Fleisch essen führte zur Sprache?

pelzer

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Hoi zämä

Gestern hat im Fernsehen ein Wissenschaftler eine bemerkenswerte Theorie über die frühe Menschheit erläutert:
Erst der Wechsel von der rein vegetarischen zur „gemischten“ Ernährung soll die erforderliche Energie fürs nun anwachsende Gehirn bereitgestellt haben. Die nun energiereichere Ernährung soll bewirkt haben, dass der Kauapparat kleiner und dafür des Hirnvolumen grösser wurde. Und da Fleisch eigentlich nur gekocht gegessen werden kann, soll dies zu einem kulturellen Fortschritt gesorgt haben; das Feuer und die Vorratshaltung hielten Einzug. Und die kollektive Jagd soll zur Entwicklung der Sprache geführt haben?

Interessant! Oder bloss Unsinn? :grübel:

Übrigens - am heutigen 1. Oktober ist „Welt-Vegetarier-Tag“…



Gruss Pelzer



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Eine ähnliche Vermutung war übrigens auch mal, daß sich das Gehirn erst durch Ernährung mit Fischen und Meeresfrüchte so weit entwickeln konnte. Die Sache mit dem Fleisch ist immerhin weniger speziell.

Ein anderer Aspekt wäre noch, daß das Fleisch erst mal erjagt werden muß, am besten im Rudel, und so etwas vorausschauendes Denken und komplexe soziale Interaktionen erfordert - womit schonmal ein gewisses "Grundniveau" gegeben wäre.

Wenn aber jemand behauptet, daß Fleisch "eigentlich nur gekocht gegessen werden kann" ... äh... ich stell mir grad eine Gruppe Hyänen vor, die sich um ihre Kochgrube scharen. Und am Horizont bemüht sich ein einsamer Gepard gerade, mit seinen Krallen ein paar Funken zu schlagen, um sein Feuer in Gang zu bringen ;o)

Na gut, aber Scherz beiseite: Irgendwann hat der Mensch ja mal das Feuer entdeckt, und festgestellt, daß Gebratenes auch gut schmeckt. Aber bisher dachte ich, daß ihn erst sein Gehirn dazu in die Lage versetzte?
 
Ich habe die entgegengesetzte Theorie gelesen :

Durch eine Genmutation (das schadhafte Gen tragen wir Menschen immer noch als "Schrott" in unserer DNA), verkümmerten die Kaumuskeln, die über den ganzen Schädel bis hin zum Scheitel verlaufen.

Die robuste Statik des Schädels in Form eines Halbzylinders in Längsrichtung (die Überaugenwülste ergeben sich daraus) wurde durch die geringere Belastung nicht mehr benötigt, so dass das Gehirn größer werden konnte.

Hier zeigt sich, dass eine Genmutation erst einmal vom Optimum wegführt, nämlich zu reduzierter Kraft beim Zubeissen. Diese Behinderung hätte locker zu einem Aussterben unserer Vorfahren führen können, konnte aber offensichtlich kompensiert werden durch eine Veränderung ihrer Essgewohnheiten (Fleisch, gekochte Nahrung), die dann wiederum in einen unerwarteten Vorteil in Form von einer erweiterten Nahrungsbasis führte.

Außerdem ergab sich langfristig sogar noch ein höchst überraschender positiver Effekt in Form des sich vergrößernden Gehirns.
 
Ich glaube auch nicht dran, daß frühe Menschen (oder selbst heutige Menschen...) prinzipiell kein rohes Fleisch essen könnten. Zubereitet ist es sicher bekömmlicher, und die Umstellung würde uns heute wieder schwer fallen, aber grundsätzlich sollte das gehen.
 
Fleisch ist selbstverständlich Roh essbar. Es ist gekocht/gebraten aber weit besser verdaulich. Es wird also besser Verwertet und die Verdauung muss weniger Energie zur Auswertung dieser Nahrung verwenden. Ob es "besser schmeckt" ist immer ein subjektiver Eindruck des Gehirns, das durch das Gefühl "Jamjamjam, hammi hammi" vermitteln will, dass etwas gut für uns ist (siehe Zucker, der war für unsere Vorfahren super gesund, aber nur weil er relativ selten war, weil sie sich die ganze Zeit intensiv bewegten und Zucker daher ein willkommener Energieschub für zwischendurch war).
 
