch konkrete Taten untermauern, aber bin mir doch recht sicher, dass Napoleon die Verwendung "seiner" Soldaten a) nach Eignung und b) Verfuegbarkeit vorgenommen hat.
Die franzøsische Armee war einfach zu klein, um ganz Europa unter Kontrolle zu halten - Soldaten wurden aus ganz Europa in ganz Europa eingesetzt.

Napoleon war Soldat, und er wusste ganz genau was er von welcher Einheit halten konnte und fuer welchen Einsatz er sie verwenden konnte.
Er hat immer wieder Regimenter gelobt oder auch getadelt, ganz gleich welcher Nation sie angehørten. Ein bewusstes Verheizen an Brennpunktern oder æhnliches, nur um seine Franzosen zu schonen, ist mir bislang noch nicht untergekommen.
Geschont und bevorzugt behandelt wurde aber seine Garde.

Im Uebrigen muss man auch festhalten, dass die Rheinbundtruppen, auch Italiener und besonders Polen sehr treu zu ihm standen.
Erst bei Leipzig lag es quasi in der Luft, dass man mit einem Ueberlaufen der Rheinbundler rechnen musste.* Bis dahin aber kæmpfte man einmuetig ueber viele Jahre miteinander.

*Ich muss das nochmal raussuchen, auch wie die Franzosen darauf reagierten

Gruss, muheijo
 
...

Also direkt an bestimmten Schlachten/Schlachtmanövern wird man das Zitat bzw. das "verheizen" wohl nicht beweisen können wie es aussieht.

@Fineglin

Du bewegst Dich m.E. auf zwei unterschiedlichen Ebenen und hast, wie Dein zitierter Satz es nahelegt, auch schon bemerkt.

Um nachweisen zu können, daß Napoleon sinnlos Soldaten der Rheinbund-Staaten "verheizt" hätte, müßtest Du tatsächlich die einzelnen Schlachten seit 1806, bzw. Kriegsschauplätze durchgehen.

Die militärhistorische Literatur dazu ist mehr als umfangreich. Wäre seitens Napoleons ein sinnloses "verheizen" von Rheinbund-Truppen vorgekommen, hätte dieses die nationalistische Historiographie des 19. und 20. Jh. aufgegriffen und verwendet. Offenbar gab es aber ein solches gezielte "verheizen" nicht. Das einmal ein Regiment oder eine Brigade aufgrund von taktisch-operativen Aufgaben größere Verluste hatte, ist normal, bedeutet aber nicht sinnloses "verheizen". Mein Mitdiskutant excideuil wies darauf hin.

Damit sind wir auf der zweiten Ebene, Artorius gab dazu den Anstoß. Der Befreiungskrieg gegen die napoleonische Fremdherrschaft ist ein nationaler deutscher Mythos, insbesondere im 19. Jh. Die ehemaligen Rheinbundfürsten hatten nach 1815 ein Legitimationsproblem, dazu noch behaftet mit dem "Ruch der Fremdherrschaft". Damit sind wir bei der Historiographie. Cui bono? Wem nutzten solche Kolportagen? Bauer hat es ja selbst, wie zitiert, geschrieben.

M.

P.S.: Flapsig, da Du auf Sachsen abstellst, sah man uns immer, seit dem Frieden von Hubertsburg, abgesehen von einigen Bundesexekutionen, die letzte war aus sächsischer Sicht auch ein Flop, auf der Verliererseite. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Uebrigen muss man auch festhalten, dass die Rheinbundtruppen, auch Italiener und besonders Polen sehr treu zu ihm standen.
Erst bei Leipzig lag es quasi in der Luft, dass man mit einem Ueberlaufen der Rheinbundler rechnen musste.* Bis dahin aber kæmpfte man einmuetig ueber viele Jahre miteinander.
Das Verhalten der Rheinbundstaaten war da sehr unterschiedlich. Die Bayern wechselten schon Anfang Oktober mit dem Vertrag von Ried zu den Verbündeten über. Die Sachsen wechselten gezwungenermaßen die Seiten. Andere Staaten blieben bis in den November im Rheinbund, also bis Napoleon ohnehin keinen Einfluss mehr auf Deutschland direkt ausüben konnte.
 
Ich habe im Artikel der englischsprachigen Wikipedia folgendes gefunden:

"According to the Treaty of Amiens's secret articles, France agreed to disband Polish legions. In 1802, France sent the legions (5,280 strong) to Haiti to put down the Haitian Revolution (on the Caribbean island of Hispaniola, known then as French West Indies or St. Domingue. Napoleon wanted to regain the colony of Saint Domingue, but had no wish to deplete his main French army any more than he had to. Polish legions were accompanied by contingents of Germans and Swiss French allies, as well as by the less favoured units of Napoleon's French army.
...

Combat casualties and tropical diseases (like yellow fever) reduced the 5,280 strong Legion to a few hundred survivors in the space of less than two years. By the time French forces retreated from the island in 1803, about 4,000 Poles were dead (either from disease or combat), about 400 remained on the island, a few dozen dispersed to the nearby islands or to the United States, and about 700 returned to France.[4][5] Loss of that many patriotic army personnel was a serious blow to Polish aspirations for regaining independence. Further, the Haitian experience undermined the belief among Poles in France's good intentions toward Poland."


Polish Legions (Napoleonic period) - Wikipedia, the free encyclopedia



Das schlägt also in die selbe Kerbe des "verheizens" von fremden Truppen. Andererseits hatte Napoleon m.W. sowohl polnische wie schweizer Truppen in hohen Ansehen. Zumindest soll er nach der Schlacht von Somosierra behauptet haben, ein Pole wäre so viel wert wie zehn Franzosen. Das war aber auch einige Jahre nach dem o.E. Ereignis.
 
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