Commodus, der Brandstifter?

Wenn das Stichwort: Brand von Rom 64 n. Chr. fällt, denken die meisten an Kaiser Nero, den Brandstifter.
Dass auch im Jahre 191 n. Chr. Rom von einem Großbrand verheert wurde, weiß fast niemand. Dies liegt wohl daran, dass es in diesem Zusammenhang keine Überlieferungen über eine Brandstiftung durch den Kaiser gibt, wie sie bei Nero von christlichen Autoren in den Umlauf gebracht wurden.

Wurde Nero ein Opfer der Geschichte???
Dass Nero ein verrückter Kaiser war, der unter Paranoia (seit der Ermordung der Mutter im Jahre 59) litt, steht wohl ohne Zweifel. Ich möchte ihn hier auch nicht gutmachen, mir geht es nur um die Anklage der Brandstiftung.

Vergleichen wir doch mal die Überlieferungen mit den (höchst wahrscheinlichen) historischen Fakten:

Im Sommer 64 brach in Rom ein Feuer aus, wie es häufiger vorkam (auch wenn dieses besonders schlimm war).
Das Bild vom lyraspielenden und singenden Kaiser tritt vielen vor die Augen, dabei war Nero zum Zeitpunkt des Feuers in seiner Sommerresidenz in Antium.

Als Soldaten der Prätorianergarde dabei gesehen wurden, wie sie Feuer legten, lenkte sich der Verdacht auf ihren Befehlshaber (den Präfekten Tigellinus im Auftrag des Kaisers).
In Wahrheit hatte man wohl schon die Kenntnis einem Feuer mit einem Gegenfeuer die Nahrung nehmen zu können.

Außerdem ließ Nero nach dem Brand großzügige Hilfsmaßnahmen anlaufen, die unter anderem die Häuserhöhe reduzieren und die Gassen verbreitern ließen. Sein Fehler war, dass er sein "goldenes Haus" mit öffentlichen Geldern bauen ließ. Damit verlor er viele Symphatien.

Jedoch scheinen viele der Vorwürde, die man später Nero machte, auf einen ganz anderen Kaiser zuzutreffen:
Im Jahr 191 brannte Rom erneut. Wieder wurde ein Großteil der Stadt Opfer der Flammen.
Commodus zögerte keinen Moment die Gelegenheit für Neubauten zu nutzen, und eine Idee umzusetzen, die Nero oft angelastet wurde: Rom umzubenennen.
Er wollte die Stadt Colonia Lucia Annia Commodiana nennen (sein richtiger Name war Lucius Aelius Aurelius Commodus).

Quelle:http://www.imperiumromanum.com/personen/kaiser/commodus_06.htm

Der Größenwahnsinn zeigte sich bei diesem Menschen von Beginn seiner Herrschaft an, ohne dass irgendwelche "traumatischen" Ereignisse dazu geführt hätten (wie die Morde Neros, oder die schwere Krankheit Caligulas).
Diesmal gab es allerdings keine Opfer, die als Sündenböcke dienten wie bei Nero, der die Christen (als Brandstifter, nicht etwa wegen ihres Glaubens) dazu erklären ließ. Deshalb entlud sich vielleicht auch nicht der Zorn einer bestimmten Gruppe über Commodus und hielt seine Tat fest (die ja offiziell wohl ohnehin ein Geheimnis von Kaiser und Prätorianerpräfekt geblieben wäre).

Meine These ist vielleicht etwas gewagt, aber vielleicht müsste eigentlich Commodus als der Brandstifter Roms gelten. Eure Meinungen hierzu sind erwünscht.

s.d.caes.
 
Wenn ich das richtig sehe, hat schon der Zeitgenosse Tacitus später darüber berichtet, dass Rom von Nero angesteckt wurde (ein Kaiser macht so etwas natürlich mittelbar und nicht unmittelbar) und dass er die Christen dafür als Sündenbock hinstellte. Zumindest bei der Sündenbockstellung weiß ich sicher, dass es Tacitus berichtete. Und er ist selber kaum als einer der christlichen Chronisten zu bewerten, da er diese in der entsprechenden Quelle als schändlich o.ä. bezeichnet und eher zufällig unschuldig.

Hier das Nero-Thema:
http://geschichtsforum.de/showthread.php?t=10213

Kommen wir zu Commodus...
 
