Der Berliner Goldhut

Thomas Trauner

Aktives Mitglied
Band II der Schriften des Museums für Vor- und Frühgeschichte ist jetzt brandneu erschienen.

Die Sammlungen des Museums für Vor- und Frühgeschichte Band II.
Der Berliner Goldhut: Macht, Magie und Mathematik in der Bronzezeit

Verlag: Schnell & Steiner; Auflage: 1 (18. März 2010)
ISBN-13: 978-3795422714
(Im Buchhandel erhältlich)

Zum Verständnis eine Abbildung unter:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cb/Berliner_Goldhut.jpg

Der Autor, Dr. Wilfried Menghin publiziert zusammenfassend seine Erkenntnisse zum „Berliner Goldhut“. Er betrachtet den „Berliner“ Goldhut als Lunaren Kalender und unterstellt auch den anderen drei Exemplaren dieser Fundgruppe eine zumindest ähnliche Funktion.

Das Buch ist relativ schwer zu lesen. Das liegt jedoch nicht am Autor, sondern an der doch sehr komplexen mathematisch/astronomischen Problemstellung.

Dr. Menghin ist im Übrigen auch in dieser Publikation sehr ergebnisoffen, er wiederholt mehrmals, dass zusätzliche oder ergänzende Erkenntnisse zu einer Verbesserung und sogar zu einer Änderung seiner Theorie führen können.
Ich persönlich finde die Haltung und die Theorieentwicklung Dr. Menghins sehr lobenswert, einfach deswegen, weil er schon vor der Publikation der Sternenscheibe von Nebra der mitteleuropäischen Bronzezeit eine solche selbständige mathematisch/astronomische Leistung zutraute, ohne dabei immer wieder irgendwelche Vorbilder (aus dem nahen Osten) zu fordern.

Im Gegensatz zur Sternenscheibe habe ich jedoch mit dieser Theorie meine Schwierigkeiten. Weniger vom Verständnis her, letztlich besagt die Theorie, dass die „Verzierungen“ des Berliner Goldhuts so eingeteilt sind, dass er als Merkhilfe für einen Mondkalender dient. Und tatsächlich scheinen die Rhythmik der Verzierungszonen und die Anzahl der eingestempelten Punzen mathematisch gesehen den Mondrhythmen (inklusiver Schalttage oder anderen astronomischen Besonderheiten des Lunarkalenders) zu entsprechen.
Es geht mir jetzt also gar nicht so sehr um die Unterstellung oder gar eines Nachweises irgendwelcher kalendarischer oder astronomischer „Fehler“ und schon gar nicht um etwaige kulturhistorische Debatten.

Was mir jedoch durch den Kopf geht, ist ob die Zahlenwerte des Goldkegels/Goldhutes nicht doch mehr oder weniger zufällig sind, wenn nicht vielleicht sogar in einem Bereich liegen, der sich Fertigungstechnisch erklären lässt.

Was mir dabei, recht ungeordnet, im Kopf herum geht, sind folgende Gedankenfetzen:

Die beiden Kegel/Hüte, die lt. Menghin deutlich im Verdacht stehen, Kalendarische Funktion zu erfüllen, sind eben der Berliner Hut und der Goldkegel von Ezelsdorf-Buch (Mittelfranken)

Das französische Exemplar liegt in etwa auch in der Größenordnung der beiden obigen Stücke, ist allerdings bei der Auffindung so zerstört worden, dass die jetzige Gestalt zu ungenau ist.
Das Schifferstädter Exemplar ist wesentlich kleiner und fällt erstmal aus der Betrachtung, auch bei Menghin.

