Buchrecherche zur Steinzeit (Magdalenien)

JoergG

Neues Mitglied
Hallo zusammen!

Für meinen Jugendroman suche ich Informationen über Landschaft und Fauna vor 14.000 Jahren südlich der Alpen.

Vielleicht können die Spezialisten von euch mir dazu ein paar Fragen beantworten? Das wäre echt super!

Also:
- war die end-eiszeitliche Landschaft auf der Alpensüdseite ebenfalls eine Art baumlose Tundra, wie die nördlich der Alpen?

- wie weit erstreckte sich die Gletscherausdehnung? Hatten sich die Eismassen bereits bis nördlich des heutigen Gardasees zurückgezogen?

- Ist es denkbar, dass die Alpen damals von Menschen überquert werden konnten?

- gab es auch südlich der Alpen ebenso die riesigen Rentierherden, wie sie sich im Gebiet der heutigen schwäb. Alb und dem unteren Neckarraum bewegt haben?

- Wenn ja: Wo haben sich die Tiere im Sommer aufgehalten, wo haben sie überwintert?

- gab es südlich der Alpen vor ca. 14.000 Jahren ebenfalls wie im Norden Rudel von Riesenhirschen?


Der Hintergrund: Ich habe einen Kinder-/Jugendroman geschrieben, der im Magdalénien zwischen Schwarzwald und schwäb. Alb spielt. (Amelie in der Altsteinzeit)
Jetzt hat ein Verlag Interesse angemeldet, das ganze als Buch-Serie herauszubringen. Bedingung: Der Schauplatz muss auf die Alpensüdseite verlegt werden, um eine Art Lokal-Kolorit zu erzeugen...:pfeif: Prinzipiell habe ich damit kein Problem, aber die Tundra-Landschaft und die darin umherziehenden Rentierherden spielen eine wichtige Rolle im derzeitigen Manuskript.
...Jetzt geht es mir so, wie dem Schüler, der sein Abendgebet spricht: „Lieber Gott, lass bitte den Amazonas durch China fließen, sonst habe ich meine Erdkundearbeit versiebt“ ... :scheinheilig:

Schonmal ganz herzlichen Dank an euch für alle Infos!

Gruß aus dem Süden,
Jörg
 
Hallo Jörg,
der Wiki-Artikel zur Würmeiszeit geht für das südliche Mitteleuropa von mediteranen Steppen mit Waldinseln aus.
Ob es damals südlich der Alpen Rentiere im gleichen Maß wie nördlich der Alpen gegeben hat, bezweifele ich. Aber vieleicht gibt es ja irgendwelche Knochenfunde in Grabungen.
 
Nachdem der Gardasee in seiner heutigen Form erst durch die Ausschleifung des Etschgletschers in der Würmeiszeit entstanden ist, fürchte ich, dass er sich vor 14.000 Jahren noch nicht weit genug zurückgezogen hatte. Einen merklicher Temeraturanstieg, der zum deutlichen Abschmelzen der Gletscher im Voralpenraum geführt hat, gab es ja erst vor 11.000 Jahren.

Wie weit der Etschgletscher nach Norditalien ragte sieht man heute übrigens noch an der Moränenhügelkette am südlichen Ende des Gardasees.
 
Hallo Sascha, hallo Lili,

danke für Eure schnellen Antworten!

@Sascha: Super der Artikellink :) Dann kann ich zumindest von ebenfalls karger windiger Steppenlandschaft ausgehen, in der es nur in geschützten Habitaten kleine Wälder gab. Das hilft mir schonmal weiter. Wegen der Rentiere muss ich noch weiter recherchieren.

@Lili: Ok, das ist auch ungefähr mein Informationsstand. Damit dürfte der Gardasee ähnlich und etwa zeitgleich mit dem Bodensee entstanden sein. Das deckt sich auch mit archäologischen Funden aus der Grotta di Fumane bei Verona, die analog zum Petersfels bei Engen wohl auch als saisonaler (Herbst-)Jagdplatz ziemlich dicht am Gletscherrand gelegen gewesen sein muss.

Damit ist auch die Frage nach der Alpen-Überquerungsmöglichkeit beantwortet: Es dürfte äußerst unwahrscheinlich sein, dass das vor 14.000 Jahren schon gelungen sein könnte.

Die Riesenhirsche sind dagegen nicht so wichtig (für das Manuskript...). Ich muss nochmal nachforschen, ob es dazu Knochenfunde gibt.
Genauer werde ich mir das hoffentlich in zwei Wochen ansehen können, wenn ich dort vor Ort bin...;)

Einstweilen lieben Dank für eure Hilfe!
JoergG
 
Im Weltspiegel gab es letzten Winter einen interessanten Bericht über Rentiere: Das Ren verhungert aufgrund des Klimawandels. Dadurch, dass es tagsüber zu warm wird, schmilzt der Schnee und gefriert wieder. Durch Schnee kommt das Ren an Gräser heran, durch Eis nicht.
Vielleicht ist das ja für Dich in irgendeiner Form verwertbar.
 
Genauer werde ich mir das hoffentlich in zwei Wochen ansehen können, wenn ich dort vor Ort bin...;)
Na wenn das so ist, bekommst du direkt noch drei Touri-Tips von mir, die zu deiner Fragestellung passen:

Museo Castello Scaligero in Malcesine: Fauna, Flora und Geologie hauptsächlich des Monte Baldo

Museo Civico in Riva insbesondere die archäologische Sammlung zu Funden aus der Gardaseeregion

Museo del Castello Scaligero in Torri del Benaco zur Siedlungsgeschichte am Gardasee

Bleibt eigentlich nur noch, dir viel Spaß zu wünschen :winke:
 
Hi Zusammen,

wow, das ist ja ein klasse Forum hier - so viele Tipps habe ich nicht zu träumen gewagt!

@quichote: Ja, die Ren-Informationen habe ich auch, aber leider nur für den nördlichen Alpenraum. Die Rene sind im Frühjahr in die Ebenen westlich des heutigen Bodensees gezogen (Singener Becken) und haben dort ihre Jungen bekommen. Im Herbst sind sie dann in den unteren Neckarraum zum Überwintern gezogen. Dort war es zwar kälter, aber trockener, es gab also weniger Schnee. Es muss schon ein toller Anblick gewesen sein, wenn die riesigen Herden mit teilweise mehreren tausend Tieren gewandert sind...

@Lili: Danke! Das Civico in Riva hatte ich mir bereits ausgeguckt, zusammen mit dem Pfahlbaumuseum am Lago di Ledro. Die anderen beiden sind mir allerdings neu!

@megatrend: Den Bericht der Jahres-Exkursion passt räumlich hervorragend. Leider scheinen die Funde in der Grotta di Fumane im Gravettien aufzuhören - ich brauche aber das Magdalenien. Evtl. hat die Gletscherausdehung den Zugang für Jäger des Magdalenien unmöglich gemacht...
Die anderen Quellen muss ich mir noch genauer ansehen, danke auch dir!

Gruss,
JörgG
 
Hallo Joerg,

wir hatten ja schon Kontakt in dieser Angelegenheit per PN; hier noch eine allgemeiner Tipp zum Rentier:

Gerd-Christian Weniger, Wildbeuter und ihre Umwelt. Ein Beitrag zum Magdalénien Südwestdeutschlands aus ökologischer und ethno-archäologischer Sicht. Archaeologica Venatoria 5. Tübingen 1982.

Rangifer tarandus findest du in diesem lehrreichen Buch aus den Seiten 91-92.

Galgenpapst
Urgeschichtler
 
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