Seit wann gibt es Kleidung?

Reinecke

Aktives Mitglied
Hallo,

nach der "Oma-Frage" hab ich etwas in meiner Literatur geschmöckert, und dabei ist mir eine andere Frage aufgefallen, für die mich eine Antwort interessieren würde:

Seit wann kleidet sich der Mensch in selbst hergestellte Klamotten irgend einer Art?

Zuerst zur Biologie: Biologen sind auf die nicht dumme Idee verfallen, sich anzuschauen, wann sich die Kleiderlaus (Pediculus humanus humanus) von der älteren Kopflaus (Pediculus humanus capitus) abspaltete, in der Erwartung, das habe begonnen, als Menschen zum ersten Mal anfingen, Kleider zu tragen. Dazu:

Anthropologie: Die Laus im alten Pelz - Geschichte - GEO.de

Die Antwort in diesem Artikel (72.000 Jahre) unterschlägt leider die Fehlerspanne, die bei der verwendeten Methode der "molekularen Uhr" immer recht groß ist. Diese fand ich bei Richard Dawkins: +/- 42.000 Jahre...

Die Antwort der Biologie lautet also eigentlich: 30.000 bis 118.000 Jahre, was man auch gut mit "eigentlich keine Ahnung" umschreiben kann. ;)

Welche anderen Wissenschaften könnten eine Antwort auf diese Frage geben? Wie siehts mit der Archäologie aus? (Das man Kleidung nach zigtausend Jahren noch findet ist wohl eher unwahrscheinlich, aber Werkzeuge o.ä., die dazu dienen könnten.) Im Forum bin ich nicht fündig geworden.

So long, Reinecke (froh über seinen roten Pelz... ob mit oder ohne Läusen)
 
Guter Hinweis; ich dachte mich zu erinnern, die ältesten gefundenen Nadeln stammten aus der Jungsteinzeit (etwas spät also). Irrtum, sagt wiki, es gibt Funde, die sind min 30.000 Jahre alt.

Knochennadeln sind in altsteinzeitlichen Kulturstätten am Petersfels in Hegau bei Ausgrabungen gefunden worden und sind im Museum für Ur- und Frühgeschichte in Freiburg im Breisgau ausgestellt.

Nadel ? Wikipedia

Petersfels ? Wikipedia

Hier noch ein Bild von einem Fundstück; nicht die Nadeln haben sich hier erhalten, sondern das Knochenstück, aus dem sie heraqusgelöst wurden; eine genaue Datierung gibts nicht, aber steht auch im Abschnitt 2Jungpaläolithikum" und in Verbindung mit Jetztmenschen:

Altsteinzeit - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

Allerdings finde ich keine Hinweise auf Nadeln aus älteren Kulturen (Neanderthaler bspw), oder überhaupt auf eine zeit deutlich vor 30.000 Jahren. Gut, das würde dem Minimalzeitraum entsprechen, den die Biologen annehmen, allerdings gehe ich irgendwie davon aus, dass schon frühere Populationen des Homo Kleidung trugen, wenn auch vielleicht keine gennähte (oder wir finden bloss die Nadeln nicht).

Gibts Hinweise auf Werkzeuge, die zur halbwegs zweifelsfrei der Lederbearbeitung dienten?
 
Schon beim Neandertaler ist davon auszugehen, daß er sich kleidete. Ab wann haben wir Menschlein denn unser schönes Fell verloren?
 
Kleidung

Hallo

Wenn man davon ausgeht, das Kleidung nicht undingt Nadeln erfordert (Quilt, Sari?), dann hat wohl der Neandertaler auch schon Kleidung getragen, nur kann man das nicht nachweisen, da keine Nadeln vorhanden sind, aber auch nicht dafür gebraucht wurden.

mfg
schwedenmann
 
Der Neanderthaler muss Kleidung getragen haben sonst hätte er im eiszeitlichen Europa keine 24 Stunden überlebt.
 
