Leben in der Frühzeit

Ich möchte auch etwas hier "anhängen".

Mich beschäftigt schon länger das Problem der frühen Keramik-Verwendung. Nun gibt es gelehrte Aufsätze, daß z.B. in Kleinasien und Palästina eine längere vorkeramische Zeit trotz Landwirtschaft und Hausbau existiert haben soll.
Bei Ernst Probst, "Deutschland in der Steinzeit", München 1991, kann man auf S. 39 lesen, daß es in Böhmen und Mähren eine regionale Variante des Gravettien unter dem Namen
"Pavlovien" gab, mit charakteristischen aus Ton modellierten und gebrannten Tierfiguren (Mammut, Höhlenlöwe, Wildpferdköpfe...). Datiert wird auf ca. 26 -21.000. Am berühmtesten wurde die 11,5 cm große tönernde Frauenfigur, die als "Venus von Dolni Vestonice" in die Fachliteratur einging. Es wurden aber auch Tier- Frauen- u. Männerfiguren aus Mammutelfenbein geschnitzt. Als einzigartig in der altsteinzeitlichen Kunst gilt das 4,8 cm große aus Elfenbein geschnitzte Frauenköpfchen mit ausgeprägten Gesichtszügen. Leider liegen mir keine Abbildungen dazu vor.

Ich meine, hier paßt doch einiges datierungsseitig nicht wirklich zusammen, oder?
 
was und warum past nicht?


Nun ich würde sagen, die Böhmen oder Mähren erfinden 12.000 vor den Keramikern in Kleinasien bereits die Technologie. So gesehnen sollten wir entweder unsere Chronologie auf den Prüftstand stellen (von mir favorisiert) oder wir müssen konstatieren, Keramikkunst konnte gemacht werden, die Erfindung des Geschirrs dauerte aber noch 12.000 Jahre länger und fand ganz woanders statt (in der Ukraine).
 
Figuren formen und brennen ist aber etwas anderes als Gebrauchsgegenstände wie Geschirr herzustellen
Geschirr wird erst durch die Glasur geeignet um davon zu essen oder Speisen darin aufzubewahren
 
Als einzigartig in der altsteinzeitlichen Kunst gilt das 4,8 cm große aus Elfenbein geschnitzte Frauenköpfchen mit ausgeprägten Gesichtszügen. Leider liegen mir keine Abbildungen dazu vor.

(Leicht off topic)

Wenn wir jetzt vom Gleichen reden, hat genau dieser Kopf mich dazu gebracht, Ur- und Frühgeschichte zu studieren. In einem Buch, welches ich als Jugendlicher gelesen habe (ich glaube: Brücken in die Vergangenheit) wurde die These aufgeworfen, daß diese Frau real gelebt haben könnte. Anhaltspunkt dafür war, daß ein räumlich und zeitlich passendes Frauengrab gefunden wurde, in welchem die Begrabene eine knochenverändernde Krankheit aufwieß, die zu genau solchen Gesichtsveränderungen führt wie auf dem Frauenkopf abgebildet.

Ich hab grad mal kurz gegoogelt, aber nichts sinnvolles gefunden. Hat jemand nen Tip, nach welchen Schlagwörtern (genaue Fundstelle etc) ich da mal nachsuchen könnte?
 
Figuren formen und brennen ...
Wenn man ein lehmverputztes Flechtwerkhaus abbrennt, kann es vorkommen, daß der Lehm auch gebrannt wird. Das ist dann aber auch noch lange keine Keramik, nur ein Glücksfall für die, die es dann ausbuddeln ;)
Ich könnte mir zum Beispiel auch vorstellen (typische Erklärung von einem, dem nix besseres einfällt): Wenn man zum Beispiel im Rahmen kultischer Handlungen eine Tonfigur als Brandopfer nutzt, wird die auch gebrannt. Putziger Nebeneffekt: Statt weg zu sein wie es zum Beispiel das Holz ist, ist sie dann "besser" als vorher. Na wenn das nichts wunderbares ist :)
 
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Wenn auch etwas OT, hier ein Link zur Schönen mit dem schiefen Gesicht:

Dolni Vestonice

Da gibts dann auch noch sehr ausführliche Infos zur Grabung und ihren Ergebnissen.