Zuletzt bearbeitet:
Cassius Dio, Commodus 73, 24:
[...] and a fire that began at night in some dwelling leaped to the temple of Pax and spread to the storehouses of Egyptian and Arabian wares, whence the flames, borne aloft, 2 entered the palace and consumed very extensive portions of it, so that nearly all the State records were destroyed. This, in particular, made it clear that the evil would not be confined to the City, but would extend over the entire civilized world under its sway. 3 For the conflagration could not be extinguished by human power, though vast numbers both of civilians and soldiers carried water, and Commodus himself came in from the suburb and encouraged them. Only when it had destroyed everything on which it had laid hold did it spend its force and die out.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich das richtig sehe, hat schon der Zeitgenosse Tacitus später darüber berichtet, dass Rom von Nero angesteckt wurde


Tacitus schrieb:
Sequitur clades, forte an dolo principis incertum (nam utrumque auctores prodidere)
http://www.thelatinlibrary.com/tacitus/tac.ann15.shtml


"Es folgte ein Unglück, ob aus blindem Zufall oder aus Arglist des Kaisers, ist unsicher (denn die Autoren überliefern beiderlei)..."
 
"Es folgte ein Unglück, ob aus blindem Zufall oder aus Arglist des Kaisers, ist unsicher (denn die Autoren überliefern beiderlei)..."
Demzufolge hätte es bereits unter den Römern verschiedene Ansichten gegeben. Dass sich mit der christlichen Zeit die Legende von Nero als Brandstifter durchzusetzen vormochte erscheint da logisch zu sein.

s.d.caes.
 
Die Biografie des Commodus in der Historia Augusta vermeldet:

„Die Stadt Rom, die er ja als seine Kolonie betrachtete, sollte auf seinen Befehl eingeäschert werden; das wäre auch geschehen, hätte nicht der Prätorianerpräfekt Laetus den Commodus von diesem Vorhaben abgebracht.“
Historia Augusta: Commodus Antonius, 15.(7)
Eine Feuersbrunst wird unter mehreren ungünstigen Vorzeichen, die auf das (gewaltsame) Ende des Kaisers abzielen, im nächsten Abschnitt erwähnt: Commodus, 16.(2)

Es ist unangenehm, diese sehr tendenziös wirkende Biografie zu lesen.
Cassius Dio ist – ich habe das entsprechende Buch nicht da – wahrscheinlich die glaubwürdigere Quelle.
Vergleiche zwischen Commodus und Nero bieten sich an und wurden auch schon in der Vergangenheit gezogen. Als Opfer der Geschichte würde ich einen römischen Kaiser nicht bezeichnen, weil die Opferrolle nicht gut zum fast absoluten Monarchen passt und dieser die Möglichkeit (um nicht zu sagen: die Pflicht) hatte, verantwortungsvolle und akzeptable Regierungsentscheidungen zu treffen. Jugend und mangelnde persönliche Reife, wahrscheinlich auch entsprechende Charaktereigenschaften hatten sicher ihren Anteil daran, dass beide Herrscher die in sie gesetzten Erwartungen vor allem aus Sicht der Oberschicht nicht erfüllt haben, kann die Kaiser jedoch nicht von Schuld freisprechen, zumal beide durchaus gute Lehrer und Ratgeber hatten. Ein Kaiser dieser Zeit musste um die Akzeptanz von Heer, Volk und Senat gleichermaßen bemüht sein, dies erforderte von ihm, wenn er erfolgreich sein wollte, ein hohes Maß an Identifikation mit der ihm angetragenen Rolle.
(Es gibt zum Thema ein sehr interessantes Kapitel „Existimatio und Fama“ - bezogen auf römische Politiker - in „Caesar in der öffentlichen Meinung“ von Zvi Yavetz, Droste Verlag, 1979. Ich scheue mich, hier weiter abzuschweifen, kann aber, wenn gewünscht, entsprechende Zitate nachliefern.)
 
