Die Feldzüge des Germanicus

salvus

Aktives Mitglied
Es ist mir tw. unbegreiflich, wie wenig Aufmerksamkeit (allgemein gesehen, d. h. in Presse, Fernsehen etc.) den Feldzügen des Germanicus entgegengebracht werden. Die Zeit von 14 - 16 n.Chr. scheint völlig im Schatten der Varusschlacht zu stehen. Sicher war die Varusschlacht ein wichtiges Ereignis, jedoch müssen die Feldzüge des Germanicus mit den drei großen (?) Schlachten als mindestens genauso wichtig angesehen werden. Erst in diesen Jahren ist die "Freiheit" Germaniens zementiert worden. Bedenkt man den immens hohen Aufwand, den die Römer betrieben haben, so sind die Ereignisse eigentlich noch bemerkenswerter als die Varusschlacht.

Aber wie sind diese Ereignisse einzuordnen?
Wie soll man die drei Schlachten bewerten? Haben die Römer in diesen Schlachten gesiegt? Oder muß man insgesamt von einem "Unentschieden" ausgehen? Wie groß war das römische Heer wirklich? Ist eine Zahl von 80.000 Mann realistisch? Wie hoch ist dann die logistische Leistung der Römer zu bewerten? Wie hoch können wohl die römischen Verluste gewesen sein?
Ja und wo haben die Schlachten stattgefunden?
Sind diese Feldzüge wirklich archäologisch nicht nachzuweisen, oder sind die bisherigen Funde nur falsch datiert, bzw. interpretiert? Bei einem solch hohen Aufwand müßten doch solche Funde vorhanden sein. :grübel:

Viel Stoff für eine angeregte Diskussion...
 
Es ist mir tw. unbegreiflich, wie wenig Aufmerksamkeit (allgemein gesehen, d. h. in Presse, Fernsehen etc.) den Feldzügen des Germanicus entgegengebracht werden. Die Zeit von 14 - 16 n.Chr. scheint völlig im Schatten der Varusschlacht zu stehen. Sicher war die Varusschlacht ein wichtiges Ereignis, jedoch müssen die Feldzüge des Germanicus mit den drei großen (?) Schlachten als mindestens genauso wichtig angesehen werden. Erst in diesen Jahren ist die "Freiheit" Germaniens zementiert worden. Bedenkt man den immens hohen Aufwand, den die Römer betrieben haben, so sind die Ereignisse eigentlich noch bemerkenswerter als die Varusschlacht.

Warte mal das Ende dieses Jahres ab, wenn das 2000jährige der Varusschlacht vorbei ist. ;)
 
Oder soll ich lieber bis 2016 warten?=)

So lange wirst Du nicht warten müssen, sobald das Varusschlachtjubiläum vorbei ist, wird sich die Zunft darauf konzentrieren, wie sie weiterhin Kapital aus den römisch-germanischen Kriegen der frühen Kaiserzeit schlagen kann und entsprechendes für 2014/15/16 vorbereiten, schließlich will Forschung finanziert sein.
 
Oder soll ich lieber bis 2016 warten?=)

Ich warte bis 2068, wenn ich dann noch laufen kann, werde ich eine Tour machen die bis zum Jahr 2070 geht.
Zu Fuß von Xanten aus über Krefeld, Neuss, Bonn und Mainz nach Italien und kurz vor Rom wieder kehrt und zurück, unter anderem mich mit jedem Zoffen und auf jeden dahergelaufen einen Eid schwören. Zum Ende hin jeden Damm am Niederhein/Holland einreißen Getreideschiffe kappern, die Viktoria versenken und zu allerletzt straffrei ausgehen.:p
:yes:
Willkommen in römisch-germanischen Reenactment der nächsten Jahrzente!

Es gibt noch viel mehr in der Römisch-germanischen Geschichte als 9 AD!
 
Indierekt doch, auch wenn ich in die Zukunft gegriffen habe, der Hauptgewährmann für die Vorgänge um Germanicus ist Tacitus in den Annalen, die sogar noch vermutlich später niedergeschrieben wurden, als die Historien, auf welche ich mich bezog.

Keine Ahnung wer sich zu dem Thema noch besonders lohnen würde zu lesen?
CassiusDio der ist ja noch zeitleich wesentlich weiter weg...
 
Ein größeres Kräftemessen als die Varusschlacht

@El Quijote: Hehe, das halte ich durchaus für denkbar!

...Aber wie sind diese Ereignisse einzuordnen?
Wie soll man die drei Schlachten bewerten? Haben die Römer in diesen Schlachten gesiegt? Oder muß man insgesamt von einem "Unentschieden" ausgehen? ..