Hallo Ammianus,

danke für diesem Beitrag. Ich glaube, daß die Keramikfigur der Frau in die Nähe der Venus von Willendorf gestellt wurde, um auf die Datierung zu kommmen. Genaues weiß ich aber nicht darüber. Als für sich stehende Keramikfigur sehe ich sie im Magdalénien-Neolithikum-Übergang, so auch die Elfenbein-Figuren. Als zufällig beim Hausbrand "keramisiert" ist für mich nicht überzeugend argumentiert. Ich gehe von gezielter Handlungsweise bei der Herstellung aus, sie ist zu perfekt. Wenn die Zeit dazu nicht paßt, sollte es vielleicht an der "Zeit"/Datierung liegen.
Die Datierung der Venus v. Willendorf ist auch eine komische Sache. Vor einigen Jahren habe ich am Ausgrabungsort 3 verschiedene Tafeln mit Datierungen gesehen, die bis zu 4000 Jahre differierten. Sie wurde wohl gefunden in der 2. Schicht von oben von insgesamt 9 Siedlungsschichten, dies deutet eher auch auf eine jüngere Datierung hin (nicht ins Aurignacien) - so sie denn überhaupt echt ist.
 
Eine Figur im Herdfeuer zu brennen ist doch nahe liegend und erfordert nicht allzu viel Erfindungsgabe, der Effekt kann durch Zufall entdeckt worden sein. Von da bis zur Gebrauchskeramik in Form von Geschirr ist es noch ein sehr, sehr weiter Weg.

@Bramenauer: Die Datierung der Venus v. Willendorf ist auch eine komische Sache.

Gibt es eigentlich mal einen Beitrag von dir, wo du die Finger von deinem hinlänglich bekannten Lieblingsthema lassen kannst?
 
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Hallo Ammianus,

danke für diesem Beitrag. Ich glaube, daß die Keramikfigur der Frau in die Nähe der Venus von Willendorf gestellt wurde, um auf die Datierung zu kommmen. Genaues weiß ich aber nicht darüber. Als für sich stehende Keramikfigur sehe ich sie im Magdalénien-Neolithikum-Übergang, so auch die Elfenbein-Figuren. Als zufällig beim Hausbrand "keramisiert" ist für mich nicht überzeugend argumentiert. Ich gehe von gezielter Handlungsweise bei der Herstellung aus, sie ist zu perfekt. Wenn die Zeit dazu nicht paßt, sollte es vielleicht an der "Zeit"/Datierung liegen.
Die Datierung der Venus v. Willendorf ist auch eine komische Sache. Vor einigen Jahren habe ich am Ausgrabungsort 3 verschiedene Tafeln mit Datierungen gesehen, die bis zu 4000 Jahre differierten. Sie wurde wohl gefunden in der 2. Schicht von oben von insgesamt 9 Siedlungsschichten, dies deutet eher auch auf eine jüngere Datierung hin (nicht ins Aurignacien) - so sie denn überhaupt echt ist.

