Wie passiv oder aktiv ist Evolution?

Cassandra

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Hallo Zusammen

wenn ich bisher über die Menschwerden diskutiert habe, bin ich davon ausgegangen, das eine körperliche Beanspruchung sich auch auf die Gene ausgewirkt habe. Brachiatoren haben ihre Fähigkeiten zum Hangeln durch den Umgang in den Bäumen gelernt.
So wie Friedemann Schrenk sagt:
Das eine waren die sogenannten robusten Australopithecinen, wo der älteste Fund eben auch 2,5 Mio Jahre alt ist. Das sind Hominiden, die riesige Kaumuskelpakete entwickelt haben, riesengroße Zähne, 3mal so groß wie bei uns und sogar ein Knochenkamm auf der Stirn, wo von beiden Seiten die Muskulatur zusammenstößt, riesige Mahlwerke hatten die, und das sind Zähne, die sind einfach dazu geeignet, um harte Nahrung, die ja da im Übermaß auftritt, und wo`s nur noch harte Nahrung gibt, weil praktisch nichts anderes mehr zur Verfügung steht, und das ist im wesentlichen Pflanzennahrung, zerkaut werden kann. Das heißt, bei den robusten Australopithecinen wird ... eine biologische Lösung ... erarbeitet für das Problem, und dies besteht in großen Zähnen und riesigen Kaumuskeln.

Dies klingt für mich Logisch!

Jetzt les ich bei Wikipedia:
Der Lamarckismus ist eine veraltete Evolutionstheorie, die – nach Vorarbeiten von Erasmus Darwin – im 19. Jahrhundert vom französischen Biologen Jean-Baptiste Pierre Antoine de Monet, Chevalier de Lamarck entwickelt wurde.[...]
Als Beispiel wird für diese Annahme häufig das Entstehen des langen Halses der Giraffen erwähnt: Eine Giraffe, die ihren Hals häufig und besonders lang streckte, habe diese Fähigkeit vererbt, weswegen ihre Nachkommen, die ein ähnliches Verhalten zeigten, zunehmend längere Hälse bekommen hätten.[...]
Durch die von Gregor Mendel beschriebenen Regeln der Vererbung und die Entdeckung der Gene wurden die Annahmen des Lamarckismus widerlegt und können nur teilweise durch die Epigenetik erklärt werden. wikipedia

kann mir das mal jemand erklären, oder zu differenzieren?

Vielen Dank und lieben Gruß
Cassandra
 
Ich bin zwar kein Biologe, versuche mich aber trotzdem mal an einer Antwort...

Lange Zeit galt Lamarcks Theorie tatsächlich als widerlegt. Begründet wurde dies damit, dass genetische Informationen gegenüber Umwelteinflüssen stabil bleiben (als Beispiel: ein hellhäutiger Mensch kann zwar durch exzessives Sonnenbaden seinen Teint dunkler erscheinen lassen - auf seine Gene hat dies aber keine Auswirkungen). In letzter Zeit wird aber diskutiert, dass epigenetische Informationen durchaus durch äußere Einflüsse veränderbar sind - und dann auch vererbt werden können.

Dazu einige links:

3sat.online
http://zeus.zeit.de/text/2003/37/Evolution
Zeitschrift Soziale Medizin » Hatte Lamarck doch recht?
 
Vor einigen Jahren gab es die unsinnige Diskussion, ob häufiges SMS-Schreiben die Beweglichkeit unseres Daumens verändere und dies in der weiteren menschlichen Evolution, also im Erbgut einen Niederschlag habe. Im Prinzip nichts anderes, als die den Hals reckende Giraffe. Die Antwort ist (und dazu muss man kein Biologe sein): Natürlich wird - durch Training - die Beweglichkeit unseres Daumens verändert. Aber doch nicht das Erbgut. Mag sein, dass einige Giraffen sich stärker reckten als andere. Aber die genetische Selektion wurde doch nicht durch die körperliche Anstrengung sondern durch vorvorhandene körperliche Merkmale ins Rollen gebracht. Das klass. Bsp. wären die Darwinfinken. Aus einer gemeinsamen Urpopulation von Finken werden verschiedene Populationen verschiedener Finken. Warum? Weil sie sich auf gewisse Arten der Nahrungsmittelsuche spezialisiert haben und aufgrund ihrer Spezialisation auf ein Minibiotop festgelegt sind, innerhalb welches sie sich ihre Partner suchen. Erst durch den Ausschluss anders spezialisierter Finken werden besondere Erbmerkmale zum Klassifikationsmerkmal.
 
Eigentlich muss ich gar nicht eingreifen, EQ. hat alles gesagt. Es gibt bei uns Menschen sogenannte "Berufstypen" z.B. kräftige Schmiede, bebrillte pizzafutternde Computerfreaks usw.
Das sind aber "antrainierte" Eigenschaften, die den mit der Entstehung der befruchteten Eizelle (Zygote) festgelegten Genpool nicht beeinflussen. Das heißt der Sohn des Schmiedes muss kein Recke werden, es sei denn er übernimmt Papas Werkstatt.
An Darwin braucht man wirklich nicht zu diskutieren.

