Handelsplätze der Assyrer in Anatolien
Der Handel mit Anatolien war Teil eines umfangreichen Netzwerkes, das damals schon enige Jahrtausende existierte. Dabei gab es damals zwei Transportrouten, die im Fernhandel dominierten. Die eine ging von Ost (iranisches Hochland) nach West (Kleinasien) und die andere über das Flußtal und den Persichen Golf.
Die wichtigsten Handelsgüter waren Metallwaren (Zinn für die Bronzeherstellung aus dem Vorland des Pamir gegen Gold und Silber aus Kleinasien und dem Balkan) und Textilien aus der mesopotamischen Ebene.
Einige Händlerfamilien mit ihren Hauptniederlassungen in Assyr kontrollierten wichtige Knotenpunkte dieses Netzwerks.
Um 1900 gab es bereits etablierte Niederlassungen assyrischer Kaufleute in Anatolien. Diese standen unter dem Schutz lokaler feudaler (agrarischer) Fürsten, was man aus der Lage von deren Burgen zu den Handelsplätzen schließt. Vergleichbar mit dem frühen europäischen Mittelalter, wo die Juden Handelsplätze unter dem Schutz der Burgherren errichteten (und dafür ein Teil ihres Gewinns opfern mußten). Auch wenn diese Konstellation wahrscheinlich ist, weiß man erst, welche Beziehungen tatsächlich bestanden, wenn man schriftliche Dokumente gefunden hat.
Fast das gesamte derzeitige Wissen über diesen Handel stützt sich auf die zu Tausenden gefundenen Tonttafeln, die man im Trümmerfeld Kanis gefunden hat. Diese stellen so etwas wie die Geschäftsunterlagen der Händler dar.
Derzeit nimmt man an, daß dieser Ort (fast eine kleine Stadt) die Hauptstadt dieses Handelssystems von Anatolien war. Über zwanzig weitere kleine der als Marktplätze (Karum) bezeichneten Fundorte kennt man zur Zeit im Umfeld. Die Präsenz der assyrischen Händler wird eigentlich nur durch diese Tontafeln, ein paar andere Artefakte und die einsetzende Verwendung der Keilschrift erkennbar. Die Baustile sind reine lokale Formen. Wesen Gründungen diese Siedlungen also sind, läßt sich mit den derzeitigen Fakten nicht beurteilen.
Die Eselskarawanen von Assur machten sich wahrscheinlich nur einmal im Jahr auf den Weg.
Das ganze brach zusammen, als andere Händler eine neue Route aufgebaut hatten. Das Mittani-Reich wurde nun mit dem Metallhandel reich, die Assyrer wurden aus dem nördlich gelegenen Anatolien vertrieben und bis 1550 selbst erobert.
Da bisher in Anatolien nur wenig gegraben wird, die Mehrzahl der gefundenen Tontafeln noch (lange) nicht ausgewertet sind und Gegenstücke aus Assur fehlen, kann der wahre Umfang auch größer gewesen sein.
Im Netz suchst Du am besten mit folgenden Begriffen:
Kültepe-Kanis, Neša, Kaneš, Kultepe, karum- oder ka_rum-periode
Noch weitergehende Literatur findest du in Bibliotheken:
Literatur:
Kh. Nashef, Rekonstruktion der Reiserouten zur Zeit der altassyrischen Handelsniederlassungen (= TAVOB 83), Wiesbaden 1987, in: ZA 81, 1992, 146-150
Orlin, Assyrian Colonies in Cappadocia: BSOAS 34, 1971, 391-392
Paul Garelli, Les Assyriens en Cappadoce (Bibliotheque archeologique et historique de l'Institut francçais d'archeologie d’lstanbul.19). Paris 1963
Louis Lawrence Orlin, Assyrian colonies in Cappadocia (Studies in Ancient History. l). The Hague/Paris 1970
Mogens T. Larsen, The old Assyrian city-state and its colonies (Mesopotamia. Copenhagen studies in assyriology.4.) Copenhagen 1975
Klaas Roeloef Veenhof, The old Assyrian merchants and their relations with the native population of Anatolia. In: Hartmann Kühne u.a. (Hrsg.), Berliner Beiträge zum Vorderen Orient. 1. Berlin 1982,147- 160.
Jan Gerrit Dercksen, The Old Assyrian Copper Trade in Anatolia, Istanbul 1996