5.000 Jahre alter "Kaugummi" aus Birkensaft gefunden

Zahnpflegekaugummi. Mundhygiene.:rolleyes:
Der letzte Satz in Wikipedia bringt des "Rätsels Lösung": das Birkenpech wurde im Mund durch die Zähne weich gekaut, um es zu besser zu verarbeiten.
Schon die Herstellung muss Mammutarbeit gewesen sein. Und dann nur für ein Zahnpflegekaugummi?
 
Wie hätten sie sonst jagen sollen?

Das war kein Kaugummi, denn dieses Birkenpech hatte eine Funktion, die für Jäger in der Steinzeit lebensnotwendig war. Sie jagten mit Speeren und der Speer war im Prinzip ein Stock mit einer Klinge aus Feuerstein an der Spitze. Sobald der Speer die Haut eines Tieres trifft, entsteht eine ziemliche Wucht beim Aufprall und wäre der Feuerstein abgefallen, dann hätte das Tier überlebt. Die Jäger hätten allerdings das Nachsehen gehabt und auf Dauer wären sie verhungert. Folglich brauchten sie ein Bindemittel oder modern gesagt einen Klebstoff, welcher Stock und Stein so fest miteinander verbindet, dass die Klinge auch eine Wirkung erzielt. Deshalb machten sie sich die Mühe, das Birkenpech zu kauen und das wird nicht einmal sonderlich gut geschmeckt haben. Sie hatten jedoch keinen anderen Klebstoff und anders wäre die Jagd mit Speeren nicht möglich gewesen.
 
An dem Fund von Königsaue ließen sich Abdrücke eines Steingerätes, von Holz und von Fingern feststellen. Damit wäre wohl eindeutig eine Definition als Zahnpflegemittel ausgeschlossen. Dafür nahm man zerfaserte biegsame Zweige.

Nichts desto trotz wird die Masse weichgekaut worden sein. Man hat sicher bei der aufwändigen Destillation mehr Masse hergestellt, als im Augenblick gebraucht wurde, so dass später wieder etwas weichgekaut werden musste.

Was mir am Wiki-Text nicht gefällt ist, dass man in einem Absatz schreibt, Birkenpech hätte sich anscheinend problemlos mit einfachen Mitteln herstellen lassen und im nächsten Absatz, dass die Herstellung offensichtlich viel Erfahrung erforderte.

Nichts steht dazu, in welcher Zeit die Masse erhärtete und ob sie überhaupt gänzlich erhärtete. Denn täte sie es nicht, wäre sie für Pfeil-/Speerspitzen evtl. nur Fixiermasse? An einem anderen Fundstück in Neumark-Nord fand man Spuren von Harz, das dort als Klebstoff verwendet wurde. Das würde eher für eine Fixierung sprechen.

Zumindest aus der Ahrensburger Kultur ist bekannt, dass steinerne Stielspitzen in den Pfeilschäften steckten, die umwickelt wurden, um Halt zu gewährleisten. Allerdings gehört das zu einem anderen Zeitraum (vor ca. 10500 J.).
 
Nichts steht dazu, in welcher Zeit die Masse erhärtete und ob sie überhaupt gänzlich erhärtete. Denn täte sie es nicht, wäre sie für Pfeil-/Speerspitzen evtl. nur Fixiermasse? An einem anderen Fundstück in Neumark-Nord fand man Spuren von Harz, das dort als Klebstoff verwendet wurde. Das würde eher für eine Fixierung sprechen.

Die Antwort habe ich mal in einem Buch gelesen, dass ich momentan nicht zur Hand habe. Auf Wunsch könnte ich die Quelle zu einem späteren Zeitpunkt nennen. Die Masse erhärtete sehr wohl, doch musste man im Voraus abschätzen, ab wann die Masse hart wird. Das erforderte sehr viel Erfahrung, denn war die Masse einmal hart, dann konnte man sie nicht mehr formen. Das muss ähnlich wie mit heutigem Tischlerleim funktioniert haben.
 