Fassen wir zusammen: Es gibt die natürliche Selektion (Survival of the fittest), die sexuelle Selektion (Die schuf so scheinbar nutzlose oder gar gefährliche Merkmale wie den Pfauenschwanz) und die Gendrift (zufallig veränderte Verteilung der Gene in kleinen isolierten Populationen) sowie Mutationen (spontane Änderungen des genetischen Kodes, betrifft für den Fall der Weitervererbung die Keimzellen).

In der Kombination dieser Faktoren liegt die Triebkraft der Evolution.
Was @floxx mit äußeren Einflüssen meinte, ist die Entstehung von genau diesen Mutationen. Radioaktivität oder Chemikalien können in der Tat so etwas vermehrt auslösen. Betrifft es die Keimzellen s.o., betrifft es die Körperzellen bei der Zellteilung ist es meist Krebs. Aber durch das bloße Halsrecken der Giraffenvorfahren entsteht so etwas nicht.

Ich weiß, dass man Lamarck immer wieder mal aus der Mottenkiste holt, vom Kreationismus ganz zu schweigen. Aber das hat mit Weltanschauung und nicht mit Wissenschaft zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
@floxx, noch einmal zu deinen Links. Alles ziemlich wacklig. Dass die Körpergroße innerhalb weniger Generationen bei vielen Völkern so stark anwuchs, liegt an der verbesserten Ernährung. Sprich, auch Uropa wäre anstatt 1,70 wahrscheinlich 1,85 geworden, würde er heute leben.
 
In diesem Falle scheint der Autor sich imho etwas unsauber ausgedrückt zu haben. Es ist nicht offen lamarckistisch, lässt sich aber gut in diese Richtung deuten.
 
Vielen Dank für die Antworten.
Ich meine, an Darwin rumzumerkeln lag jetzt nicht in meinen Sinne, eher, ob noch andere Obtionen möglich sind.
Pflanzenfresser haben ein anderes Gebiss als Fleischfresser, und wir als Allesfresser eben wieder ein anderes. Haben diese Spezialisierungen nichts mit den Umstand zu tun, wie die Nahrung verarbeitet wird?

Gruß
Cassandra
 
Nein, genau umgekehrt. Um beim von dir aufgeführten A. robustus zu bleiben.
Die Individuen mit (zufällig, Mutation) stärkeren Gebissen wurden unter den Bedingungen mit harter Pflanzenkost begünstigt. Dadurch verfestigte sich dieses Merkmal und über viele, viele Generationen kam es dann zu den bekannten Nussknackergebissen.
 
Pflanzenfresser haben ein anderes Gebiss als Fleischfresser, und wir als Allesfresser eben wieder ein anderes. Haben diese Spezialisierungen nichts mit den Umstand zu tun, wie die Nahrung verarbeitet wird?
Gewiss.
Nur ist es eben die Frage nach der Henne und dem Ei. Carnivore sind in der Lage, bisweilen durchaus beträchtliche Mengen pflanzlicher Kost zu verdauen, und bei den Paarhufern (die übrigens aus Fleisch- bzw. Allesfressern entstanden sind) ist es durchaus nicht unüblich, dass weibl. Exemplare nach dem Wurf die Fruchtblase fressen. Rinderwahnsinn ist angeblich dadurch entstanden, dass in UK traditionell große Mengen Fischmehl an Rinder verfüttert wurden.

Gruß
ER
 
In den Genen eines Lebenwesens steckt sozusagen ein Programm, das durch die Maschinerie der Zelle ausgelesen und interpretiert wird. Dieses Programm enthält Optionen und Fallunterscheidungen der verschiedensten Art. In einer Zelle wird auf molekularer Ebene die DNA ständig modifiziert, meistens durch reversible Anlagerungen, aber auch permanent! Dies stellt den Zustand einer Zelle dar. Eine Nervenzelle ist etwas ziemlich anderes als ein weißes Blutkörperchen, doch in beiden befand sich einmal die gleiche DNA.

Die Vermehrung eines Bakteriums kann man sich mit einiger Fantasie vorstellen: "Irgendwie" wird alles verdoppelt, und dann wächst da eine Trennwand zwischen. Die sogenannte Ontogenese eines Mehrzellers ist allerdings immer noch ein informatisches Rätsel. In komplexen Rückkopplungsprozessen baut sich der wachsende Organismus eine chemische Umgebung, in der sich teilenden Zellen genug Informationen zum entsprechenden Ein- und Ausschalten der wesentlichen Gene zuspielen. Das menschliche Genom entspricht zwar nur einem Programm von 20.000 "Codezeilen", aber schreiben möchte ich dieses Programm nicht :)

Ein Extremfall stellt z.B. die Metamorphose eines Schmetterlings dar: Es sind hier offenbar mehrere ganz verschiedener Programme vorhanden, die fein säuberliche aktiviert und deaktiviert werden.