In http://www.geschichtsforum.de/f22/das-verschwenderische-gehirn-27028/ haben wir unter anderem über den Zusammenhang von erhöhter Proteinzufuhr und Gehirnwachstum diskutiert.
Wie immer kontrovers und ergebnisoffen.
Beim Fleisch, noch dazu wenn von Kochen und Rösten gesprochen wird, wegen der leichteren Verdaulichkeit, entstehen immer so steinzeitromantische Bilder bei den Fernsehzuschauern.
Friedemann Schrenk und andere Frühzeitforscher gehen eher von Maden, Würmern und Insekten aus, die den Prähominiden mehr Protein zu "beißen" gaben.
Besonders den Maden der Aasfliegen wird eine grosse Bedeutung beigemessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein anderer Aspekt wäre noch, daß das Fleisch erst mal erjagt werden muß, am besten im Rudel, und so etwas vorausschauendes Denken und komplexe soziale Interaktionen erfordert - womit schonmal ein gewisses "Grundniveau" gegeben wäre.

Die Jäger schließen sich zum Jagen zum Rudel zusammen und die vegetarischen Beutetiere zur Verteidigung. Demnach funktioniert der Effekt wohl auch ohne Fleischaufnahme.
Übrigens wird "Tartar" bis heute gegessen, und das Zeug ist auch roh, wenn ich als Vegetarier das mal so anmerken darf...:winke:

LG Kassia
 
Durch eine Genmutation (das schadhafte Gen tragen wir Menschen immer noch als "Schrott" in unserer DNA), verkümmerten die Kaumuskeln, die über den ganzen Schädel bis hin zum Scheitel verlaufen.

Wenn man sich die Entwicklung der Hominiden vor Augen führt so kann man tatsächlich eine Verkümmerung der Kaumuskulatur erkennen.
Bei den Australopethicenen sind zwei "Typen" zu unterscheiden, die sog. Robusteform und die grazile Form.
Der Austrl. Robustus besaß eine ausgepräge Kaumuskulatur, während die grazile Form (Austr. Africanus) eine weniger starke Kaumuskulatur besaß.
Erklärt wird das ganze folgendermaßen:
- Die robuste Form ernährte sich vorwiegend auf pflanzlicher Basis, dafür wurde dann auch ein stärkerer Kauapparat benötigt.
- Die grazile Form ernährte sich omnivore, eine extrem starke Kaumuskulatur war dafür nicht von Nöten.
Die robuste Form spielt dann bei der Entwicklung der Homo erectus keine Rolle mehr.
Um den Bogen zum Thema zu schlagen:
1. Durch den Genuß von Fleisch ist eine Veränderung der crista sagittalis zu beobachten (crista sagittalis - Google-Suche)
2. Ebenfalls durch den Fleischgenuß angestoßen erlebt die Entwicklung von Werkzeugen eine Erweiterung und Spezialisierung.

Die robuste Statik des Schädels in Form eines Halbzylinders in Längsrichtung (die Überaugenwülste ergeben sich daraus) wurde durch die geringere Belastung nicht mehr benötigt, so dass das Gehirn größer werden konnte.
Halte ich nicht für zwingend, vgl. mal den Schädel eines Neanderthalers.
Die Entwicklung der Hirnes kann man auch nicht monokausal erklären, es werden wohl einige Faktoren zur Vergrößerung geführt haben, u.A. der aufrechte Gang, Werkzeugkultur.
 
Am liebsten zitiert man sich doch selbst : http://www.geschichtsforum.de/403335-post101.html
Kernaussage : Die Sprache entstand nicht durch Fleischessen, sondern durch soziale Interaktion. Die daraus entstehende kollektive Intelligenz ist neben (oder über) der viel gepriesenen individuellen Intelligenz der Hauptgrund, warum unsere Spezies "die Krone der Schöpfung - das Schwein der Mensch" (G. Benn) geworden ist
 
Und doch war für die Sprache der aufrechte Gang eine Grundvoraussetzung. denn erst durch den aufrechten Gang konnte sich a) der Kehlkopf entwickeln und b) das notwendige Gehirnvolumen (wobei, wie wir wissen, die Vernetzung wichtiger ist, als das Volumen!).
 
