Besiedlungswellen Europas in der Steinzeit

megatrend

Aktives Mitglied
Als folge der im Thread
http://www.geschichtsforum.de/f22/geschlechterrollen-der-steinzeit-26355/
entstandenen Fragen/Diskussion eröffne ich hier einen neuen Thread.

Dieser Thread ist als Fortsetzung von folgenden Postings gedacht:
http://www.geschichtsforum.de/427046-post407.html
http://www.geschichtsforum.de/427050-post409.html

Die These ist (ganz kurz gesagt) folgende:
- Europa wurde während der des Neolithikums (Jungsteinzeit) von drei Besiedlungswellen heimgesucht. Zwei davon sind vermutlich indoeuropäischen Ursprungs (oder dessen Vorläufer), eine ist afrikanisch-baskischen Ursprungs. Die Begründung des indoeuropäischen Ursprungs erfolgte mit genetischen Vergleichsanalysen.

Folgenden Link habe ich dort bereits erwähnt:
Anatolien-Hypothese ? Wikipedia

sowie auch dort bereits erwähnt:
http://www.cosmopolis.ch/geschichte/096/anatolien_vor_12000_jahren.htm

Folgender Link kommt noch hinzu:
http://www.philhist.uni-augsburg.de...intergrundinformation/Autonomie_in_Europa.pdf

Weiterführende Literatur:
"Genes Peoples and Langages" (Luigi Luca Cavalli-Sforza, Penguin Press (vereinfachte Zusammenfassung))
"History and Geography of Human Genes" (tiefergehend, Luigi Luca Cavalli-Sforza, Paolo Menozzi, Alberto Piazza, dazu ein grösseres pdf (knapp 4 Megabyte) mit mittlerer Qualität: http://www.friendsofpast.org/pdf/DOI/DOI02173.pdf)
 
Zuletzt bearbeitet:
Europa wurde während der des Neolithikums (Jungsteinzeit) von drei Besiedlungswellen heimgesucht. Zwei davon sind vermutlich indoeuropäischen Ursprungs (oder dessen Vorläufer), eine ist afrikanisch-baskischen Ursprungs. Die Begründung des indoeuropäischen Ursprungs erfolgte mit genetischen Vergleichsanalysen.

Die These wäre, dass sich die indoeuropäischen Sprachen im gleichen Atemzug mit der Ausbreitung der Landwirtschaft ausgebreitet hat. D.h. die Leute hätten sowohl ihre neue Landwirtschaftstechnik als auch die Sprache mitgebracht / verbreitet...

Das ganze halte ich aus archäologischer Sicht, für nicht haltbar.
Für die Neolithisierung wird ja das Modell der kulturellen Weitergabe (Diffusionistisch) mit kleineren Bevölkerungswanderungen angenommen. Dies führt dann nach und nach in Europa zur Herausbildung der Bandkeramischen Kulturen.
Über die Sprache der Bandkeramiker wissen wir nun mal nichts, auch über die Sprachen Vorderen Orient in den Phasen Natoufien, PPNA, PPNB, sowie die darauffolgenden Neolithischen Phasen wissen wir nichts.
Wie kann man dann behaupten das die Siedler die aus diesem Bereich stammen ihre Sprache mitgebracht hätten, wenn wir die Sprachen die zu dieser Zeit gesprochen wurden nicht mal ansatzweiße rekonstruieren können.
Auch die postulierten 3 Einwanderungswellen im Neol. Europas kann ich auf keinen Fall nachvollziehen. Zu welchen Zeitpunkten sollen die den stattgefunden haben ? Aber bloß nicht mit den Schnurkeramikern (Streitaxtleuten) argumentieren, das ist eine Kulturerscheinung.

Leider kocht immer wieder der Begriff Indoeuropäer auf, um das mal klar zu machen, es gab keine Volk, Stamm, Gruppe etc. die man als Indoeuropäer bezeichnet, das ganze ist erstmal ein Sprachwissenschaftliches Konstrukt. Im übrigen ist nach wie vor die älteste Sprache aus dem Indog. Zweig für die Übersetzungen vorliegen, das Hethitische. Wir befinden uns also nun in der Bronzezeit.
 