Aber nur falls er kein Fell hatte. Das wird zwar in den modernen Darstellungen des Neandertalers angenommen, aber woher will man das eigentlich so genau wissen? An Skeletten kann man das doch nicht ablesen, und sonst? Wird die Felllosigkeit des Neandertalers eigentlich nur aus unserem Wunsch, ihn uns - im Gegensatz zu früheren Vorstellungen - möglichst menschlich vorzustellen, abgeleitet, oder gibt es dafür auch einen Beweis?
 
Wenn ich so im Netz herumschaue, ist die Annahme weit verbreitet, daß schon der Homo Erectus weitgehend ohne Fell war.
 
Ja, er wird auch immer menschenähnlicher dargestellt. In einem Buch aus meiner Kindheit sah er im Wesentlichen noch aus wie ein aufrechtstehender Menschenaffe, mit Fell, allerdings mit menschlicheren Proportionen. Heutzutage wird er mitunter schon so dargestellt, dass er in der Gegenwart an einem Badestrand gar nicht auffallen würde.
Aber worauf gründet sich die Vermutung seiner Felllosigkeit? Reines Wunschdenken oder gibt es dafür zumindest Indizien?
 
Ich setze mal ein paar links, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob die erlaubt sind, der eine ist ein bischen fragwürdig, verweist aber auf seine Quellen. Im wesentlichen geht es um genetische Aspekte zum UV-Schutz der Haut bzw. darum, ab wann der Mensch schneller als 10 kmh laufen konnte und sich dadurch mit Fell totgeschwitzt hätte.

A N T R O P U S - Das Webmagazin für Paläanthropologie

Forschung | Aktuelles | Rote Haare, Sommersprossen ...

Der Neandertaler | Alltagsdeutsch | DW.DE |

In dem Text von der Deutschen Welle kommt der Leiter des Neandertalmuseums zu Wort.

In dem Buch Neandertal (2000) von Schmitz und Thissen, das sind die beiden, die in den neunziger Jahren noch einmal nachgegraben haben, wird zwar von einem bekleideten Neandertaler ausgegangen, aber leider wird das nicht näher spezifiziert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Guter Hinweis; ich dachte mich zu erinnern, die ältesten gefundenen Nadeln stammten aus der Jungsteinzeit (etwas spät also). Irrtum, sagt wiki, es gibt Funde, die sind min 30.000 Jahre alt.

Mit ziemlicher Sicherheit kann man davon ausgehen, dass sich der moderne Homo sapiens sapiens mit irgend etwas bedeckte, der vor etwa 150 000 Jahren in Ostafrika auftauchte. Es ist auch kaum anzunehmen dass er seit seiner Ankunft im kalten Europa vor rund 40 000 Jahren unbekleidet ging. Das wird auch auf den Neandertaler zutreffen, der im Europa der Eiszeit vor 100 000 Jahren herumwanderte. Und auch von seinen Vorgängern, den archaischen Menschen, möchte ich annehmen, dass sie sich in irgend etwas hüllten, und wenn's nicht von Armani war, so doch vielleicht ein Fell oder ähnliches.

Fraglich ist für mich lediglich, ob bereits der Frühmensch - Homo habilis und Homo rudolfensis - vor rund 2 Millionen Jahren zugang zur Kleidermode fanden, und auch bei den ersten Exemplaren des Homo erectus vor 1,8 Mio. Jahren bin ich nicht sicher, ob sie möglicherweise Kleidung verschmähten und FKK vorzogen. :D
 
Auch wenn bei der Erfindung der Nadel mit Öhr unklar ist inwieweit diese bereits zu Zeiten der Neanderthaler geschah so gilt dies für Vorläufer davon ja nicht.

Ahlen (Nadeln ohne Öhr) gibt es wohl schon seit mehr als 100.000 Jahren. Ob sie auch benutzt wurden um Kleidung mit z.B. Lederbändern oder vergleichbaren Dingen zu verbinden weiß man nicht, es ist nur ein denkbares Werkzeug dafür.
 
auch bei den ersten Exemplaren des Homo erectus vor 1,8 Mio. Jahren bin ich nicht sicher, ob sie möglicherweise Kleidung verschmähten und FKK vorzogen. :D
Homo erectus hielt sich vor 1,8 Jahren in Dmanis(s)i/ Georgien auf, da dürfte es schon kälter gewesen sein als in Afrika.
 