Ich denke auf ein paar Punkte kann man sich sofort einigen:
Taktisch mögen die Schlachten für die Römer Siege oder wenigstens Unentschieden gewesen sein. Strategisch und Politisch waren es Siege für die von Arminius geführten rechtsrheinischen Stämme, denn sie behaupteten im Wesentlichen das Territorium und wohl auch auf lange Sicht gesehen das/die Schlachtfeld/er. Aus militärischer Tradition gesehen ist jener Sieger in einer Schlacht, der das Schlachtfeld behauptet. Während der Kämpfe mögen es die Römer gewesen sein, doch letztlich zogen sie sich über den Rhein zurück und zementierten damit das Ergebnis der Varusschlacht.

Es beeindruckt sowohl die scheinbare Stabilität des germanischen Bündnisses unter diesem unerhört heftigen Angriff des Germanicus, als auch die logistischen Leistungen des römischen Militärs. Letzteres kombinierte gekonnt verschiedene Marschsäulen und sogar Flottenbewegungen für die Feldzüge, was mit den damaligen Mitteln eine Meisterleistung sein dürfte und für die Professionalität der Legionen ein gutes Zeugnis abgibt - von der Versorgung einmal ganz abgesehen! Gerade das wirft aber auch ein sehr gutes Licht auf die Maßnahmen ihrer Gegner, die unter diesem Druck nicht zusammenbrachen. Arminius scheiterte letztlich im eigenen Land/Volk und nicht direkt an den Römern – wobei ich es durchaus für denkbar halte, dass bei seiner Ermordung sehr wohl römischer Einfluss im Spiele war… Die spätere Geschichte ist voll von entsprechenden Beispielen römischer Diplomatie...
 
Zur Archäologie:

Bei Bentumersiel an der Ems hat man viele römische Funde gemacht, darunter auch Münzen aus spätrepublikanischer und augusteischer Zeit.

Dieser Ort könnte, wohlgemerkt könnte, in Zusammenhang mit den Germanicus-Feldzügen stehen, da ja die Ems als Transportweg erwähnt wurde. Leider ist eine jahrgenaue Datierung nicht möglich.

Hier ein kleiner Artikel dazu:
 
Es ist mir tw. unbegreiflich, wie wenig Aufmerksamkeit (allgemein gesehen, d. h. in Presse, Fernsehen etc.) den Feldzügen des Germanicus entgegengebracht werden.
Im Grunde ist es noch nur patriotisch, wenn die Niederlage Hermanns ähm äh Armins im Geschichtsbewusstsein keinen Platz findet.:red:
Ich glaube das ist der einzige, warum den Germanicusfeldzüge nicht so populär sind wie die Schlacht im Teutoburger Wald.
Ach ja, dass Arminius am Ende doch der Loser und Rom der Triumphator war, sollten alle die es wissen, bitte weitersagen.:friends:

Was archäologische Funde betrifft, so gab um die Zeitenwende leider einfach zu viele Kriege, als dass man den einen haargenau dem anderen unterscheiden könnte. Ein römischer Zelthering oder eine spätrepublikanische Münze kann aus so ziemlich jedem Feldzug eines bestimmten Zeitrahmens stammen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Grunde ist es noch nur patriotisch, wenn die Niederlage Hermanns ähm äh Armins im Geschichtsbewusstsein keinen Platz findet.
Ich glaube das ist der einzige, warum den Germanicusfeldzüge nicht so populär sind wie die Schlacht im Teutoburger Wald.
Ach ja, dass Arminius am Ende doch der Loser und Rom der Triumphator war, sollten alle die es wissen, bitte weitersagen.


Gibt man bei Wikipedia Germanicus ein, findet man u.a.:
Nach einem ersten Einfall in das rechtsrheinische Germanien im Jahr 14 begann Germanicus im folgenden Jahr einen großangelegten Feldzug, zuerst gegen die Chatten, dann über die Ems zum Ort der Varusschlacht. Auf dem Rückmarsch zum Rhein wäre das Heer fast vernichtet worden.:still: 16 besuchte Germanicus erneut das Schlachtfeld und stieß bis zur Weser vor, wo es im Spätsommer bei Idistaviso zu einer Schlacht gegen Arminius kam, die keinen eindeutigen Sieger hatte. Das glimpflich verlaufene Gefecht am Angrivarierwall auf dem Rückweg war die letzte schwere militärische Auseinandersetzung der römischen Eroberungszüge ins Freie Germanien (Germania libera).
Obwohl Germanicus zwei Jahre lang mit acht Legionen, d. h. einem Drittel der römischen Gesamtstreitkräfte, das Land durchzog, konnte er die Arminius-Koalition nicht einmal so weit schwächen, dass diese nur ein Jahr später die 74.000-Mann-Armee des Markomannenkönigs Marbot nicht in einer offenen Feldschlacht nach römischem Muster hätte besiegen können. Dies spricht eindeutig dafür, dass die Feldzüge des Germanicus trotz einiger vermeintlicher oder tatsächlicher Siege ihren Zweck nicht erfüllten.
 