Genaueres weißt du nicht. Siehst du, ich auch nicht. Um wirklich genaueres zu wissen, müsst mir die entsprechende Grabungspublikationen besorgen. Und wenn die auf Tschechisch sind, dann kann ich mich an den Bildern und Tafeln erfreuen.
Du siehst sie am Magdalenien-Neolithikum-Übergang. Ja was soll dass denn sein? Den gibt es schlicht und ergreifend nicht. Dazwischen liegt das Mesolithikum, liegen gewaltige Veränderungen von Klima, Flora, Fauna. Und dass das so ist, bestätigen mit ihrer eigenen Methodik wieder eine Reihe anderer Wissenschaften, von denen die Chronologiekritiker genau so wenig Ahnung haben wie von Archäologie und Geschichtsschreibung.
Und bitte lies genauer. Niemand hat hier von einem zufälligen Brand, der zur Keramisierung führte, gesprochen. Die Figuren wurden bewusst gebrannt. An der Fundstelle scheint es mehrere als Brennöfen gedeutete Befunde gegeben zu haben. Genaueres in den entsprechenden Publikationen.
Die Datierung von Willendorf kannst du überhaupt nicht beurteilen und schon gar nicht nach dort aufgestellten Tafeln. Was da manchmal so auf von Fremdenverkehrsverbänden, Heimatvereinen und z.B. in letzter Zeit in Deutschland in Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (die Leute können da nichts für – sind keine Archäologen) an Infotafeln aufgestellt wird. (Nicht auf allen steht Quatsch.)
Nein ehrlich Brahmenauer, Infotafeln, Kataloge (hast du auch schon als Quelle angeführt) sind eben keine Quellen. Ausschlaggebend für jegliche Beurteilung ist immer die offizielle Publikation des dafür verantwortlichen Fachmanns. Die kann fehlerhaft sein und verschiedenste Mängel aufweisen. Das wird dann kritisiert. Da gibt es dann die entsprechenden Diskussionen.
Dein Problem sind dein Dogmatismus und das fehlende Fachwissen. Da gehört allgemeine Wissenschaftsmethodik dazu, die spezielle Fachmethodik, Kenntnis des aktuellen Diskussionsstandes, der Forschungsgeschichte allgemein und speziell.
Aber nichts genaues wissen und trotzdem eine Meinung haben, nicht richtig lesen und dann gegen das falsch Verstandene Argumentieren, Laienquellen die keine sind (die Quellen)...
 
Du siehst sie am Magdalenien-Neolithikum-Übergang. Ja was soll dass denn sein? Den gibt es schlicht und ergreifend nicht. Dazwischen liegt das Mesolithikum, liegen gewaltige Veränderungen von Klima, Flora, Fauna. Und dass das so ist, bestätigen mit ihrer eigenen Methodik wieder eine Reihe anderer Wissenschaften, von denen die Chronologiekritiker genau so wenig Ahnung haben wie von Archäologie und Geschichtsschreibung.
Und bitte lies genauer. Niemand hat hier von einem zufälligen Brand, der zur Keramisierung führte, gesprochen.

Hallo Ammianus,

Ich spreche von einem Magdalènien-Neolithikumübergang, weil nach meiner Überzeugung das Mesolithikum ein Schreibtischkonstrukt ist, welches kaum mit Funden belegt ist und nur für Mitteleuropa in der Chronologie erscheint. Bei Beschäftigung mit der Geschichte der "Chronologie" kann man feststellen, daß Sir Flinders Petry z.B. Funde in Ägypten direkt unter dem Natufien gemacht hat , die den Feuersteinartefakten und Harpunen des Magdalènien Europas genau entsprechen [Petrie 1924, X].

Nebenbei hatte ich den Eindruck, daß sowohl Suedwester in #8 und balticbirdy etwas von "zufällige Keramikentstehung" angedeutet haben, nach meiner Meinung aber diese Keramik-herstellende Menschen gemäß Ausgräbermeinung in ihrer Innovationskraft unterschätzen. Ich glaube nicht, daß der Weg von der Figur in dieser Qualität bis zum Geschirr über 10.000 Jahre weit sein sollte.

Die Datierung von Willendorf kannst du überhaupt nicht beurteilen und schon gar nicht nach dort aufgestellten Tafeln....
Dein Problem sind dein Dogmatismus und das fehlende Fachwissen. Da gehört allgemeine Wissenschaftsmethodik dazu, die spezielle Fachmethodik, Kenntnis des aktuellen Diskussionsstandes, der Forschungsgeschichte allgemein und speziell.

