4000 Jahre alter Käse aus der Taklamakan-Wüste

Eine Grabbeigabe zu einer im Westen Chinas gefundenen Mumie entpuppte sich als ältestes bisher bekanntes Milchprodukt. Forschern des Max-Planck-Instituts gelang es die Art und Weise der damaligen Käsezubereitung zu entschlüsseln.
Max Planck Institute of Molecular Cell Biology and Genetics:Nachrichtendetails
Da man in China gut gereifte Lebensmittel, wie tausendjährige Eier schätzt, wird man den Käse hoffentlich vor eventuellen Naschkatzen schützen.:S::D
 
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Im neuen Heft des Spektrum Der Wissenschaften findet sich zur Milch, und zum Käse und anderen Milchprodukten wie Quark oder Jogurt, ein interessanter Artikel ab Seite 70 - Die Milchrevolution -

Danach ist es so, dass das Gen welches Laktase bildet, also eine Milchveträglichkeit bewirkt, in früher Jugend stillgelegt wird (wurde).
Nur 35% der Menschheit bildet mit über sieben oder acht Jahren noch Laktase. Dem Rest geht es schon nach einem Glas Milch richtig schlecht. ..
Seite 71
Und eine Seite (70) vorher:
Im nahen Osten fanden die Menschen allerdings schon füh heraus, dass sie besser verträgliche Milchprodukte herstellen konnten - ungefähr zu der Zeit, als dort vor etwa 11000 Jahren die Landwirtschaft entstand, .. Viehhalter entdeckten damals , wie durch Fermentierung aus Milch Frischkäse (Quark) oder Jogurt wird. Weil dabei Bakterien den meisten Milchzucker zersetzen, enthalten solche Produkte deutlich weniger Laktose. ...
..und brauchen deswegen auch weniger "Laktase" im Jugend- und Erwachsenenalter um solche Milchprodukte als Nahrungsquelle zu nutzen.

Interessant vielleicht hierzu auch eine Weltkarte der Milchzuckerunverträglichkeit:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/67/Laktoseintoleranz-1.svg

Leicht verwechselbare Begriffe (ich versuch mich ja auch nur zurecht zu finden):
-- Laktase ist das Zeug im Menschen, welches die Laktose (den Milchzucker) genießbar macht.
 
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...
Interessant vielleicht hierzu auch eine Weltkarte der Milchzuckerunverträglichkeit:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/67/Laktoseintoleranz-1.svg

....

Bezieht sich diese Karte auf die Urbevölkerung oder wie ist das zu verstehen? Das südliche Südamerika wird mit 80-100% Laktoseintoleranten angegeben. Die mehrheit der Bevölkerung dort ist jedoch europäischer Abstammung und man verbraucht Milch in rauhen Mengen, auch als Erwachsene. Mir ist noch nie ein Argentinier untergekommen der wegen einem Milchkaffee kotzen musste.:D
 
Bezieht sich diese Karte auf die Urbevölkerung oder wie ist das zu verstehen? Das südliche Südamerika wird mit 80-100% Laktoseintoleranten angegeben. Die mehrheit der Bevölkerung dort ist jedoch europäischer Abstammung und man verbraucht Milch in rauhen Mengen, auch als Erwachsene. Mir ist noch nie ein Argentinier untergekommen der wegen einem Milchkaffee kotzen musste.:D
:D:D

So wie ich das verstehe bezieht sich das auf Erwachsene der Gegenwart.
Im zitierten Artikel des Spektrum d. W. findet sich auch eine Karte (hier umgekehrt dargestellt nach Laktoseverträglichkeit gegenwärtig lebender Erwachsener).
Diese umfasst lediglich Eurasien und Australien.
Vergleicht man diese mit der Wiki-Karte, dann findet sich eine ungefähre Übereinstimmung, wobei die Wiki-Karte eine sehr viel schlechtere, um nicht zu sagen miserable, Auflösung hat.

