Bürgerkrieg: Verstärkungen aus dem Osten?

R.A.

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In den letzten Tagen habe ich verschiedene Details über die römischen Bürgerkriege nachgelesen, insbesondere über die Spätphase, d.h. die Entscheidungskämpfe zwischen den Triumvirn.

Und da ist mir nebenbei etwas aufgefallen:
Sowohl bei Pompejus als auch bei Marc Anton ist davon die Rede, daß diese sich in den Ostteil des Reiches zurückzogen (wo sie gut vernetzt waren), um Truppen etc. für den Machtkampf zu rekrutieren.

So ganz ist mir nicht klar, wo diese Truppen herkamen.
Natürlich waren im Osten einige Legionen stationiert, die man übernehmen konnte (obwohl bestimmt einige davon als Garnison zurückbleiben mußten - so gefestigt waren die Eroberungen dort doch noch nicht, daß es ganz ohne römische Soldaten ruhig geblieben wäre).
Natürlich gab es im Osten reichlich Geld und verschiedenen Sorten Hilfstruppen (Bogenschützen, Reiterei ...).

Aber es gab dort doch m. W. fast keine Kolonien oder andere römische Ansiedlungen, von denen man hätte "echte" Legionäre rekrutieren können.

Während im Westen ja fast beliebig viele römische/italienische Soldaten ausgehoben werden konnten.

Oder liege ich da falsch und es waren durchaus nennenswerte Rekrutierungspotentiale im Osten verfügbar?
 
Eine Provinz wie Asia bot schon genug Ressourcen, um ein paar Legionen aufzustellen. Darüberhinaus gab es aber mit den Vasallenkönigreichen Wie Pontus, Armenia, Judaea und nicht zuletzt Ägypten auch jede Menge dienst- und hilfeverpflichteter Königreiche, deren Truppen- und Flottenkontingente herangezogen werden konnte. Von Geld ganz zu schweigen.
 
Eine Provinz wie Asia bot schon genug Ressourcen, um ein paar Legionen aufzustellen.
Aber doch nicht mit Soldaten der nötigen Legionärsqualität.
Die Römer haben doch eigentlich jede (Infanterie-)-Armee des Ostens mit Leichtigkeit besiegt, weil ihre Leute ganz anders geschult waren.

Erfahrene Legionäre gab es in Italien (und später in den Veteranensiedlungen in den Kolonien), aber doch nicht im Osten?
 
Doch. Diese Vasallenstaaten kannten die Römer schon ein paar Jahre, im Zweifelsfalle aus leidvoller Erfahrung. Fast immer wurden nach solchem intensiven Kennenlernen Strategien und Waffen entwickelt, die wiederum die Schwäche der Legionen ausnutzen (M. L. Crassus hätte da ein Lied von singen können, mit Gold in der Kehle).
Nicht zuletzt: Size matters. Fast alle Armeen des Ostens bauten auf schiere Größe, auch wenn die Geschichte überdurchschnittlich oft dies nur als große Niederlagen abheftet. Trotzdem wurde das Schema wiederholt. Man fühlt sich eben mit 100.000 Mann wohler als mit 10.000.
 
Außerdem gab es im Osten auch noch zahlreiche Söldner, die gerne ihre Dienste anboten. Mark Anton und Kleopatra griffen unter anderem darauf zurück, als sie sich für den Krieg gegen Octavian rüsteten. Diese Söldner fanden sich fast im gesamten Osten, von Kleinasien bis nach Baktrien.

Sogar Vergil erwähnt diese Söldnerverbände in seiner Aeneis, als Octavian mit seinen "in jeder Hinsicht überlegenen italischen Legionen" die "schwachen, degenerierten Orientalen" unter Antonius' und Kleopatras Führung bei Actium in die Flucht schlägt (Vergil, Aeneis 8, 678-688).
 
Also kann man davon ausgehen, dass Pompeius bei Pharsalus nicht mit Legionären antrat sondern quasi nur mit Auxilien?
 