Da verliert man das schöne Fell um sich die Läuse vom Leib zu halten, aber dann ziehen die Biester gleich wieder nach? :hmpf:


What is the latest theory of why humans lost their body hair? Why are we the only hairless primate?: Scientific American

Why Humans and Their Fur Parted Ways - New York Times

Hair - Wikipedia, the free encyclopedia

...
Fraglich ist für mich lediglich, ob bereits der Frühmensch - Homo habilis und Homo rudolfensis - vor rund 2 Millionen Jahren zugang zur Kleidermode fanden, und auch bei den ersten Exemplaren des Homo erectus vor 1,8 Mio. Jahren bin ich nicht sicher, ob sie möglicherweise Kleidung verschmähten und FKK vorzogen. :D

Homo erectus hielt sich vor 1,8 Jahren in Dmanis(s)i/ Georgien auf, da dürfte es schon kälter gewesen sein als in Afrika.

Das geht ja weit zurück und die Materialien sind, wie schon erwähnt längst vermodert. Aber noch mal zurück zu den Werkzeugen.
Falls das verarbeitete Material Felle waren, muss man es von Fleischresten befreien. Mit einem Faustkeil geht das schlecht, man brauch wohl einen Schaber, oder? Sind die nicht auch so knapp zwei Mio Jahre alt? Hätte man dann eine theoretische Untergrenze der Fellbearbeitung?

Ich weiß, das ist viel Spekulatius. :still:
 
Ich merke, dass Ganze ist noch komplexer, als ich dachte... ;)

Ich würde davon ausgehen, dass unsere Vorfahren (welche & wann auch immer) zuerst das Fell verloren. Sei es wegen der erhöhten Ausdauer durch Schwitzen, sei es, weil es Parasiten das Leben schwerer macht, sei es aus ganz anderen Gründen oder einer Kombination mehrerer. In Afrika brauchten Menschen mE weder Fell noch Kleidung zum Überleben; gerade in Nächten könnte hier das Feuer eine wichtigere Hilfe gewesen sein.

(Wobei: Vielleicht muss man ja auch die Erfindung der Decke als Vorstufe der Kleidung annehmen... ;) )

Mit ziemlicher Sicherheit kann man davon ausgehen, dass sich der moderne Homo sapiens sapiens mit irgend etwas bedeckte, der vor etwa 150 000 Jahren in Ostafrika auftauchte. Es ist auch kaum anzunehmen dass er seit seiner Ankunft im kalten Europa vor rund 40 000 Jahren unbekleidet ging. Das wird auch auf den Neandertaler zutreffen, der im Europa der Eiszeit vor 100 000 Jahren herumwanderte.

Wie gesagt, ich seh den Homo sapiens vor 150.000 eher „nackt“ in jeder Hinsicht. Richtig ist es wohl, dass dies im Europa oder Asien der Eiszeit, also in nördlicheren Breiten als Ostafrika, eher schlecht vorstellbar ist. ;)

Mir fällt allerdings erst jetzt auf, das ich bisher implizit davon ausgegangen bin, dass die Kleidung nur „einmal“ erfunden wurde. Vielleicht verließen „nackte“ Gruppen des Homo erectus mehrfach Afrika, um dann „jede für sich herauszufinden“, dass es für FKK im Norden zu kalt ist. Wenn die Vorfahren der Neandertaler unabhängig vom Vorfahren des modernen Menschen Kleidung „erfanden“, ließe sich das natürlich auch nicht mit modern-menschlichen Läusen datieren. Eher müsste man annehmen, dass sich eine eigene Art“Neandertalerkleidungs-Laus“ zu entwickeln anfing, sobald diese das taten. So der Neandertaler ausstarb, ohne nenneswert Nachkommen zu hinterlassen (wie ja wohl der letzte Forschungsstand ist), müsste das auch für seine Läuse gelten. ;)

