Ur- und Frühgeschichte, Megalithkultur

Das Buch selbst kenne ich nicht, aber die Denkrichtung ist mir nicht fremd - es ist eine, die vor allem von dem völkisch inspirierten Pfarrer Jürgen Spanuth in den 50er Jahren vertreten wurde, aber immer wieder mal Anklang findet (von neueren Autoren etwa auch bei Dieter Braasch, der auch mal hier im Forum aktiv war. Seine Beiträge sind aber mittlerweile gelöscht).

Im Grunde geht es all diesen Autoren darum, nachzuweisen, dass die jungsteinzeitliche Kultur nicht von Südosten her, vom Zweistromland über den Balkan, nach Mitteleuropa verbreitet wurde, sondern den umgekehrten Weg ging: vielmehr seien die Menschen in Nordeuropa (wobei es oft um die Ecke Dänemark/Holstein geht, wo Spanuth bezeichnenderweise herkam) Zivilisationsträger gewesen und hätten ihre Kultur im Mittelmeerraum verbreitet. In der Regel ist das garniert mit haarsträubenden Ideen und Spekulationen, Highlights sind für mich immer die Themenkreise "blonde Ägypter", Dorer=Germanen und Laktose-Empfindlichkeit.
Dahinter steht der Anspruch, dass menschliche Hochkulturen eben doch von "uns" her stammen und sich nicht im Mittelmeerraum entwickelten - also eine Art Kulturchauvinismus. Gerade bei Spanuth spielten sicherlich völkische Anklänge in seiner Theorie eine große Rolle, dennoch wäre es wohl vermessen, gleich alle Autoren mit ähnlichen Ideen in diese Ecke zu schieben. Sie sind aber dem großen Feld der Pseudowissenschaft zuzurechnen.
 
Hallo,

kann mir jemand näheres zu folgendem, etwas merkwürdig erscheinendem Buch sagen:

http://www.giordano-bruno-gesellschaft.de/mdgbg/rezensionen/diehochkulturdermegalithzeit_Vogl.htm

Ich hab den Text dort mal kursiv gelesen - ganz unten ist aufgeführt, daß das Buch im Grabert-Verlag erschienen ist. Der ist nicht nur merkwürdig, sondern rechtsextrem (ich stell hier absichtlich den Link nicht rein, aber schau dir mal das Verlagsangebot so an, das ist im Internet zu finden).

In der Buchbeschreibung sind auch schon genau die Aspekte drin, die Ashigaru in seiner Antwort genannt hat: von 'ex oriente lux' könne gar keine Rede sein, sondern die Kultura sei aus dem Norden gekommen, daher müsse es 'ex nocte lux' heißen (wenn man den Text so durchliest, wird einem aber auch klar, warum die Sonne nie im Norden steht [Sarkasmus off]). Dazu paßt dann, daß der ebenfalls von Ashigaru erwähnte Herr Spanuth als große Leuchte dargestellt wird.
 
P.S: hab das mit der "guten Einführung" überlesen. Da empfehle ich Cunliffe (hrsg.): Illustrierte Vor- und Frühgeschichte Europas. Ist ein Abriss der europäischen Vorgeschichte von der Altsteinzeit bis ins Frühmittelalter, wobei die Schwerpunkte in der gesamten Steinzeit (inklusive der "neolitischen Revolution") gesetzt werden. Dennoch werden auch Kelten, Minoer und viele andere spätere Kulturen anschaulich behandelt.
 
Danke !

Hallo,


danke für die Enschätzungen, sie haben mein Urteil bestätigt. Trotzdem wäre es interessant, mal jemanden zu finden, der das Buch gelesen hat (ich hab es auch noch nicht getan) und die Thesen Meiers konkret relativieren könnte. Vielleicht gibt es ja jemanden, der sich speziell mit pseudwissenschaftlichen Theorien aus dem rechtsesoterischen Bereich beschäftigt. Bitte melden !

Vielen Dank auf für den Buchtipp. Ich habe das Buch käuflich "auf der Linie" erworben und bin gespannt darauf.