Weder Nero noch Commodus noch irgend ein anderer römischer Kaiser haben jemals einen Stadtbrand legen lassen:
Die Stadtrömer sahen im Kaiser stets den Schutzherrn der Urbs Roma! Ein Unglück wie etwa ein Stadtbrand wurde ihm mehr oder weniger persönlich angelastet und das ließ seine Popularität schlagartig in den Keller rauschen.
Das Jahr 64 wäre für Nero das erfolgreichste und glänzendste Regierungsjahr gewesen, wäre nicht der Brand gewesen. Und Nero war immer süchtig nach Anerkennung und Bewunderung gewesen. Mit so einer Tat hätte er sich selbst nur geschadet. Außerdem wäre er niemals so idiotisch gewesen, seine geliebte Kunstsammlung in Rom auf dem Palatin zu belassen, wenn er die Stadt einäschern wollte (sie wurde ja bekanntlich ein Opfer der Flammen). Ein Neuaufbau der Stadt hätte Unsummen an Geldern und Baumaterial verschlungen, sowas ist nicht innerhalb eines Jahrzehnts zu realisieren (z.B. hat allein nur der Bau des Trajan-Forums mehrere Jahresproduktionen der gesamten stadtrömischen Ziegeleien verschlungen).
Bei Commodus war es ähnlich. Er stand wie Nero mit den Senatskreisen auf keinem guten Fuß und war deshalb unweigerlich auf die Sympathie des römischen Plebs angewiesen. Bis zum Brand im Sommer 192 genoß Commodus bei den Römern großes Wohlwollen, nach dem Brand verlor er es. Denn die Römer argumentierten, Commodus habe die Gunst der Götter verloren, deshalb straften sie die Stadt mit der Feuersbrunst. Und ein von den Göttern verlassener Kaiser stand bei den extrem abergläubischen Römern schon mit einem Fuß im sicheren Grab. Außerdem hatte Commodus kaum Geld in der Staatskasse - wie sollte er da den Aufbau finanzieren?
Dass Commodus größenwahnsinnig oder gar verrückt gewesen sei ist eine plumpe Lüge, welche die antiken Historiker in die Welt setzten, eben weil sie meistens aus den Senatskreisen stammten und sich von Kaisern wie Nero oder Commodus zurückgesetzt oder gar mißachtet und verfolgt fühlten. Die späte Rache einer beleidigten arroganten Lobby. Ich will hier nur ein Beispiel dafür erwähnen, dass Commodus gar nicht verrückt gewesen sein kann:
Zur Versorgung der Hauptstadt mit Getreide und Olivenöl waren die landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus Ägypten und Africa unheimlich wichtig. Commodus ließ deshalb eine neue und größere Handelsflotte bauen, die diese Erzeugnisse auf dem Seeweg heranschaffen konnte. Damit machte er die Versorgung Roms noch sicherer. Welcher geisteskranke Kaiser kümmert sich wohl so um das Gemeinwohl? Naja, und die übertriebene religiöse Selbstdarstellung des Commodus als römischer Herkules muss man immer vor dem Hintergrund sehen, dass sich die antike Geisteswelt damals im Umbruch befand. Die Götter sah man zu jener Zeit nicht mehr als eigenständige Wesen, sondern mehr und mehr als Weggefährten des Kaisers (eine Funktion, wie sie später im Christentum die Apostel übernahmen). Immerhin begann sich der östliche Monotheismus (erst als Sonnegott, dann als Christengott) immer mehr durchzusetzen, was letztendlich unter Theodosius 391 n.Chr. zum Verbot aller heidnischen Kulte führte. Und den Theodosius hat man ja bekanntlich deswegen auch nicht als geisteskrank verurteilt :)
Den einzigen Vorwurf, den man Commodus anlasten kann ist der, dass er die Regierung zum großen Teil in die Hände seiner Berater, Präfekten oder kaiserlichen Kammerherrn legte. Aber das war mehr oder weniger bei allen Kaisern so gewesen (Claudius ist so ein Paradebeispiel). Aber daran sind die dekadenten ollen Römer selbst schuld: von der aristrokatischen Oberschicht waren nämlich immer weniger Leute bereit, staatliche Positionen zu besetzen oder sich in den Dienst des Staates zu stellen.
 
Die Stadtrömer sahen im Kaiser stets den Schutzherrn der Urbs Roma! Ein Unglück wie etwa ein Stadtbrand wurde ihm mehr oder weniger persönlich angelastet und das ließ seine Popularität schlagartig in den Keller rauschen.