Zurück zum Berliner und dem Ezelsdorfer Exemplaren.
Geht man von einer kanonischen Verwendung, zu welcher auch immer, aus, kann sich ein bestimmter Größenkanon ergeben.
Tatsächlich entsprechen die Maße der beiden Exemplare in etwa der Hutgröße 56.
Auch für eine „Kultpfahlbekrönungen oder ähnlichem sollte die Maße beider Exemplare in etwa gleich sein.
Ein weiterer Grund für gleiche Größenverhältnisse könnte auch in der technischen Machbarkeit liegen, die verwendete Goldmenge liegt in beiden Fällen um die 400gr.

Das Gold ist in beiden Fällen sprichwörtlich papierdünn ausgetrieben, es bedarf einer Stabilisierung durch Punzierung. (Ähnlich den bekannten Metallgeräten dieser Zeit)
Grundsätzlich würden gerade Zierleisten ausreichen, der gleiche Effekt lässt sich jedoch auch mit Punzen erreichen.
Technisch gehen jedoch viereckige Punzen nicht, da hier die Gefahr besteht, dass die Kanten aufgrund der ungleichen Druckkräfte einreißen.
Damit wären wir bei den Kreis- und Kugelpunzen, die sich praktisch auf jeder Metallarbeit der UK und HA finden.
Fertigungstechnisch nimmt das RGZM an, dass die Punzen von außen gesetzt wurden, auch die linearen Muster. Es handelt sich demnach um Matrizen, nicht um Patrizen.
(Ich kann dieser Idee nicht ganz folgen, das ist jedoch für das Problem Kalender erst mal unbedeutend)
Da die Kegel/Hüte rund sind, verbieten sich Kreispunzen ab einem bestimmten Durchmesser, da diese sich nicht mehr gleichmäßig auf die Hülle aufbringen lassen, also laufend die Gefahr besteht, dass das Metall reißt.
Die größten Punzen liegen demnach in der Praxis bei 5 cm im Durchmesser. Zu kleine Punzen sind auch nicht unbedingt das Mittel der Wahl, da der Arbeitsaufwand wächst, aber auch das Erscheinungsbild leidet.

Um eine Vorstellung zum Mitdenken zu haben, die Maße der Exemplare:

Der Umfang dieser zwei Kegel/Hüte ist recht gleich, so ca. 55 cm Umfang, Durchmesser ca 17,5 cm. (Wie gesagt, etwa Größe 56) Die Höhe in etwa 80 cm.

Um eine Fläche optisch „passend“ zu verzieren, bewegen sich ja auch die Abstände der Zierzonen oder der Abstände der Punzen zueinander in einem bestimmten Rahmen.
Weiter kommt hinzu, dass ich z.b. regelmäßige Abstände von Punzen erreiche, indem ich am Anfang und am Ende der Zone jeweils eine Punze setze, die anderen dann jeweils in den Mitten der noch freien Abstände. Damit kommt immer eine ungerade Zahl von Verzierungen zustande, was zum Beispiel das von Dr. Menghin gehäufte Auftreten von Primzahlen erklären könnte.

Jetzt frage ich mich ernsthaft, ob denn diese durch den (vermuteten) Kanon in der Gesamtgröße der Kegel/Hüte, den sich nur innerhalb eines bestimmten Größenverhältnisses bewegenden Maßen der Punzen und dem optisch optimalen Verhältnis der Zonen/Punzen Maße und Verhältnisse zueinander ergeben, die einen „höheren“ Kanon vermuten lassen.

Dass sich bei genügend hoher Anzahl von Zahlen und Abständen immer andere, ähnliche Zahlenverhältnisse finden lassen und sich dann ein Zusammenhang vermuten lässt, ist ja ein altbekanntes Problem.

Kann mir jemand folgen ? Kann mir jemand weiterhelfen ? Denke ich in die verkehrte Richtung ? Evtl. Meinungen ?