Vielleicht war es so, dass der Homo erectus in Afrika sein Fell verlor, vielleicht bald nachdem er das Feuer erfand, und jede Auswanderungswelle für sich die Kleidung neu erfinden musste. Dann wäre die biologische Eingrenzung (30.000-118.000 Jahre) also nur auf die Auswanderungswelle des Jetztmenschen bezogen, während andere Menschengruppen diese schon viel früher entwickelten, aber halt samt verlausten Klamotten irgendwann das zeitlich segneten.

Aber noch mal zurück zu den Werkzeugen.
Falls das verarbeitete Material Felle waren, muss man es von Fleischresten befreien. Mit einem Faustkeil geht das schlecht, man brauch wohl einen Schaber, oder? Sind die nicht auch so knapp zwei Mio Jahre alt? Hätte man dann eine theoretische Untergrenze der Fellbearbeitung?

Daran dachte ich auch schon. Leider hab ich davon recht wenig Plan, dieses wenige sagte aber mWn, dass gerade diese sehr alten Werkzeuge sehr unspezifisch sind. Ob man wirklich davon ausgehen kann, dass ein von einem Archäologen mit „Schaber“ bezeichneter Gegenstand der Fell- oder Lederverarbeitung dient, bin ich mir sehr unsicher. Aber ich werde mal probieren, darüber zumindest etwas hinauszufinden.

Ich weiß, das ist viel Spekulatius.

Sowieso. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht zu vernachlässigen ist auch die sexuelle Selektion. Die Entscheidung eines Weibchens, sich mit einem attraktiven Männchen einzulassen oder nicht (oder umgekehrt), zeigt viel schneller eine Wirkung auf den Evolutionsverlauf als irgendwelche Raubtiere, von denen man(n) gefressen wird oder nicht.

So kam der Hirsch zu seinem Geweih : weil's der Hindin gefiehl - eine andee Funktion hat's nicht (und wenn er die Dame rumgekriegt hat, wird es abgeworfen - ätsch!).

Kann es nicht sein, dass eine nackte Brust (m?/w!) einfach attraktiver auf das andere Geschlecht (m!/w?) wirkt(e) als eine behaarte ?

Danach ergab sich dann das Problem mit der Kälte, zumindest out of Africa. Der Deal war also gewissermaßen : Ich will Dich nackt sehen, Kleider besorg' ich Dir dann schon..
 
Kann es nicht sein, dass eine nackte Brust (m?/w!) einfach attraktiver auf das andere Geschlecht (m!/w?) wirkt(e) als eine behaarte ?

Danach ergab sich dann das Problem mit der Kälte, zumindest out of Africa. Der Deal war also gewissermaßen : Ich will Dich nackt sehen, Kleider besorg' ich Dir dann schon..

Die Theorie hat schon Darwin vertreten, und dem werd ich grundsätzlich nicht widersprechen. ;)

Interessant wird die Evolution allerdings vor allem dann, wenn solche zufällig eintretenden Entwicklungsschübe (dafür "eignet" sich die sexuelle Selektion hervorragend) Merkmale begünstigen, die einen tatsächlichen evolutionären Vorteil bringen. Dieses sich selbst verstärkenden Tendenzen sind es, die für viele große anatomische Veränderungen eine sinnvolle Erklärung bieten. Nur die reine "Vorliebe" bei der Partnerwahl ohne einen Vorteil irgend einer Art wäre mE nicht stabil, könnte sich also ebenso schnell wieder umkehren. (Dass sich irgendwelche Urmenschen wirklich Gedanken über Parasiten bei der Partnerwahl gemacht haben nimmt ohnehin niemand wirklich an; das ist eine verkürzte Darstellung. ;) )

Aber eigentlich sollte es doch nicht ums Nachtwerden gehen, sondern um die Behebung dieses Zustandes...

