Abhängigkeit der römischen Wirtschaft vom delischen Sklavenhandel?

aquilifer

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Hallo alle zusammen,

nach dem 3. Makedonischen Krieg erlebte Delos ja ab 166 v. Chr. einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung durch die Ernennung zum Freihafen und entwickelte sich fortan zum größten Sklavenmarkt der römischen Welt. Mit "Ware" wurde er vornehmlich von den Seeräubern des östlichen Mittelmeers versorgt, für die dies ein einträgliches Geschäft war.
Roms Verhalten gegenüber der Piraterie zu diesem Zeitpunkt war eindeutig passiver Natur, sieht man von einer Gesandtschaft unter der Führung Scipio Aemilianus' im Jahr 140 v. Chr. ab, die die Seleukiden auf Grund ihrer militärischen und politischen Schwäche für die grassierende Piraterie in die Verantwortung nehmen sollte.

Warum eine solche Zurückhaltung? Einige Autoren nennen die Abhängigkeit der römischen Wirtschaft vom delischen Sklavenhandel und damit auch von den Piraten als Ursache - die nach dem 2. Punischen Krieg in Italien aufgekommene Latifundienwirtschaft habe ungeheure Ressourcen an "man-power" benötigt.

So, jetzt endlich zu meiner Frage. :pfeif: Wie vital war Delos für die Versorgung der Latifundien mit Sklaven? Gibt es irgendwelche Quellenbelege? Stellt der versklavte Kriegsgefangene tatsächlich eine Ausnahme dar?

Ich bin für weiterführende Hinweise jeder Art sehr dankbar. :cry:
 
Hi

Ist nur ein Gefühl und daher absolut unbelegt. Habe mich bislang noch nicht all zu sehr mit antiker Wirtschaft auseinandergesetzt. Aber Rom führte im 2. Jh. v. an allen Ecken immer wieder Krieg. Es musste also doch eine ganze Menge von versklavten Kriegsgefangenen gegeben haben. Ich glaube daher nicht, dass der versklavte Kriegsgefangene eine Ausnahme war, sondern eher die Regel.
Ebenso glaube ich nicht, dass allein über die Piraten der Menschenbedarf auf den Latifundien gedeckt werden konnte.
Also für mich klingt diese Theorie nicht wirklich plausibel.
 
Hallo,

Quellenbelege kann ich leider nicht bieten. Für die "Beschaffung" von Sklaven konnte vom Ende des 2. Punischen Krieges bis zur endgültigen Zerstörung Karthagos die nahezu pausenlose - wie auch immer geartete -Kriegführung Roms die Hauptquelle darstellen. Allein bei der Unterwerfung der gewonnen Gebiete mussten zwangsläufig eine Vielzahl von Menschen ihre Freiheit verlieren. Und hier muss auch das Gebiet der Gallia Cisalpina miteinbezogen werden, in dem nach dem Ende des 2. Punischen Krieges die norditalischen Kelten rigoros unterworfen wurden.

Das in der Folge auch die römischen Steuerpächter kurzfristig jeweils für "Nachschub" sorgten, möchte ich annehmen. Es ist belegt, dass diese spezifisch römische Form der Steuererhebung mit erheblichen Härten und Ungerechtigkeiten ggü. der Bevölkerung einherging.

Von überregionalem Interesse erscheint mir Delos indes, bedenkt man, das es als Freihafen weitgehend autark war. Es wäre also anzunehmen, dass an einem solchen Platz nicht lange nach der Herkunft der "Ware" gefragt worden war.

In späterer Zeit, als das Piratenunwesen im östlichen Mittelmeer dann immer grössere Ausmasse annahm, muß Delos der Hauptumschlagplatz für die von den Piraten verschleppten Menschen gewesen sein.

Letztendlich kann aber davon ausgegangen werden, dass punktuell auch grössere Sklavenmengen für die Latifundienarbeit in Delos gekauft worden sind.
 
