Das Reich der Perser

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Alexandros

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Das Reich der Perser
7. Jahrhundert v. Chr. - 7. Jahrhundert n. Chr.

Die Vorgeschichte Altirans

Zwischen 1500 und 1000 v. Chr. drangen indoeuropäische Stämme, die sich selbst als Arier bezeichneten, von Nordosten über den Kaukasus auf die iranische Hochebene vor, übernahmen hier die Herrschaft und nannten das Land Iran, »Land der Arier«. Zur letzten Einwanderungsgruppe gehörten die Stämme der Perser und Meder, die in den assyrischen Annalen Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr. erstmals erwähnt und lokalisiert werden. Danach lag das Gebiet der Perser westlich vom armenischen Urmia-See, das der Meder südöstlich davon. Im 8. und 7. Jahrhundert zogen die persischen Stämme nach Südosten, besetzen elamitisches Gebiet (Parsumash) und Landstriche weiter östlich, die sie Parsa (»Perserland«) nannten.
Bereits Teispes (675-640), der Sohn des Dynastiegründers Achämenes (»Achämeniden«) führte den Königstitel, doch waren er und seine Nachfolger - zeitweise existierten nebeneinander zwei Perserreiche (640-600) - vom medischen Herrscher abhängig.

Das Reich der Achämeniden

Kyros II.,der Große (559-529v. Chr.), stürzte um 550 seinen medischen Oberherren und Schwiegervater Astyages (585-550) und begründete mit dieser Tat das achämenidische Großreich. 547 eroberte er das lydische Reich, die kleinasiatischen Griechenstädte an der Westküste mussten sich ihm ebenso beugen wie die Karier und Lykier. Als er 539 Babylon einnahm, standen ihm auch Mesopotamien, Syrien, Palästina und Phönikien offen. Bei seinem Tod waren die Reichsgrenzen im Nordosten bis zum Jaxartes (Syr-Darja) und im Osten bis Baktrien und der Sogdianevorgeschoben. Die unterworfenen Reiche bestanden weiter, nun allerdings unter persicher Verwaltung. Religion, Landessitten, Landessprachen und besondere Regierungsformen (wie die griechische Polis) durften beibehalten werden. So wurde das von Kyros II. erbaute Pasargadae zur Residenz, das medische Ekbatana zur zweiten Hauptstadt des Reiches. Die offiziellen Amtssprachen waren das Persische, das Elamitische und das Aramäische.
Der Sohn Kyros II., Kambyses (529-522), führte die Eroberungspolitik mir der Besetzung Ägyptens fort. Während seiner Abwesenheit usurpierte der Magier Gaumata (522), ein Anhänger der Lehre Zarathustras, den Thron. Erst dem Nachfolger des Kambyses, Dareios I., dem Großen (522-486), gelang es, durch eine Verschwörung mit sechs persischen Adelsfamilien Gaumata und seine Anhänger zu beseitigen und die Reichseinheit wiederherzustellen (519). Ein Bericht über den Aufstand des Gaumata liegt in Dareios I. großer Felsinschrift von Bisutun vor.
Innenpolitisch beschritt Dareios I. neue Wege, indem er eine Einteilung des Reiches in 20 Satrapien vornahm, eine einheitliche Goldmünze (Dareikos) einführte, Steuern und Finanzen ordnete und die Verkehrswege - u. a die Königsstraße zwischen Susa und Sardes sowie den Kanal vom Nil zum Roten Meer - und Poststationen ausbaute. Unter ihm und seinem Nachfolger Xerxes I. (486-465) erreichte Persien seine größte Ausdehnung, obwohl ein Skythenfeldzug (512) erfolglos blieb und nach der Unterdrückung des Aufstandes der ionischen Griechen in Westkleinasien (499-494) der Griff nach Europa scheiterte.
Den Niederlagen der Perser bei Marathon (490), bei Salamis (480) und Platäa (479) folgten Aufstände in Ägypten und Babylonien die sich unter den späteren Achämeniden fortsetzen. Hauptunruheherde bildeten neben Ägypten Baktrien, Kleinasien und Phönikien. Zudem erschütterten Thronstreitigkeiten die innere politische Lage, so z. B. als Kyros der Jüngere seinem Bruder Artaxerxes II. (405-359) vergeblich die Herrschaft streitig machte (405). Artaxerxes III. Ochos (359-338) gelang es noch einmal, alle Kräfte zu mobilisieren und kurzfristig dem Reich die alte Größe wiederzugeben. Doch fielen er und sein Sohn Arses (336) Hofintrigen zum Opfer. Die Niederlage Dareios' III. (336-330) bei Gaugamela (331) gegen den Makedonienkönig Alexander III., den Großen, bedeutete das Ende der Archämenidenherrschaft.