DerGeist- d´accord.
Wie mehrfach erwähnt, bleibt die Indoeuropäer-Theorie ein Konstrukt der Sprachwissenschaft. Die Ausbreitung von Sprachen unterliegt eigenen und nicht notwendigerweise den gleichen Mechanismen wie die Ausbreitung oder die Verbreitung von anderem kulturellem Wissen oder Habitus.
Davon abgesehen, dass mit den Hethitern der Zeitrahmen für die Indoeuropäer nach unten definiert ist, unterliegt auch ein Zeitrahmen für die Ausbreitung anderen Mechanismen. Die Sprache kann anderen Kulturerscheinungen vorausgehen, sie kann gleichzeitig sein, sie kann später erfolgen oder gar nicht.
Oder sie kann das einzige "Übernommene" Kulturmerkmal bleiben.
Wenn die Sprachwissenschaft ein Problem hat, die baskische Sprachinsel zu erklären, nun gut. Wenn die Arch. halt keine hilfreichen Theorien zur Verfügung stellen kann, sollte man dann auch nicht immer wieder auf dieselben alten Argumente zurückgreifen und sich halt auch mal was anderes als das ewige "Wandern" einfallen lassen.
Was ist denn so schwer dran zu begreifen, dass das Indoeuropäerkonstrukt und "Wanderungen" einfach nur Erklärungsmodelle des 19. Jh sind, die nicht greifen, sprich nicht mit den Funden und Befunden, den einzigen Fakten, die nun mal vorliegen, zusammenpassen.

Thomas
 
Ich will hier gar nicht irgendwelche Wanderungs-; Urvolk-, Urheimat- und gar Überlegenheitshypothesen verteidigen. Aber Ihr schüttet das Kind mal wieder mit dem Bade aus. Natürlich gibt es zu berücksichtigende sprachliche Spuren, die eine Wanderung indoeuropäischer Völker implizieren und diese Wanderung ist auch in etwa datierbar, nämlich anhand der Verbreitung von termini technici innerhalb der indoeuropäischen Sprachen. Anhand dieser Verbeitung kann man ausmachen, ob eine Gruppe innerhalb der indoeuropäischen Sprachen sich früher oder später gelöst hat.
 
Zitat:diese Wanderung ist auch in etwa datierbar, nämlich anhand der Verbreitung von termini technici innerhalb der indoeuropäischen Sprachen.ZitatEnde. Wobei sich hierbei wieder die Frage der Datierung dieser Termini stellt. Mir ist schon klar das z.B. aus einem Überliefertem Begriff in schriftl. Form über Lautverschiebungen etc. dann zurückprojeziert wird auf ein mögliches Ursprungswort, aber das ist eben nur hypothetisch. Vor allem die unterschiedliche zeitliche Tiefe in welchen die Idg. Sprachen schriftl. überliefert sind, machen ein solches Unterfangen doch eher schwierig. Die Datierung der möglichen Wanderung der Sprachträger kann ja nur dann über die Schrift erfolgen. Wie Thomas schon dargelegt hat ist die Verbindung Wanderung u. Idg. ein Erklärungsmodell das sich im 19. Jh. gebildet hat. Neuerer Überlegungen zum Beginn des Neol. z.B. in der heutigen BRD gehen viel mehr von einem System der Weitergabe von Technik aus. So kann doch z.B. auch schon in der Mesol. Bevölkerung in der heutigen BRD festgestellt werden, dass sie schon z.T. die Vorstufe des Ackerbaues erreichten, vrgl. mit dem Natoufien in der Levante und das bevor die ersten bäuerlichen Kulturen überhaupt archäol. in unseren Breitengraden fassbar sind.
 
Mir ist schon klar das z.B. aus einem Überliefertem Begriff in schriftl. Form über Lautverschiebungen etc. dann zurück projiziert wird auf ein mögliches Ursprungswort, aber das ist eben nur hypothetisch. Vor allem die unterschiedliche zeitliche Tiefe in welchen die Idg. Sprachen schriftl. überliefert sind, machen ein solches Unterfangen doch eher schwierig. Die Datierung der möglichen Wanderung der Sprachträger kann ja nur dann über die Schrift erfolgen.

Nein, Schrift ist akzidentiell, also nur zufällig überliefert. Aber Du hast recht. Sicherheiten kann man nur dort erlangen, wo Schriftzeugnisse erhalten sind, deshalb sind zwar die Wortformen hypothetisch, weil sie sich nur durch rückerschlossene Lautverschiebungen ermitteln lassen, nicht aber die Existenz solcher Urformen.

