Darstellung des Ariovist in Caesars Commentarii de Bello Gallico

Waterpolo

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Hallo,

beschäftige mich derzeit mit Caesars Commentarii de Bello Gallico und bin auf der Suche nach Monographien und Aufsätzen, welche sich hauptsächlich mit der Darstellung und Charakterisierung des Ariovist beschäftigen.

Habe hier grundsätzlich die Standardwerke vorerst vorgefunden, sprich Christ, Mommsen, Köstermann und Klotz. Einige wenige andere ebenfalls, die sich mit dem Germanenbild beschäftigen.

Vielleicht sind hier einigen Usern Aufsätze bekannt, die ebenfalls online abrufbar sind, die ich für meine Untersuchung benötige.

Danke für den Support!

Liebe Grüße,
Waterpolo
 
Survey aus den Datenbanken ZENON und RI OPAC

Bleckmann, Bruno: Die Germanen. Von Ariovist bis zu den Wikingern. München 2009.
Schneider, Helmuth: Von den Kimbern und Teutonen zu Ariovist. Die Kriege Roms gegen germanische Stämme in der Zeit der römischen Republik. - In: Feindliche Nachbarn. Rom und die Germanen (2008),S. 25-46
Halbe, A.: Ariovist, eine Gedenkschrift nach 2000 Jahren.

Faber, AndreaDie "Zeitgenossen" Marbods im Alpenvorland - Zur Bevölkerung des Alpenvorlands von Ariovist und Caesar bis zur Gründung der Provinzen Raetien. Praha/Bonn : Archeologický Ustav AV ČR Praha, 2009. 521-535 : Abb. Mitteleuropa zur Zeit Marbods : Tagung Roztoky u Křivoklátu 4.-8. 12. 2006 anlässlich des 2000jährigen Jubiläums des römischen Feldzuges gegen Marbod. 19. Internationales Symposium Grundprobleme der frühgeschichtlichen Entwicklung im mittleren Donauraum.
Lieberg, Godo: Zu Caesars Auseinandersetzung mit Ariovist und speziell zu Bellum Gallicum I, 46-47. Amsterdam, 2005. 111-119. Grazer Beiträge, 24.2005
Fischer, Franz: Caesar und Ariovist. Studien zum Verständnis des Feldzugberichts. 1999(2002). 31-68 : Bonner Jahrbücher, 199 (1999(2002))
 
Frage: Kann Ariovist als "hinterhältiger Barbar" bezeichnet werden oder war der Germane doch eher ein Mittel für die Legitimierung von kriegerischen Handlungen?

Definition des Wortes "hinterhältig" laut Duden: "Harmlosigkeit vortäuschen, aber Böses bezweckend"

Im Verlauf der Auseinandersetzung ist die Intention zu sehen, dass konstant eine aggressive Darstellung in Bezug auf Ariovist aufgebaut wird (z.B. in der anfänglichen Versammlung, der Unterredung etc.). Kann aber Ariovist in dieser Hinsicht und vor allem in der "Realität" als "hinterhältig" beschrieben werden? Geht schlecht, wenn kaum bis keine Vergleichsquellen zur Verfügung stehen.

Harmlosigkeit kann schlecht vorgetäuscht werden, wenn die Gefahr und Aggressivität schon seit den anfänglichen Kapiteln im Vordergrund stehen.

Grundsätzlich vermittelt Caesar ja Ariovist außerdem nicht als einen stupiden und dummen Germanen.

Welche Argumente sprechen für und welche gegen die jeweilige Beschreibung?
 
Ich denke Caesar war es vollkommen egal, ob Ariovist harmlos war und was er bezweckte. Auch jeder andere Statthalter mit weniger Ambitionen vielleicht einen Angriffskrieg anzuzetteln, hätte weder Ariovist, noch den nicht-germanischen Helvetern, noch anderen germanischen Stämmen, die zu dieser Zeit westwärts drängten eine solche Wanderung erlauben können.

Solche Wanderungen mussten zwangsläufig zu Konflikten führen. Und das war den Römern überall auf der Welt an ihren Grenzen ein Graus. Innerhalb römischer Grenzen schon gar nicht akzeptabel, aber auch nahe ihrer Grenzen. Ruhe und Ordnung war eine der vorrangisten Aufgaben jedes römischen Statthalters. Man konnte also Ariovist auf keinen Fall gewähren lassen.

Klar gab es kontrollierte Einwanderung und auch Deportationen auf Reichsgebiet. Aber zu der Zeit in Gallien wäre eine solche Lösung eher nicht denkbar gewesen.

Das hilft jetzt wenig zur Frage nach der Hinterhältigkeit. Aber ich meine, das diese Frage für Caesar irrelevant war.
 
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Abgesehen davon handelt doch wohl jeder Feldherr auch einmal hinterhältig. Das gehört doch spätestens seit dem Trojanischen Pferd zur Berufsbeschreibung von Feldherr, Politiker und König.