Während bei Wiki ca. 75% der erwachsenen Weltbevölkerung laktoseintolerant ist, heißt es bei S.D.W. "Nur ein Drittel der Menschheit kann auch im Erwachsenenalter Milchzucker verdauen und deswegen Milch trinken" - Seite 74 vorher zitierte Quelle.
Also wären es hier 2/3 statt 3/4 der gegenwärtig lebenden Erwachsenen die keine Milch vertragen.
(Also ich find das ganz erstaunlich)
Der Rest trinkt wohl den Kaffee ohne Milch.. :winke:

hatl

.. über den Umweg des im Heft gedruckten Links Neolithische Revolution: Die Milch-Revolution - Spektrum.de fand ich den ganzen Artikel, der hoffentlich funktioniert. Da auch die Karte..
Laktase-Persistenz im Vergleich

Noch eine Anmerkung:
"Laktase-Persistenz" meint, dass die Bildung des Enzyms Laktase auch über das Kindesalter hinausgeht.
Und auch das scheint mir verwunderlich.
Offenbar verträgt jeder Mensch zunächst Milchzucker (Laktose) und erst später wird diese Fähigkeit (bei 2/3 der Menschen) 'abgeschaltet'.
Weiss der Heino warum..

Man kann vermuten, dass es keiner großen Änderung in der genetischen Software braucht (sondern nur das Umschreiben eines Flags, .. um im Bild fortzufahren) um eine "Laktase-Persistenz" zu erreichen. :D:D
 
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Noch eine Anmerkung:
"Laktase-Persistenz" meint, dass die Bildung des Enzyms Laktase auch über das Kindesalter hinausgeht.
Und auch das scheint mir verwunderlich.
Offenbar verträgt jeder Mensch zunächst Milchzucker (Laktose) und erst später wird diese Fähigkeit (bei 2/3 der Menschen) 'abgeschaltet'.
Weiss der Heino warum..

Ob ders weiß, kann ich nicht sagen. Die Fähigkeit, Laktase zu bilden, hält bei den meisten Menschen ca bis zum 5. Lebensjahr an. Wenn man sich zB anschaut, wie lange Kinder in einigen Kulturen gestillt werden, kommt das schon gut in die Nähe. Nach dem Abstillen wird ja auf feste Nahrung umgestellt, womit das Bilden von Laktase überflüssig ist; sie wird ja nicht mehr gebraucht. Das ist auch während der längsten Zeit der Existenz von Homo Sapiens so gewesen.

Beim Verdauen von Milchprodukten wie Butter, Käse oder Quark kommt man im übrigen auch ohne Laktase gut über die Runden. Butter und Käse macht mir zb überhaupt keine Probleme, mit Quark darf ich es nicht übertreiben. Milch dagegen hat immer üble Folgen - entweder trinke ich Radio-Milch (meldet sich nach kurzer Pause zurück...) oder es gibt Bauchkrämpfe und Flitzeritis vom Feinsten. Jedenfalls soweit ich mich erinnere - Milch habe ich nur solange getrunken, bis ich mich erfolgreich dagegen wehren konnte, Milch trinken zu müssen, und das ist nun auch schon wieder fast 50 Jahre her.

Man kann vermuten, dass es keiner großen Änderung in der genetischen Software braucht (sondern nur das Umschreiben eines Flags, .. um im Bild fortzufahren) um eine "Laktase-Persistenz" zu erreichen.
Da reicht im Prinzip wohl ein Mutatiönchen, um den Ausschalter für die Laktasebildung abzustellen.

Also wären es hier 2/3 statt 3/4 der gegenwärtig lebenden Erwachsenen die keine Milch vertragen.
(Also ich find das ganz erstaunlich)
Der Rest trinkt wohl den Kaffee ohne Milch..
Sofern der Rest Kaffee trinkt. Aber wer will schon Milch im Kaffee :schauder:. Womöglich auch noch mit ner Fuhre Zucker dazu :schüttel:.
 
Aber wer will schon Milch im Kaffee :schauder:. Womöglich auch noch mit ner Fuhre Zucker dazu :schüttel:.

Ich muss gestehen, das ich in jüngeren Jahren auch eine Zeit lang einen derartigen Frevel begangen habe. Das ist aber lange her und sicher verjährt. Heutzutage trinke meinen Kaffee natürlich nur noch schwarz. :scheinheilig:

Gewissermaßen als Ergänzung zu meinem 1. Beitrag bin ich gerade noch auf folgendes gestossen:
In der RadioEins-Sendung "Die Profis" vom 08.03.2014 wurde die Wissenschaftlerin Anna Shevchenko (war an der Analyse der Käse-Überbleibsel beteiligt) interviewt. Ganz alter Käse | radioeins
 
Käseherstellung und Laktoseintoleranz - ein Zusammenhang?