EDIT

Bin grade beim Problem, ob und wie man aus gefundenen steinzeitlicher Artefakte etwas über die Kleidungsfrage herausfinden kann. Das Grundproblem:

Die Benennung nach Formen
Die Benennung (Nomenklatur) von Steingeräten wurde im 19. Jh. entwickelt, als man urgeschichtliche Funde in den Höhlen Westeuropas, an den Seen des Voralpengebietes und den skandinavischen Muschelhaufen zur wissenschaftlichen Ordnung und Verfügbarkeit klassifizieren musste. Teilweise lehnten sich die Begriffe an Formen an, die in der Gegenwart vorlagen, z. B „Klinge", teilweise an Funktionen, die in der damaligen kolonialen Völkerkunde bei den sogenannten Naturvölkern bekannt waren, wie „Pfeilspitze" oder „Schaber" und teilweise wählte man Benennungen, die quasi abstrakt die Gestalt eines Artefakts bewusst machen sollten, wie „Trapez", „Levallois-Abschlag" oder „Kerbspitze". Dabei verzichtete man zumeist bewusst auf Namen, die ausdrücklich mit eindeutigen Funktionen verbunden waren, weil es mehr darum ging, jeweils ähnliche Formen als einheitliche Artefaktgruppe unter einen jeweils gemeinsamen Nenner zu bringen, als Spekulationen über die Verwendung der Steingeräte mit einer bestimmenden Namengebung festzulegen.
Dieser wissenschaftlich sehr korrekte Vorgang hatte aber auch seine Tücken, weil insbesondere in der Populärliteratur mit steinzeitlichen Themen die Verwendung von Steinwerkzeugen interessanter war, als die ziemlich wertfreie Nomenklatur der Gelehrten. In solchen Werken fanden sich dann „Faustkeile" als martialische Waffen, mit denen der wilde Höhlenmensch seinen Feind oder Raubtiere niederstreckte, mit „Moustier-Spitzen" sollten die knüppelartigen Lanzen der Neandertaler bestückt gewesen sein und mit „Schabern" wurden die abgezogenen Häute von Bisons oder Bären bearbeitet, damit diese dann als Bekleidung über den frierenden Körper geworfen werden konnten. Derartige Fantasien fanden durchaus auch ein gewisses Echo in der Forschung und Lehre, weil ja auch Studierende wissen wollten, wozu die Dinge dienten, deren formenkundliche Typologie sie zu beherrschen hatten.

http://www.hessen-archaeologie.de/Download/Messer.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
Logisch erscheint mir zunächst mal, dass der Mensch das Fell nicht in einer Gegend verloren hat, in der er dann böse frieren musste und krank wurde. Der voll mit Pelz ausgestattete Mensch, wird sich auch keine Kleidung zugelegt haben. Also muss der Verlust des Fells in den Tropen stattgefunden haben.

Die einzige Gegend der Welt, in der man ganzjährig vom Wetter her gut ohne Kleidung auskommen könnte, sind die Tropen. Dort muss also die Entwicklung der Nacktheit stattgefunden haben.

Wer in einer heißen tropischen Gegend versucht im Pelzmantel Leistung zu bringen, wird schnell feststellen, dass er nicht nur furchtbar nass geschwitzt wird, sondern schlicht überhitzt und dringend kürzer treten muss. Nackheit ist dort also sicherlich ein selektiver Vorteil.

Das spricht also deutlich 1. für Evolution zur Nacktheit
und 2. für Ort des Geschehens Tropen.

Andererseits können wir sowohl in der Gegenwart als auch in der Zeit aus den ersten bekannten Kontakten zwischen Euroäern und Tropenbewohnern sehen, dass es eigentlich immer und überall, mindestens eine schmückende Minimalbekleidung gibt, und sei es ein Penisrohr an einem Bindfaden oder Geierfedern als Kopfschmuck. Oft findet sich auch Schmuck, der offensichtliche praktische Nachteile mit sich bringt, z.B. Lippenpflöcke, die vom praktischen Stanpunkt her nur Nachteile haben dürften, nicht zuletzt ein zusätzliches Infektionsrisiko. Kleidung ist in der Regel schmückend gestaltet.