Ich will das mal anhand des Lateinischen und der romanischen Sprachen vorexerzieren:
Im synchronen Sprachvergleich stellen wir fest, dass
ital. notte
span. noche
frz. nuit
relativ ähnlich sind. Wir überlegen uns, warum das so sein könnte und denken: "hm, könnte ja sein, dass sie aus einer gemeinsamen Wortwurzel stammen", (klar, wir wissen das natürlich, aber dieses Wissen war im 16. Jahrhundert noch nicht überall gegeben) und kommen auf das lateinische nox, noctis, bzw. seine Akkusativform noctem (i.d.R. sind die romanischen Wörter von den lat. Akkusativformen abgeleitet).

Wir formulieren die Hypothese aus der lateinischen Konsonantenfolge <ct> ([kt]) wird die italienische Konsonantenfolge <tt> ([t]), die spanische Konsonantenfolge <ch> ([tʃ]) oder französisch <it>, was zu eine Diphthongierung des vorausgehenden Vokals führt.
Dies Hypothese überprüfen wir anhand anderer Beispiele mit <ct> ([kt]) im Lateinischen:
Lac, lactis, lactem: Ital. latte, span. leche, frz. lait
factum: ital. fatto, span. fecho > hecho, frz. fait
dictum: ital. detto, span. dicho, frz. dit
directus: ital. diritto, span. derecho (aragonesisch drechu) frz. droit
octo: ital. otto, span. ocho, frz. huit
octoginta: ottanta, ochenta, huitante

Wir stellen fest, dass immer wieder die gleiche Umlautung stattfindet und leiten daraus ab, dass die Hypothese stimmt. Sie wird damit zur Theorie.

Natürlich sind wir beim Indoeuropäischen nicht in der glücklichen Lage, die Urformen zu besitzen. Aber wir haben Sprachen von Westchina bis zur Keltika (die modernen romanischen Sprachen als aus dem Lateinischen entwickelt nehme ich mal aus), welche immer wieder offensichtlich miteinander verwandte Wörter benutzen, die sich - voneinander durch Entlehnung unabhängig - auf gemeinsame Urformen rückerschließen lassen. Nur, weil wir diese Urformen nicht sicher kennen, kennzeichnen wir die rückerschlossenen Etyma mit dem *Asterisk, nur die genaue Form ist hypothetisch, nicht die Existenz.

Wie Thomas schon dargelegt hat ist die Verbindung Wanderung u. Idg. ein Erklärungsmodell das sich im 19. Jh. gebildet hat. Neuerer Überlegungen zum Beginn des Neol. z.B. in der heutigen BRD gehen viel mehr von einem System der Weitergabe von Technik aus. So kann doch z.B. auch schon in der Mesol. Bevölkerung in der heutigen BRD festgestellt werden, dass sie schon z.T. die Vorstufe des Ackerbaues erreichten, vgl. mit dem Natoufien in der Levante und das bevor die ersten bäuerlichen Kulturen überhaupt archäol. in unseren Breitengraden fassbar sind.

Völlig in Ordnung. Ich würde auch die Verbeitung des Indoeuropäischen mit der neolithischen Revolution als viel zu früh angesetzt sehen. Deshalb warnte ich ja davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten, was also die Kritik an der geäußerten Hypothese, dass sich mit der neolithischen Revolution das Indoeuropäische ausgebreitet habe, als berechtigt anerkennt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als historisch stark interessierter Laie würde mich interessieren, wie die herrschende Lehre und Meinung an den Universitäten zu diesen Wanderungstheorien ist. Vielleicht hat es hier den einen oder anderen, der darüber Auskunft geben kann, wofür ich ihm oder ihr danken würde. Ich finde die Theorien von Gimbutas - deren Werke ich eifrig lese - nachvollziehbar und wundere mich stark, dass mit knappen Sätzen wie "Aber bloß nicht mit den Schnurkeramikern (Streitaxtleuten) argumentieren, das ist eine Kulturerscheinung" die Gimbutas-Theorien abkapitelt werden. Wo ist auf der Gegenseite eine Autorität vom Schlage einer Frau Gimbutas, wo ist die gut fundierte Gegentheorie?

Es ist sicher richtig, dass die Kurganhypothese in einigen Punkten durch die laufende Forschung Ergänzungen erfährt; dass soll ja auch so sein, schliesslich darf sie kein Dogma sein/werden. Aber wo ist die wissenschaftlich gleichwertig fundierte Alternative?

Wie ist die Meinung an den historischen Fakultäten dazu? Sind die Theorien von Gimbutas nichts mehr wert?
 