Seleukiden und Parther

Als Alexander III., der Große, (336-323) Persien in sein Weltreich eingliederte, übernahm er das persische Verwaltungswesen das Herrschaftssystem ohne große Änderungen, gleichzeitig, aber wurden die alten iranischen Gebiete hellenisiert. Alexanders General Seleukos wurde 321 Satrap von Babylon, 312 gründete er eine eigene Dynastie und nahm 305 als Seleukos I. Nikator (305-281) die Königswürde an. Sein Herrschaftsbereichumfasste Mesopotamien, Iran und Syrien. Hauptstadt dieses Reiches war Babylon, später Seleukia am Tigris und zuletzt Antiochia in Syrien. Die ständigen Auseinandersetzungen der Seleukiden mit ägyptischen Ptolemäern und eine wachsende innere Opposition nutzten die Satrapen der nordöstlichen Provinzen, insbesondere Baktrien, bereits im 3. vorchristlichen Jahrhundert für ihre Unabhängigkeitsbestrebungen. Unter Seleukos IV. Philopator (187-175) gingen selbst die Persis und die Elymais verloren. Schon um 250 v. Chr. waren Nomadenstämme in den Nordwesten des iranischen Hochlandes eingedrungen. Einer ihrer Häuptlinge Arsakes, nahm den Königstitel an (247) und begründete die Dynastie der Arsakiden (247 v. Chr. - 224 n. Chr.). Ausgehend von Parthien (»Parther«) und Hyrkanien drängten die Arsakiden im Lauf von 150 Jahren in wechselhaften Kämpfen die Seleukiden in den Westen ab. Hier besiegelte der römische Feldherr Pompeius das Ende der Seleukidenherrschaft, in dem er den letzten Seleukidenherrscher absetzte und Syrien zur römischen Provinz machte (64/63).
Den größten Aufschwung nahm das Partherreich unter Mithridates I. (um 171-138), der Babylon (142) und Seleukia am Tigris (141) einnahm, die Persis und die Elymais unterwarf, Baktrien und Teile Indiens gewann (139/138) und somit die Karawanenstraßen des Fernhandels kontrollierte. Im Westen mischte sich erstmals 64/63 v. Chr. Rom in die inneren Verhältnisse des zu dieser Zeit geschwächten Partherreiches ein. Nach weiteren Misserfolgen erkannte Kaiser Augustus (27 v. Chr. - 14.n. Chr.) praktisch den Euphrat als Grenze an. Die Abwehrkämpfe gegen die Völker im Osten und die großen Kriege gegen die römischen Kaiser schwächten das parthische Königtum. Entscheidend wirkten sich aber innere Zwistigkeiten und eine starke nationaliranische Bewegung aus, die in den Stämmen der Persis ihre treibenden Kräfte besaß. Unter Ardaschir I. aus dem Haus der Sassaniden führte die Situation zur offenen Rebellion und 224 n. Chr. zum Ende der Arsakidenherrschaft.

