Bürgerrecht & Anerkennung in der römischen Armee

AntoninusPius

Neues Mitglied
Hallo miteinander,
um sich als Freiwilliger bei den römischen Legionen zu melden mussten bekanntlich folgende Kriterien erfüllt werden:

  • Vollständiger und gesunder Körper
    • Gute Sehkraft
    • Gute Ausdauer & Kraftvoll
    • Alle Finger, Zähne & Gliedmaßen
    • Bevorzugt (abgehärtete) Männer aus der Landwirtschaft
    • Mindestalter von ~17 Jahren

  • Formal: Römisches Bürgerrecht
  • Formal: Keine Kriminelle Vergangenheit
  • Körpergröße: > 166 cm
  • Geschlecht: Männlich
  • Familienstand: Ledig

1. Frage: Wie wurde tatsächlich festgestellt, ob die Person X das römische Bürgerrecht hat oder nicht? Damals gab es ja keinen Reisepass?!. Können wir dann davon ausgehen das in den römischen Legionen ausschließlich Lateinisch gesprochen wurde bzw. war die Beherrschung der lateinischen Sprache auch ein Kriterium das einherging mit dem römischen Bürgerrecht?

2. Frage: Welche Anerkennung hatte ein durchschnittlicher römischer Legionär in der Zivilbevölkerung? War es wie heute, wo der Beruf Soldat eher Ablehnung und Abneigung hervorruft?
Vielen Dank schon im Voraus für Eure Antworten freu mich schon drauf :winke:

Abrenzung:
-Um die Herrschaft des Kaiser Trajan ~ 105 n. Chr.
-Relative Friedenszeiten und keine Zwangsrekrutierungen
 
Wie wurde tatsächlich festgestellt, ob die Person X das römische Bürgerrecht hat oder nicht? Damals gab es ja keinen Reisepass?!
Ob jemand das römische Bürgerrecht hatte, konnte sehr wohl überprüft werden. Bei den Römern musste nämlich die Geburt eines Kindes binnen 30 Tagen den Behörden gemeldet und in ein öffentliches Register eingetragen werden. Als Bürgerrechtsnachweis konnte man sich eine "testatio" seines Eintrags ausfertigen lassen, das war eine zusammenklapp- und verschließbare Tafel, in die der Nachweis eingraviert wurde. Falls es Zweifel hinsichtlich der Echtheit gab, musste der Inhaber sieben Zeugen aufbieten können, die die Echtheit bestätigten.

Können wir dann davon ausgehen das in den römischen Legionen ausschließlich Lateinisch gesprochen wurde bzw. war die Beherrschung der lateinischen Sprache auch ein Kriterium das einherging mit dem römischen Bürgerrecht?
Latein war Kommandosprache. Das blieb sie sogar im griechisch dominierten Osten bis in die frühe oströmische Zeit hinein: Die Soldaten lernten erforderlichenfalls bei ihrer Ausbildung Latein.

Dass man Latein können musste, um das Bürgerrecht zu erhalten, ist mir nicht bekannt. Ich glaube es aber ausschließen zu können, da manchmal einer ganzen Stadt mit einem Schlag das Bürgerrecht verliehen wurde, da wird man wohl kaum nachgeprüft haben, ob die Bewohner alle Latein konnten (oder die, die es nicht konnten, ausgenommen haben). Spätestens als unter Caracalla alle freien Reichsbewohner das Bürgerrecht erhielten, spielten Lateinkenntnisse dafür sicher keine Rolle mehr. Zumindest im Osten konnte dann sicher nicht jeder Bürger Latein.

Welche Anerkennung hatte ein durchschnittlicher römischer Legionär in der Zivilbevölkerung? War es wie heute, wo der Beruf Soldat eher Ablehnung und Abneigung hervorruft?
Lange Zeit dürfte der gesellschaftliche Status eines Legionärs relativ gut gewesen sein. Das änderte sich in der Spätantike, als der Soldatenberuf für Söhne von Soldaten quasi verpflichtend wurde und dadurch ein bisschen sklavereiartig wirkte.
Das "cingulum", der Soldatengurt, galt geradezu als Statussymbol. Der "Zauber der Montur" wirkte auch bei den Römern. Lies dazu die 16. Satire von Iuvenalis, in der er die Vorzüge des Soldatseins behandelt, z. B. dass sie in Zivilprozessen vor Gericht eine Vorzugsbehandlung erfuhren. Soldat zu sein hatte auch rechtliche Vorteile, weil Soldaten über ihren Sold auch dann frei verfügen konnten, wenn ihr pater familias noch lebte. (Normalerweise gehörte auch das Vermögen bereits erwachsener Männer ihrem pater familias, sofern er ihnen nicht ein "peculium" zur freien Verfügung einräumte.)
 
