Die Gründungssage Roms

tela

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Eine Frage dazu - die Story sollte ja bekannt sein.
Wir haben 2 Jungs von vielleicht zweifelhafter Herkunft (Säugung durch eine Wölfin -> lupa -> Prostituierte) und wir haben einen Brudermord (Romulus an Remus).

Nicht unbedingt die besten Elemente für eine Gründungssage. Gibt es Theorien darüber, warum sich die Römer nicht einen etwas 'schöneren' Gründungsmythos gegeben haben?

Oder hatten die Elemente der Sage auch irgendeinen Sinn für die Römer?
 
Wir haben 2 Jungs von vielleicht zweifelhafter Herkunft (Säugung durch eine Wölfin -> lupa -> Prostituierte) und wir haben einen Brudermord (Romulus an Remus

Den Brudermord würde ich hier als kein negatives Element auffassen, sondern eine bewusst gewählte Metapher:
Remus macht sich über die Mauer Roms lustig ( übertragen auf ganz Rom) -> dies ist ein Sakrileg für die Traditions- u. Pflichtbewussten Römer, weswegen sie den Mord Romulus denke ich als gerechtfertigt angesehen haben.
Generell findet man in der römischen Antike viele Geschichten, in denen Väter zum Beispiel ihre eigenen Söhne exekutieren lassen, weil sie undiszipliniert waren oder in der Schlacht feige. Das war Ausdruck des höchsten aller Ideale, des Pflichtbewusstseins.
 
Remus, ein Weiheopfer

[...] Wir haben 2 Jungs von vielleicht zweifelhafter Herkunft (Säugung durch eine Wölfin -> lupa -> Prostituierte) und wir haben einen Brudermord (Romulus an Remus).

Nicht unbedingt die besten Elemente für eine Gründungssage. Gibt es Theorien darüber, warum sich die Römer nicht einen etwas 'schöneren' Gründungsmythos gegeben haben?

Oder hatten die Elemente der Sage auch irgendeinen Sinn für die Römer?

Ich habe irgendwann mal zufällig ein Buch mit dem interessanten Titel "Der Heilige Henker" von Hyam Maccoby erstanden. Worum es darin geht sagt der Untertitel genauer: "Die Menschenopfer und das Vermächtnis der Schuld" (Jan Torbecker Verlag, 1999)
Es geht darin hauptsächlich um mehr oder weniger dargestellte Opfer, die in der Bibel beschrieben werden. Darin äußert sich der Autor auch über die hier in Frage stehende Gründungssage Roms. Den Brudermord deutet er als Menschenopfer, das eben zur Gründung der Stadt benötigt wurde. Gerade in der Abwesenheit des Schuldgefühls für Romulus' Tat sieht Maccoby ein Indiz für den Ritualmord - übrigens in Parallele zu Kains Mord an Abel.
 
Generell findet man in der römischen Antike viele Geschichten, in denen Väter zum Beispiel ihre eigenen Söhne exekutieren lassen, weil sie undiszipliniert waren oder in der Schlacht feige. Das war Ausdruck des höchsten aller Ideale, des Pflichtbewusstseins.

Korrekt, dies trifft vor allem auf die Zeit der mittleren Republik und da vor allem auf das 4.Jahrhundert vor Chr. zu.

s.d.caes.
 
Korrekt, dies trifft vor allem auf die Zeit der mittleren Republik und da vor allem auf das 4.Jahrhundert vor Chr. zu.

Der Hinweis von GAIUS MARIUS erscheint zwar interessant, aber diese Sage ist meiner Ansicht nach kein Ausdruck der patriarchalen (im Sinne der väterlichen) Macht.

Ich habe aber jetzt Drewermanns "Strukturen des Bösen" wiedergefunden. Aus motivgeschichtlich-naturmythologischer Sichtweise argumentiert der Autor, daß Romulus "eindeutig solare Züge an sich trägt, indem er das typische Schicksal des Sonnenhelden durchläuft": dazu zählt er die jungfräuliche Empfängnis, die Aussetzung im Wasser, die Säugung durch eine Tiermutter "und schließlich die Himmelfahrt in Gewitter und Wolken" - so bei Livius - "bzw. sein Zerstückeltwerden im Tempel des Vulkan" - so bei Plutarch.
Natürlich geht es dem Autoren meist um die Interpretation biblischer Texte, hier der Kain-und Abel-Geschichte, die nicht zuletzt auch eine Parallele zur römischen Sage darin findet, "daß der Anlaß zum Brudermord in der Romulusmythe in der Zwietracht der Zwillinge während eines Opfers (zum Zwecke der Vogelschau) gelegen ist - so sowohl nach Plutarch als auch nach Livius, wobei zu bemerken ist, daß ich die Textstellen nicht überprüft habe. Eugen Drewermann jedenfalls bezieht sich dabei auf I. Goldziher, demnach in Mythen solche "Sonnengestalten" wie Kain oder Romulus als Kulturbringer vielfach auch mit der Bergündung des städtischen Lebens in Verbindung stehe und der Erbauung der Stadt wiederum häufig ein Brudermord vorhergehe.

