Beurteilung der Reformen der Gracchen

Ryrain

Neues Mitglied
Hallo liebe Leute, meine Frage lautet:
Wie würdet ihr die Reformen der Gracchen(Tiberius und Gaius Gracchus) im Hinblick auf die Probleme, die sie lösen wollten, beurteilen? Waren ihre Handlungen auch das, was sie vom Anfang an machen wollen? Und sind diese gut umgesetzt worden? Wer die Geschichte von denen kennt, weiss was ich meine, und was ich hören möchte, ist einfach eure persönliche Meinung und wie ihr diese Reformen beurteilen würdet~
Wäre schön wenn ihr die Antwort auch begründen könntet ^^
Mir würde eure Meinung darüber sehr interessieren, deshalb wäre es ganz nett, wenn ihr sie ernst und aussagekräftig beantwortet, dankeschön : )
 
Bewirkt haben die Reformen der Gracchen vor allem eines: eine Schwächung der Republik in ihrer überkommenen Form. Ihre Vorgangsweise, mit Hilfe des Volkstribunats und der Massen notfalls auch gegen den entschiedenen Widerstand der Optimaten Anliegen durchzusetzen zu versuchen, fand noch so manche, wesentlich radikaler und rücksichtsloser handelnde, Nachahmer wie Saturninus oder Sulpicius Rufus. Vor den Gracchen war in der Regel doch dem Senat eine gewisse Vorrangstellung zuerkannt worden und hatte man sich in der Regel um eine Art Konsens bemüht (freilich um den Preis, dass Reformen kaum möglich waren, zumindest nicht kurzfristig). Nach ihnen versuchten manche Politiker allein auf das Volk gestützt komplett am Senat vorbeizuagieren. Dass Tiberius Gracchus seinen Kollegen Octavius absetzen ließ, stellte einen Bruch der institutionellen Ordnung dar, der ebenfalls kein Einzelfall blieb. Gaius Gracchus spielte außerdem die Ritter gegen die Senatoren aus, woraus ein Konflikt resultierte, der sich noch durch die ganze späte Republik hinzog. Mit ihrem Hauptanliegen, der Agrarreform, lieferten sie eine Vorlage, die von späteren Populisten immer wieder begierig aufgegriffen wurde, um sich zu profilieren, wobei im Einzelfall dahingestellt bleiben muss, inwiefern sie einzelnen Protagonisten wirklich ein Anliegen war.

Das liest sich jetzt vermutlich nach Verurteilung. Cicero lehnte ihr Handeln tatsächlich als Bruch der Ordnung entschieden ab und hielt ihren Tod für gerechtfertigt. Allerdings war die römische Republik nun einmal keine Demokratie, in der es die Möglichkeit gegeben hätte, brav nach einer Mehrheit zu suchen und mit ihr Reformen durchzusetzen (bzw. bei der ein Scheitern indiziert hätte, dass die Mehrheit des Volkes eine Reform eben nicht will). Die Reformwilligkeit des Senats hielt sich arg in Grenzen. Das hatte bereits einige Jahre vor den Gracchen der Konsul Gaius Laelius mit seinem Agrarreformprojekt erleben müssen.

Wie würdet ihr die Reformen der Gracchen(Tiberius und Gaius Gracchus) im Hinblick auf die Probleme, die sie lösen wollten, beurteilen?
Ganz grundsätzlich halte ich es für schwierig bis unseriös, Reformen, die nicht voll umgesetzt wurden, abschließend beurteilen zu wollen, vor allem, wenn das rechtliche und soziale Umfeld nur unzureichend bekannt ist. (Z. B. frage ich mich immer, inwieweit die Landlosen überhaupt daran interessiert waren, von eigener Hände Landarbeit zu leben.) Die Lex Sempronia Agraria von Tiberius Gracchus hatte jedenfalls ein gewaltiges Defizit: Sie ignorierte die Interessen der Bundesgenossen (aus deren ursprünglichen Ländereien der ager publicus erst entstanden war) komplett. Allerdings war die Bundesgenossenproblematik auch kein Problem, das Tiberius Gracchus lösen wollte.

Waren ihre Handlungen auch das, was sie vom Anfang an machen wollen?
Schwierig zu sagen. Für selbstlose Sozialreformer halte ich jedenfalls beide Gracchen nicht. Sie waren beide römische Politiker mit Streben nach Erfolg und Ansehen, nur dass sie andere Wege als die althergebrachten einschlugen. Tiberius wollte anfangs jedenfalls nicht so radikal agieren, sondern einen Bruch mit den Optimaten vermeiden; erst mit zunehmendem Widerstand radikalisierte er sich und überschritt letztlich alle Grenzen. Gaius hingegen ging von Anfang an auf Konfrontation; er erkannte, dass mit der Mehrheit des Senatsadels keine Einigung möglich war.

Und sind diese gut umgesetzt worden?
Da beide Gracchen scheiterten und gewaltsam endeten, offenkundig nicht.
 
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