Schöner Beitrag Ravenik!
Betreffs des Ansehens bei der Bevölkerung würde ich meist davon ausgehen, dass sich die Bevölkerung gegenüber den Soldaten respektvoll verhielt. Bei Prozessen mit Beteiligung von Soldaten waren oft nicht die "normalen Zivilrichter" zuständig, sondern es schaltete sich das Militär ein, dem oft vorgeworfen wurde, seine Männer besonders zu schützen...
Soldaten waren als Solche immer an ihrer Kleidung zu erkennen, auch wenn sie nicht "dienstlich" unterwegs waren. Es sei denn, sie hätten Gründe sich im wahrsten Sinne des Wortes zu "verkleiden". In Rom galt ein recht strikter "Dresscode"!

Ich würde das Verhältnis an weiteren Punkten fest machen:
+ Die Soldaten sahen sich - und waren auch die "Männer des Kaisers" und sein verlängerter Arm. In den Soldaten war der Wille des Kaisers sichtbar... Dergleichen fand sich noch bis vor gut 100 Jahren auch in Deutschland, wenn auf die Ehre verwiesen wurde, den "Rock des Kaisers" zu tragen!

- Die Bevölkerung wusste wohl nur zu gut, dass die Masse ihrer hart zu erarbeitenden Steuern letztlich den "faulen, oft brutalen Soldaten" zugute kam. Man legte sich besser mit ihnen nicht an. Wer es sich leisten konnte, versuchte sich unter ihnen einen Mann gewogen zu machen, den er bei Bedarf "ansprechen" konnte; etwa bei Verbrechen. Denn Soldaten wurden oft auch mit Polizeiaufgaben betraut. Gefürchtet war die Korruption im Militär. All das ist im weitgehend auf persönliche Beziehungen zurückzuführenden römischen Klientelsystem wiederzufinden, war also nichts wirklich spezifisches...
 
Wow viele Dank für die ausführliche Antworten :yes: Mir war zwar bisher bewusst, dass die Römer einen soliden Beamtenappart hatten, aber das sie so präzise waren ist mir echt neu... da könnte man glatt meinen das manche Staaten heute eine weniger funktionierende Bürokratie haben als die Römer vor 2000 Jahren. Faszination Pur! :cool:
Der Soldatengurt finde ich echt genial - Indemfall hatte Soldat der römischen Legionen zu sein doch die eine oder andere Annehmlichkeit =)
 
Das auf jeden Fall. Immerhin hatten die Legionäre auch ein geregeltes Einkommen (wozu noch Sonderzahlungen vor allem anlässlich des Regierungsantritts eines neuen Kaisers kamen) und bekamen nach Dienstende eine Abfertigung (in der Republik Land, in der Kaiserzeit dann zunehmend Geld). Als "Arbeitnehmer" waren sie von der Absicherung her deutlich besser gestellt als freie zivile Arbeitnehmer.

Man sollte das Soldatsein aber auch nicht idealisieren (wie es heute mitunter geschieht). Die Ausrüstung und das Marschgepäck waren schwer, die Disziplin streng, die Strafen hart, Soldaten wurden für vielfältige Arbeiten (z. B. Straßenbau) herangezogen, und natürlich bestand immer die Gefahr eines Krieges mitsamt Schlachtentod. Natürlich konnte man auch nicht einfach den Dienst quittieren und musste immer damit rechnen, irgendwohin verlegt zu werden, wohin es einem (z. B. vom Klima oder von der Entfernung zur Heimat her) überhaupt nicht passte, zumal Soldaten lange Zeit zwar nicht heiraten durften, aber nichtsdestotrotz häufig eine Geliebte mitsamt Kind hatten. Schon die Vorstellung, auf Märschen jeden Abend dann noch ein Lager bauen zu müssen (Polybios schilderte das sehr ausführlich - wobei schon das Lesen erahnen lässt, wie aufwändig und mühsam das gewesen sein muss), ist nicht gerade berauschend. Dazu dann noch nächtliche Wachdienste etc.
 
