Mythos Sparta

PigPriest

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Ich wußte nur wenig über den bizarren Stadtstaat Sparta, bis ich vor ein paar Monaten die hervorragende Dokumentation der History-Reihe im ZDF sah. Eine US-Produktion (History-Channel), für die das ZDF wohl nur die Rechte für eine einzige Ausstrahlung erworben hat, denn eine Wiederholung ist leider nicht in Aussicht. :(
Um so empfehlenswerter ist daher der schöne, und mit vielen Bildern aus der Sendung sehr anschaulich gestaltete Begleitartikel, der auf der Seite des ZDF nachzulesen ist:

ZDF - History - Mythos Sparta

Hier können sich Interessierte einen kurzen Überblick über Sparta und den Feldzug des Perserkönigs Xerxis verschaffen, ohne gleich dicke Geschichtsbücher zu wälzen. :)

Ich habe mich, vor allem durch diese Sendung, inzwischen sehr eingehend mit dem Thema befaßt und ich frage mich, ob das Konzept Lykurgs nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Sicher, es hat über einen verhältnismäßig langen Zeitraum erstaunlich gut funktioniert, aber kann eine Mehrheit auf Dauer von einer Minderheit unterdrückt werden?
 
Ich glaube grundsätzlich ist ein solches System nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt, aber da Sparta selbst ein sehr gemäßigtes Bevölkerungswachstum hatte und die Bevölkerung abnahm, wurde die Überzahl der Periöken und Heloten immer größer. Somit fühlen diese sich immer mehr benachteiligt, man braucht immer mehr Soldaten um sie niederzuhalten und damit macht man sich schwach. Hätte Sparta dagegen ein hohes Bevölkerungswachstum gehabt, hätte man die anderen niederhalten können und trotzdem noch stark auftreten könne, außen- und innenpolitisch.
 
Ist doch wirklich kein Wunder das die Bevölkerung Spartas ständig sank. Welche Frau will denn Nachwuchs in so einer Gesellschaft zur Welt bringen?
 
PigPriest schrieb:
...ob das Konzept Lykurgs nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt war. ...

wobei die moderne Forschung die Geschichtlichkeit Lykurgos bestreitet, und ihn für einen Lichtgott erklärt, der zum menschlichen Gesetzgeber geworden ist.
 
Wahrscheinlich in den letzten Jahrzehnten des 9. Jahrhunderts v. Chr., trat ein Mann in Sparta auf, der einen Umschwung der Dinge hervorrief. Das war der Gesetzgeber Lykurgos.
König Eunomos aus der Familie der Eurypontiden wurde bei inneren Unruhen in Sparta erschlagen. Sein ältester Sohn Polydektes folgte ihm verstarb aber nach kurzer Zeit, deshalb übernahm der jüngere Bruder Lykurgos die Herrschaft. Nach längeren Auslandsaufenthalt in Kreta, Ionien, Kleinasien und Ägypten wegen unberechtigter Vorwürfe kam er nach Sparta zurück und es gelang ihm, dass das Volk neue Gesetze und eine neue Verfassung annahm.
Die Gesetze stellten zunächst die Form der der Staatsregierung und die Aufrechterhaltung des öffentlichen und Privatrechts fest.
Die erblichen jeweils zwei Könige hatten dem Vorsitz im Rat der dreißig Geronten,die alle das 60. Lebensjahr überschritten haben mußten, die Anführung im Kriege, die Vollziehung der Staatsopfer und die Unterhaltung des Verkehrs mit dem Orakel zu Delphie zu verwalten.
Neben den Königen und Geronten gab es noch die Volksversammlung als dritter Bestandteil der Landesverfassung, das waren die dorischen Adelsgeschlechter. Alle Beschlüsse der Geronten, welche das Gemeinwohl betrafen, wurden von der Volksversammlung entweder angenommen oder verworfen. Die Abstimmungen erfolgten ohne Aussprache, nur ausländische Gesandte durften reden, die mit ihrer langen Rede meist das Gegenteil von dem erreichten, was sie bezwecken wollten. :teach:
 
Lieber Heinz, ich weiß ja nicht aus welcher 24Bändigen Ausgabe Weltgeschichte du diesen Text abgeschieben hast, es war jedenfalls nicht die 24Bändige Brockhaus Enzyklopädie (Ausgabe 99). Die beginnt mit: Lykurg, griechisch Lykurgos, lateinisch Lycurgus, legendärer Gesetzgeber Spartas...

Lykurgos wird dort ins Reich der Legende verbannt.