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
So ganz einfach ist es nicht, dir zu folgen.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchtest du überprüfen, ob sich materialtechnische , handwerkliche Gründe für Anzahl und Anordnung der Verzierungen auf dem Goldhut finden lassen.
Die Goldhüte und die Nebrascheibe faszinieren mich auch, schließlich gibt es in unseren Breiten nicht so viele spektakuläre Funde, die auf komplexes astronomisches und mathematisches Wissen schließen lassen.
Was mich bei den Interpretationen irritiert, ist die schwierige Nachvollziehbarkeit. Die Goldhüte sind nicht selbsterklärend.
Das könnte man mit dem Gebrauch als Merkhilfe begründen, da zusätzlich eine mündliche Einweisung erfolgte. Allerdings würde eine "profane" Merkhilfe auch auf schlichtem Stein oder Holz diese Funktion erfüllen und da vermisse ich entsprechende Funde z.B. bei Megalithgräbern, die am Beginn der Bronzezeit noch erstellt wurden.
 
Nun ja,ich kenne das Buch nicht im Detail,aber die dort vertretene Theorie und habe ehrlich gesagt ähnliche Zweifel bzw. den Verdacht,daß hier eine Überinterpretation stattfindet.und ich habe ebenfalls den Verdacht,daß die Zahlenwerte des Goldkegels fertigungstechnisch und gestalterisch bedingt sind.
Die Punzen sind ja relativ gleichmäßig angeordnet und das alleine bedingt bereits eine gewisse Zahlenabfolge, selbst wenn der Anordnung schlicht Designgesichtspunkte zugrunde liegen.
Wie rena bereits richtig angemerkt hat sind die Goldhüte (anders als die Scheibe von Nebra ) nicht selbsterklärend. Insofern stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit einer Merkhilfe,die nicht auf den ersten Blick eingängig ist.Für die Darstellung eines lunaren Kalenders gibt es sicherlich einfachere und praktischere Methoden.
 
Ob nun Merkhilfe, Kalender oder wie auch immer, eine reine technische Erfordernis der Verzierung halte ich auch nicht für eine befriedigende Erklärung.
Das herunter brechen auf rein technisch-technologische Erklärungsmuster, erscheint mir für solche Objekte zu einfach gedacht, freilich werden wir die Inhalte die mglw. durch solche Objekte dargestellt wurden, nicht unbedingt entschlüsseln können, aber wir können durch sorgsame Analysen feststellen, dass sich hinter den Verzierungen mehr als reine technologische Notwendigkeit verbergen.
Gerade solche ungewöhnlichen Objekte können auch dazu dienen Inhalte, Ideen usw. in dem jeweiligen kulturellen Habitus zu vermitteln.
Interessante Ansätze dazu gibt es nun mittlerweile einige, z.B.:
  • A. Zeeb-Lanz, Keramikverzierungsstil als Kommunikationsmittel: Ein Bsp. aus dem frühen Jungneol. SW Deutschlands. Tübinger Archäologischer Taschenbücher Band 4(2003), 245ff.
Ich denke das man im Sinne semiotischen Perspektive, materielle Kultur auch anders interpretieren kann.
Wenn wir der Semiotik folgen, müssen wir konsequenter Weiße materielle Kultur generell als Teil der gesellschaftlichen Kommunikation sehen, unauflösbar mit den Strukturen sozialen Handels verbunden
Müller-Scheesel, Burmeister 2006, In: Soziale Gruppen - kulturelle Grenzen. Tübinger Archäologische Taschenbücher Band 5, S.22-23
 
Normalerweis haben wir bei jedem Artefakt von Bedeutung drei Aspekte,unter denen es zu betrachten ist:
die technisch-funktionale Komponente, die kultisch-funktionale Komponente und die künstlerische Komponente.
Alle drei Komponenten können sich, wie beim Mayazeremonialmesser ,der Himmelsscheibe von Nebra oder den ägyptischen Kanopenkrügen überschneiden,müssen aber nicht.
So sind regelmäßig angeordnete Ornamente oder Verzierungen in der Regel schlicht dem künstlerischen Aspekt geschuldet-, denn minimalistisches Design bei wertvollen Gegenständen ist eher eine Erfindung des 20.Jahrhunderts-.
Hier eine kultisch-funktionale Komponente hinein zu interpretieren ist m.E. nur dann zulässig,wenn sie enen selbsterklärenden direkten Bezug zum Kult haben.
 