Ich finde die Theorien von Gimbutas - deren Werke ich eifrig lese - nachvollziehbar und wundere mich stark, dass mit knappen Sätzen wieAber bloß nicht mit den Schnurkeramikern (Streitaxtleuten) argumentieren, das ist eine Kulturerscheinung die Gimbutas-Theorien abkapitelt werden. Wo ist auf der Gegenseite eine Autorität vom Schlage einer Frau Gimbutas, wo ist die gut fundierte Gegentheorie?
Wir haben hier schon länger einen Thread "Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit", lies dort mal hinein. Du wirst für beide Seiten eine Reihe von Argumenten finden. http://www.geschichtsforum.de/f22/indogermanen-konstrukt-oder-wirklichkeit-21353/ Ich und einige anderen haben dort sehr anschaulich die Probleme der Theorien von Frau G. angesprochen, ebenfalls dort wirst du auch eine Menge an Literaturverweisen finden.
Wie ist die Meinung an den historischen Fakultäten dazu? Sind die Theorien von Gimbutas nichts mehr wert?
. Für meinen Studienort und in meinem Fach Vor- und Frühgeschichte kann ich feststellen, das die Dissertation von Frau G. gut bewertet wird, alles was sie dann weiter zu Indogermanen etc. geschrieben hat, wird eher als wissenschaftlich nicht mehr wirklich haltbar gesehen. LG DerGeist
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Eine afrikanisch-baskische Besiedlungswelle?! So ein Quatsch.
Warum Quatsch, es müssen doch nicht immer alle von Osten oder Südosten Europa besiedelt haben.
Von Südwesten wäre theoretisch durchaus plausibel, kommt auf die Zeit an, die Ausdehnung des Mittelmeers und in welcher Phase sich die Sahara befand.
Die Mauren sind doch auch von Südwesten gekommen.
 
Es ist sicher richtig, dass die Kurganhypothese in einigen Punkten durch die laufende Forschung Ergänzungen erfährt; dass soll ja auch so sein, schliesslich darf sie kein Dogma sein/werden. Aber wo ist die wissenschaftlich gleichwertig fundierte Alternative?

Richtig ist, dass die so genannte "Urheimat" der Indoeuropäer nach wie vor höchst umstritten ist. Die Hypothesen reichen von Südrussland, über Anatolien und Osteuropa bis hin nach Zentralasien und Mitteleuropa. Ferner gibt es Indogermanisten, die die Existenz von Indoeuropäern überhaupt ablehnen und die große Verbreitung indoeuropäischer Sprachen lediglich einer Kulturtrift zuschreiben, die ethnisch völlig unterschiedliche Stämme beeinflusste.

Dieser Meinung ist z.B. Alexander Häusler in seinem Werk: Nomaden, Indogermanen, Invasionen, zur Entstehung eines Mythos. in: Orientwissenschaftliche Hefte. (OWH). Halle Saale 5.2003, ²2004. ISSN 1617-2469, während Marija Gimbutas für eine Herkunft aus Südrussland eintritt: Marija Gimbutas, Das Ende Alteuropas. Der Einfall von Steppennomaden aus Südrussland und die Indogermanisierung Mitteleuropas, ISBN 3-85124-171-1

Es ist unsinnig zu sagen, diese oder jene Hypothese sei "veraltet", nur weil sie früher oder später publiziert wurde. Keine Hypothese fand bislang allgemeine Anerkennung und somit kann sich jeder aussuchen, was ihm am plausibelsten erscheint - abgesehen von einer Herkunft aus Atlantis! :D

Es gibt dazu einen schönen Thread, in dem wir das in breitester Ausführlichkeit diskutiert haben und den du lesen solltest:

http://www.geschichtsforum.de/f22/indogermanen-konstrukt-oder-wirklichkeit-21353/
 
Das Beispiel der romanischen Sprachen zeigt SEHR deutlich, das gleiche Sprache-gleiches Volk absolut nicht stimmt. Bei Unkenntnis der Antike könnte man aus den romanischen Sprachen schließen, hier wurde EIN großes Volk von mehreren anderen erobert und zerteilt. Alle Romanen stammen im Ursprung aus Rom.So gleiche Kultur, gleiche Sprache usw. Nun wissen wir aber, diese vergleichsweise kleine Stadt hat ein großes Imperium dominiert und geprägt.Die Einwohner dieses Imperiums haben sich aber nicht vom Fleck gerührt. Also die Gallier z.B. sind nicht abgewandert und von Römern ersetzt worden sondern übernahmen nur die Sprache und die Werte. Was der griechische und der aramäische Sprachraum übrigens so nicht taten. Scheinbar war Latein im westlichen Europa eine Lingua Franca und ein Beweis für das Wandern von Sprache ohne das Wandern von Menschen
 