In Hermann Bengtson's "Griechische Geschichte" (Ausgabe 2002) heißt es folgendermaßen: .... Es kann als sicher gelten, daß die spartanische Staatsordnung in ihrer Eigenart allmählich gewoden ist, sie ist nicht das Werk eines einzelnen Gesetzgebers. Weder die mythische Gestalt des Lykurg .....

Also ein Mythos.

It's your turn :trost: :fs:
 
Man kann zum "Kasernenstaat" Sparta stehen, wie man will. Fest steht, dass die Lakedaimonier entscheidend zum Sieg über die Perser und damit zur Rettung der griechischen Unabhägigkeit beigetragen haben.
Der Opfertod des Leonidas bei den Thermopylen war keineswegs sinnlos, setzte er doch den übrigen Griechen ein Zeichen für Spartas entschlossenen Willen zum Widerstand und zur Verteidigung nicht nur der Peloponnes.
Zahlreiche Poleis machten ihre Teilnahme an der Allianz vom Verhalten Spartas abhängig. Zogen die Spartiaten in die Schlacht, so waren auch die Hopliten anderer Poleis motiviert.
Die Spartaner entschlossen sich 479 v. Chr., als für den Peloponnes keine akute Gefahr mehr bestand, zum Angriff auf das persische Heer bei Plataiai. (Natürlich spielte der Druck aus Athen dabei auch eine Rolle). Die Spartaner wurden im Verlauf der Schlacht an den Rande einer Niederlage gabracht und es war dem jungen Pausanias und der Disziplin der Phalanx zu verdanken, dass die Schlacht sich zugunsten der Hellenen wendete. Eine Niederlage hätte das Ende der Polis Sparta bedeutet.
Die Spartaner genossen aufgrund ihrer Kriegskunst bis in das 4. Jahrhundert hinein höchste Bewunderung in Griechenland, allerdings waren viele der übrigen Griechen froh, nicht als Spartaner geboren worden zu sein.
 
Lieber Cato,
die von Dir genannten Fakten und Geschehenisse stimmen wohl. Sparta vergreiste aber im Laufe der zeit immer mehr, weil es immer weniger Spartaner gab, bei einer gleichbleibenden Zahl von Heloten. Die Periöken, Bewohner des Umlandes, die Ackerbau und Gewerbe und Handel betrieben, waren zwar auch freie Spartaner wurden aber zu Waffenübungen im seltesten Fall herangezogen. Sparta wurde in der späteren Geschichte einfach links liegen gelassen. :rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo heinz,
sicher hast Du recht, dass mangelnder Nachwuchs dazu führte, dass sich die Zahl der Spartiaten im Laufe der Zeit dramatisch verringerte. (bei Plataiai 479: ca. 9000, bei Leuktra 371: ca. 600 !) Dass Sparta einfach "links liegen gelassen wurde" trifft allerdings nicht zu. Die kurze Hegemonie Spartas zu Beginn des 4. Jahrhunderts wurde durch die Niederlage gegen die Thebaner bei Leuktra 371 beendet. Eine Eroberung und Zerstörung der Stadt konnte gerade noch verhindert werden.
 
Allerdings ist nicht zu vergessen, dass zumindest bei und nach Leuktra auch Periöken im Heer Spartas dienten. Es ist zwischen Lakedaimoniern und Spartiaten zu unterscheiden (was Xenophon bzgl. Leuktra ja auch tut: 700 tote Spartiaten, 1000 tote Periöken).

Interessant ist auch, dass das Ende Spartas nicht von Innen, sondern von außen eingeleitet wird: die verbündeteten Thebaier, Boioter, Phoker, Arkader, Eleier etc drangen in zwei Marschkolonnen in Lakonien ein und die Spartaner sahen sich genötigt, allen Heloten, die bereit waren, sich zu bewaffnen, die Freiheit zu versprechen. Das sollen dann so ca. 6000 gewesen sein. Interessant ist dabei auch, dass der von den Gegnern erwartete Abfall/AUfstand der Periöken NICHT erfolgte.

(Nachzulesen, wenn ich mich recht erinnere, bei Manfred Clauss, Sparta).
 
Lieber Cato,

nach dem Sieg von Leuktra wagte es der Thebanische Feldherr Epameinodas nicht die Stadt Sparta direkt anzugreifen. Messien wurde wiederhergestellt, er durchzog das Land und erreichte Gytheion am Meer, welches er nicht erobern konnte. Da bei Eintritt des Winters sich Mangel an Lebensmittel einstellte, zog er nach Arkadien weiter und schloß einen festen Bund mit dem neuentstandenen Messien, dass Sparta in Schach halten sollte. :thx:
 
Später versuchte Sparta nochmal die alte Glorie wiederherzustellen, scheiterte damit aber. Das müßte im 2ten Jahrhundert von Chr. gewesen sein. Weiß da jemand genaueres?
 