Es ist mir tw. unbegreiflich, wie wenig Aufmerksamkeit (allgemein gesehen, d. h. in Presse, Fernsehen etc.) den Feldzügen des Germanicus entgegengebracht werden. Die Zeit von 14 - 16 n.Chr. scheint völlig im Schatten der Varusschlacht zu stehen. Sicher war die Varusschlacht ein wichtiges Ereignis, jedoch müssen die Feldzüge des Germanicus mit den drei großen (?) Schlachten als mindestens genauso wichtig angesehen werden.

Wo siehst Du Anzeichen für eine solche Fehleinschätzung? Alle neueren Analysen, die ich gelesen habe, gehen davon aus, dass Rom die Eroberungspolitik nicht wegen der Varusniederlage sondern wegen der Erfolglosigkeit der Germanicus-Feldzüge aufgegeben hat. Germanicus hat den Krieg mit einem Aufgebot geführt, dass alles vorherige in den Schatten stellte. Das deutet nicht darauf hin, dass da irgend ein Anspruch aufgegeben worden wäre. Erst nach den schweren Verlusten - ob auf den Schlachtfeldern oder in Sturmfluten - hat Tiberius entschieden, dass sich der ganze Aufwand nicht lohnt. Selbst Tacitus kann man im Grund nicht anders lesen. Mit seiner Beschreibung will er meinem Eindruck nach eher auf einen Konflikt zwischen Tiberius und seinem "Rivalen" Germanicus hinaus. Er schreibt so, als wolle er sagen, dass Germanicus Germanien doch noch hätte unterwerfen können, wenn Tiberius ihn nicht gehindert hätte.

Auch das Fazit, das Tacitus zieht, ist recht eindeutig: Arminius sei unzweifelhaft der Befreier seines Volkes gewesen, auf dem Schlachtfeld nicht immer erfolgreich, aber im Krieg unbesiegt. Das bezieht sich offensichtlich nicht nur auf die Varusschlacht sondern auch auf die folgenden Kämpfe gegen Germanicus.

Wenn man sich die Ereignisse - so weit sie uns überliefert sind - anschaut, muss man den Eindruck gewinnen, dass es gerade das massive Vorgehen des Germanicus war, mit dem die Römer den "germanischen Widerstandsgeist" entfacht haben. Tacitus zum Beispiel schreibt, dass die Stämme bereits in Begriff waren, sich hinter die Elbe zurückzuziehen, als die Römer sie mit dem Bau eines Siegeszeichens in Wut versetzt und zu einem Angriff gereizt haben. Und an der Stelle liest es sich erstmals so, als wäre das kein vom Adel befohlener Angriff gewesen sondern eine Massenbewegung "des Volkes". Ein weiteres Indiz ist, dass als Reaktion auf die Germanicus-Offensiven germanische Anführer, die bis dahin romtreu waren, zu den Aufständischen übergelaufen sind. Inguiomer.

MfG
 
Wo siehst Du Anzeichen für eine solche Fehleinschätzung?

Die Anzeichen sehe ich ganz allgemein. Viele Leute wissen mit der Varusschlacht bzw. Schlacht im Teutoburger Wald etwas anzufangen - unabhängig vom Jubiläum. Die Medien berichten darüber, das ZDF macht einen terra-x Zweiteiler über die Varusschlacht usw.

Aber dann ist irgendwie Schluß. Die Germanicus Feldzüge werden evt. in einem Nachsatz behandelt. Dabei sind sie eigentlich untrennbar mit den Ereignissen im Jahre 9 n. Chr. verbunden. Es ist z.T. wirklich verwunderlich, das aus den römisch/germanischen Krieg lediglich immer dieses eine Ereignis herausgenommen wird. Eigentlich ist doch die "Freiheit Germaniens" erst nach den Germanicus Feldzügen zementiert worden. Vieleicht war das Standhalten der Germanen in diesen Feldzügen eine viel größere Leistung als der Sieg in der Varusschlacht. Aber dies zu beurteilen steht mir nicht zu.