Natürlich hast Du recht, daß aufgestellte Tafeln bei der Venus von Willendorf nicht der Wahrheit letzter Schluß sind. Viele Dinge kann ich auch nicht beurteilen und mir fehlt Fachwissen.
Im Grabungsbericht beim Bau der Eisenbahnstrecke in der Wachau an der Donau wird z.B. erwähnt, daß sich Kaiser Franz Josef zu Besuch angesagt hatte, weil die Grabungen den Bau der Eisenbahn verzögerten. Geldsorgen plagten die Ausgräber, so kam dieser Fund gerade zur rechten Zeit. Daß über die tatsächliche Fundschicht keine letzte Sicherheit besteht, sollte uns alle nicht beunruhigen, die Möglichkeit einer Manipulation aber deshalb nicht ausgeschlossen sein.
 
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Ich spreche von einem Magdalènien-Neolithikumübergang, weil nach meiner Überzeugung das Mesolithikum ein Schreibtischkonstrukt ist, welches kaum mit Funden belegt ist und nur für Mitteleuropa in der Chronologie erscheint.
:autsch: Oh Mist .. da hab ich die ganzen nord- und mittel- und südamerikanikanischen Kulturen, die bei erstem Europäerkontakt auf Meso ... *ouch! Entschuldigung!* natürlich paläo-neolithischem Niveau waren, immer völlig falsch eingeschätzt ... und die Australier und Ozeanier sowieso ... Wie man sich doch über Jahrzehnte irren kann :D Man lernt eben nie aus :D
 
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Ich muss @Brahmenauer dahingehend recht geben, dass der Begriff Mesolithikum in erster Linie auf die Bewohner der ehemals vom Eis bedeckten Landstriche Europas Anwendung findet.
Ertebølle-Kultur ? Wikipedia
Mittelsteinzeit ? Wikipedia

In Vorderasien war dieses Stadium nicht deutlich ausgeprägt, von der Kultur des Magdalenien wie in Europa kann man hier freilich auch sprechen.
Epipaläolithikum ? Wikipedia

@Brahme: Bei Beschäftigung mit der Geschichte der "Chronologie" kann man feststellen, daß Sir Flinders Petry z.B. Funde in Ägypten direkt unter dem Natufien gemacht hat , die den Feuersteinartefakten und Harpunen des Magdalènien Europas genau entsprechen [Petrie 1924, X].
Natufien ? Wikipedia
Prädynastik (Ägypten ? Wikipedia)

Wenn die Neolithische Revolution im Fruchtbaren Halbmond im Anschluss und Übergang aus dem Spätpaläolithikum erfolgte, hat das mit Chronologie erstmal gar nichts zu tun.
Es gab auch Kulturen, bei denen andere Entwicklungsstadien "ausfielen", zum Beispiel die Bronzezeit bei den Bantuvölkern.
 
Wie ist Deiner meinung nach dan zum Beispiel Folsom einzuordnen?
 
Und die ganzen Prä-Inuit-Kulturen?
Anders gefragt: wo, und verweise jetzt bitte nicht auf die Wiki, liegt für Dich Trennung von Paläo- zu Mesolithikum? Ich sehe nämlich in der Folsom-Kultur deutliche Anzeichen, die ich für mesolithisch halte.
 
Mesolithisch sind m.E.:
- Trend zur Sesshaftigkeit, besonders an Küsten (noch ohne ausgeprägte Landwirtschaft, aber Beginn der Tierhaltung).
- Herstellung komplexer mikrolithischer Werkzeuge und Waffen.
- erste Keramik, Fernhandel

Vielleicht trifft es das am besten, eine klare Definition ist schwierig, weil es eine Zeit des Überganges und großer Veränderungen betrifft.
Mesolithikum
Bestimmt kann @Ammianus das besser darlegen.
 
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