Das Heer des Pompeius

Zu den Rüstungen des Pompeius in Griechenland (als er ein ganzes von Caesar ungestörtes Jahr gehabt hatte) findet sich in Caesars Bello Civile, III / 3, eine ausführliche Aufstellung, hier eine kleine Zusammenfassung:

Neun Legionen befanden sich bei Borea in Makedonien: Fünf hatte Pompeius aus Italien mitgebracht, eine Veteranenlegion aus Cilicien (die sogenannte Zwillingslegion, weil sie aus zwei Legionen zusammengestellt worden war, eine aus Creta und Macedonien aus Soldaten, die sich nach ihrer Entlassung in diesen Provinzen niedergelassen hatten), zwei Legionen aus Asien, die der Consul Lentulus ausgehoben hatte. Dazu eine große Anzahl von Soldaten aus Thessalien, Böotien, Achaia (Griechenland) und Epirus als Ersatzmannschaft, die auf die einzelnen Legionen verteilt wurden.
Irgendwie komme ich insgesamt nur auf acht Legionen, aber so hat Caesar es geschrieben. Evtl. hat er die Zwillingslegion als zwei Legionen gezählt?

Weiterhin: 3000 Bogenschützen, zwei Cohorten Schleuderer zu je 600 Mann
7000 Reiter, darunter 600 Gallier von Deiotarus und 500 ehemals unter Gabinius stehende Gallier und Germanen, die dieser in Alexandrien als Besatzung beim König Ptolemäus zurückgelassen hatte (der Sohn des Pompeius hatte sie herübergeführt).
Außerdem noch eine große Flotte aus allen Provinzen und Königreichen des Ostens.

Weitere zwei Legionen erwartete Pompeius von Scipio aus Syrien, die eigentlich dazu gedacht waren, die Grenze gegen die Parther zu sichern. Caesar schickte ihm eigene Truppen entgegen, um Scipio aufzuhalten und die Vereinigung mit Pompeius zu verhindern. Die Kämpfe verliefen wechselvoll, aber nach Dyrrhachium (und vor Pharsalus) vereinigt sich Scipio mit Pompeius bei Larissa. Pompeius hielt eine Rede, in der er Scipios Soldaten ermunterte, nun, da der Sieg schon errungen sei, an der Beute und an den Belohnungen teilzunehmen. In der Schlacht von Pharsalus stand Scipio mit seinen syrischen Legionen im Zentrum von Pompeius' Schlachtreihe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Pompeius kammit fünf Legionen aus Italien? Warum hat er sich dann aus Italien zurückgezogen? Caesar hatte doch nur eine einzige Legion. Oder war das viel später und Caesar hatte in der Zwischenzeit mehr Legionen ausgehoben/aus Gallien nachgezogen?

Ich gebe zu de bello civile nie gelesen zu haben.
 
Das finde ich auch interessant. Ich erinnere mich, einmal gelesen zu haben, dass in Italien nur zwei Legionen unter seinem Kommando standen. Ist es möglich, dass andere Truppen zum Beispiel aus Spanien nach Italien verschifft wurden, und dann gleich mit seinen Legionen nach Griechenland übersetzten?
 
Laut bellum civile stellt sich die Situation nach Caesars Einnahme von Corfinium wie folgt dar: Pompeius blieb mit 20 Kohorten in Brundisium, während die Consuln mit einem großen Teil des Heeres bereits nach Dyrrhachium aufgebrochen waren. Caesar versuchte nun, die Ausfahrt des Pompeius zu blockieren, was misslang.
20 Kohorten entsprechen ungefähr zwei Legionen. Da zu diesem Zeitpunkt bereits ein großer Teil des Heeres nach Griechenland verschifft wurde, kann man also durchaus auf fünf Legionen kommen. Zu diesen fünf Legionen gehörten auch die zwei Legionen, die Pompeius kurz vor Ausbruch des Krieges von Caesar erhalten hatte, ihrer Treue konnte Pompeius sich nicht sicher sein.

Es ist richtig, dass Caesar mit nur einer Legion den Rubicon überschritt, vor Brundisium erschien er jedoch mit sechs Legionen: Drei Veteranenlegionen und den übrigen, die er aus der neuen Aushebung zusammengestellt und auf dem Marsch aufgefüllt hatte. Genauer gesagt waren inzwischen die 12. und die 3. Legion zu Caesar gestoßen, 22 Cohorten wurden in Gallien (Gallia Cisalpina?) neu ausgehoben, dazu kamen 300 Reiter des norischen Königs.

