J. Sugden - Sir Francis Drake

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Sir Francis Drake
by John Sugden
Publisher: Pimlico; New Ed edition (June 27, 2006)
Language: English
ISBN: 1844137627

(Erstausgabe: 1990)


Meine Meinung zu dem Buch:

Stärken

Das Werk ist äußerst detailreich verfasst. Der Autor belässt es nicht alleine bei der nüchternen Aufzählung der Ereignisse, sondern schmückt das Leben des Seefahrers durch unzählige Anekdoten und zeitgenössische Berichte. So belegt er auch sehr überzeugend seine Auffassung zu den Motiven der relevanten Personen - vornehmlich natürlich die Sir Francis Drakes, aber auch die Beweggründe der Queen sowie einzelnen Gegenspieler und Konkurrenten werden beleuchtet.

Man bekommt den Eindruck, der Autor habe sämtliche Quellen studiert und mit Fleiß die oft widersprüchlichen Angaben der Personen und Parteien zusammengetragen. Dadurch entsteht ein sehr präzises Bild der Ereignisse, welches dem Leser ermöglicht, sich durchweg seine eigene Meinung zu bilden.

Schwächen

Sugden hat sehr viel Wert auf Vollständigkeit gelegt. Das bedeutet aber auch, dass er recht 'ereignislose' Phasen im Leben Drakes ebenso zu beleuchten versucht, wie die abenteuerlichen Kaperfahrten. Wir bekommen Einblick in seine Besitzverhältnisse und in seine Handlungen als Stadtrat in verschiedenen Funktionen in Plymouth. Obwohl diese Facetten in einer Biographie nicht fehlen sollen, hielt sich meine Begeisterung dafür in Grenzen. Man liest widerwillig darüber, um endlich wieder mit Drake auf große Fahrt gehen zu dürfen.

Als weiteren Kritikpunkt würde ich anführen, dass Sugden nicht wertfrei an Drake herangeht. Drake ist in früheren Werken scheinbar oft in Extreme gerückt worden: ein altruistischer und patriotischer Held des protestantischen Abendlandes für die einen, der Prototyp des macht- und geldgierigen, rücksichtslosen Pirats für die anderen. Der Autor wendet sich zwar offen gegen diese Stereotypen, bietet dafür aber ein kaum minder zementiertes Charakterprofil des Seefahrers.

Drakes Leben sei erfaßt von zwei Beweggründen. Der eine war seine tiefe Religiösität, die sich allerorten (ob bei den täglichen Gebetsversammlung an Bord oder in Briefen) manifestiert. Aus dieser entsprang der abgrundtiefe Hass für alles Katholische und Spanische, insbesondere in den Personen des Papst in Rom und des spanische König Philip II., die er stets ohne Hehl und offen in seinen Schriften verteufelte.

Der andere Grund seines Antriebs war die Sehnsucht nach gesellschaftlichem Rang. Als Mann einfacher Herkunft auch nur in die untersten Reihen der Nobilität aufzusteigen und durch Besitz seinen Nachkommen ein respektables Fundament zu hinterlassen, war damals nur wenigen vergönnt.

Beide Beweggründe sind gut belegt und erklären viele seiner Handlungen. Dennoch bleibt der Eindruck einer heroischen, liebenswerten - und in den späten Jahren leicht tragischen - Figur. Es wirkt manchmal zu suggestiv, zu aufgezwungen, wenn der Autor jede Tat und Untat aus diesen Motiven abzuleiten (oder zu entschuldigen) versucht. Andererseits lässt er dem Leser eben durch Fülle der für- und widersprüchlichen Quellen durchaus die Möglichkeit, sich 'seiner' Sicht der Dinge zu entziehen.

FAZIT: Etwas zu ausführlich und nicht ganz wertfrei, aber gut belegt und sehr lesenswert.

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Noch einige Worte zum Inhalt: Besonders spannend fand ich die Schilderungen der gesellschaftlichen Umstände der Zeit Ende des 16. Jahrhunderts. Sugden versucht stets die Ereignisse in Relation zu setzen, also den Kontext miteinzubeziehen. Gerade der asymetrische Konfikt zwischen dem kleinen, reformierten Inselreich und der katholisch-imperialen Weltmacht inspiriert zu Assoziationen und es ist keineswegs verwegen zu behaupten, dass Drake die Geburtsstunden jenes Englands verkörpert, das in den darauffolgenden 200 Jahren ach und nach alle anderen europäischen Nationen in den Schatten stellen sollte...

Ein Beispiel daraus möchte ich hier anführen. Auf seiner Reise in den Pazifik wollte Drake den Spaniern in den Rücken fallen. Er suchte stets so nahe wie möglich an die Quellen der Gold- und Silberströme zu gelangen und mit einem Überraschungsangriff die unvorbereiteten Spanier ihrer Fracht zu entledigen. Alles hing am Überraschungsmoment. So war (trotz seiner kleinen Mannschaft) auf seinen ersten Reisen kaum ein Schiff, kaum eine Stadt vor ihm sicher...

In Chile erreichen Drake Gerüchte von einem Schatzschiff, welches gerade vollbeladen nach Panama unterwegs sein soll. Am 1. März 1579 wird die Nuestra Senora de la Concepción ohne Kanonen vor der peruanischen Küste angetroffen. Die Golden Hind nimmt das Schiff kampflos. Mit einem Schlag sind die Mühen und Strappazen der Fahrt vergessen, denn die Ladung übertrifft nahezu jede Vorstellung. Die Frachtlisten weisen einen Warenwert von 360.000 Pesos aus, dazu sind noch mindestens weitere 40.000 Pesos in nicht aufgelisteten Waren an Bord. Die umgerechnete Summe von 140.000 englischen Pfund entspricht damals mehr als dem halben jährlichen Staatshaushalts der englischen Königin!

Sagenhaft.
 
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