Wir dürfen also annehmen, dass Schmuck schon sehr lange zum Verhalten des Menschen gehört, dass der Schmuck vor der Kleidung da war.

Viele in den Tropen lebende Völker haben Bekleidung eingeführt oder wesentlich erweitert, als Eroberer aus Gegenden, in denen man nicht ganzjähirg ohne Kleidung auskommt, Kleidung gemeinsam mit neuen Religionen und Sittlichkeitsvorstellungen einführten. Wenige Generationen später verlangen die Nachfahren dieser Menschen von europäischen Touristen, ihr Schamgefühl und ihre Sitten zu respektieren, indem sie mehr Kleidung tragen sollen, als die Touristen eigentlich möchten.

Die Gewohnheit Kleidung zu tragen führt also schnell dazu, Nacktheit mit Schamgefühl zu belegen.

Als die Menschen begonnen haben, Gegenden zu besiedeln, in denen ganzjährige Nacktheit schnell zu Verkühlung, Krankheiten und Tod führen, muss sich Bekleidung entwickelt haben. Sonst wäre diese Besiedelung nicht möglich gewesen. Hierbei kann man von einer Übergangszone ausgehen, wo mancher die Kälte durchstehen konnte. Ein Beginn mit Decken, Fellen, Laub oder sonstigem für die Nacht, scheint mir durchaus plausibel. Spätestens mit der Besiedelung von Gegenden, in denen es Wochen im Jahr gibt, in denen es auch tagsüber arg kalt ist (bei welchem Wert auch immer diese Temperaturgrenze liegen mag), reichen Decken oder gesammeltes Gras für die Nacht nicht mehr. Jetzt musste Kleidung her.

Nun kann man aber nicht erst eine kalte Gegend. in der nachts Isoliermaterial erforderlich ist, besiedeln um erst wenn man schon dort ist, Isoliermaterial gegen die Kälte zu erfinden. Das würde zwingend zum Kältetod führen. Man beginnt mit der Entwicklung, wenn es beginnt unangenehm zu werden, nicht erst wenn es lebensgefährlich wird.

Gruppen, die zumindest gelegentlich nachts Isoliermaterial benötigten, werden teilweise Kleidung entwickelt haben oder Felle als Decken benutzt haben. Damit hatten sie die nötige Voraussetzung, noch winterkältere Gegenden zu besiedeln. Spätestens in einer Gegend angekommen, in der im Winter auch tagsüber eine Isolierung gegen die Kälte erforderlich war, wurde der erreichbare Vorteil so groß, dass man schnell eine Methode entwickelt haben wird, Decken oder Felle so am Körper zu befestigen, dass man damit möglichst viel Bewegungsfreiheit erhielt. Wer sich darum nicht kümmerte, wird wenig Erfolg auf der Jagd gehabt haben und wenig Spaß beim Sammeln, soweit diese Methode in der kalten Jahrezeit überhaupt eine Subsistenz möglich gemacht hätte.

Kleidung wird sich deshalb aus Decken oder Fellen für das Nachtlager in Gegenden entwickelt haben, in denen es eine Jahreszeit mit nackt unerträglich kalten Tagen gab.

Wie jede andere Art auch, werden auch die Menschen immer weitere Gegenden besiedelt haben, meistens sehr allmählich und für sie selbst kaum merklich, indem Grüppchen in Nachbarreviere abwanderte, dort fest siedelten und ein zwei Generationen später wieder Grüppchen ein bißchen weiter abwanderten.

Deshalb würde ich dafür plädieren, danach zu suchen, wann Menschen begannen Gegenden zu besiedeln, die zumindest saisonal auch tagsüber Nacktheit nicht mehr erlaubten.

Hier beginnt die Entwiclung von Fellen oder Decken.

Danach würde ich nach Gegenden suchen, in denen es zumindest saisonal auch tagsüber zu kalt für Nacktheit war.

Dort muss sich Kleidung entwickelt haben.
 
Zurück
Oben