Vieleicht erleben wir in den kommenden Jahren ja wirklich ein gesteigertes Interesse an diesen Feldzügen.
Eines stimmt sicherlich: Forschung kostet Geld...
 
Die Anzeichen sehe ich ganz allgemein. Viele Leute wissen mit der Varusschlacht bzw. Schlacht im Teutoburger Wald etwas anzufangen - unabhängig vom Jubiläum. Die Medien berichten darüber, das ZDF macht einen terra-x Zweiteiler über die Varusschlacht usw.

Aber dann ist irgendwie Schluß. Die Germanicus Feldzüge werden evt. in einem Nachsatz behandelt. Dabei sind sie eigentlich untrennbar mit den Ereignissen im Jahre 9 n. Chr. verbunden. Es ist z.T. wirklich verwunderlich, das aus den römisch/germanischen Krieg lediglich immer dieses eine Ereignis herausgenommen wird. Eigentlich ist doch die "Freiheit Germaniens" erst nach den Germanicus Feldzügen zementiert worden. Vieleicht war das Standhalten der Germanen in diesen Feldzügen eine viel größere Leistung als der Sieg in der Varusschlacht. Aber dies zu beurteilen steht mir nicht zu.

Vieleicht erleben wir in den kommenden Jahren ja wirklich ein gesteigertes Interesse an diesen Feldzügen.
Eines stimmt sicherlich: Forschung kostet Geld...

Okay, wenn wir über diese "populärwissenschaftliche" Art des Umgangs mit dem Thema reden, hast Du Recht. Das ist wohl einfach so. Der eine klare Sieg ist viel "griffiger" als das jahrelange "Standhalten" trotz aller Niederlagen. Außerdem gibt es da ja noch diesen Jahrestag ;) und den noch in der allgemeinen Erinnerung befindlichen Arminius-Heldenmythos. Ich bezog meine Aussagen mehr auf die wissenschaftliche Aufarbeitung. Die Historiker - zumindest die "modernen", deren Werke ich gelesen habe - sind sich eigentlich einig, dass die Germanicus-Feldzüge insgesamt größer, blutiger (für die Germanen), verlustreicher (für Rom) und folgenschwerer waren als das, was Varus passiert ist.

MfG
 
Obwohl ich mit der römischen Geschichte halbwegs auskenne sind mir Details des Feldzuges des Germanicus auch nicht geläufig.

Und wenn ich bei Amazon mal nach Germanicus suche ist das Ergebnis doch recht überschaubar, als Gegentest muß man nur mal Varusschlacht eingeben.

Von daher gebe ich salvus recht, der Fokus wird häufig zu sehr auf die Varusschlacht gelegt, als hätte diese alle Ambitionen der Römer mit einem Schlag beendet hätte.
 
Also ich hatte in meinem Urlaub die Gelegenheit das Buch von Wilm Brepohl, "Arminius gegen Germanicus" zu lesen.

War durchaus lesenswert, allerdings gibt es darin auch einige Thesen die man (wie immer) kritisch sehen muß.

So bezweifelt er den Bericht des Tacitus (Ann. II, 8, 1-2) wonach die römische Flotte 16. n. Chr. bis zur Emsmündung gefahren sein soll. Er bezeichnet die Flussbezeichnung des Tacitus als "irrtümlich" und geht davon aus, daß die Anlandung des Germanicus an der Wesermündung erfolgte. Dies erscheint ihm (Brepohl) viel logischer. U.a. werden folgende Gründe angeführt:

- Der anschliessende Landweg von der Emsmündung bis zum Raum Minden, "wo bekanntlich die Schlacht bei Idistaviso stattgefunden haben soll" war viel zu lang und somit auch zu umständlich.

- die Versorgung der marschierenden Truppen wäre viel zu aufwendig gewesen. So wäre es logistisch auch widersinnig gewesen, parallel zu schiffbahren Gewässern den Proviant mühsam auf dem Landweg zu transportieren. Die Trosskolonnen wären wohl ein zu begehrtes Angriffsziel gewesen.

- Eine Anlandung an der Ems würde im Gegensatz zur strategischen Zielsetzung der Offensive stehen.

Dazu noch ein Zitat aus dem Buch:

"Zwar wiederspricht dies dem Text bei Tacitus, doch muss dabei bedacht werden, daß er auch in anderem Zusammenhang irrtümlicherweise Flussnamen verwechselt hat."

Für eine Anlandung an der Weser spricht auch die verkehrsgünstige und strategische Bedeutung Mindens.