Ist doch wirklich kein Wunder das die Bevölkerung Spartas ständig sank. Welche Frau will denn Nachwuchs in so einer Gesellschaft zur Welt bringen?

Wobei die spartanischen Frauen sehr viele Kinder im Verhältnis hatten. Gerade um die Kinderproduktion zu fördern wurde in Sparta äußerste Freizügigkeit in der Fortpflanzung gewährt, bis dahin, das Frauen, selbst verheiratete Frauen häufig mit mehreren Männern Beischlaf hatten, sogar: das der Ehemann darum ersuchte und von ihm ausgewählte Männer, meist aus seiner Syssitie darum bat mit seiner Ehefrau Kinder zu zeugen.

Das Problem war nicht die Geburtenrate, den die war hoch, das Problem war der extreme Verschleiß an Menschenleben, die Kindersterblichkeit war sehr hoch, bei der Erziehung wurden nur wenige Erwachsen und die fielen dann fast alle im Krieg.

Ich glaube grundsätzlich ist ein solches System nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt,

Jedes von Menschen ersonnene System scheitert, auch die Demokratie wie wir sie gerade haben wird auf Dauer wieder untergehen. Und dazu hat es Sparta als System länger gebracht und seinen Staat und seine Kultur länger halten können, als bisher die moderne Demokratie! Daraus müsste man also eher folgern, dass das spartanische System dem unseren in der Überlebensfähigkeit, vor allem in Krieg und Krise weit überlegen ist.

Mit der heutigen Medizin und dem geringeren Ausfall von Kindern würden sich die Spartaner als Großmacht ausweiten, ein sehr gut vergleichbarer Staat war das Dritte Reich, dessen Grundideen sich sehr an den spartanischen Orientierten. Die Frage ob sich ein solches System dann durchsetzt ist allein die Frage nach der Stärke der Gegner. Im Fall des Dritten Reiches waren die Gegner wesentlich stärker, im Fall Spartas lange gleichstark oder die Spartaner leicht im Vorteil.

Wahrscheinlich in den letzten Jahrzehnten des 9. Jahrhunderts v. Chr., trat ein Mann in Sparta auf, der einen Umschwung der Dinge hervorrief. Das war der Gesetzgeber Lykurgos.

Lykurgos ist wahrscheinlich schon historisch, aber der Staat und das System Sparta sind in der Form die wir mit Sparta verbinden nicht sein Werk.

Das System Sparta als extremer Militärstaat entstand aus den Kriegen gegen die Messener und den daraus resultierenden Folgen für die Innenpolitik Spartas. Es ist daher kein geschaffenes, sondern ein gewachsenes System.

und ich frage mich, ob das Konzept Lykurgs nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Sicher, es hat über einen verhältnismäßig langen Zeitraum erstaunlich gut funktioniert, aber kann eine Mehrheit auf Dauer von einer Minderheit unterdrückt werden?

Ja das kann sie. Nochmal: Jedes Konzept ist zum Scheitern verurteilt, auch die Demokratie und die Menschenrechte wie wir sie uns heute vorstellen werden irgendwann Geschichte sein. Sparta hat länger als die heutige westliche Kultur gehalten. Ob eine Minderheit eine Mehrheit unterdrücken kann hängt eben nicht nur von der Menge an Menschen ab. Es hängt auch von vielen anderen Faktoren wie der außenpolitischen Situation, dem Technologiegefälle und der Art der Herrschaftsausübung dieser Minderheit ab. Ohne äußere Feinde und Kräfte hätten die Spartaner die Messener und sonstigen Heloten nach belieben immer weiter unterdrücken können, das wäre kein Problem gewesen.

Der Opfertod des Leonidas bei den Thermopylen war keineswegs sinnlos, setzte er doch den übrigen Griechen ein Zeichen für Spartas entschlossenen Willen zum Widerstand und zur Verteidigung nicht nur der Peloponnes.

Dieser Opfertod war militärisch und auch politisch völlig sinnlos, völlig nutzlos. Die anderen Griechen feierten während die Spartaner bei den Thermopylen fielen ein religiöses Fest und kamen mit ihren Truppen den eingeschlossenen nicht zur Hilfe, obwohl man eine Entsatzarmee gehabt hätte und obwohl von athenischer Seite darum ersucht wurde, weil sonst die Blockade durch die Flotte zur See und damit die ganze Defensivstrategie sinnlos gewesen wäre.