Gibt es dieses Punkt-Kreis-Dekor denn auf anderem Material, Keramik oder Bronze?

Oder gibt es weitere goldene Schmuckstücke, wie Fibeln, Schwertgriffe oder andere Herrschaftszeichen aus Gold mit diesem Muster?
 
Normalerweis haben wir bei jedem Artefakt von Bedeutung drei Aspekte,unter denen es zu betrachten ist:
die technisch-funktionale Komponente, die kultisch-funktionale Komponente und die künstlerische Komponente.
Wie ich oben dargelegt habe, wird bei einigen Artefakten nun auch ein weiterer Aspekt berücksichtigt die kommunikative Komponente.

So sind regelmäßig angeordnete Ornamente oder Verzierungen in der Regel schlicht dem künstlerischen Aspekt geschuldet-, denn minimalistisches Design bei wertvollen Gegenständen ist eher eine Erfindung des 20.Jahrhunderts-.

Das ist eine typische Sichtweise aus der klass. Archl., meiner Meinung nach.
Da wir nicht eruieren können was die Symbole bedeuten, heißt das doch im Umkehrschluss nicht unbedingt das es sich um Aspekte einer künstlerischen Äußerungen handelt.

Ein Bsp. aus der Ethnologie kann dies verdeutlichen:
http://www.shipibo-conibo.com/images/foto3.jpg
Jenes Gefäß wird von den Frauen bemalt und zwar während der Schamane in Trance "singt", die Frauen "übersetzen" das Vorgetragene und setzen es in die abgebildeten Muster um.
Wenn ich deinem Vorschlag folge, so müsste der Topf einfach nur künstlerisch zu interpretieren sein, was aber im Falle diese Gefäßes falsch ist.
Freilich kann man das gerade dargelegte nicht einfach auf die Prähistorische Zeiten übertragen, wohl aber zur Kenntnis nehmen, dass die Erklärung für kanonische Muster, einfache Verzierungen usw. nicht unbedingt einem künstlerischen Aspekt zuzuordnen ist.
 
Gibt es dieses Punkt-Kreis-Dekor denn auf anderem Material, Keramik oder Bronze?

Schau doch mal hier rein:
http://www.archaeometry.dk/Kobberle...nzezeit im westlichen Mittelgebirgsraum 1.pdf

Geweihäxte waren weit verbreitet. Ein Exemplar aus Hildesheim ist mit Punktkreisen geschmückt, ein Fund aus der Weser bei Landesbergen (Kreis Nienburg/Weser) wurde mit zahlreichen doppelten Punktkreisen und gürtelartigen Linienmustern verschönert
Welt der Bronzezeit: Die jüngere Bronzezeit im südlichen Niedersachsen (etwa 1100-800 v. Chr.)

http://www.kranzberg.org/brzeit/goldfund/goldfund.htm

Etwas technischer:
http://www.lda-lsa.de/forschung/dfg_projekte/for_550_aufbruch_zu_neuen_horizonten/modul_nw1/
 
Zuletzt bearbeitet:
Geist, danke für die Weiterführung des threats und den anregenden Überlegungen.
Und auch an alle anderen...

In einem hast du , Geist, sicher recht. Rein funktional waren Form und Verzierung wohl in der Vorgeschichte nie.
Wir erkennen ja Zeitstellung und Kulturzugehörigkeit der Artefakte ja gerade am Formenschatz und Verzierungsgewohnheiten.
Also kein „anything goes“, sondern ein offenbar recht strenger Kanon. Ich denke da allerdings als erstes an einen politisch/Sozialen Kanon, der eine Gruppenzugehörigkeit ausdrücken will.
Es ist ja tatsächlich so, dass sich der Kanon nicht nur modisch änderte, in aller Regel sind ja auch Änderungen in sonstigen sozialen Dingen (Grabbrauch, Eintreffen neuer Technologien, Klima etc.) mit Änderungen des Kanons verbunden.
Das ist gerade die Grundannahme zur Chronologie und Typologie der Vorgeschichte.