Es wird immer so viel darüber gesprochen, wann die Menschen "die Sprache" entwickelt haben. Hierzu sollten wir auch einmal darüber nachdenken, ab wo wir von "Sprache" reden wollen. Bereits die Aussendung von Botenstoffen ist eine Art von Kommunikation, könnte man also schon als Sprache betrachten. Oder beginnt Sprache da, wo akkustisch kommuniziert wird, z.B. beim Zirpen der Grillen. Die benutzen die Beine, das soll dann womöglich nicht gelten. Wie wäre es dann mit dem Grunzen und Wiehern. Dazu wird die Atemluft in Schwingung versetzt, um absichtlich Laute hervorzurufen. Andererseits, würde das taubstumme Menschen von der Sprache ausschließen. SIe können sich aber mit Gebärdensprache und in Textform gut verständigen.

Eine weitere Überlegung: Während weidende Tiere vielleicht viel mehr Kommunikation als die Warnung ihrer Herdengenossen vor Raubtieren benötigen, ist es für Raubtiere sinnvoll, Absprachen für die Jagd zu treffen. Braucht man dazu Sprache? Oder reichen ein paar Gesten? Sind Gesten schon Sprache? Ist ein Katzbuckel nicht auch eine Geste?

Ich würde eher vermuten, Sprache hat sich entwickelt, weil sie MÖGLICH wurde. Dem lagen Mutationen zu Grunde, die glücklicherweise nicht dazu geführt haben, daß ihre Träge ausgestorben wären. Der Nachteil war also nicht so groß oder die Lage war gerade so entspannt, daß man sich diesen Luxus leisten konnte. Womöglich war es der Vorteil der besseren Kommunikation und der Möglichkeit zur Reflexion wert, etwas mehr Nahrung zu benötigen.
 
Ich würde eher vermuten, Sprache hat sich entwickelt, weil sie MÖGLICH wurde.
Das würde ich nicht unbedingt vermuten. Wie Du ausgeführt hast, haben viele Tiere die Fähigkeit zur akustischen Signalvermittlung (sogar sehr differenzierte, z. B. Vögel), aber auch viele andere nicht-akustische.

Der Mensch hätte viele alternative Möglichkeiten der Kommunikation, z. B. mannigfaltige Möglichkeiten der Zeichensprache. Diese Möglichkeit wird aber allenfalls von Gehörlosen optimal genutzt, die wenigen Gesten des Restes der Menschen wäre - ins Akustische übertragen - auch nur mit unartikulierten Schreien vergleichbar.

Andere Kommunikationsmöglichkeiten, die wir haben, z. B. über Gerüche, werden nicht nur nicht genutzt, sondern sogar aktiv bekämpft (Deos & Co). Sogar bei der Mimik beobachte ich eine gewisse Selbstbeschränkung (man achte auf die unnatürlichen Grimassen der Hollywood-Schauspielkunst sowie auf Botox).

Man könnte sich auch ein Kommunikationssystem über Händeklatschen, Grashalmblasen, Tanz, Pantomime oder Ohrenwackeln vorstellen. Der heutige Mensch lässt aber die drei Muskeln, mit denen er die Ohren bewegen kann bzw. könnte, verkümmern.

Fazit : Die Möglichkeit allein führt noch nicht zu einer Nutzung.
 
Das würde ich nicht unbedingt vermuten. Wie Du ausgeführt hast, haben viele Tiere die Fähigkeit zur akustischen Signalvermittlung (sogar sehr differenzierte, z. B. Vögel), aber auch viele andere nicht-akustische.

Der Mensch hätte viele alternative Möglichkeiten der Kommunikation, z. B. mannigfaltige Möglichkeiten der Zeichensprache. Diese Möglichkeit wird aber allenfalls von Gehörlosen optimal genutzt, die wenigen Gesten des Restes der Menschen wäre - ins Akustische übertragen - auch nur mit unartikulierten Schreien vergleichbar.

Andere Kommunikationsmöglichkeiten, die wir haben, z. B. über Gerüche, werden nicht nur nicht genutzt, sondern sogar aktiv bekämpft (Deos & Co). Sogar bei der Mimik beobachte ich eine gewisse Selbstbeschränkung (man achte auf die unnatürlichen Grimassen der Hollywood-Schauspielkunst sowie auf Botox).