Aber auch davon wäre noch die Persönlichkeit zu trennen, die doch wohl in den allermeisten Fällen nicht hinterhältig ist.
 
Mir geht es eher in Bezug auf das Bellum Gallicum: Die Persönlichkeit Ariovists wird vielfältig beschrieben: zum einen gewalttätig, skrupellos und aufmüpfig zum anderen aber wird Ariovist nicht als stupider und dummer Germane beschrieben, da er sowohl militärische Erfahrungen als auch sprachliche Kenntnisse besitzt und teilweise von Caesar an einigen Stellen gewürdigt wird.

Daher frage ich mich, inwieweit Ariovist als "hinterhältiger Barbar" - sowohl in Bezug auf das Werk Caesars als auch tatsächlich - so bezeichnet werden kann.
 
Welche Anhaltspunkte siehst Du denn, dass Ariovist als "hinterhältiger Barbar" dargestellt würde? Ariovist tritt überaus selbstbewusst auf, macht von Anfang an klar, dass der von ihm besetzte Teil Galliens nach Kriegsvölkerrecht ihm zustehe, und wenn Caesar etwas von ihm wolle, solle er gefälligst zu ihm kommen. Harmlosigkeit täuscht er also keineswegs vor, und seine Pläne versucht er auch nicht zu verschleiern.
"Hinterhältig" verhält sich Ariovist lediglich bei der Unterredung mit Caesar, als seine Reiter einen Angriff machen, und später, als er Caesars Gesandte festnehmen lässt. Dass er die Schlacht hinauszuzögern versucht, kann man ihm hingegen nicht als "hinterhältig" auslegen, da er wegen ungünstiger Vorzeichen zuwartet. Das mag uns heute zwar befremdlich erscheinen, aber die Römer waren selbst genauso auf Wahrsagerei und Vorzeichen versessen.

Man sollte auch nicht übersehen, dass Caesar nicht etwa in einer friedlichen Gegend auftauchte und ohne Not irgendwelche Kriege anzettelte. Klar hatte er es auf militärische Erfolge abgesehen und ergriff jeden Vorwand, um militärisch intervenieren zu können, aber ruhig war Südgallien in der Nachbarschaft der Provinz schon vor Caesars Statthalterschaft nicht gewesen.
Bereits 60 v. Chr. war das Helvetierproblem als so gravierend eingestuft worden, dass man in Rom plante, den beiden Konsuln des Jahres die beiden gallischen Provinzen zuzuteilen und Gesandte nach Gallien zu schicken, die andere Stämme vom Anschluss an die Helvetier abhalten sollten. (Und das weiß man nicht von Caesar, sondern aus einem Brief Ciceros an Atticus. Die Bedrohung der römischen Provinz mag also zwar von Caesar aufgebauscht worden sein, aber erfunden hat er sie nicht, sie wurde auch von anderen gesehen. Auch die Niederlage der Haeduer hatte bereits Cicero gestört.)
61 v. Chr. musste ein Aufstand der Allobroger niedergeschlagen werden.
 
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Wenn er kein "hinterhältiger Barbar" ist und anscheinend nicht nur die prototypischen Merkmale eines Germanen beinhaltet, wie kann die Persönlichkeit Ariovists dementsprechend kurz beschrieben werden, wenn er letztendlich trotzdem die Barbarei verkörpert und so auch eine Gefahr Roms darstellt?
 
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Gehst Du zwingend davon aus, dass Ariovist in Caesars Darstellung irgendwelchen Stereotypen entsprechen muss?

Als Gefahr für Rom wird er höchstpersönlich eigentlich nicht dargestellt, sondern Caesar führt eher allgemein aus, dass der Zustrom von Germanen über den Rhein unter den Galliern zu weiteren Wanderungsbewegungen wie der der Helvetier führen könnte und auch die Germanen selbst irgendwann in die römische Provinz und weiter nach Italien einfallen könnten. Dem habe er rechtzeitig vorbeugen wollen. Dass Ariovist selbst eine Gefahr für Rom sei, behauptet er eigentlich nicht. Den Ariovist selbst stellt er eher als undankbar hin, weil er trotz der Verleihung der Titel "König" und "Freund" den römischen Wünschen nicht entgegenkomme und sich an den Haeduern als Verbündeten Roms vergreife. Diesen zu helfen, sei aber die Verpflichtung Roms gewesen. Den Krieg gegen Ariovist selbst rechtfertigt Caesar also eher mit der notwendigen Hilfe für die Haeduer, die aufgrund von Ariovists anmaßender und unnachgiebiger Haltung nur militärisch durchsetzbar gewesen sei. Die Gefahr für Rom lag eher in einer nebulösen künftigen Entwicklung, wenn man nicht bereits jetzt prophylaktisch handle.