Aberrrrr – ich sage jetzt nicht das ich recht habe......ich komme halt oft um den Verdacht nicht herum, dass hier häufig eine Überinterpretation stattfindet.
Ggf. sogar im oben erwähnten Bereich. Beispielhaft möchte ich hier nur die Diskussionen zu den Übergangsbereichen nennen. Nach meinem Dafürhalten leidet z.B. die Diskussion im Bereich HaB/C/D daran, dass bestimmte Formen als Leitformen (rombusförmiger Gürtelhaken, bestimmte Nadelformen, Spiralfibeln) definiert werden und dabei aber das Gesamtbild außer Acht bleibt. Da tauchen Fußschaukelringe per Definition nur in Ha D1 auf, die eindeutig ihre Vorläufer in Ha B2 haben, für HaC aber als nichtexistent bezeichnet werden....
Das gilt natürlich nicht nur für die Hallstattzeit, auch im späten Neolithitikum (Kupferzeit) fallen mir immer wieder Gemeinsamkeiten zwischen bestimmten, als eigenständig definierten Kulturgruppen auf, die erst noch einer Erklärung bedürfen. (Altheim, Pfynn, Mondseegruppe, hier die Machart der Keramik, bestimmte der Tracht zugeordnete Artefakte, Verzierungselemente etc.)

Die Überinterpretation liegt m.E. hier in der allzu strengen chronologischen und typologischen Zuordnung zu bestimmten Kulturgruppen.
Dies widerrum macht die nach meiner Meinung nach oft auf recht dünnen Füßen stehenden Diskussionen z.B. über „fremde Frauen“, „fremde Krieger“ usw. nötig, die dann widerrum auf noch dünneren Füßen stehende Ideen in Sachen Sozialstrukturen, Handelswege, Religion etc führen......
Ich kann es leider nicht sonderlich konkret ausdrücken....was mir durch den Kopf geht, wären z.b. folgende weitere Beobachtungen:
Es gibt Tüllenbeile, die als „Verzierungselemente“ die Lappen der früheren Lappenbeile zeigen. Sind Lappenbeile jetzt besonders wichtig ?
Kreispatrizen/matrizen sind halt nun mal einfacher als Stempel zu führen als solche mit geraden Formen. Sind sie wirklich immer Sonnensymbole ?
„Keltische“ Situlen zeigen sehr oft Bilder, die denen der etruskischen Bilderwelt entsprechen, ohne dass wir die Formen dieser Bilderwelt konkret im „keltischen“ Fundgut festmachen können. Trotzdem werden die „etruskischen“ Darstellungen in ihren Inhalten auf die Keltike übertragen...Symposien, Grabzüge etc.
Münzbilder der Laténezeit lassen sich sehr oft auf „verschliffene“ griechische Münzbilder zurückführen.
Wie oft wurden demnach „kulturfremde“ Symbole/Verzierungen erstmal übernommen, ohne deren Symbolgehalt mit zu übernehmen ?

Ich bitte wirklich darum, nicht missverstanden zu werden. Die Kulturgruppen waren unterschiedlich, zweifellos. Und natürlich gab es Symbolik.
Ich weiß auch keine Lösung. Ich befürchte eben nur, dass einige sogar sehr wichtige Aussagen und Erklärungsmodelle in der VG auf Annahmen beruhen, die methodisch angreifbar sind. Oder kurz:
Mir geht es um die Validität des Indikators „Symbol/Form“.
Verwirrt in Nürnberg...

Thomas
 
Ich denke da allerdings als erstes an einen politisch/Sozialen Kanon, der eine Gruppenzugehörigkeit ausdrücken will.