Fazit: Nachdem der Rubicon überschritten war, lief die Mobiliserung rasend schnell. Bis zu seiner Überfahrt nach Griechenland (nach dem Hispanien-Feldzug) hatte Caesar zu den elf Legionen, mit denen er den Krieg begonnen hatte, siebzehn neue hinzugeführt, zum Großteil waren das ehemalige Legionen des Pompeius.

Wer Caesars Buch über den Bürgerkrieg lesen möchte: Das gibt's auch auf deutsch, z. B. hier: Der Bürgerkrieg: Gaius Julius Caesar: Amazon.de: Bücher
 
Fast alle Armeen des Ostens bauten auf schiere Größe, auch wenn die Geschichte überdurchschnittlich oft dies nur als große Niederlagen abheftet.

Das ist das Bild, welches die griechischen und römischen Historiographen zeichnen. Ob man sich auf solch parteiische Quellen verlassen kann?

Trotzdem wurde das Schema wiederholt. Man fühlt sich eben mit 100.000 Mann wohler als mit 10.000.

Das Schema wurde tatsächlich wiederholt - nämlich in der Historiographie. Man sollte den Satz daher ändern und folgendermaßen formulieren: Die griechischen Historiographen waren es, die sich bei ost-westlichen Schlachtenschilderungen mit (mindestens) 100.000 Orientalen wohler fühlten als mit 10.000 Orientalen. Umso mehr, desto besser. Ob uns das etwas über die realen Gebräuche der altorientalischen Kriegsführung verrät oder vielleicht doch mehr über die Geisteswelt der antiken Historiographen ist eine offene Frage.
 
Außerdem gab es im Osten auch noch zahlreiche Söldner, die gerne ihre Dienste anboten.
Die aber wohl in klassischer Phalanxtaktik fochten - also nicht die geeigneten Leute, um eine Legion aufzustellen.

So verstehe ich dann auch die von Dir zitierte Vergil-Stelle.
Mal von der chauvinistischen Formulierung abgesehen - Antonius mußte offenbar wirklich auf ausbildungsmäßig und taktisch unterlegene einheimische Reserven zurückgreifen, und hat damit dann gegen die römischen Legionen Octavians verloren.
 
Zu den Rüstungen des Pompeius in Griechenland (als er ein ganzes von Caesar ungestörtes Jahr gehabt hatte) findet sich in Caesars Bello Civile, III / 3, eine ausführliche Aufstellung,
Vielen Dank, genau so etwas hatte ich gesucht.

eine aus Creta und Macedonien aus Soldaten, die sich nach ihrer Entlassung in diesen Provinzen niedergelassen hatten ...
zwei Legionen aus Asien, die der Consul Lentulus ausgehoben hatte.
Sehr interessant.
Es gab also tatsächlich schon genug Militärkolonien im Osten, um daraus zu rekrutieren.

Dazu eine große Anzahl von Soldaten aus Thessalien, Böotien, Achaia (Griechenland) und Epirus als Ersatzmannschaft, die auf die einzelnen Legionen verteilt wurden.
Das klingt eher nach Einheimischen, die dann auf Legionärsart gedrillt wurden.

Weiterhin: 3000 Bogenschützen, zwei Cohorten Schleuderer zu je 600 Mann ...
Das sind dann die klassischen Hilfstruppen, die natürlich im Osten gut verfügbar waren.


Insgesamt vielen Dank für Eure Antworten.
 
Es gab im Osten ja auch einige Vasallenkönigreiche auf deren Truppen man zurückgriff. Gut möglich, dass die auch bereits auf Legionärsart ausgebildet und bewaffnet waren und deshalb in vorhandene Legionen leicht integriert werden konnten.
 
Es gab im Osten ja auch einige Vasallenkönigreiche auf deren Truppen man zurückgriff. Gut möglich, dass die auch bereits auf Legionärsart ausgebildet und bewaffnet waren und deshalb in vorhandene Legionen leicht integriert werden konnten.

Sehr gut möglich. Die Legio XXII Deitoriana stammte aus dem "Nachlass" eines Königs Deitorus, dessen Reich im römischen aufging.
 
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