Flammen über Deutsch-Ostafrika

ursi

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Der Maji- Maji- Aufstand in Deutsch- Ostafrika 1905-1906, die erste gemeinsame Erhebung schwarzafrikanischer Völker gegen weiße Kolonialherrschaft.

Walter Nuhn • Flammen über Deutschost • Bernard & Graefe • 1998 • 292 Seiten

Buchempfehlung von Arne
 

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Die Aufmachung des Buches irritiert. Aber wen wunderts bei einem Mitglied des Traditionsverbandes ehemaliger Schutz- und Überseetruppen wie Walter Nuhn, dessen Ansichten zur deutschen Kolonialgeschichte denen seines Vaters (Marineoffizier im Reich) alle Ehre gemacht hätten: reaktionär, einseitig, apologetisch, alles in allem sehr kritisch zu betrachten und, wie ich finde, nicht zitierfähig.
 
Die Aufmachung des Buches irritiert. Aber wen wunderts ...

...denen seines Vaters (Marineoffizier im Reich) alle Ehre gemacht hätten: reaktionär, einseitig, apologetisch, alles in allem sehr kritisch zu betrachten und, wie ich finde, nicht zitierfähig.

Richtet sich die Kritik gegen die Aufmachung des Buches oder den Inhalt?

So ganz erschließt sich mir auch nicht, wieso ein Verweis auf den Vater als Marineoffizier im Reich dienlich sein soll.

Ich habe eben mal gegoogelt: Nuhn wird auch in Literaturlisten von historischen Seminaren geführt. Das er nicht zitierfähig ist, halte ich für ein Gerücht:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/id=1978
http://www.neueste.uni-bayreuth.de/FVEUG/Seiten/publikationen/band3.html
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Namibia/kristen.html
http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/79427.html
 
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Ich vermute, es geht dem Chula ums Prinzip. Aus der Feder eines Mitglieds des TradVerbandes KANN einfach nichts Gutes kommen. Ich bin nicht sicher, ob er eines von Nuhns Büchern jemals gelesen hat.
 
Da möchte ich zunächst gar nicht widersprechen: Von den "Freunden der früheren deutschen Schutzgebiete" vom Traditionsverband, die, wie sie gleich auf der Startseite ihrer nationalismusverseuchten Webseite betonen müssen, "sich zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und zum Selbstbestimmungsrecht der Völker" bekennen, kommt nichts, was ich als gute kolonialgeschichtliche Literatur bezeichnen könnte. "Selbstbestimmungsrecht der Völker", wie zynisch ist das denn aus dem Mund von Kolonialromantikern wie denen?
Dass ich je eines von Nuhns Büchern (komplett) gelesen hätte kann ich tatsächlich nicht behaupten. Nachdem ich während der Recherchen für eine Arbeit "Feind überall" und "Flammen über Deutschost" bestellt hatte und ausschnittsweise darin gelesen habe war mir recht schnell klar, das ich DARAUS nicht zitieren werde.
 
Nachdem ich während der Recherchen für eine Arbeit "Feind überall" und "Flammen über Deutschost" bestellt hatte und ausschnittsweise darin gelesen habe war mir recht schnell klar, das ich DARAUS nicht zitieren werde.

Deine Entscheidung. Andere Historiker, wie z.B. Dr. Zimmerer hat offenbar keine Probleme z.B. in seinem Buch "Völkermord in Deutsch-Südwestafrika: der Kolonialkrieg (1904 - 1908)" aus Nuhn-Büchern zu zitieren - und dem Herrn kann nun wirklich niemand Verniedlichung von Kolonialverbrechen vorwerfen.

Vielleicht solltest du einfach weniger verbissen sein und dich um Offenheit gegenüber Andersdenkenden und Objektivität bemühen. Ich habe viele Bücher von Zimmerer, Zeller, Leutner, Morlang, Linne, Strizek, von der Heyden etc. nicht nur im Schrank, sondern auch gelesen und mir fällt kein Zacken aus der Krone Respekt für gute Recherche zu zollen und zu sagen "Das Buch ist gut!" oder zumindest "Das Buch ist teilweise gut" - auch wenn mir manche Schlußfolgerung nicht gefällt.

Jemanden als Diskussionspartner schon abzulehnen, weil er eine Gruppe X angehört, ist in meinen Augen unanständig. Ich messe ihn an seinen Werken, seinem Tun - und auch an seinem Diskussionstil...
 
Zur Prüfung sachlicher Einwendungen würde es sicher beitragen, wenn Chulasamumsd einige aus seiner Sicht zu beanstandende Passagen oder Thesen von Nuhn vortragen und kommentieren würde.

"Daraus würde ich nach dem abschnittsweisen Lesen nicht zitieren", ist schwer oder kaum einzuordnen. Was genau hat den Eindruck vom Buch hervorgerufen?
 