Die Diskussion um Käseherstellung und Laktoseintoleranz erinnert mich an eine Aussage eines Reiseleiters zu den „ursprünglichen Käsetraditionen“ in Mitteleuropa. Er betonte, dass bei Tacitus von Käse keine Rede sei. Ich zitiere hier aus der Übersetzung von Dr. Baumstark 1876 [Wikisource]
Tacitus schrieb:
5 …Das Land, obgleich in der besondern Erscheinung etwas verschieden, ist doch im Allgemeinen entweder durch Wälder schauerlich oder durch Sümpfe wüst; mehr feucht, wo es gen Gallien schaut, mehr windig, wo nach Noricum und Pannonien; für Getreide ergiebig, Fruchtbäumen widerstrebend, reich an Heerdethieren. Doch sind sie meist gering; nicht einmal das Rind hat die ihm eigene Auszeichnung oder der Stirne Schmuck. An der Zahl freut man sich, und das ist ihr einziger und liebster Besitz….
23 Als Getränk dient eine Flüssigkeit aus Gerste oder Weizen, in eine gewisse Aehnlichkeit mit Wein umgefälscht; die Nächsten im Uferland erhandeln sich auch Wein. Ihre Speisen sind einfach: Feldobst, frisches Wildfleisch, oder geronnene Milch. Ohne künstliche Zubereitung, ohne Leckereien vertreiben sie den Hunger; gegen den Durst nicht dieselbe Mäßigung....
Er vertrat also die Ansicht, dass die Germanen keine „echten Käsesorten“ kannten, sondern nur aus Sauermilch produzierte Milchgerichte. Dann verwies er auf die heutigen Käsetraditionen, wie sie den [mittel-] europäischen Nationen nachgesagt werden. Aus Deutschland käme in der vorindustriellen Zeit eher Sauermilchkäse, wie Harzer, Handkäse – nicht aber klassische, mithilfe von Lab gewonnene Hartkäsesorten (für ihn die Krönung der Käsekunst…) In Mitteleuropa gebe es solche (fortschrittlichen) Käsetraditonen klassischerweise nur in Gebieten, die einst zum römischen Reich gehört hätten: Also Frankreich, Italien, Schweiz-Österreich und den Benelux-Bereich! Die Römer hätten die Kunst verbreitet Käse für längere Zeit haltbar zu machen: Etwas, das die Germanen nicht übernommen, vielleicht auch nicht nötig gehabt hätten…
Wenn man sich mit Laktoseintoleranz beschäftigt fällt auf, dass gerade Hartkäse so gut wie keine Laktose mehr enthält. Gleichzeitig lässt sich vereinfacht sagen, dass je weiter man in den Süden Mitteleuropas geht, die Zahl der Laktoseintoleranten zunimmt. Vor dem Hintergrund beider Aussagen drängte sich mir die Frage auf, ob die eher laktoseintoleranten „Römer“ vielleicht eher notgedrungen auf die Idee kamen, Milchüberschüsse auf eine Weise zu verarbeiten, die sie auch problemlos verdauen konnten…? Vorausgesetzt, die Verteilung der „Laktosetoleranz/intoleranz“ war damals ähnlich wie in der heutigen Zeit?!

Ich bin dieser Frage im Internet nachgegangen und habe mich mit den grundlegenden Voraussetzungen zur Käserei befasst… (Fortsetzung in Arbeit)
 
Grundsätzlich kann jede Milch zu Käse verarbeitet werden, weshalb die Frage zu vernachlässigen ist, ob es sich um Ziegen-, Schafs-, Kuh-, Stuten- oder auch Eselsmilch handelt. Außerdem enthalten alle Milchsorten i.d.r. mehr als 4 % Laktose (mit Ausnahme von Rentiermilch [2,8 %] und Eselsmilch als Spitzenreiter mit 7,4 % - Stutenmilch mit 6,2 % ist auch nicht ohne), so dass diese Frage ebenfalls nicht von Relevanz ist. Menschliche Milch wird im Mittel meist mit über 7 % angegeben, kann aber auch 10 % erreichen!). Gut, nun komme ich zur Verarbeitung:

Um Käse zu gewinnen ist der erste Schritt, eine möglichst feste (geronnene) Masse zu erhalten. Der „wässrige Überstand“ wird als Molke bezeichnet und wurde nicht unbedingt zu Käse verarbeitet. Man unterscheidet grob:
- Milch kann natürlich gerinnen, indem sie Sauer wird. Daraus werden Sauermilchkäse gewonnen. Dies geschieht durch Bakterien, die am besten gezielt zugesetzt werden.
- Die Gerinnung kann durch Zugabe von Lab erfolgen. Dies ist dann durch Enzyme von Wiederkäuern initiiert und heute wohl die mit Abstand bekannteste Methode – auch wenn inzwischen auch Lab-Ersatzstoffe zum Einsatz kommen. Daraus werden Süßmilchkäsearten gewonnen.
Diese prinzipielle Vorbereitung hat kaum Einfluss auf die Veränderungen des Laktosegehaltes für den fertigen Käse! Die Eingangsthese ist damit bereits widerlegt! In dieser Phase werden Fettgehalte u.ä. aufkonzentriert und die Masse entwässert, wozu auch mechanische Schritte (Käseharfe) hilfreich sein können.

