meisterwinter schrieb:
ich muss ja nicht dazuschreiben, dass ich die infos von wikipedia habe. reicht ja wenn ich andere quellen erwähne. merkt doch keiner. :rofl:
meisterwinter, sei dir eingedenk, dass wir hier das Thema interessant finden und du somit Glück hast, fauler Sack!
Aber es dient ja künftig der Allgemeinheit (bitte ohne "Ballast").
Aber vielleicht interessiert dich, wie man hier schon über die Auswirkungen der Parole "Pardon wird nicht gegeben!" diskutierte: das (..) Vorgehen der deutschen Truppen im Boxeraufstand selbst:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=6268&highlight=Boxeraufstand
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Hier nun etwas authentisches, längst wohl vergriffen, ein Antiquariatsfund:
Die Autobiographie von
Wilhelm II,
"Ereignisse und Gestalten 1878 - 1918",
Köhler-Leipzig etc, 1922
Ich habe mir die Mühe gemacht und nach allen Stichworten und Personen (es gibt diesbezügl. ein sauberes "wilhelmisches" Verzeichnis) suchend eine Rechtfertigung oder zdst. Behandlung seiner Rede bzw. des Boxeraufstandes zu finden.
Ergebnis: Die Rede wird mit keinem Wort erwähnt (309 Seiten hat das Buch), "Boxeraufstand" kommt so nie vor, lediglich "Boxerkämpfe"* erwähnt Wilhelm EIN einziges Mal im Zuge eines Lobes, das ich auch für sehr interessant erachte: es ist eine Aufzählung von etwa vier hervorragenden Entscheidungen des zurückgetreten (sehr alten und pensionsreifen) Kanzlers Fürst Hohenlohe, worunter die Bestellung u. Durchsetzung des Grafen Waldersee als Oberbefehlshaber der europ. Truppen in China anno 1900 Eingang findet. Waldersee war ja derjenige, der die dt. Truppen in China "Hunnenrede-gemäß" befehligte.
*(Unwissenende mussten im Schlagwortverzeichnis nach dem Hintergrund zu "Boxer" suchen)
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Wilhelm II verfasste diese Memoiren im Exil ab 1919. Ihm war wohl inzwischen bewusst geworden, dass er manch "dummes Wort" von sich gegeben hatte.
Die Kolonialpolitik in China war ihm aber schon einige Seiten wert, ich fass das zusammen (unter Anführungszeichen Originalzitate): Tsingtau und Kiau-Tschou beschäftigte ihn bzw. die Politik nur insofern, als dass der Handelsposten Tsingtau und "Deutschland für seine Schiffe notwendig eigene Kohlenstationen brauche".
Dafür wurde Kiau-tschou ausgewählt. Nie wird ein Wort verloren, dass es dort ein chinesisches Kaiserreich zu fragen galt. Wilhelm beschreibt hingegen exklusiv und intensiv, wie man sich mit Russland zu arrangieren gedachte, dass auf diese Bucht ebenfalls Anspruch erhob. Er ergötzt sich dabei -einige Seiten lang- über die drollige Erfindung der russ. Admiralität, wonach es nach internat. Seerecht ein "Droit de premier mouillage" (Recht der ersten Ankerung) gäbe und die Russen ebenda, in Kiao-Tschou schon mal die Erkundungs-Flotte liegen hatten. Der es, O-Ton Willem, "wohl an Teehäusern mit japanischen Geishas in den Wintermonaten" dort gefehlt hatte und daher desinteressiert wieder ablegte.
Im Zuge des diplomat. Vorgehens -China als Ansprechpartner wird nicht erwähnt- wirds aber interessant, was Wilhelms Einstellung zu den ostasiat. Völkern betrifft (und wie sich deutlich in der "Hunnenrede" niederschlug).:
Vorrangig war für ihn und die deutsche Politik eine Abstimmung mit den regionalen Interessensmächten Russland und Japan sowie mit der Kolonialmacht England.
Bzgl. Russland-Japan (die zwei Hauptgegner des ostasiat. Raumes) spielte W. gegenüber seinem Verwandten Zar Nikolaus die Karte der "Gelben Gefahr". Es entpuppt sich als Lieblingswort Wilhelms, es kommt sehr sehr oft im Buche vor... Hier kommt eine selbstverständliche rassistische Note (und vermeintlich geeteilte europäische Mode) durch, indem er Nikolaus unterstellt, Russland würde im Falle von größeren Differenzen eher gemeinsame Sache mit den "Gelben" machen, was dieser energisch zurückweist, da "sein (Nikolajs) Haus ein europäisches sei".
Wilhelm dürfte allerdings (militärische) Hochachtung vor den Japanern (russ.-japan. krieg 1907) gehabt haben, deren "aufstrebende Nation" er als "Preussen des Osten" embarassiert, nein, eher jovial auf die zarte Asiaten-Schulter klopft.
Nun aber der Schlusspunkt: In diesen seinen Nachbetrachtungen seiner (und hier formal aus meiner zugegeben österr.-subjektiven) Sicht, die der arme Willem in der Kaltstellung im Exil etwa 1919 bis 1922 verfasste, sieht er keinen Anlass sich für die "Hunnenrede" zu rechtfertigen oder sie zu relativieren. Ganz im Gegenteil schreibt er dies, als auch Großbrittanien seine diplomat. Zustimmung zur Kohlestation Kiau-Tschou gab (1898). Um hier noch China zu erwähnen: die Annexion "gerechtfertigt" war durch "die Ermordung zweier katholischer Missionare" ebendort.
Wilhelm lamentiert in der Nachbetrachtung des Verlustes Tsingtaus 1914 an Japan (1922 von japan an England vertragsgemäß zurückgegeben), indem er mit England abrechnet (in Klammer meine Anmerkungen):
"Damit ist ein großes deutsches Kulturwerk im Ausland (wogegen nichts einzuwenden ist), das vorbildlich für die Art und Weise war, wie ein Kulturland einer anderen Nation die Vorteile seiner Kultur zeigen (...) kann, durch englischen handelsneid vernichtet worden.
England wird einstamsl, wenn Hongkong denselben Weg gegangen sein wird, bereuen und sich bittere Vorwürfe machen,
daß es seinen alten Grundsatz, nach dem es so lange mit Vorteil gehandelt hat, verließ: (gesperrt hervorgehoben "White man together against coloured man!"
Deutlicher geht es nicht: England mit reicher Kolonialerfahrung hat den demütigenden Rassismus hinter sich gelassen, an dem die Deutschen Ende des 19. Jhdt. schwer erkrankt waren...
Die "Hunnenrede" würde ich mit 39 Grad Fieber bewerten.
Gruß, ning