Critognatus

Menelor

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Hallo zusammen,

meine Facharbeit in der Schule wird von der Rede des Critognatus bei der Belagerung von Alesia handeln. Allerdings habe ich Probleme dabei Informationen über ihn zu finden. Beim Googlen stoße ich auf Inhaltsangaben, Übersetzungen und Interpretationsansätze mit Aussagen, die ich mir auch selber denken kann.
Scheinbar scheint ja nicht sehr viel über ihn bekannt zu sein, selbst die englische Wikipedia hat keinen Artikel über ihn.
Ich wohne bei Düsseldorf, macht es dann Sinn, einmal in der Bibliothek z.B. der Uni vorbeizuschauen?


Punkte, die ich ansprechen möchte sind:
- Klärung der Situation der Gallier und Römer
- Ziel Caeser bei der Darstellung des Critognatus und folglich Wahrheitsgehalt seiner Darstellung
- Was war Critognatus für ein Mensch/ woher kommt er
- Diskussion um den Konflikt Kanibalismus/Freiheit (Hauptteil)
- Beurteilung der schließlich gewählten Lösung/wie hätte ich vemutlich gehandelt

Wenn hier noch jemand einen wichigen Punkt zu ergänzen hätte wäre ich auch dankbar.
 
Du kannst davon ausgehen, dass Critognatos ('Sohn der Angst') außer bei Caesar nirgends belegt ist - und falls überraschenderweise doch, dass diese Quellen von Caesar abhängig sind, also im Grunde allenfalls eine Zusammenfassung der Darstellung Caesars, eine getreue Wiedergabe oder eine Ausschmückung sind. An den historischen Critognatos kämest du also eh nicht weiter heran.
 
Du kannst davon ausgehen, dass Critognatos ('Sohn der Angst') außer bei Caesar nirgends belegt ist - und falls überraschenderweise doch, dass diese Quellen von Caesar abhängig sind, also im Grunde allenfalls eine Zusammenfassung der Darstellung Caesars, eine getreue Wiedergabe oder eine Ausschmückung sind. An den historischen Critognatos kämest du also eh nicht weiter heran.


Tut mir Leid dass ich das hier wieder ausgrabe aber es kommen wohl doch noch 2 Fragen hinzu:
Wie kommst du von Critognatus auf "Sohn der Angst"? Gnatus als Sohn, aber crito finde ich nirgends.
Kann man sich sicher sein, dass Critognatus wirklich existierte? Caeser könnte ihn doch auch frei erfunden haben.
 
Tut mir Leid dass ich das hier wieder ausgrabe aber es kommen wohl doch noch 2 Fragen hinzu:
Wie kommst du von Critognatus auf "Sohn der Angst"? Gnatus als Sohn, aber crito finde ich nirgends.
Kann man sich sicher sein, dass Critognatus wirklich existierte? Caeser könnte ihn doch auch frei erfunden haben.

kurz gegoogelt: Celtic personal names from Norica

*crito- 'horror, fright'

Möglicherweise ist Critognatus eine erfundene Person, sicherlich werden die Gallier in Alesia diskutiert haben, wie sie mit der Belagerungssituation umgehen sollten. Vielleicht hat Caesar in der Figur des C. die Stimmen einer Fraktion zusammengefaßt.

Die nächste Frage wäre, wie Caesar an die Informationen gelangt ist. Vielleicht wurden überlebende Gefangene verhört, die darüber Auskunft gegeben haben. Primärquellen aus keltischer Sicht haben wir leider nicht. Ob diese Rede so gehalten worden ist wie sie bei Caesar überliefert ist, kann und muß wohl mit einem Fragezeichen versehen.
 
Caesar kannte natürlich auch seinen Thukydides:
"Was nun in den Reden hüben und drüben vorgebracht wurde, während sie sich zum Kriege anschickten, und als sie schon drin waren, davon die wörtliche Genauigkeit wiederzugeben war schwierig sowohl für mich, wo ich selber zuhörte, wie auch für meine Gewährsleute von anderwärts; nur wie meiner Meinung nach ein jeder in seiner Lage etwa sprechen mußte, so stehen die Reden da, in möglichst engem Anschluß an den Gesamtsinn des in Wirklichkeit Gesagten." (Thukydides in Die Geschichte des Peloponnesischen Krieges)
Herodot war zwar der Vater der Geschichtsschreibung, Thukydides war aber das Vorbild, wie man's machte. Ob Critognatus tatsächlich existierte oder eine Erfindung Caesars ist, ist also letztlich fast egal. Ich wüsste aber nicht, warum Caesar Critognatus erfunden haben soll. Letztendlich stößt du dabei aber an ein methodisches Problem der Geschichtswissenschaft: Woher wissen wir eigentlich, ob die überlieferten Dinge stimmen?
Sofern wir keine quelleninternen Widersprüche haben oder unterschiedliche Überlieferungen aus gegenseitigen Lagern, die sich in wichtigen Punkten bestätigen, wird das schwierig. Wir müssen dann einfach auch mal den Quellen vertrauen. Das heißt aber nicht, dass wir ihnen alles glauben müssen. Aber Q-Kritik ist kein Selbstzweck. Bei der Q-Kritik geht es nicht darum, eine Quelle in Bausch und Bogen zu verdammen sondern darum, ihre Glaubwürdigkeit einzuschätzen. Man sollte also schon Gründe haben, warum man eine Aussage in einer Quelle anzweifelt. Etwa, dass Angaben aus logistischen Gründen eher unwahrscheinlich sind, unserem praktischen Wissen von der Welt widersprechen, sich im Laufe der Überlieferung verselbständigen oder eben durch textimmanente oder auch textexterne Widersprüche Grund zum Zweifeln geben.
Caesars Commentarii sind ohne Zweifel eine Quelle, die hochproblematisch ist (Quelle)/sind (Commentarii), eben weil Caesar sich auch gegenüber den republikanischen Befindlichkeiten des Senats aufgrund seiner Eigenmächtigkeit - er hatte ja nicht den Auftrag Gallien zu erobern, sondern die römische Gallia Narbonsensis zu verwalten - rechtfertigen musste. Das ist ein Grund, um an einzelnen Kriegsgründen zu zweifeln und auch die Dynamik dieser zehnjährigen Ereignisse in Frage zu stellen, aber kein Grund sie in ihrer Gesamtheit zu verwerfen.
 
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