Schon ab dem nächsten Schritt fand ich eine Vielzahl von möglichen Arbeitsschritten, wobei ich nicht den Anspruch erhebe alle zu nennen oder gar zu kennen! Nun wird der „Bruch“ (die Protomasse) fermentiert („Reifung“) und eigentlich haltbar gemacht. Die Haltbarkeit wie auch der Anteil der Laktose im fertigen Käse hängt direkt mit der Fermentierung zusammen. Grob lässt sich sagen, dass je länger ein Käse reifen kann, desto geringer ist der Laktosegehalt! Dies kann geschehen durch:
- Bakterien, wie sie bereits in Sauermilchkäse verwendet werden. Joghurtkulturen, Quark etc. Das Eingangsbeispiel aus der Taklamatanwüste war wohl sicher ein Sauermilchkäse. Es kann schon reichen Milch einfach offen stehen zu lassen, damit sie sauer wird und entsprechend weiter behandelt werden kann. Geschmacklich und aus Gründen der Haltbarkeit ist es aber besser gezielt gezüchtete oder ausgewählte Bakterienkulturen zuzusetzen!
- Hefearten oder andere Pilzsorten (Schimmelpilze). Typisch sind hier Camembert & Blauschimmelkäse. Gerade Pilze werden häufig auch zusätzlich zu anderen Fermentierungsarten verwendet, so auch in Sauermilchkäse! Das geschieht oft erst nach einiger Zeit. Die Aussagen zu dem alten Käse aus der Taklamatanwüste deuten ja auf zusätzliche Fermentierung durch Hefen hin – in einem Sauermilchkäse!
- Milbenkäse – sind eher exotisch. Hier sind Milben an der Fermentierung beteiligt. Ähnlich wie bei Pilzsorten kommen sie gerne zusätzlich zum Einsatz. Beispiele hierzu wären Momolette oder der heftige sardische Casu Marzu (Asterix!)
- Einsalzen der Grundsubstanz: Hier wird der Masse sehr viel Feuchtigkeit entzogen, auch durch die Käseharfe unterstützt. Je kompakter die so entstehende Masse ist (umso fetter auch in der Regel), desto besser kann sie in Formen gepresst, geformt und eingesalzen in trockenem Milieu lange reifen. So entstehen Hartkäse wie der Gouda (Süßmilchkäse). Teils werden gezielt Bakterien für den Geschmack zugesetzt, dann entstehen die Löcher wie im „Schweizer Käse“
- Einsalzen der Käsemasse unter einer Schutzschicht von gesalzener Molke: Wie beim Feta- oder Balkankäse. Das kann sowohl mit Süßmilch- / Süßmilch/Lab- als auch anderen Käsearten geschehen. Feta ist ein Süßmilchkäse, der bulgarische Salzlakenkäse (Schipkakäse oder Sirenenkäse…) ist meist ein Sauermilchkäse.

Anstelle von verdickten Käsemassen kann auch aus eingekochter Molke Käsegrundbasis gewonnen werden. Er enthält kein Kasein mehr und ist sehr fettarm, da sie eigentlich aus einem "Abfallprodukt" der Milchverarbeitung gewonnen wird. Teils werden heute auch Säuerungsmittel (Zitrusfruchtsäfte) zugegeben um das Ausflocken zu beschleunigen. Milchzucker ist schon vor der Fermentierung kaum noch enthalten. Teils werden sie auch gesaltzen eingeschlagen und Fett zugesetzt um cremige Sorten zu erreichen. Zu den Molkekäsen gehören Ricotta, Ziger oder der korsische Brocciu
Aber egal auf welche Weise ein Käse fermentiert wird, hat dies keinen bedeutenden Einfluss auf den Laktosegehalt des fertigen Produktes! Dies hängt mit der Reifedauer und deren Intensität zusammen....
 