Erst viel später, nach dem Sieg über die Perser wurde dann diese Geschichte so aufgebauscht, im Perser Krieg brachte sie moralisch nichts, eher im Gegenteil liefen vermutlich als Reaktion auf diesen Kampf dann einige griechische Staaten zu den Persern über. Militärisch ein völliger Unsinn. Dazu waren das dort nur in der Minderheit Spartaner, weit mehr als 3 mal so viel andere Griechen kämpften dort auch....

Später versuchte Sparta nochmal die alte Glorie wiederherzustellen, scheiterte damit aber. Das müßte im 2ten Jahrhundert von Chr. gewesen sein. Weiß da jemand genaueres?

Google mal nach Nabis, dem Herscher von Sparta. Das darf man sich aber nicht zu großartig vorstellen, es ging nur um die Kontrolle auf dem Peloponnes und dass klassische spartanische System gab es da schon nicht mehr.

Buchempfehlung:

Sparta von Ernst Baltrusch (nur 7,90 Euro, gute Zusammenfassung

Die Spartaner von Carl W. Weber (Klassiker der mit einigen Legenden aufräumt

Das andere Sparta von Conrad M. Stibbe (über die Blütezeit der Kultur in Sparta, die es auch gab
 
Die zeitweilig Restauration Spartas als Regionalmacht 244-192vChr

Die Zeit Alexanders des Großen und die Blütezeit der makedonischen Macht verschlief Sparta sozusagen, begrenzt auf sein altes Gebiet Lakonien. Die Spartiaten hatten vollauf genug damit zu tun, die lakonischen Heloten weiter zu unterdrücken und die Agression von Nachbarstaaten abzuwehren, umgekehrt kümmerte sich niemand um Sparta und auch Alexander ließ die Stadt unbehelligt.

Im Jahr 244 war Sparta völlig am Ende, es herschte immer noch die alte lykurgiche Ordnung, aber der Staat umfasste nur noch 700 Vollbürger, bei einer Einwohnerzahl von Sparta selbst von 20 000 Menschen.

Die meisten verwechseln ja immer die Anzahl der Vollbürger mit der Anzahl der Spartaner, Spartaner waren auch Spartiaten, die aus dem Kreis der Vollbürger ausgestoßen worden waren, z.B. weil sie angefangen hatten zu arbeiten, oder weil sie ihren Beitrag zu den Syssitien nicht mehr bezahlten, diese nannte man Hypomeiones. Dazu kamen die Mischlinge zwischen Spartiaten und Periöken und die Mischlinge zwischen Heloten und Spartiaten, die man Mothakes nannte, diese hatten zwar keine politischen Rechte, nahmen aber sehr wohl an der Ausbildung und dem Erziehungssystem der Vollbürger teil. Militärisch war Sparta also viel mehr als nur diese 700 Vollbürger, das wird gern übersehen. Von den ungefähr 6000 bis 8000 erwachsenen männlichen Einwohnern der Stadt Sparta selbst, waren dann eben 5300 bis 7300 keine Spartiaten, aber sehr wohl Spartaner!

Jedenfalls wurde klar, dass es so nicht weiterging, auf Dauer würde man den sich auf dem Peloponnes gerade bildenden Städte Bündnisssen unterliegen. Dazu nahm die Anzahl derer, die noch die alte Staatsausbildung durchliefen immer weiter ab, und innenpoltisch blockierte sich der Staat mit seinem komplizierten Aufbau selbst. Dazu kam noch einmal der Wunsch auf, wieder die alte Stellung als Militärmacht wieder zu erlangen.

Die Initative dazu ging von dem sehr jungen spartanischen König Agis IV aus. Der stammte aus dem Königshaus der Eurypontiden und bestieg als Jugendlicher 244 den Thron. Er schuf zusammen mit seiner ebenfalls durchgängig jugendlichen Anhängerschaft ein Sozialreform Programm und begann die Missstände in Sparta zu bekämpfen. Das größte Problem war die extreme Lücke zwischen Arm und Reich, selbst unter den Vollbürgern besaßen einige wenige alles, und der Rest gar nichts mehr. Kern des Programms von Agis war zuerst ein vollständiger und allgemeiner Schuldenerlaß, dann die Beschlagnahmung des gesamten Staatslandes und die Neuverteilung desselben auf 4500 Landlose für Vollbürger und ein Novum, 15 000 Landlose für Periöken. Neuspartiat sollte jeder Periöke werden können, der sich dem spartanischen Heer anschloß, jeder Helot konnte nun Periöke werden, wenn er sich den Streitkräften anschloß, noch mehr: auch das Helotentum wurde gemäßigt und Auswüchse wie die Krypteia bekämpft. All diese Reformen direkt nach dem peloponnesischen Krieg gegen Athen, und Sparta wäre expandiert und zu einer immer stärker werdenden Großmacht geworden, die richtigen Reformen also, aber zur falschen Zeit, viel zu spät.

