Dialektik der Aufklärung

Schini

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Die von Max Horkheimer und Theodor W. R Adorno gemeinsam in den USA geschriebene Dialektik der Aufklärung ist der vermutlich wichtigste Text der kritischen Theorie und ein Klassiker der Philosophie des 20. Jahrhunderts.

Es gibt wohl kaum eine fulminantere Entlarvung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und eine in ihrem wortgewaltigen Pathos düsterere Abrechnung mit dem westlichen Fortschrittsglauben als die Dialektik der Aufklärung. Der einzelne Mensch wird gegenüber den ökonomischen Mächten annulliert, vom Apparat verschlungen, zum Teilchen einer unmündigen Masse degradiert. Der verdinglichte Geist stirbt in der Flut von Information und Amüsement ab, wird zur bloßen Ware. Die Kulturindustrie trägt in subtiler Weise dazu bei, sich der eigenen Verdummung und Versklavung nicht einmal mehr bewusst zu werden. So erweist sich »Aufklärung als Massenbetrug«. Diese alles beherrschende Form eines bloß instrumentellen Verstandes unterdrückt jenes Subjekt, das sich gerade mittels Verstandes von Mythos und Irrationalität befreien und so zum Herrn über sich selbst machen wollte. Am Bild des an den Mast gefesselten Odysseus verdeutlichen Horkheimer und Adorno den ursprünglichen Zusammenhang der Herrschaft des Verstands und Unterdrückung menschlicher Natur.

Die Dialektik der Aufklärung ist nicht nur eine kritische Theorie der modernen Massenkultur, sondern auch radikale Sprach- und Wissenschaftskritik sowie negative Geschichtsphilosophie. Aufklärendes Denken, das untrennbar mit gesellschaftlicher Freiheit verbunden ist, hat in einem dialektischen Prozess die völlige Unfreiheit einer verwalteten Welt hervorgebracht. Dialektik bedeutet hier das (notwendige) Umschlagen einer sich entwickelnden Sache, der Aufklärung, in ihr Gegenteil, in die Unvernunft einer irrationalen Welt. Die dramatische Konsequenz dieser Annahme liegt in der Ausweglosigkeit des erreichten Zustands.

Für die deutsche Soziologie war die Dialektik der Aufklärung von prägender Bedeutung, für die Studentenbewegung bildete sie das elektrisierende Manifest der eigenen Revolte. Philosophisch nüchterner ist sie in die breite Kritik an der wissenschaftlichen Rationalität und ihrer Verengung der Vernunft auf instrumentelles Denken einzuordnen. Wenn die beinahe düstere Prophetie und das pessimistische Pathos der Dialektik spätestens im Laufe der 1980er Jahre gleichsam aus der Mode gekommen sind, so wäre dies für die beiden kritischen Denker wohl nur eine Bestätigung ihrer Theorie gewesen. (Aus dem Buch der 1000 Bücher)

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Max Horkheimer, Theodor W. Adorno • Dialektik der Aufklärung • Fischer Tb. • o.J. • 288 Seiten
 

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