Man darf nun aber auch die Römer nicht als unwissende, kleine Kinder darstellen. In Rom brannte es ständig an allen Ecken und Enden. Die offenen Kohlebecken in den schlecht und eng gebauten Mietskasernen und die hohe Bebauungsdichte waren eine stete Gefahrenquelle. Nicht umsonst umgab Augustus sein Forum zum Esquilin hin mit einer großen Brandmauer, und entsprechende Bauvorschriften gab es auch schon im ersten Jahrhundert, nicht wenige sind unter Nero zum Schutz vor Bränden erlassen worden. Die meisten Römer sahen in einem Brand wohl weniger die Strafe der Götter als vielmehr ein schlechtes Bau- und Krisenmanagement.

Dass Commodus größenwahnsinnig oder gar verrückt gewesen sei ist eine plumpe Lüge, welche die antiken Historiker in die Welt setzten,

Größenwahnsinnig und verrückt sind zweierlei Dinge. Für das zweite haben wir zu wenig Anhaltspunkte, eine medizinische Diagnose über eine solche zeitliche Distanz hinweg ist sehr fraglich. Größenwahnsinnig dagegen kann man sein, wenn man bei klarstem Verstand ist, und hier wird Commodus wohl eher von betroffen gewesen sein.

Ich will hier nur ein Beispiel dafür erwähnen, dass Commodus gar nicht verrückt gewesen sein kann:
Zur Versorgung der Hauptstadt mit Getreide und Olivenöl waren die landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus Ägypten und Africa unheimlich wichtig. Commodus ließ deshalb eine neue und größere Handelsflotte bauen, die diese Erzeugnisse auf dem Seeweg heranschaffen konnte. Damit machte er die Versorgung Roms noch sicherer. Welcher geisteskranke Kaiser kümmert sich wohl so um das Gemeinwohl?

Nun ist es ja so, daß der Kaiser, wie Du es ja auch unten richtig schreibst, mitnichten alle Entscheidungen und Vorgänge selbst in der Hand hält. Auch unter einem Kaiser, der sich aus welchen Gründen auch immer nicht selbst um die Versorgung der Stadt kümmerte, gab es genug Leute, die dies organisierten.

Naja, und die übertriebene religiöse Selbstdarstellung des Commodus als römischer Herkules muss man immer vor dem Hintergrund sehen, dass sich die antike Geisteswelt damals im Umbruch befand. Die Götter sah man zu jener Zeit nicht mehr als eigenständige Wesen, sondern mehr und mehr als Weggefährten des Kaisers (eine Funktion, wie sie später im Christentum die Apostel übernahmen). Immerhin begann sich der östliche Monotheismus (erst als Sonnegott, dann als Christengott) immer mehr durchzusetzen, was letztendlich unter Theodosius 391 n.Chr. zum Verbot aller heidnischen Kulte führte. Und den Theodosius hat man ja bekanntlich deswegen auch nicht als geisteskrank verurteilt :)

Das mit den Göttern als Weggefährten des Kaisers halte ich für das zweite Jh. n. Chr. noch für übertrieben, die kapitolinische Trias steht immer noch weit über allem. Und die Angleichung der Herrscher an die Götter ist eine alte Tradition, die in verschiedensten Versionen schon in hellenistischen und republikanischen Zeiten existierte.

Den einzigen Vorwurf, den man Commodus anlasten kann ist der, dass er die Regierung zum großen Teil in die Hände seiner Berater, Präfekten oder kaiserlichen Kammerherrn legte. Aber das war mehr oder weniger bei allen Kaisern so gewesen (Claudius ist so ein Paradebeispiel). Aber daran sind die dekadenten ollen Römer selbst schuld: von der aristrokatischen Oberschicht waren nämlich immer weniger Leute bereit, staatliche Positionen zu besetzen oder sich in den Dienst des Staates zu stellen.

Dieser Vorwurf ist aber auch gar keiner. Was ist daran vorzuwerfen, daß der kaiser Aufgaben delegiert? Hätte er denn alles allein machen sollen? Unmöglich!
Oder meinst Du, er hätte nur Senatoren mit Aufgaben betrauen dürfen? Dann muß man fragen, warum ein Ritter diese Aufgaben schlechter machen muß?
 