Über Ariovists Persönlichkeit erfährt man bei Caesar eigentlich relativ wenig, da Caesar ihn so schildert, wie er ihn gerade braucht. Generell wird er als sehr selbstbewusst, stolz und überheblich dargestellt => daher sei keine friedliche Einigung mit ihm möglich gewesen und der Krieg unausweichlich. Bei Bedarf meint Caesar auch, dass Ariovist seine Erfolge eher durch Taktik und Klugheit als durch Tapferkeit errungen habe => daher sei es vertretbar gewesen, dass er sich mit den gefürchteten Germanen angelegt habe, denn für die kampferprobten und wohlgeführten (und an Kriegskunst allemal überlegenen) Römer (und Caesar) sei Ariovist zwar ein gefährlicher, aber doch bewältigbarer Gegner gewesen.

Ich nehme an, dass die Darstellung als selbstbewusst, stolz und überheblich in gewisser Weise durchaus der Realität entsprechen wird. Es ist durchaus naheliegend, dass sich Ariovist gefragt haben wird, was sich die Römer eigentlich einbilden, dass sie ihm Vorschriften machen wollen, wie er sich in dem von ihm besetzten Teil Galliens zu verhalten habe - noch dazu, wo sie ja auch einen Teil Galliens besetzt hielten. Also auch wenn Reden in antiken Werken mehr oder weniger literarisch fingiert sind, können Ariovists bei Caesar wiedergegebene Antworten gut in etwa seinen tatsächlichen Antworten entsprechen. Aus römischer Sicht wirkte sein Verhalten jedoch freilich hochmütig und kompromisslos: Es lag nun einmal im römischen Selbstverständnis, sich als Schiedsrichter aufspielen zu wollen, und die Hilfe für Verbündete als rechtliche und moralische Verpflichtung hatte schon oft als Vorwand herhalten müssen. Wer sich diesem Anspruch entgegenstellte, war daher aus römischer Sicht ein überheblicher Typ, den in die Schranken zu weisen gutes Recht war.
 
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Wenn er kein "hinterhältiger Barbar" ist und anscheinend nicht nur die prototypischen Merkmale eines Germanen beinhaltet, wie kann die Persönlichkeit Ariovists dementsprechend kurz beschrieben werden, wenn er letztendlich trotzdem die Barbarei verkörpert und so auch eine Gefahr Roms darstellt?
Kann es sein, dass du Caesars Ariovist-Darstellung in ein schematisches Vorurteil, welches du von der römischen Germanen/Barbaren-"Ethnologie" hast, pressen willst?
 
Kann es sein, dass du Caesars Ariovist-Darstellung in ein schematisches Vorurteil, welches du von der römischen Germanen/Barbaren-"Ethnologie" hast, pressen willst?

Nein, gerade das Gegenteil möchte ich erreichen. Eher gehe ich davon aus, dass Caesar in seinen Commentarii nicht das Bild über Ariovist vermittelt, was er persönlich von ihm hatte.

Hauptsächlich ging es mir um die Frage, welche kurze Charakterisierung (statt "Hinterhältiger Barbar", welche durch mehrere genannte Stellen im Bellum Gallicum eben nicht angewendet werden kann, zumal andere Attribute eher gefunden werden können) in Bezug auf Ariovist benutzt werden kann. So a la "Wagemutiger Germanenkönig" etc., die Ariovist und seine Persönlichkeit in kurzer Art und Weise darstellt.
 
Nein, gerade das Gegenteil möchte ich erreichen. Eher gehe ich davon aus, dass Caesar in seinen Commentarii nicht das Bild über Ariovist vermittelt, was er persönlich von ihm hatte.

Also doch. Du unterstellst Caesar doch, dass er in den Commentarii nicht den ihm bekannten Menschen Ariovist schildert, sondern ihn in die Schablone einer von dir unterstellten Barbarität presst.

Mein Eindruck (ich habe beide Worte separat unterstrichen, um die Subjektivität meinerseits zu unterstreichen) ist, dass du eine Idee hast, die Quelle aber dafür nicht trägt, du nun aber versuchst, beides übereinanderzubringen, nach dem Motto "was nicht passt, wird passend gemacht". Wenn ich mich irre, dann ist alles gut. Wenn ich Recht habe, solltest du deine Herangehensweise überdenken.
 
So a la "Wagemutiger Germanenkönig" etc., die Ariovist und seine Persönlichkeit in kurzer Art und Weise darstellt.
Auch das trifft es nicht, denn Caesar erwähnt ja auch, dass Ariovist nach verlorener Schlacht auf einem Boot über den Rhein geflohen ist (während fast alle seine Männer umgekommen seien), und dann recht ausführlich, was aus seiner Familie wurde: Beide Ehefrauen getötet, eine Tochter getötet, eine gefangen. Offenkundig ließ Ariovist sie auf der Flucht im Stich. Kein sehr ruhmvoller Abgang also. Und schon davor versucht Caesar seine verängstigten Soldaten zu beruhigen, indem er ihnen erklärt, dass Ariovist die Gallier "mehr durch Verstand und Rat als durch Tapferkeit besiegt habe".

Warum willst Du Ariovists Darstellung durch Caesar unbedingt in ein Charakterklischee pressen?
 
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