Ich habe vor kurzem das Buch "Legionär in der römischen Armee" von Philip Matyszak gelesen, vielleicht nicht gerade ein wissenschaftliches Werk, aber wirklich sehr amüsant:yes:. War es nicht Kaiser Domitian der den Sold der Legionäre um 25% erhöhte bei Regierungsantritt? Wurde diese Solderhöhung nicht wieder rückgänig gemacht von seinem Nachfolger Nerva, oder wäre das sein persönliches Todesurteil gewesen und hat es deshalb gelassen?
Was mich wirklich interessiert ist eigentlich, wie funktionierte der "Geldtransport" damals? Wenn z.B. die Provinz Spanien seine Steuern und Abgaben nach Rom sendete, wie lief dies in der Praxis ab? Mit Vorgängern der Kutsche und Schiffen... war dies nicht extrem unischer und für viele genug Anreiz um diese Geldtransporte zu überfallen? :grübel: Würde es dazu auch vernünftige Literatur geben?

Bin schon gespannt auf Eure Antworten & vielen Dank im Voraus :yes:
 
Domitian erhöhte den Jahressold von 225 auf 300 Denare, allerdings erst ein paar Jahre nach seinem Regierungsantritt. Reduziert wurde er nicht wieder. Das hätte sich Nerva tatsächlich nicht erlauben können, denn er war bei den Soldaten ohnehin unpopulär genug.

Ihren Sold durften die Legionäre übrigens nicht einfach behalten und sparen. Das meiste wurde ihnen für Verpflegung etc. wieder abgezogen.
 
Ob jemand das römische Bürgerrecht hatte, konnte sehr wohl überprüft werden. Bei den Römern musste nämlich die Geburt eines Kindes binnen 30 Tagen den Behörden gemeldet und in ein öffentliches Register eingetragen werden. Als Bürgerrechtsnachweis konnte man sich eine "testatio" seines Eintrags ausfertigen lassen, das war eine zusammenklapp- und verschließbare Tafel, in die der Nachweis eingraviert wurde. Falls es Zweifel hinsichtlich der Echtheit gab, musste der Inhaber sieben Zeugen aufbieten können, die die Echtheit bestätigten.

Das macht mich neugierig. War das Teil der kaiserlichen Verwaltung? Oder hatten das schon die Censoren gemacht?
 
Domitian erhöhte den Jahressold von 225 auf 300 Denare, allerdings erst ein paar Jahre nach seinem Regierungsantritt. Reduziert wurde er nicht wieder. Das hätte sich Nerva tatsächlich nicht erlauben können, denn er war bei den Soldaten ohnehin unpopulär genug.

Ich glaube nicht, daß Nerva das auch nur erwogen hätte. Die Solderhöhung war lange überfällig. Die Inflation und Geldentwertung war im ersten Jhdt. zwar noch recht gering, aber 100 Jahre nach Augustus hatte sich das kumuliert und war notwendig. Außerdem beklagten sich die Legionäre über die Soldhöhe schon seit Augustus.

Nach all den Abzügen, war das Gehalt der Legionäre gar nicht mehr so üppig. Kein Wunder, daß sich zunehmend jüngere Männer aus den zivilisierteren Regionen gegen den Soldatenberuf entschieden, da sie bessere Optionen hatten.

Andererseits, stelle ich es mir schwierig vor, als Tagelöhner in Italien mit den gleichen 1200 HS p.a. eine Wohnung zu bezahlen und die Familie durchzufüttern. Besonders wenn man nicht auf der Liste der Getreideempfänger in Rom stand. Von Rücklagen für die Pension gar nicht zu reden.
 
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...Nach all den Abzügen, war das Gehalt der Legionäre gar nicht mehr so üppig. Kein Wunder, daß sich zunehmend jüngere Männer aus den zivilisierteren Regionen gegen den Soldatenberuf entschieden, da sie bessere Optionen hatten.