Ich war jetzt erst dazu gekommen, mir meine "Konserve" anzuschauen. Am 04.12.07 um 20:45 Uhr gab es MDR-Expedition (Von Heilkunde und Kräuterhexen). U. a. wurde dort auch das Birkenpech erwähnt. Bestätigt wurde, dass für die Herstellung sehr viel Erfahrung notwendig war. Außer Frage gestellt war die Verwendung z. B. zur Befestigung von Pfeilspitzen; Birkenpech bezeichnete man als damaligen Kunststoff. Interessanterweise kam man aber auch auf die Verwendung als "Kaugummi" zu sprechen. Demzufolge besitzt Birkenpech eine leicht desinfizierende Wirkung und soll benutzt worden sein, um Zahnschmerzen zu lindern. Die gezeigten Gebisse aus jener Zeit lassen die Verwendung nicht abwegig erscheinen.

..... Deshalb machten sie sich die Mühe, das Birkenpech zu kauen und das wird nicht einmal sonderlich gut geschmeckt haben. ....
Medizin schmeckt halt bitter. Wenn es denn tatsächlich geholfen hat, dürfte der Geschmack ziemlich egal gewesen sein.
 
Also: Birkenpech ist ein Heißkleber. Wie Birkenpech genau hergestellt wurde, ist unbekannt, da entsprechende archäologische Funde offensichtlich fehlen. Aber die experimentelle Archäologie hat einen Weg gefunden, Birkenpech herzustellen. Man benötigt dazu ein System aus zwei aufeinanderstehenden Gefäßen: Das untere Gefäß dient zum Auffangen des Birkenpechs, das obere Gefäß enthält Birkenrinde. Das Auffanggefäß ist tief in den Boden eingelassen, dass darüber stehende Gefäß steht in einer Kuhle, durch Löcher im Boden (ähnlich einm Durchschlag) fließt das Birkenpech in das Auffanggefäß. In der Kuhle rund um das obere Gefäß ist Brennholz geschichtet. So weit, so einfach. Das Komplizierte ist nun, das Feuer so heiß zu halten, dass die Birkenrinde ausdampft (340° - 420°) und der Dampf kondensiert und abfließt und es nicht so heiß werden zu lassen, dass die Rinde im Kondensationsgefäß verglimmt. Um die Rinde vor Hitze und Flammenschlag zu schützen, befindet sich natürlich ein Deckel über dem Topf. Angaben und Herstellungsvorschlag nach Boris Pantel.

Hab ich gleich mal nach dem Namen gegoogelt und einen Beitrag mit bildlicher Darstellung gefunden:

http://books.google.de/books?id=U9w...X&oi=book_result&ct=result&resnum=1#PPA192,M1
 
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Birkenpech ist wirklich eine wunderbare Sache. Es funktioniert, wie schon gesagt, wie ein Heißkleber. Selbst wenn das Pech schnell erkaltet, was nur von der Umgebungstemperatur abhängt (Deshalb das Aufbewahren oder Kauen im Mund) lässt es sich mit Wärmezufuhr schnell wieder geschmeidig machen.
Es hat, im Gegensatz zu harzhaltigen Klebern, einen unschätzbaren Vorteil: Es bleibt geschmeidig, beweglich, was sich z.b. bei Pfeilspitzen sehr positiv auswirkt.
Zur Herstellung:
Das ist wirklich ein Problem, vor allem wenn man bedenkt, dass die ältesten Nachweise wohl homo-erectus-zeitlich sind.
Auch dem HSNeanderthalensis gebricht es an Töpfen zur Kondensierung.
Eine echte Lösung für dieses Problem gibt es bislang nicht. Vorschläge erbeten. :)

Thomas
 
Eine Mitarbeiterin des Landesmuseums von Sachsen-Anhalt sagte mir, dass es wohl eine Möglichkeit mit Steinplatten gebe, die die Töpfe ersetzen. Genaueres weiß ich darüber auch nicht.
 
Machen wir hier mal weiter.
Die Herstellung ist alles andere als einfach und die Mengen halten sich in Grenzen, selbst wenn man es mit Keramikgefäßen macht.
Aus dem vollgefüllten Topf kam wie man sehen kann,bei mir vielleicht ein guter Schluck des flüssigen Birkenteeres.
Dies ist aber noch nicht der finale Status, denn die dünnflüssige Flüssigkeit muss nun mit der Kohle der Birkenrinde gestreckt werden und mehrere Stunden eingekocht.
Und hier sehe ich ein weiteres Problem für die nichtkeramische Herstellung von Birkenpech, denn dieses Einkochen muss irgendwie bewerkastelligt werden.