Naja, und die übertriebene religiöse Selbstdarstellung des Commodus als römischer Herkules muss man immer vor dem Hintergrund sehen, dass sich die antike Geisteswelt damals im Umbruch befand. Die Götter sah man zu jener Zeit nicht mehr als eigenständige Wesen, sondern mehr und mehr als Weggefährten des Kaisers (eine Funktion, wie sie später im Christentum die Apostel übernahmen).
Diese Theorie finde ich schon arg gewagt. Dadurch wären die Götter dem Kaiser ja geradezu untergeordnet worden. Welche Anhaltspunkte hast Du dafür?
Das mit den Aposteln verstehe ich nicht. Die Apostel sind schon in den Evangelien die Begleiter Jesu, und wann sollen sie als Weggefährten des Kaisers gegolten haben?
 
Die meisten Römer sahen in einem Brand wohl weniger die Strafe der Götter als vielmehr ein schlechtes Bau- und Krisenmanagement.

Die Römer haben in vielen Dingen einen Fingerzeig der Götter gesehen. So gab es Eingeweideschau, Deutung des Vogelflugs, Einholung von Orakelsprüchen, Amulette gegen den bösen Blick u.ä. en masses. Warum veranstalteten sie bspw. 80 n.Chr. ein Lectisternium, um die Himmlischen zu besänftigen? Da sahen sie den göttlichen Zorn ja auch als Hauptgrund für Vesuvausbruch, Pest und Stadtbrand. Oder das „Regenwunder“ im Markomannenkrieg, welches auf Marc Aurel so einen großen Eindruck machte, dass er sogar PROVIDENTIA-DEORVM-Münzen schlagen ließ. Die Römer waren nun mal zutiefst abergläubisch, das hat mit „unwissende kleine Kinder“ nichts zu tun. Man braucht nur den Sueton zu lesen, wie versessen die Leute auf Vorzeichen reagierten (so waren günstige Omen einer der Gründe, warum sich der zögernde Vespasian schließlich zur Annahme der Kaiserwürde bewegen ließ). Die Denkweise eines antiken Menschen ist halt in manchen Dingen anders gewesen wie heute.


Größenwahnsinnig dagegen kann man sein, wenn man bei klarstem Verstand ist, und hier wird Commodus wohl eher von betroffen gewesen sein.

Einem Größenwahnsinnigen klarsten Verstand zu attestieren halte ich für gewagt. Beim Größenwahn kann man ja die Lage oder bestimmte Situationen nicht mehr realistisch einschätzen. Und von Realitätsverlust können klar denkende Menschen wohl kaum befallen werden.
Für mich war Commodus ein durchaus weitsichtiger Politiker. Immerhin hat er erkannt, dass der Krieg seines Vaters gegen die Germanen einerseits die finanziellen Möglichkeiten des Reiches weit überschritt, andererseits zwei neue Provinzen auf Dauer gar nicht gehalten werden konnten. Den Fehler hatte Trajan ja 116/117 n.Chr. bereits begangen, als sein Nachfolger große Teile der eroberten Landstriche sofort wieder räumen musste.


Auch unter einem Kaiser, der sich aus welchen Gründen auch immer nicht selbst um die Versorgung der Stadt kümmerte, gab es genug Leute, die dies organisierten.

Eine so bedeutende Entscheidung wie der Bau einer größeren Handelsflotte lag ausschließlich beim Kaiser und bei keinem anderen. Das beweisen u.a. die Münzen, die hierfür geprägt wurden (Herkules mit Fuß auf Prora wird von Africa begrüßt). Schließlich gab es Kaiser, bei denen die Versorgung der Hauptstadt fast zusammenbrach (um nur einige Beispiele zu nennen: bei Caligulas Tod gab es nur noch für 14 Tage Korn, Maximinus Thrax ließ das Budget rigoros kürzen, um seinen Germanienfeldzug siegreich zum Ende führen zu können und bei Severus Alexander kam es wiederholt zu Hungersnöten). Die anderen kaiserlichen Mitarbeiter, die für die Kornversorgung verantwortlich waren, haben oft genug versagt oder Schindluder getrieben - Beispiel Cleander Winter 189/190 n.Chr.: um sich persönlich zu bereichern, führte er eine künstliche Kornverknappung durch, um die gehorteten Vorräte teuerer verkaufen zu können.


Was ist daran vorzuwerfen, daß der kaiser Aufgaben delegiert? Hätte er denn alles allein machen sollen? Unmöglich!
Oder meinst Du, er hätte nur Senatoren mit Aufgaben betrauen dürfen? Dann muß man fragen, warum ein Ritter diese Aufgaben schlechter machen muß?