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Milchwirtschaft und der Käse aus der Taklamatan

Alle Säugetiere bieten ihrem Nachwuchs Milch als erste Nahrung. Ist ein gewisser Entwicklungsstand erreicht, wird das Jungtier entwöhnt womit das Alttier natürlicherweise die Milchproduktion einstellt. Wollte man Milchwirtschaft betreiben, schlachtete man das Jungtier deutlich bevor es entwöhnt werden konnte und die Menschen „ernteten“ von da an die Milch des Alttieres. Da deren Milch stetig weiter entnommen wird, kommt es nicht mehr zur „Entwöhnung“ und Rückbildung der Milchproduktion und die Milch kann vom Menschen täglich „geerntet“ werden.


Das für Süßmilchkäse wichtige Lab konnte den Mägen der geschlachteten Jungtiere entnommen werden! Dies wurde der Rohmilch zugegeben und verdickte die Milch rasch für die Weiterverarbeitung.



Eingangslink zum Käsefund schrieb:
Der Mumien-Käse wurde mit Bakterien und Hefe, nicht mit Lab hergestellt: „Dazu mussten also keine Jungtiere geschlachtet werden – ein großer Vorteil dieses Herstellungsverfahrens“, so Shevchenko.
Insofern wäre diese Aussage nicht so stichhaltig, wie sie im ersten Moment wirkt: Denn entweder "erntet" der Mensch die Milch, oder sie wird genutzt um ein Jungtier aufzuziehen. Ob das Lab aus dem Magen des Jungtieres nun für die Käseproduktion verwendet wird oder nicht...


Laut Wiki lobte bereits Aristoteles das Lab [FONT=&quot]von jungen Hirschen und Rehen als besonders wirksam. Man nutzte also bereits in der Antike "Fremdprodukte" zur Käseherstellung.[/FONT]


[FONT=&quot]@Laktosegehalt von Käsesorten im Kontext mir der Reifezeit[/FONT]


Eine einfache „Faustformel“ sagt, dass Käse, je länger er reifen kann, umso weniger Laktose enthält. Der Milchzucker (Laktose) wird dann nämlich beim Fermentieren von Kleinstlebewesen aufgebraucht und Verstoffwechselt. So hat Hartkäse recht wenig – bis „gar keinen“ Laktosegehalt mehr. Zum Beispiel hat „Junger Gouda“ nur > 0,5 % Laktose (Bei einer Reifezeit von ca. 4-8 Wochen), während schon „Mittelalter Gouda“ (Reifezeit 2-6 Monate) nur noch weniger als 0,1 % Laktose enthält. Letztere Variante gilt damit als unbedenklich für Laktoseintolerante. „Alter Gouda“ hat eine Reifezeit bis 6-8 Monaten. Noch länger gelagert wird er als „Old Amsterdam“ nach ca. 18 Monaten auf den Markt gebracht. Der typisch „reife Hartkäse“ zum Überstreuen ist Parmesankäse. Er ist generell Laktosefrei. Je nach Lagerdauer hat er verschiedene Bezeichnungen und Preise, wobei Erstere zwischen 12 Monaten und 72 Monaten liegen! Das Gleiche gilt für Camembert/Brie ( > 0,1 % Laktose), dem als einem Weichkäse Schimmelkulturen zugesetzt werden. Ob jetzt „Weißschimmelkäse“ oder „Blauschimmelkäse“ (z.B. „Bavaria Blue“) ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. (Alle Angaben zur Lagerdauer habe ich Wiki-Artikeln entnommen)



Ausgehend von heutigen, aus Kuhmilch gewonnenen weiteren Milchprodukten zeigt sich, dass Milch auch ohne zu Käse verarbeitet zu werden deutlich im Laktosegehalt abgesenkt werden kann (Laktosegehalt in Klammern):
- Kuhmilch (4,6 %)
- Süße Sahne (~ 3,3 %)
- Saure Sahne (3 %)
- Joghurt (3,5% Fettstufe – 3,2 %)
- Quark (2-3,5 %)
- Butter (0,6 %)

...sorry für den langen, recht oberflächlichen Exkurs in die Milchwirtschaft. Es wird berufenere dazu geben. Ich hatte bislang von diesem Kontext keinerlei Ahnung, sonst hätte ich mich nicht darauf eingelassen, wie eine scheinbar einfache Frage derartig auswächst.:still:
 
Er vertrat also die Ansicht, dass die Germanen keine „echten Käsesorten“ kannten, sondern nur aus Sauermilch produzierte Milchgerichte. [...] In Mitteleuropa gebe es solche (fortschrittlichen) Käsetraditonen klassischerweise nur in Gebieten, die einst zum römischen Reich gehört hätten: Also Frankreich, Italien, Schweiz-Österreich und den Benelux-Bereich! Die Römer hätten die Kunst verbreitet Käse für längere Zeit haltbar zu machen:

