Altgriechisch

tuum_quoque

Mitglied
Ich will versuchen mir autodidaktisch ein wenig altgriechisch beizubringen. Kann mir jemand ein gutes Lehrbuch dafür empfehlen? Danke!
 
Du musst wissen, dass Altgriechisch zu "lernen" viel Zeit und auch Geduld in Anspruch nimmt. Ich habe es in der griechischen Schule und in meiner Freizeit gelernt und konnte erst nach einem halben Jahr ein bisschen verstehen (Unbekannte Texte kann ich wenig bis gar nicht übersetzen).. Ich aber habe Neugriechischkenntnisse, was ein enormer Vorteil ist, denn ich muss keine Vokabeln lernen..
Allein für die Grammatik braucht man mindestens 2(!) Jahre. Mein Vater beispielsweise hatte sechs Jahre Altgriechisch und er versteht sehr wenig. Altgriechisch kann man ohne Studium nicht lernen (Perfekt sowieso nicht). Natülich kann man Vokabeln und Grammatik lernen, doch das ist beinahe unendlich..

Da du nur ein Wenig lernen willst rate ich dir anfangs die Kurzgrammatik zu lernen (Such am besten bei Amazon.de). Was deutsche Lehrwerke angeht, sind mir keine bekannt, denn ich habe es aus griechischen Büchern gelernt.
 
Die Uni Bonn nutzt das Lehrbuch "Kantharos" sowie dessen Arbeitsbuch.
Persönlich finde ich die Grammatik von "Ars Graeca" sehr hilfreich.
 
Diverse Gründe:
1. Anderes Alphabet mit sich teilweise sehr stark ähnelnden Buchstaben. Das v gibt es in verschiedenen Varianten, die verschiedene Laute meinen (Ny usw.)
2. Die Grammatik besitzt, ähnlich dem Deutschen, Artikel. Das macht eine Sprache immer etwas komplizierter, jedenfalls, wenn man das vorher nicht kannte und kein starker Vokabellerner ist.
3. Es gibt neben aktiv und passiv eine weitere Formdas Medium. Auch gibt es eine "thematische" Konjugation, usw usf

Sind nur drei Beispiele der Besonderheiten.
 
Das, was mir am meisten Probleme bereitet hat (neben meiner Faulheit des Vokabellernens:red:) waren die Lautverschiebungen. Gerade Verben können in manchen Zeiten durch Verschmelzen von Buchstaben Formen annehmen, so dass es nicht mehr so ganz einfach ist das Ursprungsverb zu erkennen. :confused:

Das kann manchmal ziemlich seltsame Formen annehmen, die man wissen muss, ansonsten hast du fast keine Chance auf das Verb zu kommen, um im Lexikon nach der Bedeutung suchen zu können. :weinen:
 
Das Thema ist zwar schon etwas älter, aber vielleicht besteht ja bei dem Einen oder Anderen noch Interesse:

Gerade für Autodidakten, die meist nur äußerst begrenzt Zeit aufbringen können, ist der ungeheure Formenreichtum des Altgriechischen eine Herausforderung. Schon das regelmäßige Verb bietet inklusive Infinitiven, Partizipien und Verbaladjektive ca. 370 Formen. Zwar muss nicht jede einzelne Form gelernt werden, es reichen Regeln oder Endungen. Dennoch sinkt meiner Beobachtung nach mit jeder neuen Form die Motivation, konsequent weiterzumachen.
Dazu kommen die bis ins Extreme gesteigerten "Unregelmäßigkeiten" (Bsp: échw, héxw, éschon), die sich nur stumpf und mit viel Zeit auswendig lernen lassen oder zur Erschließung eines Gräzistik- und / oder Indogermanistikstudiums bedürfen.

Ein weiteres Problem für Autodidakten sehe ich im "Tempus"-System. Selbst wer des Lateinischen mächtig ist, wird spätestens hier Probleme bekommen. Das Tempus innerhalb der Sprache ist für den alten Griechen keine bedeutsame Kategorie. Es geht um Handlungsaspekte, nicht um Zeiten. Hat das Lateinische eine strikte (!) Zeitenfolge, so kennt das Griechische wirkliche Zeiten nur bei den Augmenttempora (Imperfekt, Aorist, Plusquamperfekt des Indikativ) und im Futur.
Die oftmals als Willkür empfundene Tempuswahl der Autoren lässt sich häufig allein über den Kontext erschließen, was eine genaue Kenntnis der Syntax voraussetzt.