Das Beispiel der romanischen Sprachen zeigt SEHR deutlich, das gleiche Sprache-gleiches Volk absolut nicht stimmt. Bei Unkenntnis der Antike könnte man aus den romanischen Sprachen schließen, hier wurde EIN großes Volk von mehreren anderen erobert und zerteilt. Alle Romanen stammen im Ursprung aus Rom.So gleiche Kultur, gleiche Sprache usw. Nun wissen wir aber, diese vergleichsweise kleine Stadt hat ein großes Imperium dominiert und geprägt.Die Einwohner dieses Imperiums haben sich aber nicht vom Fleck gerührt. Also die Gallier z.B. sind nicht abgewandert und von Römern ersetzt worden sondern übernahmen nur die Sprache und die Werte. Was der griechische und der aramäische Sprachraum übrigens so nicht taten. Scheinbar war Latein im westlichen Europa eine Lingua Franca und ein Beweis für das Wandern von Sprache ohne das Wandern von Menschen

Vorsicht. Was du schreibst ist natürlich richtig. ABER: Im Falle Roms haben wir es mit einer mehrhundertjährigen politischen und kulturellen Dominanz zu tun. Im Osten des Reiches war letzteres nicht der Fall. Dies ist aber für die Jungsteinzeit, die Kupfer-, Bronze- und ältere Eisenzeit soo nicht gegeben.
 
Gibt es denn andere Beispiele für weitgehende sprachliche Verbreitung bzw. Verdrängung ohne Einwanderung/Beherrschung durch die Orginalsprachler? Ich kann mir das schwer vorstellen. Im römischen Reich gab es schon lateinsprachliche Ansiedelungen in eroberten Ländern. Schaut man sich Britannien an, wo die lateinische Sprache nach dem Abzug der Römer wieder weg vom Fenster war, und vergleicht es mit Gallien, scheint ein gewisses Ausmaß an Durchdringung notwendig zu sein.
 
Vorsicht. Was du schreibst ist natürlich richtig. ABER: Im Falle Roms haben wir es mit einer mehrhundertjährigen politischen und kulturellen Dominanz zu tun. Im Osten des Reiches war letzteres nicht der Fall. Dies ist aber für die Jungsteinzeit, die Kupfer-, Bronze- und ältere Eisenzeit soo nicht gegeben.
SOOO nicht bekannt, ist glaube ich besser. Dominanz allein tut´s wohl auch nicht, die Funktion der "Lingua franca" muß wohl auch noch gegeben sein.

Wie alle Beispiele hinkt meins natürlich auch. Ich wollte nur einwerfen, das es m.E. nicht zwingend ein Indoeuropäisches Volk gegeben haben muß.
 
Gibt es denn andere Beispiele für weitgehende sprachliche Verbreitung bzw. Verdrängung ohne Einwanderung/Beherrschung durch die Orginalsprachler?

Sicher gibt es die.

So gaben die Kelten in Britannien ihre keltische Sprache zugunsten des germanischen Idioms der seit dem 5. Jh. einströmenden Angelsachsen auf. Lediglich im Rückzugsgebiet von Wales konnte sich das keltische Idiom halten. In Kleinasien gab die autochthone byzantinische Bevölkerung ihr griechisches Idiom auf und übernahm in einem längeren Prozess die Turksprache der Oghusen, die Kleinasien nach der Schlacht bei Manzikert 1071 eroberten. In Mesopotamien überschichteten die semitischen Akkader die Sumerer und sorgten im Verlauf eines längeren Zeitraums für die Dominanz des Akkadischen in Mesopotamien.

Es ließen sich noch viele Beispiele finden, wo ein eroberndes Volk ein anderes überschichtete und seine Sprache durchsetzte. Durchaus nicht immer mit Zwang, aber kraft seiner Dominanz in allen miliärischen und zivilen Machtpositionen - wie z.B. die Römer in Gallien und Spanien.

Es gibt aber auch Beispiele, wo sich die Sprache der Unterworfenen durchsetzte. So eroberten die Franken im 5. Jh. Gallien, doch setzte sich keineswegs das germanische Fränkisch der Sieger durch, sondern das Sprechlatein (Vulgärlatein) der unterworfenen gallo-romanischen Bevölkerung, aus dem sich allmählich über das Altfranzösische die romanische französische Sprache entwickelte.
 
Das Englisch seit dem Sieg Wilhelms und seiner Normannen könnte als Beispiel für ein "Unentschieden" gelten.
 
Zurück
Oben