Das würde zumindest erklären, warum das deutsche Wort Käse auf lateinisch caseus (vgl. span. queso > port. queijo, dagegen ital./frz. formaggio/fromage < lat. formaticum)zurückgeht. Das englische cheese muss m.E. auf eine altfrz. Form zurückgehen, vielleicht bevor das Adjektiv formaticum das eigentliche Substantiv verdrängt hat (die engl. Wikipedia behauptet dagegen, cheese sei nicht über das Altfranzösische sondern über das germanische ins Englische gekommen und setzt es parallel mit ahd. chāsi).

Wenn man sich mit Laktoseintoleranz beschäftigt fällt auf, dass gerade Hartkäse so gut wie keine Laktose mehr enthält. Gleichzeitig lässt sich vereinfacht sagen, dass je weiter man in den Süden Mitteleuropas geht, die Zahl der Laktoseintoleranten zunimmt. Vor dem Hintergrund beider Aussagen drängte sich mir die Frage auf, ob die eher laktoseintoleranten „Römer“ vielleicht eher notgedrungen auf die Idee kamen, Milchüberschüsse auf eine Weise zu verarbeiten, die sie auch problemlos verdauen konnten…? Vorausgesetzt, die Verteilung der „Laktosetoleranz/intoleranz“ war damals ähnlich wie in der heutigen Zeit?!
Das für Süßmilchkäse wichtige Lab konnte den Mägen der geschlachteten Jungtiere entnommen werden! Dies wurde der Rohmilch zugegeben und verdickte die Milch rasch für die Weiterverarbeitung.

Das allerdings würde mich wieder zu meiner Frage führen:
http://www.geschichtsforum.de/f72/nahrungsmittel-wie-kam-man-drauf-43339/

Woher hatten die Römer (und frühere Kulturen) dieses biochemische Wissen?

Hierzu bietet Wikipedia allerdings eine plausible Erklärung an:

Es ist anzunehmen, dass bereits steinzeitliche Jäger im Magen erbeuteter junger Wiederkäuer, welche kurz zuvor noch Milch getrunken hatten, weißliche gallertartige Klumpen entdeckten. Solcher im Magen der Beutetiere aus Milch fermentierter Labquark stellt wohl die Urform von Käse dar.
Käse ? Wikipedia

Das biochemische Wissen war also gar nicht notwendig, so ähnlich, wie es nicht notwendig ist zu wissen, dass die Sonne ein brennender Gasball ist, um zu wissen, dass sie Licht- und Wärmespender ist.

Da müssen Propagandhi wohl ihre Textzeile "you cannot deny that meat is still murder, dairy 's still rape" glatt ändern.
 
Wollte man Milchwirtschaft betreiben, schlachtete man das Jungtier deutlich bevor es entwöhnt werden konnte und die Menschen „ernteten“ von da an die Milch des Alttieres.

Normalerweise wurde/wird das Jungtier nicht geschlachtet, sondern nur getrennt von der Mutter aufgezogen, anfangs noch unter Zufüttern von Muttermilch.
 
Milchausbeute vers. Jungtiere

Normalerweise wurde/wird das Jungtier nicht geschlachtet, sondern nur getrennt von der Mutter aufgezogen, anfangs noch unter Zufüttern von Muttermilch.
Das ist heute sicher richtig. Bei (noch) nicht auf Milchproduktion "optimierten" Züchtungen dürfte es aber öfters kritisch gewesen sein, die Anforderungen des Jungtieres und die Ansprüche der Tierhalter auf Milch immer unter einen Hut zu bekommen. Die Frage zwischen Milch oder Jungtier entscheiden zu müssen, dürfte sich besonders zu Beginn einer "Milchwirtschaft" öfters gestellt haben, auf die sich meine Überlegungen besonders bezogen. Dabei dürfte ein Tierhalter mit mehreren Muttertieren durch geschickte Verteilung der Milchausbeute wohl gute Chancen haben, die Masse der Jungtiere großzuziehen.:winke:

Als ich alte Bilder von Kuhgespannen hinterfragte, wurde mir folgendes von meinen Altvorderen berichtet: Rinder wurden auch in der deutschen Agrargeschichte noch bis in die 50er Jahre des 20.Jhts. hinein nicht selten als Zug- & Pflugtiere verwendet. Bei schwerer Arbeit war die Milchausbeute zu vernachlässigen, die Qualität dazu überaus schlecht. Sie habe dann öfters nicht ausgereicht ein Jungtier zu ernähren, auch wenn keine Milch für den Menschen abgezweigt wurde.
 