Die Sassaniden

Ardaschir I. (224-241) den Thron bestieg, verstand er sich als legitimer Erbe und Erneuerer des Achämenidenreiches. Bis zu seinem Tod hatte er mit Ausnahme Ägyptens, Syriens und Kleinasiens Die alten achämenidischen Reichsgrenzen wiederhergestellt und im Inneren das Reich wieder unter Kontrolle gebracht. Er reorganisierte die Verwaltung und forderte von den Römern das gesamte Gebiet bis zum Bosporus als altes persisches Erbe zurück (230). Eine gegen Rom begonnenen Kriege führte sein Sohn Schapur I. (241 - 272) fort, der seinen Herrschaftsanspruch in dem Titel »König der Könige von Iran und Nichtiran« ausdrückte.
Ständige Kriege mit den Römern, innere Wirren, Kämpfe gegen die Skythen und Auseinandersetzungen mit arabischen Grenzstämmen prägten die nächsten Jahrhunderte. Dabei lag häufig die eigentliche königliche Gewalt bei dem übermächtig gewordenen Feudaladel und dem Obermagier, dem Hüter des zur Staatsreligion erhobenen Zoroastrismus. Eine zunehmende Gefahr stellten im 5. Jahrhundert die Kidariten oder Hephtaliten dar, ein hunnisch-türkischer Stamm, den noch Schapur II. (309 - 379) auf iranischem Gebiet angesiedelt hatte.
Gegen Ende des Jahrhunderts erschütterte die Revolte der Mazdakiten das Reich, die im Kampf gegen den Adel die bisherige soziale Ordnung Irans radikal verändern wollten. Der letzte große und vielleicht der berühmteste König war Chosrau I. Anoscharwan (531-578). Ihm gelang es, das Oströmische Reichzurückzudrängen (561/62), die Hephtaliten zu schlagen und die Reichsgrenzen bis zum Jemen auszudehnen. Innere Reformen folgten diesen außenpolitischen Leistungen. Unter seinen Nachfolgern brachen wiederum Zwistigkeiten aus, der Adel revoltierte, die Herrscher wechselten rasch. Diese inneren Schwächen nutzte der byzantinische Kaiser Herakleios I. (610-641) und schlug das persische Herr 627/28 mehrfach. 637 besetzten die Araber Seleukia und in den nächsten 15 Jahren fiel das gewaltige Sassanidenreich der islamischen Eroberung zum Opfer.

Religion und Kultur

In vorachämenidischer Zeit war die iranische Religion polytheistisch geprägt, der Kult lag in den Händen medischer Magier, die das Opferritual vollzogen, Träume deuteten und Zaubersprüche sangen, Tempel und Götterbilder indes strikt ablehnten. Mit der Lehre des baktrischen Magiers Zarathustra (599/98? - 522/21?) waren sie zu Beginn der Achämenidenherrschaft wohl schon vertraut. Kerngedanken dieser Lehre, die starke Anleihen bei der altiranischen Religion machte, waren die Verehrung nur eines Gottes, des Ahura Masda, des Weltschöpfers, und das kosmische Ringen zwischen der »Gerechtigkeit« und der »Lüge«. Weil die Wahl eines dieser moralischen Prinzipien dem Menschen freistand, konnte er sein Schicksal mitbestimmen. Allerdings folgte dementsprechend nach seinem Tod Belohnung oder Strafe. Den Mittelpunkt des Kultes stellte die Verehrung des Feuers dar, meist in Tempeltürmen mit Feueraltären. Dargelegt hatte Zarathustra seine Lehre in den 17 Gathas, dem weitaus ältesten Teil des Awesta. Die Magier übernahmen diese Lehre mit starken Abwandlungen.
So ging der Monotheismus verloren; der Gott des Lichts und der Beschützer aller Iraner, Mithras, gewann an Bedeutung. Dieser Zoroastrismus spielte unter den Arsakiden und Sassaniden eine immer Wichtigere Rolle und wurde unter den ersten Sassaniden sogar zur Staatsreligion erhoben. Unter Schapur verkündete Mani (216-277) eine neue iranische Lehre, die bis zum 12. Jahrhundert selbst in China zahlreiche Anhänger fand, bei den Magiern und Sassaniden jedoch als Häresie galt. Dem Manichäismus zu folge war »der Böse« der Schöpfer und Beherrscher der sichtbaren Welt, die Seele als Teil des guten Gottes im Körper eingekerkert. Eine Befreiung der Seele aus der Finsternis war möglich, und dieses Wissen führte zur Selbsterkenntnis und verbürgte für jede »Person« die Erlösung.
Das in Persien seit dem 2. Jahrhundert verbreitete Christentum durchlebte ein wechselhaftes Schicksal, bis die im Jahr 489 aus dem oströmischen Reichvertriebenen nestorianischen Christen – nach dem Patriarchen Nestor (gest. 451) benannt - für eine Nationalisierung der seit 424 unabhängigen iranischen Kirche sorgten, die sich dann zunehmend für die Belange der Herrscher einsetzte.