So gesehen sollte es verwundern, warum denn nicht auch die Keimzellen auf Signale reagieren: "Halswirbel verlängern!" oder "Fußsohle zum Huf verdicken!".

Die Antwort ist ziemliche nahe liegen: Die Keimzellen werden nämlich zurückfragen: "Gerne doch! Aber wie genau soll das gehen? Und was ist überhaupt ein 'Halswirbel'?"" Entweder wissen sie es schon, dann ist das Huftier nichts als eine bereits vorprogrammierte Variante, oder sie wissen es nicht.

Für die Fragestellung der Evolution gibt der Lamarckismus also einfach nichts her nach unseren heutigen molekulargenetischen Kenntnissen (die ja weder Darwin noch Lamarck ansatzweise besaßen)

In der Tat scheint es so, dass bei der Ontogenese eines Organismus' peinlich darauf geachtet wird, dass die Keimzellen NICHT irgendwelchen Umwelteinflüssen unterliegen. Eine mögliche Erklärung ist der notwendige maximale Schutz vor Krankheitserreger. Das Eindringen von Retro-Viren in Keimzellen würde wohl die gesamte Population vernichten
 
Zuletzt bearbeitet:
zu a)
Is' klar, dass es nicht natürlich ist -- ich wollte eigentlich nur bemerken, dass sie in der Lage sind, solche Leckereien zu verdauen. ;)

zu b)
Doch, in der modernen Masttierhaltung scheint das AFAIK seit langem üblich zu sein, wegen des hohen Eiweißgehaltes Tiermehl ans Vieh zu verfüttern. Es ist natürlich immer eine Beimischung.

zu c)
Ja, da kannst du gut Recht haben. Mir war Fischmehl im Gedächtnis, 'kann aber auch gut sein, dass es schlicht Tiermehl war.

BTW:
In der GEO durfte ich kürzlich erfahren, dass Trampeltiere durchaus auch Fisch fressen.
 
Cassandra: Ich hatte mal eine sehr schöne Seite zur Evolutionsbiologie für Schüler der 13. Klasse in dem langen Kreationisten-Thread verlinkt. Such mal nach meinem Namen, nach Beiträgen und den Kreationisten.
Diese Seite hatte den Vorteil, dass sie klar und verständlich auch für Leute, die wenig Ahnung haben, die wichtigsten "Beweise" aufführt, z.B. Baumringe. Oder wie bestimmt man eigentlich Millionen von Jahren, usw.
 
Das Nervige ist, dass wie heute wirklich 150 Jahre weiter sind als Darwin. Sogenannte "Beweise" auf phänomänologischer Basis, wie sie zu Darwins und Mendels Zeiten benutzt werden mussten, sind - wie soll ich sagen? - "kalter Kaffee"...
Wir verstehen heute (aber auch nicht vollständig, und auch noch nicht so lange) einen großen Teil der molekularbiologische Vorgänge, die der ganzen Angelegenheit zugrunde liegen.

Lamarckismus und Intelligent Design ist - "abwegig"!
 
So, nun kommt mal wieder runter, es dreht sich hier nicht um Intelligent Design (da finden sich ja genügend Threads), noch um Lamarckismus, sondern, wie Evolution funktioniert. Denn auch wenn man Lamarcks nicht kennt, kommt man auf ähnliche Ideen, und trotz das man Lamarcks kennt, kommen Äußerungen wie vom renomierten Paläoanthropologen Friedemann Schrenk.
@ lynxxx
Wenn deine Seite so gut ist, kann ich mir vorstellen, das du sie hier im Thread reinstellen kannst, so dass ich das Forum danach durchsuchen muss? Ich würde mich drüber freuen.

Den Vergleich mit den Programmen fand ich schlüssig. Doch auch da kommen wieder Fragen auf: Sobald eine Population am Scheideweg steht, sind dann doch alle möglichen Programme in der Urpopulation vorhanden, wenn ich deSilva richtig verstanden habe? So haben Gorilla, Schimpansen und die Vorläufer der Hominiden wohl den Gleichen Vorfahren. Was führt dann zu welcher Entwicklung?

Gruß
Cassandra
 
Lamarckismus und Intelligent Design ist - "abwegig"!

Intelligent Design mit Sicherheit. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob nicht doch was an der Theorie dran ist, dass Umwelteinflüsse Auswirkungen auf epigenetische Informationen haben, die dann auch vererbt werden können (wie bei den Drosophilas, was hier beschrieben ist). Hat da jemand vielleicht ausführlichere Informationen? Würde mich auch über Hinweise freuen, die den Unterschied genetische/epigenetische Informationen erläutern.
 
Einmal mehr: Man kann die Gene beeinflussen, in dem man an den Keim- oder Stammzellen herumwerkelt. Inzwischen spielen wir gern Gott, das ist aber eine aktuelle Diskussion.
Darwins Aussagen mögen alt sein, das bedeutet aber nicht dass sie falsch sind.
 
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