Das ehrgeizige Projekt scheiterte aber am Wiederstand der Reichen Familien unter den Vollbürgern die Agis 241/40 ermorden ließen. Bis dahin hatte sich aber sein Programm als Idee herumgesprochen und auch in anderen Polis Anklang gefunden, vor allem aber stand nach der Ermordung das Gros der Lakedaimonier hinter dem neuen König Kleomenes III der die Ideen von Agis übernahm und sogar noch erweiterte. Um den Wiederstand zu brechen ließ er als erstes die Opposition töten, insgesamt 80 Spartiaten wurden getötet, und das bei nur noch 600 Vollbürgern. Es wurden auch alle Ephoren umgebracht und das Amt des Ephoren abgeschafft, die Macht fiel nach langer Zeit wieder allein den beiden Königen zu. Die Befugnisse der Gerusia wurden begrenzt und dafür das neue Amt des Verfassungswächters, Patronomoi geschaffen. 4000 Landlose wurden an Neuspartiaten vergeben und das Militär massiv gestärkt, aber die alte Staatserziehung aufgeweicht, es fand sich nicht genug Begeisterung, auch die alte Lebensweise wieder 1 zu 1 aufzunehmen. Als weiteres Novum in der spartanischen Geschichte wurden Fremde und Ausländer in den Staat als Bürger aufgenommen.

Der Erfolg war überwältigend, während Sparta vorher nur noch eine Art Dorf war, erzielte es nun erst mal seit langem wieder außenpolitische Erfolge und begann auf dem Peloponnes zu expandieren. Eine ganze Reihe anderer Städte wurde von den Spartanern und Kleomenes erobert oder schloß sich ihm freiwillig an, vor allem der sofortige Schuldenerlaß und die Landneuverteilung auf alle Bürger fanden beim Gros der Bevölkerung anderer Stadtstaaten Anklang. Für 5 Jahre beherschte Sparta wieder den ganzen Peloponnes.

Damit geriet es in direkten Krieg gegen den Achaierbund, Aratus, der Führer der Achaier stand mit den Erfolgen der Spartaner vor dem politischen Aus und entschloß sich daher zu einem extremen Schritt, er verbündete sich mit Makedonien gegen die Spartaner. Und Antigonos III Doson von Makedonien entsandte tatsächlich ein Gros seiner Streitkräfte nach Süden. Eine aberwitzige Entwicklung, definierte sich doch der Achaierbund als Bündnis gegen die Makedonen!

Von 227 bis 221 herschte nun Krieg in der Region, in dem sich die Spartaner trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit und schlechterer Bewaffnung sehr gut schlugen, bis es den Makedonen gelang, die Spartaner 222vChr bei Sellasia zur Schlacht zu zwingen und ihre Armee dort vernichtend zu schlagen. Im Jahr darauf besetzen die Truppen der Achaier und der Makedonen die Stadt Sparta selbst, zum ersten mal in ihrer Geschichte standen Feinde in der Stadt, König Kleomenes floh mit einigen Vollbürgern nach Ägypten, wo er in die Dienste von Ptolemaios III Euergetes trat. Mit der Niederlage von Sellasie endete der Traum einer Restauration der spartanischen Macht endgültig und Sparta war, auch durch die enormen Menschenverluste im Krieg gegen die Makedonen am Ende.

Die Makedonen wollten jedoch Sparta nicht den Achaiern überlassen und hatten selber auch keine Lust, Lakonien dauerhaft zu besetzen, so wurde Sparta noch einmal unabhängig, die Makdonenen schafften aber das Doppelkönigtum und auch die lykurgische Ordnung ab und Sparta wurde eine ganz reguläre Monarchie. Es wurde auch die Staatserziehung zum Krieg untersagt und die meisten wichtigen Grundlagen der typisch spartanischen Kultur wie die Syssiten gingen verloren.

Im Jahr 206 bestieg dann Nabis den spartanischen Thron, vermutlich ein Verwandter des Könighauses der Eurypontiden. Nabis war wieder ein Revolutionär, er zerstörte die allerletzten Reste der spartanischen Kultur und griff zugleich den Gedanken seiner Vorgänger, von einer, heute würden wir sagen komunistischen Revolution auf dem Peloponnes wieder auf. Sein Ziel war das Überleben Spartas als eigenständige Macht zwischen den Großmächten Makedonien und Rom, dass nun ebenfalls schon auf dem griechischen Schauplatz agierte. Er zog dazu alle Register der Politik, und war der letzte fähige und bedeutende Lakedaimonier. Er setzte auf Mord und Gewalt, Friedensinitiativen und Diplomatie, Blitzkriege und Bündnisse und scheiterte am Ende doch. Im Jahr 197 vChr ging er mit Makedonien ein Militärbündnis ein und erhielt für seine Hilfe gegen Rom die Stadt Argos zugesprochen, so viel der älteste Feind Spartas unter spartanische Herrschaft.