Andererseits, stelle ich es mir schwierig vor, als Tagelöhner in Italien mit den gleichen 1200 HS p.a. eine Wohnung zu bezahlen und die Familie durchzufüttern. Besonders wenn man nicht auf der Liste der Getreideempfänger in Rom stand. Von Rücklagen für die Pension gar nicht zu reden.

Sehe ich auch so. Lange Zeit war es den Soldaten ja auch verboten zu heiraten - bzw waren ihre Ehen illegitim und nicht anerkannt.
Weiterhin wurden ständig Teile des Gehalts nicht direkt ausgezahlt. Teile wurden in der Truppenkasse zurückgelegt und erst bei Ausscheiden aus der Armee ausgezahlt. Meist befand sich diese Kasse in Friedenszeiten im Fahnenheiligtum einer Garnison. Wer unehrenhaft aus der Armee verstoßen wurde, bekam diese Soldanteile wohl niemals. Dass "eigene Einlagen" in der "Truppenkasse" lagerten mag wohl auch der Moral zuträglich gewesen sein.
 
Das macht mich neugierig. War das Teil der kaiserlichen Verwaltung? Oder hatten das schon die Censoren gemacht?
Anscheinend erst ab Augustus.
Allerdings galt diese "professio liberorum" nur für eheliche Kinder römischer Bürger. Für Soldatenkinder kam sie somit nicht in Betracht, da deren Eltern ja nicht heiraten durften.
 
Anscheinend erst ab Augustus.
Allerdings galt diese "professio liberorum" nur für eheliche Kinder römischer Bürger. Für Soldatenkinder kam sie somit nicht in Betracht, da deren Eltern ja nicht heiraten durften.

Nach römischem Recht war das Bürgerrecht der Mutter entscheidend. Bis du dir sicher, daß (offiziell) uneheliche Kinder von Römerinnen kein Bürgerrecht hatten?

War die Geliebte eine Peregrine, dann stellte sich das Problem ohnehin nicht.
 
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Was mich wirklich interessiert ist eigentlich, wie funktionierte der "Geldtransport" damals? Wenn z.B. die Provinz Spanien seine Steuern und Abgaben nach Rom sendete, wie lief dies in der Praxis ab? Mit Vorgängern der Kutsche und Schiffen... war dies nicht extrem unischer und für viele genug Anreiz um diese Geldtransporte zu überfallen? :
Anders dürfte es gar nicht möglich gewesen sein. Über das Meer wird man das Geld auf mehrere Schiffe(wahrscheinlich Kriegsschiffe) aufgeteilt haben und im Konvoi gefahren sein. Sank ein Transporter, war nicht alles weg. Eine bewaffnete Truppe war garantiert auch dabei. Piraten waren in den ersten beiden Jahrhunderten keine große Gefahr mehr. Die griffen auch lieber einzelne Handelssegler, aber keine Kriegsschiffe an. Räuber hielten sich wahrscheinlich eher an Reisende und Kaufleute als dass sie sich mit der geballten Staatsmacht anlegten.
 
Aus den Grenzprovinzen sollten ohnehin keine Steuern nach Rom geflossen sein, da die lokalen Prokuratoren die Gelder direkt an die Legionen auszahlten, und das wohl kaum gereicht haben dürfte. Obwohl, von Lugdunum nach Montogiacum konnte auch viel passieren.

Ansonsten wohl bewachte Konvois. Oft wurden einige Steuern auch in Naturalien bezahlt: ägyptisches und gallisches Getreide etwa.
 
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Nach römischem Recht war das Bürgerrecht der Mutter entscheidend. Bis du dir sicher, daß (offiziell) uneheliche Kinder von Römerinnen kein Bürgerrecht hatten?
Zum Bürgerrecht habe ich nichts geschrieben, es ging mir nur um die öffentliche Registrierung ehelich geborener Kinder römischer Bürger. Für uneheliche Kinder gab es die testatio spurii. Erst ab Mark Aurel wurden sie anscheinend auch ins öffentliche Register eingetragen.
 
Zum Bürgerrecht habe ich nichts geschrieben, es ging mir nur um die öffentliche Registrierung ehelich geborener Kinder römischer Bürger.

Das ist wohl richtig. Andererseits war die Ausgangsfrage, wie Jemand nachwies, daß er römischer Bürger war und somit für die Legion qualifiziert.

Ich gehe davon aus, daß auch unehelich geborene Römer Legionär werden konnten.
 
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