Staat und Gesellschaft

Der »König der Könige« regierte in Krieg und Frieden als ein absoluter Herrscher, der seine Macht von der Gnade Gottes Ahura Masda ableitete. Adlige Berater standen ihm im Rechtswesen und in der Verwaltung zur Seite. Jeder der 20 Reichsteile wurde von einem Satrapen verwaltet, der für die Steuereintreibung, die Rechtsprechung, die bewaffneten Aufgebote der Satrapie und für Ruhe und Ordnung zuständig war. Dagegen lag die militärische Leitung bei einem nur dem Großkönig verantwortlichen Führer.
Eine schreibkundige Beamtenschaft bildete neben dem Heer, die sog. 10000 Unsterblichen, die Hauptstütze des Herrschers. Sozial der Königsfamilie gleichgestellt waren die sechs Adelsfamilien, die Dareios I. im Kampf gegen den Magier Gaumata unterstützt hatten. Rangmäßig unter ihnen standen die Besitzer erblicher Latifundien, die hohe Positionen als Priester, als Beamte und in der Armee einnahmen. Alle bedeutenden Adligen erhielten vom Großkönig Land, für das sie als Gegenleistung Truppen zu stellen und im Heer zu dienen hatten. Freie Handwerker, freie Tagelöhner und Arbeiter sowie Leibeigene und Sklaven bildeten die unteren sozialen Schichten.
Alexander der Große behielt nach der Eroberung des Achämenidenreiches das persische Verwaltungssystem bei. Der Staat der Arsakiden unterschied sich nur geringfügig von dem der Achämeniden. Neu war eine Unterteilung der Satrapien in kleinere Einheiten (Eparchien) und die Unterstützung des Herrschers durch die Magier und Weisen. Eine zunehmende Feudalisierung zeigte sich auch daran, dass eine Reihe einheimischer Dynastien relativ frei in ihren Provinzen herrschte. Die Sassaniden ersetzten die alten Satrapen durch neue Provinzialverwalter. Dabei schwankte die Zahl der Provinzen, die sich in Distrikte, »Kantone« und» Dörfer« gliederten. Dem König zur Seite stand ein Wesir; ein General befehligte die Armee und fungierte zugleich als Kriegsminister und Unterhändler.
Das Feudalsystem der Partherzeit blieb unter den Sassaniden bestehen, auch wenn zeitweilig die Zentralisation verstärkt wurde. Die Gesellschaft war in vier »Berufsgruppen« eingeteilt, in Priester, Krieger, Sekretäre, Bauern und Handwerker. Daneben existierte eine Einteilung des Adels in vier Gesellschaftsschichten, wobei diese Gruppierung der Abstufung von Funktionen im Staatsapparat entsprach.

Quelle: Chronik Verlag im Bertelsmann-Lexikon Verlag GmbH 1997
 
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