Dann wird aber plötzlich auch wieder der Tacitus zitiert um diese These zu untermauern:
(Ann. II, 8,4) "Als Caesar (Germanicus) ein Lager (an der Weser) aufschlug, meldete man ihm den Abfall der Angrivarier im Rücken"

Dies könnte für den Marsch der Truppen weseraufwärts nach Minden sprechen.

Recht interessant das alles...
 
Dann wird aber plötzlich auch wieder der Tacitus zitiert um diese These zu untermauern:
(Ann. II, 8,4) "Als Caesar (Germanicus) ein Lager (an der Weser) aufschlug, meldete man ihm den Abfall der Angrivarier im Rücken"

Das ist durchaus legitim; man kann eine Aussage einer Quelle in Zweifel ziehen (Lüge, Irrtum, Fehlinformation, Auslassung, Propaganda, Unwissenheit, Interpolation) muss aber deshalb nicht gleich die ganze Quelle verwerfen. Wenn Tacitus Widersprüchliches berichtet und es Brepohl so überzeugend gelingt, die Widersprüche aufzulösen, warum nicht?
 
Das ist durchaus legitim; man kann eine Aussage einer Quelle in Zweifel ziehen (Lüge, Irrtum, Fehlinformation, Auslassung, Propaganda, Unwissenheit, Interpolation) muss aber deshalb nicht gleich die ganze Quelle verwerfen. Wenn Tacitus Widersprüchliches berichtet und es Brepohl so überzeugend gelingt, die Widersprüche aufzulösen, warum nicht?

Natürlich hast du Recht.

Aber gerade bei Tacitus ist es (ganz allgemein) oft so, daß man ihn so auslegt, wie man es gerade braucht. Eben noch wird eine Stelle widerlegt, anschliessend wird er als Beweis herangezogen. Das kommt ziemlich häufig vor...
 
...Dann wird aber plötzlich auch wieder der Tacitus zitiert um diese These zu untermauern:
(Ann. II, 8,4) "Als Caesar (Germanicus) ein Lager (an der Weser) aufschlug, meldete man ihm den Abfall der Angrivarier im Rücken"

Dies könnte für den Marsch der Truppen weseraufwärts nach Minden sprechen.

Recht interessant das alles...

Meines Wissens nimmt man direkt vor dieser Textstelle eine Lücke in der Überlieferung an, weil kurz zuvor das Land der Angrivarier noch "vor" Germanicus gelegen hat. So eine Textlücke kann unerheblich sein, aber auch wichtige Informationen enthalten haben...
 
Germanicus gab sich zwar ordentlich Mühe, aber durchschlagende Erfolge erzielte er trotz des Einsatzes von 8 Legionen nicht. Arminius konnte es sich sogar leisten, nebenher auch noch mit Marbod Krieg zu führen. Die Schlachten von Idistaviso und am Angrivarierwall stellten die Römer selbst nicht als entscheidende Siege dar, sodass man wohl spekulieren kann, dass sie in Wahrheit wohl überhaupt eher unentschieden endeten. Germanicus errang zwar noch einige Erfolge und konnte auch Arminius' Frau gefangen nehmen, aber zuletzt musste er den Krieg auf Befehl von Tiberius einstellen. Der Preis war einfach zu hoch.

Noch ein paar Worte zu den angeblichen Siegen des Germanicus bei Idistaviso und am Angrivarierwall, über die Tacitus berichtet:
Tacitus halte ich nicht für uneingeschränkt glaubwürdig. In der modernen Forschung wird mitunter überhaupt angezweifelt, ob die Schlachten bei Idistaviso und am Angrivarierwall überhaupt richtig große Schlachten waren oder nicht doch eher kleinere Gefechte, die von der römischen Propaganda aufgebauscht wurden, um sie als Rache für die Varusschlacht betrachten zu können.
Ich persönlich habe da auch so meine Zweifel, denn es wäre ja ziemlich idiotisch von Arminius gewesen, sich zweimal zur offenen Feldschlacht zu stellen, obwohl seine Stärke gegen die Römer doch eher in Hinterhalten und Guerillataktiken lag. Die Römer hätten auch gar keine Möglichkeit gehabt, ihn zur Schlacht zu zwingen, da es in Germanien ja keine Städte gab, die sie belagern und dadurch Arminius zu einer Entsatzschlacht zwingen hätten können.
Doch gehen wir einmal davon aus, die Schlachten fanden tatsächlich so statt wie Tacitus sie beschreibt, so bleibt immer noch der Umstand, dass Arminius durch sie nicht nachhaltig geschwächt wurde. Immerhin konnte er kurz darauf gegen Marbod immer noch ein großes Heer aufstellen.
 
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