Doch er hatte aufs falsche Pferd gesetzt und 196 vChr schlugen die Römer die Makedonen bei Kynoskephalai vernichtend. Auf Anweisung Roms mußte er ein Jahr später Argos wieder räumen, trotzdem griffen ihn die Römer an. Der römische Feldherr Flaminius hatte im gleichen Jahr die „Freiheit“ und „Unabhängigkeit“ aller Griechenstädte verkündet, um diese damit aufzuspalten und zu schwächen, und mußte daher gegen Sparta als Hegemon auf dem Peloponnes vorgehen. 192vChr wurde Nabis auf Geheiß Roms ermordet, nachdem die Römer Sparta vorher schon auf sein Stadtgebiet beschränkt hatten.

Aus Sentimentalität heraus wurde jedoch Sparta nicht besetzt und auch nicht offiziell okkupiert! 188vChr wurde jedoch von den Römern ausdrücklich jede Form von lykurgischer Lebensweise und Staatsordnung untersagt und Sparta war ohnehin nur noch ein bedeutungsloses Dorf, die Aktionen Nabis hatten das Menschenpotential vollends erschöpft, wo die Stadt sich von den Verlusten des Krieges Kleomenes gegen die Makedonen noch nicht erholt hatte.

Als 146 vChr Rom die Oberhoheit über Griechenland übernahm, wurde Sparta zwar Bundesgenosse und Klientel Roms, blieb aber immer noch nominell unabhängig. Das blieb so bis in die Kaiserzeit, zur Zeit des Kaisers Augustus dehnte sogar Sparta seine Herrschaft unter der Führung eines Gaius Julius Eurykles (man beachte den Namen!) auf einige andere Kleinstädte in Lakonien aus, was Rom tolerierte, die Gegend war völlig bedeutungslos geworden.

395nChr zerstörten die Westgoten unter Alarich das Dorf Sparta vollständig. Im Jahr 1248 wird Sparta noch einmal als Weiler im Lehen des Guillame II de Villehardouin erwähnt, der die 30 Einwohner in das von ihm neugegründete Mistra umsiedelte. Mistra spielte dann in der spätbyzantinischen Geschichte noch eine wichtige Rolle. Erst 1834 wurde nebem dem Areal des historischen Sparta das moderne Sparta wieder begründet.
 
wobei die moderne Forschung die Geschichtlichkeit Lykurgos bestreitet, und ihn für einen Lichtgott erklärt, der zum menschlichen Gesetzgeber geworden ist.

Die ganze überlieferte Lebensgeschichte Lykurgs lässt große Zweifel zu, ob Lykurg wirklich als historische Figur existiert hat. Zu sehr orientiert sich seine Lebensbeschreibung am Leben von Solon, man sieht ganz klar, dass die Spartaner so wie die Athener einen Gesetzgeber für ihren Staat wollten, der dem athenischen Pedant gleich war. Die Geschichte ist also konstruiert.

Dennoch zeigt sie einige Besonderheiten, die dann einzigartig sind, z.B. den Teil der Geschichte, wo Lykurg nach Creta ging, um dort von den Cretern zu lernen, und tatsächlich gab es kulturell und geistig zwischen den Dorern auf Creta und denen in Lakonien in der Frühzeit einen regen Kontakt. Die meisten modernen Theorien gehen jetzt davon aus, dass Lykurg eine Figur der Religion, oder gar ursprünglich ein Gott war, der dann als Mensch personifiziert war, ich folge aber der Theorie, dass beides stimmt, dass es einen Menschen Lykurg als bedeutenden Anführer gegeben hat, dessen Namensähnlichkeit mit einem bestimmten religiösen Hintergrund in dann zum Symbol und Schutzgott der spartanischen Verfassung werden ließ.

Ich muß mal fragen: Woher hast du diese Aussage mit dem Lichtgott? Eher das Gegenteil eines Lichtgottes ist nämlich der Fall.