Es waren unter anderem sein altbackener und in Bezug auf Afrikaner asymmetrischer Sprachgebrauch, der mich an Nuhns Arbeiten stört, etwa wenn er von Völkerschaften, dem deutschen Volk, Aufständischen/Aufrührern (statt, was einem symmetrischen Sprachgebrauch gerecht würde, Truppen/Kämpfern/Kriegern), Aufstand (statt, was der Sache gerecht würde, Krieg) etc. spricht.
Des weiteren sind es Absätze wie der folgende, weswegen ich Nuhns Bücher für überkommen halte:
"Ein Kommando ertönte, und, den Kampfruf "Maji, Maji" auf den Lippen, stürzten die eng aufgeschlossenen Kriegermassen den Weg zur Boma emppor. Die deutschen Maschinenwaffen hämmerten. Welle auf Welle brandete gegen die deutschen Linien an und brach sich hier." (S. 5 des von jschmidt empfohlenen Nuhn-Aufsatzes) usw.
Eine derartige Darstellungsweise und romanhafte Schilderung von "wüstem Schlachtengetümmel" stört mich in einem sich als wissenschaftlich gebenden Buch und gehört allenfalls in einen schlechten Kolonialroman.
Dass Nuhn das Gewaltsame am deutschen Kolonialismus mit berücksichtigt macht ihn noch keineswegs zu einem guten Kolonialhistoriker (wenn ich deinen Kommentar dahingehend richtig interpretiert habe). Ein bisschen Selbstreflexion insbesondere in Bezug auf die eurozentristischen Sichtweisen auf Afrikaner aller couleur (ist das politisch inkorrekt?) ist für neuere Arbeiten zum Kolonialismus kennzeichnend und fehlt bei Nuhn gänzlich.
A propos Kolonialroman: Ich möchte an dieser Stelle Uwe Timms Roman "Morenga" zur Lektüre empfehlen.
 
[a] Dass Nuhn das Gewaltsame am deutschen Kolonialismus mit berücksichtigt macht ihn noch keineswegs zu einem guten Kolonialhistoriker (wenn ich deinen Kommentar dahingehend richtig interpretiert habe).
Des weiteren sind es Absätze wie der folgende, weswegen ich Nuhns Bücher für überkommen halte: "Ein Kommando ertönte...

Zu [a] und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich noch kein Buch von Nuhn gelesen habe und ihn deshalb auch nicht bewerten kann. - Dass er dem "Traditionsverband" angehört und sein Vater "Marineoffizier" war, sind für mich jedenfalls keine diskussionsfähigen Kriterien.

Zu teile ich Deine Ansicht: Man sollte heute, als Historiker, nicht mehr wie ein Kriegsberichterstatter von 1940 oder 1914 schreiben. Die Frage ist halt, ob der nämliche Duktus das Buch in einem Maße beherrscht, dass es insgesamt wertlos wird; das ist, nach allem, was ich aus zweiter Hand (!) weiß, nicht der Fall. Aber darüber kann man jedenfalls diskutieren.
 
Könnte jemand einmal nachschauen, ob die Passage im Buch ein Zitat darstellt?

Grund der Frage: mE handelt es sich um ein Zitat aus der "Marine-Rundschau 1907".
 
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Könnte jemand einmal nachschauen, ob die Passage im Buch ein Zitat darstellt?

Ich habe es dort so wörtlich nicht gefunden. Aber das ganze Kapitel 5 ("Sturm auf Mahenge") besteht im Wesentlichen aus der Wiedergabe der Erinnerungen des damaligen Hauptmanns von Hassel. Nuhn "erzählt" hier quasi aus der Sicht und mit dem Diktus des Offiziers.
 
I...Erinnerungen des damaligen Hauptmanns von Hassel. Nuhn "erzählt" hier quasi aus der Sicht und mit dem Diktus des Offiziers.
Vielen Dank! Hassels Tagebuch - als Nachdruck noch heute im Handel - ist von vielen herangezogen worden, auch von Graichen/Gründer.[1]

Für mich wäre entscheidend, dass der heutige Historiker Quelle und eigene Darstellung klar trennt und zeigt, dass er über genügend Abstand/Reflexionsvermögen verfügt. Dann mag er soviel zitieren, wie es der Sache angemessen ist.


[1] Deutsche Kolonien, Berlin 2005, S. 154: Mit ihren Maschinengewehren "hielten die Kolonialtruppen erbarmungslos in die dichtgedrängten Reihen der anstürmenden Feinde. Tausende wurden 'dahingemäht'."
 
Nochmal zu Nuhns Schreibstil. Er schreibt tatsächlich viele Passagen in einem Stil, den man als "erzählerisch" beschreiben kann. Das mag manchem "unwissenschaftlich" erscheinen, erleichtert aber dem Populärleser den Zugang zum Geschehen. Seine Verkaufszahlen belegen dies. Ich selbst habe übrigens 1993 über diesen Weg mein Interesse an der Kolonialgeschichte entdeckt. ;)

Aber selbst wenn der Stil und die (heute) politisch nicht ganz korrekte Ausdrucksweise (Eingeborene etc.) einem Kritiker aufstößt, so kann ich keine Glorifizierung oder Beschönigung des Kolonialismus dahinter entdecken. Gut - manch einer mag das anders sehen, aber demjenigen sei gesagt, daß Nuhn von anderer Seite "zu negative Darstellung" vorgeworfen wird. Wenn einer bei beiden Extremen unbeliebt ist, scheint er etwas richtig zu machen - denke ich. Sachliche Fehler sind mir zumindest keine bekannt.
 
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