Die Formulierung "ex nocte lux" hat mich auch gewundert, da ich noch nie gehört habe, dass in der lateinischen Sprache nox als Synonym für die Himmelrichtung Norden benutzt wird, kann aber durchaus sein, wenn auch unwahrscheinlich.

@Ingeborg
Schläfrig-Holzbein ist eine lustige Formulierung.

Viele Grüße

Dr. Ohnmoos
 
Trotzdem wäre es interessant, mal jemanden zu finden, der das Buch gelesen hat (ich hab es auch noch nicht getan) und die Thesen Meiers konkret relativieren könnte. Vielleicht gibt es ja jemanden, der sich speziell mit pseudwissenschaftlichen Theorien aus dem rechtsesoterischen Bereich beschäftigt.
Ich habe das Buch nicht gelesen. Wenn ich das Geld über hätte, gäbe es schon genug Bücher, die ich lesen möchte und zum zweiten möchte ich rechtsextremen Verlegern/Autoren nicht noch zum geregelten Frühstück verhelfen.

Beim googeln habe ich nur eine Seite gefunden, die sich in Ansätzen kritisch mit dem Buch auseinandersetzt und nicht die äh: Forschungsergebnisse der Herren Meier und Zschweigert in den völkischen Himmel lobt:
http://www.derhain.de/BodenhimmelRezension0105.htm
Auf der Seite des Grabert-Verlags findest du außerdem eine Kurzbiographie beider Autoren, aus der hervorgeht, daß beide keine Historiker, sondern pensionierte Offiziere und 'Privatgelehrte' sind. Außerdem arbeiten beide mit Uwe Topper zusammen, der sich der Illigschen Geschichtsfälschungstheorie angeschlossen hat (von der engl. Wikipedia).
 
Eine Diskussion über Persönlichkeiten des neuzeitlichen Rechtsextremismus hat im Bereich "Frühzeit des Menschen" nichts zu suchen.

Die letzten Beiträge befinden sich nunmehr im Forenkeller.
 
Trotz Spanuth und Braasch bleibt das Thema "Megalithkultur" interessant, vor allem weil die Frage ihrer Herkunft bis heute nicht endgültig geklärt ist. Während man früher annahm, der Gedanke der Megalithgräber sei aus dem östlichen Mittelmeer in den Westen gelangt - Stichwort ägyptische Pyramiden - haben Radiokarbondaten der 80er Jahre etwas ganz anderes ergeben. Danach waren Megalithen bereits um 4000 v. Chr. in der Bretagne existent, sodass man die Ursprungsregion vermutlich an der französischen und portugiesischen Atlantikküste suchen müsste.

Abgekommen ist man auch von der Idee, ein "Megalithvolk" sei nach Westen ausgewandert und habe sich an der Atlantikküste sowie in Norddeutschland, Südskandinavien und England angesiedelt. Es war wohl nur die "Idee", die sich ausgebreitet hat, vergleichbar vielleicht mit der Bauidee der Gotik im Mittelalter. Manche nehmen alerdings an, es seien möglicherweise auch Versprengte, Reisende oder "Pilger" gekommen, und hätten die Megalithidee verbreitet.

Der oben erwähnte Pfarrer Spanuth war, das muss man zu seiner Ehrenrettung sagen, kein "völkischer" oder rechtsradikaler Mensch. Ich habe zu Hause eine Publikation, die den damals öffentlich geführten Streit zwischen ihm und einigen prominenten Prähistorikern und Archäologen um seine Nord-Hypothese nachzeichnet, die in den 50er Jahren stattfand.

Spanuth war der festen Überzeugung, Nordeuropa sei im 2. Jahrtausend v. Chr. ein kultureller Mittelpunkt gewesen und Helgoland - man höre und staune - das lang gesuchte Atlantis! Um das nachzuweisen, ließ Spanuth diverse Tauchexpeditionen um Helgoland durchführen und erklärte zahlreiche Artefakte und Gesteinsformationen am Meeresgrund zu Überbleibseln des alten Atlantis. Dummerweise ließ sich nachweisen, dass alle Funde natürlichen Usprungs waren, inklusive der "Mauern von Atlantis". Der Mann hatte sich so sehr in seine exotische Theorie verrannt, dass er durch keinen Beweis mehr davon abzubringen war.