Ich meinte nicht, dass nur Senatoren öffentliche Ämter bekleiden sollten. Zur Aristokratie gehörten ja noch andere Personenkreise. Fakt ist aber, dass Aristokraten die besten Bildungsmöglichkeiten besaßen und bis zur frühen Kaiserzeiten auch viele wichtige Positionen inne hatten. Ab dem 2. Jahrhundert waren sie aber immer weniger gewillt, staatliche Verantwortung zu übernehmen und genossen lieber ihr luxuriöses Leben.
Natürlich hat sich Commodus in seinen späteren Regierungsjahren zuwenig um seine Aufgaben gekümmert. Das heißt aber nicht, dass er alles selber machen sollte. Als Herrscher musst du aber schon wissen, was in deinem Reich abgeht. Bei Vespasian, Domitian, Septimius usw. hat das ja auch bestens funtioniert und die hatten auch viele Berater und Mitarbeiter
 
Ich meinte nicht, dass nur Senatoren öffentliche Ämter bekleiden sollten. Zur Aristokratie gehörten ja noch andere Personenkreise. Fakt ist aber, dass Aristokraten die besten Bildungsmöglichkeiten besaßen und bis zur frühen Kaiserzeiten auch viele wichtige Positionen inne hatten. Ab dem 2. Jahrhundert waren sie aber immer weniger gewillt, staatliche Verantwortung zu übernehmen und genossen lieber ihr luxuriöses Leben.

Wieder ein Opfer populärwissenschaftlicher Romdarstellungen des alten Rom was? Ich empfehle dann "Spartacus Blood and Sand" geht in ähnliche Richtung /Ironie.

Es war für Senatoren aufgrund ihrer Stellung unumgänglich sich zu betätigen um ihr Ansehen und ihre Ehre zu erhalten. Grieschiche "Dekadenz" wie du sie hier beschreibst wäre höchst kontraproduktiv. Habitus und Hexis sind dir ein Begriff? Wenn nein, verweise ich wieder auf das Sozialisationssystem im alten Rom. Wenn man sich nur fett auf seinem Goldberg ausgeruht hat, .. nunja war die Karriereleiter schnell zuende, was aber im 2. Jh. abträglich war, wo man ja (nach dem von den Adoptivkaisern geschaffenen Mythos), dazu neigte die "Besten" zu adoptieren. außerdem ging es bei den Ämtern wie vorrangegangen erklärt weniger um staatliche Verantwortung, als um Profilierung, aber dies weiter zu führen... Außerdem hätte ich für einige deiner haarsträubenden Behauptungen die den Römern unterstellen streng mythologisch unterwürfig gewesen zu sein Quellenbelege
 
Danke für den Zynismus. Vielleicht hättest du meine Zeilen besser lesen sollen ... ich sprach von der Aristokratie, nicht von Senatoren
 
Senatoren gehören zu den Nobilis.. und was ist die Nobilität? Nicht etwa die römische Oberschicht zusammengesetzt aus alten aristokratischen Familien aus der Zeit der frühen Republik und den Familien die durch Erlangung höher Ämter (verbunden mit Reichtum) in diese Stellungen gelangten?

Ich habe hier lediglich ein Einzelbeispiel herausgegriffen und dagegen argumentiert. Ach und Aristokratie aus heutiger Sicht ist natürlich was anderes:::
 
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Auch unter einem Kaiser, der sich aus welchen Gründen auch immer nicht selbst um die Versorgung der Stadt kümmerte, gab es genug Leute, die dies organisierten.
Stimmt. Für die Getreideversorgung war in erster Linie der Praefectus annonae mit seinen Mitarbeitern verantwortlich.

Für mich war Commodus ein durchaus weitsichtiger Politiker. Immerhin hat er erkannt, dass der Krieg seines Vaters gegen die Germanen einerseits die finanziellen Möglichkeiten des Reiches weit überschritt, andererseits zwei neue Provinzen auf Dauer gar nicht gehalten werden konnten. Den Fehler hatte Trajan ja 116/117 n.Chr. bereits begangen, als sein Nachfolger große Teile der eroberten Landstriche sofort wieder räumen musste.
Mag sein, dass solche Überlegungen eine Rolle spielten. Ich halte aber auch die Darstellung der antiken Historiker, wonach er schlicht und einfach zu faul war und nur schnell nach Rom wollte, um dort das Leben zu genießen, nicht für abwegig. Immerhin verließ er Rom danach anscheinend kaum noch, während z. B. Hadrian den Frieden nutzte, um wenigstens ausgiebig sein Reich zu inspizieren, und auch in Rom selbst überließ Commodus die Regierungsgeschäfte gerne anderen, vor allem Perennis und Cleander.