Das ist auch eine der Möglichkeiten die ich pers. annehme, die oben angegeben Werke gehen ja auch genau in diese Richtung.
 
Kalenderfunktion? Nein Danke!

Um es ganz kraß gleich am Anfang klar zu stellen:
Das ist kein Kalender!
Nein, wirklich nicht.
Man betrete ein beliebiges Museum, in dem Funde von der Stein-, bis zur Eisenzeit ausgestellt werden, und sehe sich die Artefakte aus Keramik, Bronze, Eisen oder Gold an.
Was sieht man dort?
Jede Menge Verzierungen; mal rund mal punktförming mal Linien, mal Dreiecke.
Mal offenbar mit einem Griffel in den weichen Ton gedrückt, mal punziert, wenn Metall im Spiel ist.
Kein Mensch ist bisher auf die verrückte Idee gekommen, die Anzahl dieser Verzierungen zu zählen und dort eine Kalenderfunktion oder sonstwas hineinzugeheimnissen.
Wobei man sich beim Berliner Goldhut besondere Mühe gegeben hat, Zahlen mal zu addieren, mal subtrahieren, mal dividieren oder multiplizierten, oder frei nach Schnauze bestimmte "Zonen" einfach wegzulassen.
Ich behaupte:
Wenn man diese "Regeln" etwas anders definiert kommt "911", der Wert des DAX von einem beliebigen Börsentag heraus, oder meine jetzige Telefonnummer.
Zahlen wie 30,31,42 findet man ja auch ohne größere Kunstgriffe.
Daß sich ein Museumsdirektor für derartige Zahlenmystik hergibt, ist einfach nur noch peinlich!
Wo hat der Mann eigentlich seinen Doktor her?
 
In einer Fernsehsendung vor einigen Tagen wurde der Berliner Goldhut auch gezeigt. Darin wurde gesagt, dass er wohl von einem Priesterkönig getragen wurde und dass dieser damit die Herrschaft über Sonne und Mond ausdrückte.
 
Gabs hierfür irgendwelche weitergehenden Beweise oder sind das ähnliche teils wacklige Theorien wie die dutzenden zur Himmelsscheibe von Nebra?
 
Hat eigentlich schon mal jemand daran gedacht, dass es vielleicht gar keine Zeremonialhüte waren, dafür sind die Dinger doch völlig unpraktisch. Ich stelle sie mir eher als eine Art Füllhorn für Opfergaben vor.
 
Zwischenzeitlich ging man davon aus, dass die Goldkegel als Bekrönung von Kultsäulen, Altären etc. oder auch als Opfergefäße dienten. Aktuell gewinnt die alte Vermutung, dass es sich um Kopfbedeckungen handelt, die mit Riemen am Kinn festgemacht wurden, eher an Zustimmung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Heutige "Zeremoniengewänder" sind ja auch nicht gerade ein praktisches Kleidungsstück. Bei sowas steht denke ich selten die Praxis im Vordergrund
 
Also eine interessante Deutungsmöglichkeit, aber weitere Beweise gibt es hierfür scheinbar nicht. Schade
 