Natürlich erklärte er auch die Wanderung der Seevölker um 1200 v. Chr. für einen Wanderzug nordischer Völker gen Süden und verkoppelte damit die dorische Wanderung nach Griechenland hinein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt im Wattenmeer(!) durchaus noch Reste mittelalterlicher(!) Wurtensiedlungen, die bei einer Sturmflut um 1300 weggespült wurden. Aber Helgoland liegt ja nicht mehr im Wattenmeer.
 
Noch älter?

Ich war diesen Sommer in der Bretangne um habe mir die Megalithen, Steinreihen, Dolmengräber angesehen und mit vielen Leuten gesprochen.
Auf der Insel Gravinis sind Riesendolmen als Deckenplatten benutzt worden, man nimmt an, das diese Gräber so um die 4000 v.C. gebaut wurden, damals war also Gravinis noch keine Insel. Die Zeichnungen in dem Grab ähneln denen wie auf Malta.
Jetzt kommts, England wurde so ca. 9000 v.Ch. abgespalten vom Festland, der Golf von Morhibuon hat die gleiche wassertiefe Wenn auch im Atlantik. Geht man von den Deckstein (Dolmen aus) dann kann dies Grab noch weiter zurückdatiert werden......
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Ich war diesen Sommer in der Bretangne um habe mir die Megalithen, Steinreihen, Dolmengräber angesehen und mit vielen Leuten gesprochen.
Auf der Insel Gravinis sind Riesendolmen als Deckenplatten benutzt worden, man nimmt an, das diese Gräber so um die 4000 v.C. gebaut wurden, damals war also Gravinis noch keine Insel. Die Zeichnungen in dem Grab ähneln denen wie auf Malta.
Jetzt kommts, England wurde so ca. 9000 v.Ch. abgespalten vom Festland, der Golf von Morhibuon hat die gleiche wassertiefe Wenn auch im Atlantik. Geht man von den Deckstein (Dolmen aus) dann kann dies Grab noch weiter zurückdatiert werden......
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warum nennst du die decksteine dolmen? ich kenne dolmen nur als ‘steintisch’, ein findling, der als tisch bei kulthandlungen benutzt wurde und dolmen als großsteingrab-art (dolmen, erweiterter dolmen, großdolmen). dabei besteht ein dolmen aus vier tragsteinen und einem deckstein.

könntest du auch näher erklären, warum und wie man vom deckstein auf das alter des grabes schließen kann?
 
Dolmen, Deckstein....

ich wollte dies jetzt nicht vertiefen (weil als bekannt vorausgesetzt), aber der Dolmen ist wie Du schriebst ein Steintisch, später ein Großsteingrab, dann ein überbautes Großsteingrab (Tumulus).
Jedenfalls ist Gavrinis ein Tumulsgrab mit einen Deckstein, der aus einen Menhir aus Locmariaquer hergestellt wurde ! Dieser Menhir war 15m lang und voller Gravuren. Dieser Menhir wurde in drei Teile zerschnitten und bedeckt die Gräber von Gavrinis,Er Grah und den Table des Marchands in Locmariaquer. Da alle Ausrichtungen der Großmenhire und Steinreihen eine Linie bilden , auf der auch Carnac liegt, denkt man das in Locmariaquer ein uralter Kultplatz war.
Der Le Grand Menhir mit 20m Länge und 350 t Gewicht ist auch dort.
Die gravierten Menhire waren also älter als die Gräber, eine wissenschaftliche Richtung , die behauptet das die Menhire graviert wurden , getrennt um als Deckensteine zu fungieren , ist bei der Heiligkeit der Gravuren, die nie zerstört wurden fallengelassen worden.
Gavrinis ist eine Insel und der Golf von Morbihan, soll wohl zwischen 4000 v.Ch. und 2500 v.Ch. geflutet worden sein, wobei in der Nähe der Insel Gavrinis die selben Wassertiefen sind wie im Kanal.
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danke für die erläuterungen und nur damit wir nicht aneinander vorbeireden - ein steingrab, welches als dolmen bezeichnet wird, besteht aus 4 tragsteinen und einem deckstein, mit oder ohne eingang. der erweiterte dolmen besteht aus senkrecht stehenden tragsteinen, mit einem zusätzlichen deckstein und tragsteinen, großdolmen ab 3decksteinen. allen dolmen ist ein eingang, wenn vorhanden, an der schmalseite eigen, im gegensatz zu den ganggräbern mit eingang an der längsseite (und gang).