Kochen ohne Keramik ist zwar auch möglich, z.B. mit einer Kochgrube und heißen Steinen, aber wenn man das Birkenteer auf diese Weise kochen würde, was ja bis zu 6 Stunden dauern kann, wäre nix mehr von dem Teer da, weil an jedem Stein den man ins Teer wirft etwas davon dran kleben bleibt und beim wiedererhitzen verbrennt.
Über diesen Punkt hat man sich offenbar noch keine Gedanken gemacht, oder ich hab noch nix drüber gelesen.

Die bisher vorgeschlagenen Methoden Birkenpech herzustellen, von Wegen Steinplatten etc. überzeugen mich nicht wirklich. Das System muss absolut Luftdicht sein, denn jedes Kind weiß wie schnell Birkenrinde in Flammen ausgeht wenn es mal mit einer offenen Flamme in berührung kommt.
Ich gehe mitlerweile davon aus, dass man gedanklich einen Schritt zurück gehen muss und nicht krampfhaft versuchen soll, das System der zwei Töpfe auf die nichtkeramische Produktion zu übertragen.
Wahrscheinlich gibt es eine andere Art und Weise deren Lösung so simpel wie genial ist,
 

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Kochen ohne Keramik ist zwar auch möglich, z.B. mit einer Kochgrube und heißen Steinen, ...Ich gehe mitlerweile davon aus, dass man gedanklich einen Schritt zurück gehen muss und nicht krampfhaft versuchen soll, das System der zwei Töpfe auf die nichtkeramische Produktion zu übertragen.

Ausprobiert habe ich das Erhitzen von Flüssigkeiten mit heißen Steinen noch nie, schon die Beschreibungen lesen sich für Topfgewohnte sehr umständlich.
Die Grube muß doch mit einem undurchlässigem Material ausgekleidet werden, was sich bei Hitze nicht auflöst. Was ist da außer Ton geeignet?
 
Für gewöhnlich Leder oder Holz. Bambus ist sehr gut, gibts aber in Europa nicht. Allgemein würde es beim Kochen mit Wasser weniger Probleme geben, da kann man auch ne Blase von nem Tier nehmen, weil so lange Wasser im Gefäß ist, kann der Heiße Stein die Oberfläche nicht durchbrennen.
Birkenteer hat aber ganz andere eigenschaften und ich weiß gerade nicht mal ob das Teer durch den heißen Stein nicht auch anfangen könnte zu brennen. Das hab ich eben noch nicht mal bedacht.
 
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Hast du schon ausprobiert, ob man kleine Pechreste in der erkalteten Feuerstelle findet, wenn man sie nur mit Birkenholz oder nur der Birkenrinde betreibt? Birkenpech ? Wikipedia

Vielleicht besonders dann, wenn man sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ablöscht, bevor aller Teer verbrennt?
 
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Ausprobiert habe ich das Erhitzen von Flüssigkeiten mit heißen Steinen noch nie, schon die Beschreibungen lesen sich für Topfgewohnte sehr umständlich.
Die Grube muß doch mit einem undurchlässigem Material ausgekleidet werden, was sich bei Hitze nicht auflöst. Was ist da außer Ton geeignet?

Lederbeutel, oder wie schon gesagt mit Lehm/Ton ausgestrichene Gruben, welche auch nachweisbar sind.
 
Hast du schon ausprobiert, ob man kleine Pechreste in der erkalteten Feuerstelle findet, wenn man sie nur mit Birkenholz oder nur der Birkenrinde betreibt? Birkenpech ? Wikipedia

Vielleicht besonders dann, wenn man sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ablöscht, bevor aller Teer verbrennt?

Ganz kleine Mengen lassen sich finden, welche aus den Kernbereichen austreten können. Entscheidend ist aber die große Hitze die von Nöten ist und vor allem der Luftabschluss. (das Holz muss sozusagen verschwelt werden). Hab es selbst mal probiert und war eher ein Reinfall---hatte mehr Holzkohle.

Interessant ist der hohe technologische Wissensstand der angewendet werden muss, immerhin handelt es sich beim Birkenpech um den ersten künstlichen Werkstoff der Menscheitsgeschichte.

Schaut mal hier rein:
Altsteinzeit - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle[0]=birkenpech
 
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