Ich bin während meines Studiums hin und wieder mal fremdgegangen und habe u.a. ein Seminar zur Archäozoologie besucht (leider musste ich die Teilnahme an dem Seminar aus Zeitgründen abbrechen), darin ging es um die Interpretation des Knochenmaterials in einer archäologischen Grabung und was man an Knochen alles erkennen könne (Ziel des Seminars war es nicht, die UFGler zu Archäozoologen auszubilden, das ist ein eigenes Studienfach, sondern ihnen Einblicke zu ermöglichen).
Jedenfalls war die Rede davon, dass man je nach Masse und Erhalt am Knochmaterial erkennen könne, worauf ein historischer Zuchtbetreib spezialisiert gewesen sei, ob auf Fleisch (viele Jungbullen) oder auf Milch (wenige Bullen, viele Kühe, die außerdem auch ein gewisses Alter erreichten, Harris-Linien).
 
Das englische cheese muss m.E. auf eine altfrz. Form zurückgehen, vielleicht bevor das Adjektiv formaticum das eigentliche Substantiv verdrängt hat (die engl. Wikipedia behauptet dagegen, cheese sei nicht über das Altfranzösische sondern über das germanische ins Englische gekommen und setzt es parallel mit ahd. chāsi).

Hierzu wurde ich per PN folgendes gefragt:

Hallo El Quijote,

[...] Das OED folgt der Etymologie von "cheese" im Wesentlichen Wikipedia (oder eher andersrum, was ja nicht heißt, dass es automatisch korrekt ist). Was spricht denn für eine altfranzösische Herkunft?

Ich bin ja nun weder Französist noch Anglizist. Aus meiner Sicht wäre für die englische Form eine altfrz. Vermittlung zu veranschlagen, weil es typisch für das Französische ist, dass aus <c> vor <a> <ch> wird:
castellum > chateau (Dagegen engl. castle)
cattus > chat (engl. cat)
cala > chalet
cantio > chanson
Carolus > Charles - engl. Charles
carrus > charette
caseus > ?! Die Schweizerisch Chässuppe (Käsesuppe möglicherweise ein dt.-frz. Hybrid?) - Im Walisischen Kaws!
capitare > chasse (spanisch caza) - engl. to chase someone
caballus > cheval > Klepper
canis > chien
Der Schönheitsfehler an meiner Behauptung ist das <ee> bzw. /i:/ bei cheese. Allerdings kann man wiederum den cheval und den chien dafür ins Feld führen, dass der Vokal /a/ sich durchaus verändern kann, bei canis mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die regressive Assimilation des /i/, vielleicht ließe sich die Umlautung des /a/ in */e:/ und im englischen in /i:/ durch das /e/ in caseus ebenfalls als entsprechende durch regressive Assimilation hervorgerufene Umlautung erklären.
 
Als ich alte Bilder von Kuhgespannen hinterfragte, wurde mir folgendes von meinen Altvorderen berichtet: Rinder wurden auch in der deutschen Agrargeschichte noch bis in die 50er Jahre des 20.Jhts. hinein nicht selten als Zug- & Pflugtiere verwendet.

Ich kann dir aus eigenem Erleben versichern: Bis in die 70-er Jahre.
Dagegen waren in den nicht so wohlhabenden Gegenden Pferde als Zugtiere eher selten.
 
Ich bin ja nun weder Französist noch Anglizist. Aus meiner Sicht wäre für die englische Form eine altfrz. Vermittlung zu veranschlagen, weil es typisch für das Französische ist, dass aus <c> vor <a> <ch> wird:
Carolus > Charles - engl. Charles
caseus > ?! Die Schweizerisch Chässuppe (Käsesuppe möglicherweise ein dt.-frz. Hybrid?) - Im Walisischen Kaws!