Damit wären ich beim nächsten Thema:

Die Syntax ist mE nicht so kompliziert wie die Syntax des Lateinischen. Die Wortfolge ähnelt oft dem Deutschen. Allerdings gibt es häufig Sätze, die selbst nach gewissenhafter Analyse viel Zeit und Gehirnschmalz verbrauchen. Erst kürzlich blieb ich bei folgendem Satz komplett [sic!] hängen:

ὡς ἐμοί, ἐὰν σὺ ἀποθάνῃς, οὐ μία συμφορά ἐστιν, ἀλλὰ χωρὶς μὲν τοῦ ἐστερῆσθαι τοιούτου ἐπιτηδείου οἷον ἐγὼ οὐδένα μή ποτε εὑρήσω, ἔτι δὲ καὶ πολλοῖς δόξω, οἳ ἐμὲ καὶ σὲ μὴ σαφῶς ἴσασιν, ὡς οἷός τ᾽ ὤν σε σῴζειν εἰ ἤθελον ἀναλίσκειν χρήματα, ἀμελῆσαι.

(Platon, Kriton, 44b)

Fazit:

Ich halte es nicht für unmöglich, Altgriechisch rein autodidaktisch bis zum Graecumsniveau zu lernen. Allerdings muss dafür mMn eine strenge Disziplin, sehr viel Zeit und ein ausgesprochen gutes Gespür für die Logik von Sprache vorhandensein.

Hippias
 
Ich möchte den teilweise etwas demotivierenden vorhergehenden Posts ein bisschen entgegentreten und alle ermutigen die sich das Erlernen der Griechischen Sprache vornehmen. Es macht einfach Spaß, wer einmal von der Faszination dieser Sprache erfasst wurde, den lässt sie oft lange Zeit nicht mehr los.

Wenn du dir autodidaktisch Altgriechisch beibringen willst, gibt es eigentlich nur ein Buch, welches man uneingeschränkt empfehlen kann, die "Hellas"-Reihe, bestehend aus Lehrbuch mit Texten, einem tollen kohärenten Grammatikband sowie einer Wortkunde.
Insgesamt zwar nicht ganz billig aber m.E. um einiges besser geeignet wie die Arbeit mit Kantharos, Lachawitz oder gar dem Gottwein-Kurs im Internet.
Kantharos & Grammateion sind eher für einen Graecums-Kurs an der Uni gedacht und nicht fürs Selbststudium.

Zwar hat das Hellas einen deutlich größeren Umfang (4-Jahres Gymnasiallevel und nicht nur Graecumsniveau!), aufgrund der vielen Lektionen die man stückweise durcharbeiten kann, und wegen der guten Abstimmung zwischen Lehrbuch und Grammatik kommt man aber recht flott voran.

Natürlich braucht man Disziplin und Durchhaltevermögen, aber das sollte ja ohnehin klar sein. Dass der Formenreichtum etwas größer ist als im Lateinischen sollte mit einem durchdachten System (Karteikarten, regelmäßiges Wiederholen, Lernprogramme, etc.) schon klappen.

Dass es im Griechischen auch auf den Aspekt (z.B. den Aorist) ankommt und nicht nur den Tempus, kann man auch positiv sehen, hinter der (manchmal in der Tat willkürlich erscheinenden) Setzung des Aspekts versteckt sich eine ungeheure Präzision der Sprache. In wenigen Sprachen kann man so konkret und mit so vielen Nuancen einen Gedankengang schriftlich festhalten, ohne gleich doppelt so viele Wörter zu benützen.

Im Vergleich zum Lateinischen ist, wie auch schon gesagt wurde, die Satzstellung meistens (!) um einiges einfacher zu verstehen, das Übersetzen bereitet deshalb dem disziplinierten Autodidakten nicht so viele Schwierigkeiten und bereitet einem immer wieder schöne Erfolgserlebnisse.