Von Herodot kennen wir einen Spruch aus Delphi, wie der Gott von Delphi Lykurg angeblich begrüßte, als er um Rat suchend eintrat. Und zwar fragt Apoll, ob er Lykurg wegen seiner Menschengestalt jetzt als Mensch oder als Gott ansprechen soll, und Lykurg antwortet, als Gott wäre richtig. Warum sollte so ein hoher Gott wie Apoll einen normalen Menschen Lykurg derart hochstellen, der Ton ist so respektvoll, dass ein Gott Lykurg sogar über Apoll zu stehen scheint.

Welcher Gott soll den dann Lykurg sein? Die Antwort ist ziemlich interessant, Zeus selbst. Genau genommen wird Lykurg von Apoll nämlich Lykoorgos genannt, derselbe Name fand sich auch auf einem Diskus, dessen Inschrift die Begründung der Olympischen Spiele preist, und wer an ihr Beteiligt war. Lykoorgos war aber in der Frühzeit auch ein Beiname von Zeus und spielt auf die Figur des Werwolfes an. Zeus Lykoorgos war Zeus der Wolfsgott. Auch später gab es noch, gerade in Sparta den Kult des Zeus Lykaios, einer der ganz wenigen griechischen Kulte, in denen regelmäßig sehr grausame Menschenopfer dargebracht wurden. Die Idee des höchsten Himmelsgottes als auch eines Gottes der Nacht und der Wölfe findet sich in der Frühzeit nicht nur bei den Dorern, sondern auch in Italien bei den Latinern/Römern oder bei den Germanen (Wodan) und geht daher wohl auf Indoeuropäisches Religiöses Gedankengut zurück.

Lykurgos war also auch eine Personifikation des Zeus. Das er die spartanische Verfassung geschaffen hat, sollte nach Idee der Spartaner zeigen, dass ihr Staatswesen in seiner Verfassung von den Göttern selbst geschaffen wurde. Bzw. vom höchsten Gott in einer Menschengestalt, und in seiner Form als Werwolf/Wolfgott. Dazu kam dann vielleicht eine historische Figur, eines frühen Königs, die Könige waren ja damals auch zugleich die Hohepriester und für den Kontakt zwischen Göttern und Menschen zuständig.

Man kann also in der Figur Lykurg einen frühen König, und Hohepriester des Werwolfkultes des Zeus sehen, oder Zeus selbst in dieser Gestalt, die Figur wurde aber daher wohl doch nicht als Gegenantwort auf Solon künstlich geschaffen, denn sie ist älter, sondern um klar aufzuzeigen, dass die spartanische Gesetzgebung eine göttliche Herkunft hat.

Entgegen aber der Überzeugung der Spartaner selbst, ist ihre Verfassung und ihr Staatswesen ein gewachsenes System, dass von niemanden geschaffen wurde, sondern sich durch ganz spezielle Umstände langsam entwickelte, wie wir heute vor allem aus archäologischen Funden wissen. Vollständig ausgereift war es sogar erst nach dem 1 Messener Krieg, erst ab da tritt uns der reine Militärstaat Sparta entgegen, es war also gar nicht so alt, wie die Spartaner selbst glaubten.
 
Quintus Fabius schrieb:
…die Kindersterblichkeit war sehr hoch

Meiner Meinung nach war die Kindersterblichkeit nicht höher als in anderen griechischen poleis auch, vielmehr lag die Ursache der Diskrepanz von Neugeborenen und den Überlebenden bei den Spartiaten selbst. Sie mussten ihre Neugeborenen nämlich einer Ältestenkommision vorführen, die diese, wenn sie sie für zu schwach befunden hatte, in den Bergen aussetzten ließ, was diese noch so angreifbaren Wesen wohl kaum überlebten.
 
Bei den Römern gab es diesen Brauch in der Frühzeit auch. Später hatten die Väter dieses Recht zwar theoretisch auch noch, nur wurde es nicht mehr ausgeübt.
 
Meiner Meinung nach war die Kindersterblichkeit nicht höher als in anderen griechischen poleis auch, vielmehr lag die Ursache der Diskrepanz von Neugeborenen und den Überlebenden bei den Spartiaten selbst. Sie mussten ihre Neugeborenen nämlich einer Ältestenkommision vorführen, die diese, wenn sie sie für zu schwach befunden hatte, in den Bergen aussetzten ließ, was diese noch so angreifbaren Wesen wohl kaum überlebten.