Ich würde speziell der Insel Delos keine derart nachhaltige Bedeutung für die Belieferung der Latifundien mit Sklaven beimessen. Zwar ist es richtig, dass die Insel im Jahr 166 v. Chr. von Rom zum Freihafen erklärt wurde und sich anschließend zum größten Sklavenmarkt der Oikumene entwickelte. Doch diese Blütezeit war nur von kurzer Dauer, denn 88 v. Chr. wurde Delos von der Flotte des Mithridates VI. geplündert und 69 von Piraten verwüstet.

Nach der Neugründung von Korinth im Jahr 44 v. Chr. verödete schließlich die Handelsstadt und es hielt sich nur noch eine bescheidene Siedlung bis ins 7. Jh. n. Chr. Die Sklavenlieferungen in die verschiedenen Reichsteile hielten freilich unvermindert an, kamen jedoch nach dem Absinken von Delos aus anderen Teilen des römischen Imperiums.

Ohne Zweifel war die Sklavenhaltung jedoch unverzichtbar für die Latifundien, da das Bauerntum – d.h. die Kolonen – schon zahlenmäßig zur Bewirtschaftung nicht ausreichten.
 
Endlich habe ich ein bischen greifbares Material gefunden: Bang, M., Die Herkunft der römischen Sklaven (I.), Röm. Mitteil. 25, 1912, 248.

Nach Sichtung des vorhandenen Inschriftenmaterials sind laut Bang im 2. Jh. v. Chr. etwa 3/5 der dem Namen nach bekannten Sklaven Kleinasiaten und Syrer. Um die Mitte des 2. Jahrhunderts häufen sich in größerer Zahl syrische und kilikische Namen, gegen Ende des Jahrhunderts bythinische und karische.

Delos scheint also in der Tat eine bedeutendere Rolle eingenommen zu haben. :grübel:
 
Ich verstehe nicht, inwieweit diese Inschriften etwas über die Größenordnung des Sklavenhandels in Delos im Vergleich zu den Kriegsgefangenen aussagt. Oder über den Anteil, den Sklaven an den Latifundienarbeitern in Italien gehabt haben. Und das war doch deine Ausgangsfrage!
 
Welche größeren Kriegshandlungen gab es zu dieser Zeit, in Folge dessen Kleinasiaten oder Syrer hätten versklavt werden können? Da wäre nur der Krieg 192-188 v. Chr. gegen Antiochos III. in Griechenland zu nennen. Gerade aber die syrische Küste war auch eines der Hauptziele der kilikischen Piraterie.

Es ist mE also wahrscheinlich, dass ein Großteil der Menschen entweder durch ebendiese Piraten oder aber durch die publicani, die opa wuttke schon anführte, versklavt worden sind. Der weitere Verkauf in den meisten der Fälle über Delos erscheint dann ja als logische Konsequenz. Wie viele der Sklaven nun tatsächlich in Latifundien eingesetzt wurden, darüber sagt die Zahl natürlich nichts aus. Aber dass die Mehrheit aller Sklaven wohl eben aus dem östlichen Mittelmeer stammte, legt doch obigen Schluss bez. Delos nahe.

Oder ist das Unsinn? :S
 
Ich denke, es steht außer Frage, dass Delos ein wichtiger Handelspunkt im östlichen Mittelmeer gewesen ist und dass dort wohl auch die Mehrzahl der Sklaven in diesem Gebiet verkauft worden sind. Das belegen ja auch die Inschriften.
Aber dass die Mehrheit aller Sklaven aus dem östlichem Mittelmeer stammte, muss nicht so sein. Auch wenn Rom in dieser Zeit (160 - 80 v. Chr.) nicht allzu viele Kriege im Osten führte, gab es genügend andere Kriegsschauplätze, von denen Sklaven nach Italien kommen konnten - Africa, Spanien, Expansion auf dem Balkan und in Richtung Donau/Noricum fallen in diese Zeit. Und von diesen Sklaven dürfte nur ein geringer Teil Delos gesehen haben.
 
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