Richtig auskosten kann man den Reichtum der Sprache allerdings erst, wenn man die mühsamen (aber wichtigen) Grundregeln intus hat und ich finde dass es diese Anstrengungen auf jeden Fall wert sind, um später einmal den einen oder anderen Platon-Text im Original bearbeiten zu können, ohne auf diverse Übersetzungen angewiesen zu sein, wo naturgemäß sehr viele Details verlorengehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Selbstlernen empfehle ich Wilhelm Höhn "Einführung in die Griechische Sprache" mit Beispielen, Übungen und Lösungen zu den Übungen. Da Höhn von der St-Johannes-Gemeinde kommt, orientiert sich das Vokabular am Neuen Testament -Unterschiede zwischen dem "Bibelgriechisch" und dem klassischen Griechisch sind herausgestellt. Bei einem Zeitaufwand von zwei Doppelstunden in der Woche sollte nach zwei Jahren das Neue Testament gelesen werden können. In Kombination mit der Vokabelsoftware BufVok 3.3 sollte es gelingen.
 
Ich würde nicht behaupten Griechisch sei besonders schwer
es ist nur gewöhnungsbedürftig
man kannes aber durchaus Autodidaktisch lernen
 
Ich empfand Griechisch in der Schule eigentlich leichter als Latein. Vergessen habe ich trotzdem bei beiden so gut wie alles. :D
 
Ich habe auch beides gelernt, fand aber Altgriechisch wesentlich schwerer: Das lag zum Teil daran, dass es einfach dank Medium, Aorist, Optativ, Dual etc. viel mehr Formen zu lernen gab. Bei den Verben gibt es obendrein zwei völlig verschiedene Konjugationsfamilien: Die eine, bei der die 1. Person Präsens Singular immer auf -o endet, und die andere mit -mi. Auch zum Übersetzen fand ich Latein leichter.

Was das eigentliche Threadthema betrifft, denke ich, dass man Altgriechisch durchaus autodidaktisch lernen kann, da keine Aussprache trainiert werden muss.
 
Ich stehe grad ein bisschen vor der Entscheidung, ob ich Altgriechisch oder Italienisch lernen soll (hab halt bei beiden jetzt noch die Chance, es umsonst in einem Kurs an der Uni zu machen, aber auch nur noch 1 Jahr Zeit).
Was mich wundert: bei uns an der Uni sollen 2 Kurse zum Greacum führen... wenn ich das hier so lese, kann ich mir das dann doch nicht ganz vorstellen... wahrscheinlich wird es wie schon bei Latein doch wesentlich länger dauern, als gedacht. :hmpf:
Na dann mache ich Italienisch, da kriegt man auch ein Zertifikat, es wird aber nich so schwer, weil ich ja nun schon Latein hatte und Französisch sowieso.
Zu dem Lernen allgemein: mache können sowas sehr schnell und einfach und andere brauchen länger, ich denke probieren kann man es ja mal.
 
Tja, also ich ärgere mich ziemlich, daß ich in der Schule statt Französisch Altgriechisch genommen habe. Die traurigen Folgen dieser Entscheidung werden bei jedem Frankreichurlaub drastisch deutlich. Um mich zu trösten, trage ich jetzt ständig einen 30 cm großen Anstecker "Ich habe das Graecum" am Hemd. :pfeif:
 
Vorschlag: Gehe in den Semesterferien für zwei Monate nach La France und gib dort das Geld was du nicht hast in einer Sprachschule aus. Dann kannst du dich auch ohne Button wieder über das Graecum freuen und Frz. kannst du dann auch noch.
 
Ich ärgere mich auch, dass ich in der Schule statt Französisch Altgriechisch genommen habe. In Frankreich möchte ich zwar ohnehin nicht Urlaub machen, aber im Lebenslauf würde Französisch natürlich wesentlich besser aussehen. Altgriechisch bringt mir rein gar nichts. Aber als ich es in der Schule nahm, dachte ich noch ernsthaft daran, Geschichte, Latein und Archäologie zu studieren.
 
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