Das französische Wort für Käse fromage ist laut FROMAGE : Etymologie de FROMAGE das erste Mal für ca. 1135 belegt, und leitet sich von einem spätlateinischen [caseus] formaticus ab. Eine altfranzösische Form, die auf das lateinische caseus zurückgeht, konnte ich nicht finden. Allerdings ist das ma Englisch durch das normannische Französisch beeinflußt. Im (nord-)normannischen Französisch ist allerdings eine sprachliche Besonderheit zu beachten:

Der normannische Sprachraum wird von drei konsonantischen Sprachgrenzen markiert, die ihn von anderen galloromanischen Idiomen abgrenzen. Das Nordnormannische (zusammen mit dem Picardischen) unterscheidet sich von den Südnormanischen und Nachbardialekten (Z.B. Zentralfranzösisch)[1] durch die fehlende Verschiebung von /ka/ zu /ʃa/. So heißt das Wort für „Katze“ im Standardfranzösischen chat /ʃa/ und im gemeinen Nordnormannischen cat /ka/ (Z. B. in der auf Sark gesprochenen Mundart hingegen kat /kat/)

Möglicherweise mag da auch noch ein sprachlicher Einfluß der skandinavischen Sprachen der Nordmänner eine Rolle gespielt haben: vielleicht ist der c[h]eese als Lehnwort aus dem Altnorwegischen o. ä. in das normannische Altfranzösisch gekommen und wurde dort im (süd-)normannischen Sprachgebiet unabhängig vom Französisch der Ile-de-France zu einem cheese oder ähnlichem gewandelt.

Das altenglische Wort lautet übrigens Cīese (c?ese - Altenglisch-Deutsch Wörterbuch - Glosbe).

Andererseits könnte das <ch> auch schon selbständig auf dem Kontinent entstanden sein. Das althochdeutsche Wort schrieb sich chāsi. War die Aussprache des "ch" aber wie im heutigen Hochdeutsch?

More recently, cheese comes from chese (in Middle English) and cīese or cēse (in Old English). Similar words are shared by other West Germanic languages—West Frisian tsiis, Dutch kaas, German Käse, Old High German chāsi—all from the reconstructed West-Germanic form *kāsī, which in turn is an early borrowing from Latin.
Cheese - Wikipedia, the free encyclopedia

Carolus > Charles - engl. Charles

:D
 
Das französische Wort für Käse fromage ist laut FROMAGE : Etymologie de FROMAGE das erste Mal für ca. 1135 belegt, und leitet sich von einem spätlateinischen [caseus] formaticus ab.

Das weiß ich doch:

Das würde zumindest erklären, warum das deutsche Wort Käse auf lateinisch caseus (vgl. span. queso > port. queijo, dagegen ital./frz. formaggio/fromage < lat. formaticum) zurückgeht. Das englische cheese muss m.E. auf eine altfrz. Form zurückgehen, vielleicht bevor das Adjektiv formaticum das eigentliche Substantiv verdrängt hat (die engl. Wikipedia behauptet dagegen, cheese sei nicht über das Altfranzösische sondern über das germanische ins Englische gekommen und setzt es parallel mit ahd. chāsi).

Eine altfranzösische Form, die auf das lateinische caseus zurückgeht, konnte ich nicht finden.
Vielleicht findest du sie in der schweizerischen Chas- oder Chässuppe.


Möglicherweise mag da auch noch ein sprachlicher Einfluß der skandinavischen Sprachen der Nordmänner eine Rolle gespielt haben: vielleicht ist der c[h]eese als Lehnwort aus dem Altnorwegischen o. ä. in das normannische Altfranzösisch gekommen und wurde dort im (süd-)normannischen Sprachgebiet unabhängig vom Französisch der Ile-de-France zu einem cheese oder ähnlichem gewandelt.

In den skandinavischen Sprachen ist Käse Ost, also etymologisch etwas völlig anderes. Dem englischen [tʃi:z] am Nächsten scheint mir das friesisische Tsiis zu sein. Hier würde ich aber fast von einer Entlehnung aus dem Englischen ausgehen.
 
Ich bin ja nun weder Französist noch Anglizist. Aus meiner Sicht wäre für die englische Form eine altfrz. Vermittlung zu veranschlagen, weil es typisch für das Französische ist, dass aus <c> vor <a> <ch> wird:
Danke für die Antwort. <ch> an an dieser Position wird im heutigen Französisch ja /ʃ/ gesprochen. War das im AF anders? Ist da so ein Lautwandel anzusezten: /k/ > /tʃ/ > /ʃ/? Eine kurze Suche im Wörterbuch zeigt, dass enstprechende aus dem AF entlehnte Worte mit /tʃ/ ausgesprochen werden: chamber, chancelor, change, chant usw. Das passt dann lautlich zu cheese, allerdings kommt im Englischen oft auch nach i-artigen Vokalen eine Palatisierung vor: chin (vgl. dt. Kinn), child, chicken (vgl. dt. Küken), cheek, cheap.
 
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