Eine sehr bekannte Überlieferung, aber man muß sie noch detaillieren, sonst kommt sie verfälscht an. Tatsächlich wurden die Neugeborenen einer Ältestenkommision vorgeführt und begutachtet, sie wurden jedoch nur bei offenkundiger körperlicher oder geistiger Behinderung ausgesetzt, z.B. im Fall von Missbildungen oder wenn sie z.B. mongoloide waren. Primär aber diente diese Begutachtung der Frage, ob man das Neugeborene in den Kreis der Vollbürger aufnahm, erweckte einen Gesunden und Kräftigen Eindruck, so wurde das Kind von der Kommission mit einem Landlos bedacht, es erhielt also schon hier als Kind das Stück Staatsland, dass es dann als Spartiat als Lebensgrundlage nutzen sollte. Schwache Kinder, die nicht behindert waren wurden nur Teilweise mit den behinderten Säuglingen im Taygetos Gebirge ausgesetzt, in der Mehrheit wurden sie aber am Leben gelassen. Wie gesagt: diente diese Prüfung vor allem der Zuteilung eines Landloses und der Frage der Aufnahme in den Kreis der Vollbürger und nur sekundär der Ausmerzung von Behinderten, jedoch nicht der von körperlich Schwachen.

Wenn man abschätzt, wie viele Kinder bei dieser Musterung den Tod fanden, dann ist das kein ausreichend großer Anteil, um bei den Geburtenraten die im Vergleich zu anderen Polis erhöhte Kindersterblichkeit zu erklären, diese Liegt in der Staatserziehung, der Agoge selbst begründet. Schon vor dem 7 Lebensjahr war das primäre Erziehungsziel das Ertragen von Schmerzen, Hunger, Durst, Kälte, Furcht, Schläge, Hitze und bedingungsloser Gehorsam. Das wurde dann mit dem 7 Lebensjahr, wenn die Knaben vom Staat eingezogen wurden noch drastisch verschärft. Die Knaben wurden in Gruppen, sogenannten Rotten, unter der Aufsicht eines älteren Jugendlichen des Eiren eingeteilt. Sie lebten nur noch draußen, auch im Winter, liefen nur noch Barfuß und erhielten nur noch einen Mantel für ein Jahr. Ab dem 14 Lebensjahr, so sie bis dahin überlebten kamen sie in eine höhere Klasse, sie durften nur noch auf Schilf schlafen, und der ganze Tagesablauf bestand nur aus Kriegsübungen. Sie erhielten nichts zu essen und mussten sich das Essen selber zusammen sammeln oder stehlen, wenn sie dabei erwischt wurden, wurden sie extrem hart bestraft, nur dafür, dass sie erwischt wurden. Und dann gab es noch die jährlichen Auspeitschungen von Jünglingen, die Krypteia, in der die Knaben in der Nacht ins Helotenland zogen und nachts die Heloten überfielen und umbrachten usw, mit 18 Jahren wurden sie dann als Vollbürger in die Phalanx aufgenommen, blieben aber noch bis zum 30 Lebensjahr dauerhaft kaserniert und durften erst dann heiraten.

Bedingt durch diese Lebensweise und Erziehung starben so viel Kinder und Jugendliche in Sparta, die meisten noch vor dem 14 Lebensjahr. Wer bis 14 überlebt hatte, packte dann meist auch noch den Rest.
 
Bedingt durch diese Lebensweise und Erziehung starben so viel Kinder und Jugendliche in Sparta, die meisten noch vor dem 14 Lebensjahr. Wer bis 14 überlebt hatte, packte dann meist auch noch den Rest.

Die hohe Kindersterblichkeit war kein herausragendes Merkaml von Sparta. Diese war generell sehr hoch. Bedingt durch das Nichtbehandeln können der Kinderkrankheiten etc. war die hohe Kindersterblichkeit noch im Mittelalter, ja sogar bis in die Neuzeit ein Problem.
Die Erziehung in Sparta war zwar hart, aber nur in den seltensten Fällen tödlich.
Auch Plutarch, der die "Geburtenkontrolle" bei kranken Neugeburten unter Lykurg beschreibt, ist hier nicht fehlzuinterpretieren, da es selbst in Rom noch Brauch war, daß der Vater sein neugeborenes Kind erst anerkannte, wenn er es vom Boden aufhub bzw. der Mutter aus den Armen nahm. Der Unterschied ist sicherlich dann der, daß die spartanische Gesellschaft über eine Kommission die Beurteilung bildete, während in Rom der Einzelne die Entscheidung fällte.
Nichtdestotrotz dürfte das Nichtaufnehmen in die spartanische Gesellschaft weitaus weniger häufiger vorgekommen sein, als in der römischen Gesellschaft, da in Sparta nur die Gesundheit zählte (faktisch beim Neugeborenen also Erbkrankheiten oder Mißstaltungen), während der römische Vater zusätzlich noch seinen Gefühlen zur Mutter unterlag. Man stelle sich einmal vor, der Vater hegt den Verdacht, daß das Kind ein Kuckuckskind sei... .
 
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