mit tumulus bezeichnet einen erdhügel, besonders den der hügelgräber (hügelgräber im gegensatz zu den großsteingräbern/hünengräbern. großsteingräber hatten meist-, bzw. alle einen überdeckenden erdhügel, oft im laufe der zeit abgetragen) der bronze- und frühen eisenzeit.
 
Soweit so richtig !
Aber ich rede hier von der Megalithkultur in der Bretange und dort sind die Tumulusse auschließlich mit Erdhügeln aus Steinen hergestellt worden.
Man nimmt auch an, das erst die Dolmen und später die Überbauungen stattfanden, also sozusagen "Nachnutzungen".
Einige Zeitangaben von Radiokarbondatierungen von den ältesten aufgefundenen Werkzeugen, Schmuck und Tonscherben (die hätten aber auch später abgelegt sein können).
Tumulusgrab Saint-Michel, Carnac: 6000 v. Chr., Tumulus Carn 5000 v.Ch.,Tumulus Dissignac 4500 v. Chr., Tumulus Colpo 4400 v.Ch..
Im Übrigen ist zu erwähnen das diese Tumulusse in verschiedenster Form nachgenutzt wurden bis 3000 Jahre später und spätere Bauten eigentlich immer primitiver oder anders gesagt kleiner und schlechter ausgeführt wurden.
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Hallo,

Auf der Seite des Grabert-Verlags findest du außerdem eine Kurzbiographie beider Autoren, aus der hervorgeht, daß beide keine Historiker, sondern pensionierte Offiziere und 'Privatgelehrte' sind.
Gert Meier, Dr. jur., studierte Rechts- und Staatswissenschaften, Geschichte und Neuere Sprachen in Göttingen und Toronto.

Zum Werk (denn darum geht es in diesem Ordner): Ich habe es im Winter 2006 bei Amazon gesehen und einfach mal bestellt, der Grabert-Verlag war mir damals kein Begriff. Das Buch ist eine Zusammenschau der Werke Privatgelehrter aus dem 20. Jahrhundert vorwiegend zum Thema "Megalithkultur", aber auch - damit zusammenhängend - "Atlantis", Großsteinskulpturen u.s.w. Dabei ist der Buchzweck - diese schwer auffindbaren, teuren oder verstaubten / vergriffenen Publikationen ins 21. Jahrhundert hinüberzuretten - zugleich auch ein Problem, da sich das Buch auf ebendiese für mich unerschwinglichen Publikationen stützt und deren Ergebnisse als Belege heranzieht.

Das Problem dabei ist auch, dass einige davon einfach falsch sind, z.B., dass man das "Kreuz im Kreis" (Sonnenwenden- und Tagundnachtgleichenpunkte) als zirkum(nord)polares "Maß der Dinge" unter Berufung auf Hermann Wirth nur knapp unterhalb des nördlichen Polarkreises beobachten kann, dass die Megalithbauten an Nordsee und Biskaya älter sind als die entsprechenden im Orient u.s.w. Einige Interpretationen - gerade was die "geistigen Grundlagen" des Megalithglaubens angeht - finde ich aber wiederum klasse dargestellt und man findet wohl nirgendwo eine so gute Darstellung des Mutterkultes wie in diesem Buch.
Die Atlantis-Diskussion bedient sich dahingegen z.T. spanuthscher Argumente, die schon lange widerlegt sind bzw. dessen Belege sich als Fälschungen oder Irrtümer herausgestellt haben, z.B. dass die Jahreszahlen im Platon-Bericht als "Mondjahre" (Monate) zu verstehen seien u.s.w.

Grüße
 
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