Man könnte sich auch ein Kommunikationssystem über Händeklatschen, Grashalmblasen, Tanz, Pantomime oder Ohrenwackeln vorstellen. Der heutige Mensch lässt aber die drei Muskeln, mit denen er die Ohren bewegen kann bzw. könnte, verkümmern.

Fazit : Die Möglichkeit allein führt noch nicht zu einer Nutzung.

Unterstellt, die Möglichkeit wäre entscheidend, hieße das ja noch nicht, daß man den schwierigeren Weg, dem einfacheren vorziehen würde. Menschen die nicht sprechen und hören können, benutzen Gebärdensprache; Menschen ohne diese Einschränkungen üblicherweise nicht.

Was Deos betrifft, so könnte man hiervon einen wundervollen neuen Thread aufmachen. Es gibt da nämlich die bemerkenswerte Theorie, derzufolge Männer von Natur aus für Frauen stinken, außer wenn diese empfängnisbereit sind. Darüber würde dann gesteuert, daß Frauen Männer insbesondere dann an sich heranlassen, wenn es für die Fortpflanzung auch dienlich ist. Das ist dann aber keine Kommunikation im Sinne der willentlichen Übermittlung von Nachrichten sondern eher ein System, um die Instinkte des Menschen auch entgegen seinem Wunsch auf Lustbefriedigung zu steuern.
 
Interessante Therie, aber mE schwer nachvollziehbar. So ernähren sich auch unsere nächsten tierischen Verwandten (Schimpansen, Bonobos wahrscheinlich auch) hin und wieder von Fleisch, ohne dass das dazu geführt hätte, das die sprechen. Oder meint die Theorie, dass es einen Zeitpunkt gegeben hat, wo unsere Vorfahren "plötzlich" auf eine sehr viel stärker fleischhaltige Ernährung umgestiegen seien?

Ein Teil der Theorie ist mir allerdings bekannt, und auch nicht besonders neu (hab ich vor mindestens fünfzehn Jahren schon was drüber gelesen): Dass das Kochen von Nahrung eine Voraussetzung für unser großes Hirn ist, da aus gekochter Nahrung sehr viel mehr (bzw sehr viel einfacher) Nährstoffe extrahiert werden können. Eine Diät aus ungekochter Nahrung würde angeblich nicht genug Energie liefern, um das umfangreiche menschliche Hirn aufbauen und erhalten zu können.

Ich hab dazu zwei Zeitungsartikel ausgegraben, die sich mit dieser These beschäftigten:

NETZEITUNG POLITIK NACHRICHTEN: Kochen für die Hirnentwicklung

Warmes Essen und Hirn-Wachstum - Aus dem Topf in den Kopf - Wissen - sueddeutsche.de
 
Das hört sich wieder mal reichlich nach Lamarck an....

Aber davon unabhängig:
wie im SZ-Artikel ja erwähnt, tauchen Belege für die Feuerverwendung durch den homo erectus ja recht spät auf. Selbst wenn man davon ausgeht, dass aufgrund von Fundlücken oder Interpretationsschwierigkeiten, der homo erectus deutlich früher über Feuer verfügte, bleibt die Feuerverwendung ja mit ihm verbunden. Und das größere Hirn hatte er ja schon....

Versteh ich da was nicht ?

Dass ein Zusammenhang zwischen den Nahrungsaufnahme (Energieaufnahme) und dem Energieverbrauch des Gehirns besteht, ist schon klar.
Aber da fände ich die Erklärung, dass durch die Verwendung des Feuers einfach nur der Nahrungsbedarf und damit der Jagdaufwand (oder Aassuche) abnahm, erstmal einfacher.

Das würde dann vielleicht die Zeit freisetzen um die Faustkeile zu verbessern und die Sprache komplexer zu gestalten.....

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Aktuelle Pressemeldung (dpa)
Jeder Deutsche issst im Schnitt 1094 Tiere.

Lt.Vegetarierbund isst jeder Deutsche bis zu seinem Tod isngesamt vier Kühe oder Kälber, vier Schafe, zwölf Gänse, 37 Enten, 46 Truthähne, 46 Schweine und 945 Hühner.

Meldung lt. Nürnberger Nachrichten von heute....

Thomas
 
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