Natürlich hat sich Commodus in seinen späteren Regierungsjahren zuwenig um seine Aufgaben gekümmert.
Nicht erst in seinen späteren.
 
Man braucht nur den Sueton zu lesen, wie versessen die Leute auf Vorzeichen reagierten.

Oder man liest Tacitus:

Hist., 2,78: Nach Mucians Rede drängten sich auch die übrigen herzhafter heran, redeten Vespasian fest zu und berichteten von Seheraussprüchen und Konstellationen der Gestirne. Tatsächlich war Vespasian auch nicht unbeeinflusst von solchem Aberglauben...

Und es gibt noch eine zweite Stelle (die ich aber im Augenblick leider nicht finde - vielleicht hat jemand die genaue Stellenangabe?), in der es sinngemäß so lautet:

Die Vorzeichen, die auf die Herrschaft Vespasians hindeuteten, habe ich dann geglaubt, als Vespasian wirklich die Herrschaft übernommen hatte.

Fazit: Es ist zu einfach zu sagen, die Römer hätten alle unkritisch an Vorzeichen geglaubt.
 
Mit Commodus zeigte sich in erster Linie, dass eine Erbmonarchie immer die Gefahr mit sich bringt, dass der Sohn eines Herrschers nicht automatisch befähigt ist einen Staat zu führen. Leider brach Marc Aurel mit dem recht gut funktionierenden System, als seinen Nachfolger einen fähigen Mann zu adoptieren, welches seit Nerva erfolgreich war. Absolute Macht zu besitzen ist für jeden Menschen eine Gefahr größenwahnsinnig zu werden. Kommt noch ein entsprechend schwacher Charakter dazu so ist der Despot vorprogrammiert. Warum man nach fast 2000 Jahren üble Kaiser zu klugen und weitsichtigen Herrschern umdeuten muss erschließt sich mir nicht.

Brände gab es in Rom häufig. Unter Titus wurde auch ein großer Teil der Stadt ein Raub der Flammen ohne dass der Kaiser in Verdacht geriet. Sicher hat auch Nero kein Feuer legen lassen aber immerhin war er offenbar ein Typ ,dem man eine solche Ungeheuerlichkeit ohne Weiteres zutraute.
 
Die Römer haben in vielen Dingen einen Fingerzeig der Götter gesehen. Die Denkweise eines antiken Menschen ist halt in manchen Dingen anders gewesen wie heute.

Die Wahrheit liegt ja meist in der Mitte, zwischen den Extremen. Natürlich waren die meisten Römer sehr religiös, und dies prägte sich in vielen Alltagsaspekten aus. Andererseits zeigen ja die Baugesetze zum Schutz vor Feuer und die Einrichtung einer feuerwehr, daß man Brände nicht als Werk der Götter sah, denen man hilflos ausgeliefert war, sondern deren Ursachen genau kannte.

Einem Größenwahnsinnigen klarsten Verstand zu attestieren halte ich für gewagt. Beim Größenwahn kann man ja die Lage oder bestimmte Situationen nicht mehr realistisch einschätzen. Und von Realitätsverlust können klar denkende Menschen wohl kaum befallen werden.

Ich halte meine Behauptung aufrecht. Ein Größenwahnsinniger kann sehr genau wissen, was er tut und ist keineswegs klinisch krank. Na, und Dein letzter Satz ist sehr fraglich.

Eine so bedeutende Entscheidung wie der Bau einer größeren Handelsflotte lag ausschließlich beim Kaiser und bei keinem anderen. Das beweisen u.a. die Münzen, die hierfür geprägt wurden (Herkules mit Fuß auf Prora wird von Africa begrüßt).

Entscheidungen werden im Namen des Kaisers getroffen, und wenn er nicht explizit dagegen einschreitet, kann man davon ausgehen, daß es mit seiner Billigung geschieht, ohne daß er sich im Detail um Finanzierung, Ausrüstung, Mannschaftsstärke und so weiter kümmert. Und die Münzprägung beweist keineswegs, daß oder wie weit der Kaiser selbst agierte.