Hypothesen und Annahmen zur Funktion der Himmelsscheibe werden unter dem Aspekt betrachtet, dass sowohl in der kosmischen Auslegung wie im materialtechnischen Bereich davon auszugehen ist, dass zum Ende der frühen Bronzezeit Sterne und Mond in Mitteleuropa eine bedeutende Rolle gespielt haben. Zum anderen wird vorausgesetzt, dass die Bosonderheiten der handwerklichen Ausführungen, die durch die Herstellung von Bronzeblech, sowie dem aufbringen von Goldapplikationen durch tauschieren, zur Zeitstellung in Höhe des Fundortes bekannte Handwerkstechniken gewesen sind. Vor diesem nicht belegbaren Hintergrund, wurde ein Bild der ausgehenden frühen Bronzezeit um ca. 1.750 v.Chr. in Mitteleuropa generiert, das es so nie gegeben hat.
Handwerkliche Techniken und kosmische Auslegung waren nur in Südosteuropa bzw. im Einflussgebiet der Kulturen des Mittelmeerraumes bekannt.
Nach Mitteldeutschland eingehandelt wurde die Scheibe vermutlich von dem Handwerker (Händler) der die Scheibe hier eingeführt hat, nach ihrem eintreffen auf die sie Sonne ausgerichteten kulturellen Hintergrund überarbeitet. (Sonnenkalender der zweiten Bearbeitungsphase, Randstreifen).
Im übrigen ist die Annahme, dass Sterne und Mond in Mitteleuropa zur ausgehenden frühen Bronzezeit (ca. 1.750 v.Chr.) eine Rolle gespielt haben nicht zu belegen. Selbst der Sonnenwagen von Truntholm und die bekannten Goldhüte, deren Anfertigung auf ca.1.300 v.Chr., also lange nach der Einführung der Himmelsscheibe zu datieren ist, beschreibt den Transport der Sonne, bzw. hat einen auf die Sonne bezogenen kulturell-kalendarischen Hintergrund. Der medienwirksame Vortschritt zur Bedeutung dieses "Jahrtausendfundes" wie er genannt wird, verhindert eine unabhängige sachliche Beurteilung bzw. wissenschaftlich fundierte Neueinschätzung.
 
Hypothesen und Annahmen zur Funktion der Himmelsscheibe werden unter dem Aspekt betrachtet, dass sowohl in der kosmischen Auslegung wie im materialtechnischen Bereich davon auszugehen ist, dass zum Ende der frühen Bronzezeit Sterne und Mond in Mitteleuropa eine bedeutende Rolle gespielt haben. Zum anderen wird vorausgesetzt, dass die Bosonderheiten der handwerklichen Ausführungen, die durch die Herstellung von Bronzeblech, sowie dem aufbringen von Goldapplikationen durch tauschieren, zur Zeitstellung in Höhe des Fundortes bekannte Handwerkstechniken gewesen sind. Vor diesem nicht belegbaren Hintergrund, wurde ein Bild der ausgehenden frühen Bronzezeit um ca. 1.750 v.Chr. in Mitteleuropa generiert, das es so nie gegeben hat.
Handwerkliche Techniken und kosmische Auslegung waren nur in Südosteuropa bzw. im Einflussgebiet der Kulturen des Mittelmeerraumes bekannt.
Nach Mitteldeutschland eingehandelt wurde die Scheibe vermutlich von dem Handwerker (Händler) der die Scheibe hier eingeführt hat, nach ihrem eintreffen auf die sie Sonne ausgerichteten kulturellen Hintergrund überarbeitet. (Sonnenkalender der zweiten Bearbeitungsphase, Randstreifen).
Im übrigen ist die Annahme, dass Sterne und Mond in Mitteleuropa zur ausgehenden frühen Bronzezeit (ca. 1.750 v.Chr.) eine Rolle gespielt haben nicht zu belegen. Selbst der Sonnenwagen von Truntholm und die bekannten Goldhüte, deren Anfertigung auf ca.1.300 v.Chr., also lange nach der Einführung der Himmelsscheibe zu datieren ist, beschreibt den Transport der Sonne, bzw. hat einen auf die Sonne bezogenen kulturell-kalendarischen Hintergrund. Der medienwirksame Vortschritt zur Bedeutung dieses "Jahrtausendfundes" wie er genannt wird, verhindert eine unabhängige sachliche Beurteilung bzw. wissenschaftlich fundierte Neueinschätzung.

Wir haben auch einen Thread über http://www.geschichtsforum.de/f22/die-himmelsscheibe-von-nebra-9970/index13.html viele Seiten, manchmal nicht ganz am Thema. ME paßt dein Beitrag da besser hin.
 
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