Natürlich hat sich Commodus in seinen späteren Regierungsjahren zuwenig um seine Aufgaben gekümmert. Das heißt aber nicht, dass er alles selber machen sollte. Als Herrscher musst du aber schon wissen, was in deinem Reich abgeht. Bei Vespasian, Domitian, Septimius usw. hat das ja auch bestens funtioniert und die hatten auch viele Berater und Mitarbeiter

Nahm denn das Reich unter der Herrschaft des Commodus relevanten Schaden?
 
Mit Commodus zeigte sich in erster Linie, dass eine Erbmonarchie immer die Gefahr mit sich bringt, dass der Sohn eines Herrschers nicht automatisch befähigt ist einen Staat zu führen. Leider brach Marc Aurel mit dem recht gut funktionierenden System, als seinen Nachfolger einen fähigen Mann zu adoptieren, welches seit Nerva erfolgreich war.
Ich weiß nicht, ob das "leider" war. Klar wäre ein besserer Kaiser als Commodus wünschenswert gewesen. Aber: Nerva, Trajan, Hadrian und Antoninus Pius hatten allesamt keine leiblichen Söhne, für sie war es also naheliegend, jemanden zu adoptieren. Ich bin aber skeptisch, ob es wirklich eine gute Idee gewesen wäre, wenn Mark Aurel seinen Sohn übergangen und jemanden adoptiert hätte. Commodus hätte sich das bestimmt nicht gefallen lassen, und er hätte wohl auch Unterstützer gefunden. Die Folge wäre dann wohl ein Bürgerkrieg gewesen, sofern der adoptierte Nachfolger nicht einfach gleich bei Mark Aurels Tod ermordet worden wäre.

Oder man liest Tacitus:

Hist., 2,78: Nach Mucians Rede drängten sich auch die übrigen herzhafter heran, redeten Vespasian fest zu und berichteten von Seheraussprüchen und Konstellationen der Gestirne. Tatsächlich war Vespasian auch nicht unbeeinflusst von solchem Aberglauben...

Und es gibt noch eine zweite Stelle (die ich aber im Augenblick leider nicht finde - vielleicht hat jemand die genaue Stellenangabe?), in der es sinngemäß so lautet:

Die Vorzeichen, die auf die Herrschaft Vespasians hindeuteten, habe ich dann geglaubt, als Vespasian wirklich die Herrschaft übernommen hatte.

Fazit: Es ist zu einfach zu sagen, die Römer hätten alle unkritisch an Vorzeichen geglaubt.
Natürlich ist man hinterher klüger. Aber es ist bei vielen Autoren klar erkennbar, dass sie, wenn ein Vorzeichen sich tatsächlich bewahrheitete, das Vorzeichen zumindest rückblickend für wahr erachteten, also daran glaubten, dass das Vorzeichen tatsächlich etwas prophezeit hatte. Man siehe nur die Historia Augusta oder Zosimos. Selbst Prokopios, der wohl Christ war, war noch nicht frei davon, wenngleich er Vorzeichen eher kritisch gegenüberstand.
 
Zuletzt bearbeitet:
Commodus Bild ist ohnehin, wie hier bereits angeführt wurde, stark durch die senatorische Geschichtsschreibung geprägt, und mit dem Senat ist er eben anders umgegangen wie sein Vater. Das er einen leichten Knacks hatte kann man vllt an seinen Darstellungen sehen, aber insofern sie den Einschlägigen Werken entstammen... ich kenne nun seine Darstellung von Seiten der SHA nicht, allerdings kann man diese qas glaubwürdigkeit angeht ohnehin zugunsten anderer leichter gewichten.

Erbmonarchie halte ich hier zudem für den falschen Begriff, den Begriff Monarchie (bzw. dessen lateinische Entsprechung), umschiffte man ja geschickt. Und durch Aufrechterhaltung des Motivs der Adoption der besten(gut zu sehen am Beispiel der Adoption Trajans durch Nerva), versuchte man ja das Bild zu erzeugen, dass weniger die verwandtschaftlichen Bande, als die Eignung eine Rolle spielten (was von Fall zu Fall natürlich unterschiedlich war), Trajan wurde vermutlich durch eine Senatorenclique an die Macht gehieft, und bot für alle Beteiligten die meisten "Pluspunkte".
 
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