Aber ich gebe zu, daß solchen Überlegungen oft schwer zu folgen ist; aber ich finde es interessant, was sich manch einer darüber Gedanken gemacht hat, wie solche mythischen Überliferungen mal entstanden sein könnten, was sie bedeuten, und sie letztendlich auf den Sonne-Mond-Kreislauf zurückführen, wobei sie gleichzeitig den Kampf zwischen nomadischen Viehzüchtern und Ackerbauern bedeuten sollen.
 
Es ist ja nicht unbedingt eine Deutung mit Wolf -> Prostituierte, sondern einfach das, dass das Wort für beides das gleiche ist.
Könnte es nicht sein, dass die Römer unter dem Eindruck der zweifelhaften Herkunft die Lupa zu einer Wölfin gemacht haben?
 
Ich würde eher vermuten, dass lupa erst später die Konnotation der Prostituierten bekam.
Andererseits gibt es aber für die lupa auch schon antike Aitiologien, in denen Acca Larentia, die Frau des Faustulus und ehemalige Prostituierte, die beiden Kinder großzieht.
 
Andererseits gibt es aber für die lupa auch schon antike Aitiologien, in denen Acca Larentia, die Frau des Faustulus und ehemalige Prostituierte, die beiden Kinder großzieht.

So kenne ich das auch und ich finde es sehr einleuchtend. Allerdings war sie nach meinen Informationen keine professionelle Prostituierte, sondern wurde wegen ihrer vielen Seitensprünge so genannt.

Themistokles schrieb:
Kann man den Wolf nicht schöner deuten? Symbol für Mars oder Verkörperung römischer Tugenden anstatt Prostituierter?

Diese Deutung ist nicht nur anständiger und schöner, sondern wird zusätzlich dadurch gestützt, dass es nicht nur ein Wolf war, der die Säuglinge nährte, sonder es gab laut Plutarch auch einen Specht, der ihnen in seinem Schnäbelchen Nahrung brachte. Beides sind Tiere des Mars.


Fest steht jedenfalls, dass in der Sage bewusst Elemente aufgenommen wurden, die sich auch in der römischen Tradition wiedergefunden haben und dass ihre Schöpfer sich mit dem alten Ritual der Römer gut auskannten. Es handelt sich also um einen ätiologischen Mythos. Der Ort, wo die Zwillinge an Land getrieben wurden, war das Lupercal, wo auch ein Feigenbaum stand, der Ficus Ruminalis (=Feige des Säugens) genannt wurde. Feigensaft wurde in Latien für Fruchtbarkeitszauber verwendet. Nichts wurde also dem Zufall überlassen und so erhalten die einzelnen Komponenten der Sage Sinn.
 
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Gründungssage Roms

Das Motiv der Kindes- bzw. Zwillingsaussetzung war schon bei den Griechen bekannt, so u. a. bei Herodot oder Sophokles. Aus der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. stammt die Geschichte des Miletos, dem Sohn des Apollon und Gründers von Milet, der von der Mutter ausgesetzt, von Wölfen genährt und von Hirten aufgezogen worden war.
 
Es gibt bei Wikipedia einen Artikel über Romulus und Remus, wobei auch über die Bedeutung von Lupa spekuliert wird; ihr könnt ja mal reinschauen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Romulus_und_Remus

Als nächstes habe ich mir mal den Mommsen (Römische Geschichte angeschaut) angeschaut, was der so dazu sagt. Er bezeichnet die Gründungssage als "jung und schlecht [...] erfunden", aber nicht nur, weil der (griechische) Heroenkult den (alten) Römern fremd gewesen wäre: schon allein "die ganz unrömische Verwandlung des Königs Romulus in den Gott Quirinus" zeige das.
Das hat mich nachdenklich gestimmt, zudem es ein altrömisches Fest gibt, das mit der Lupa als Liebesgöttin (so im angegebenen Link behauptet) im Zusammenhang steht (Lupercalia zum Ende des römischen Jahres zu Ehren des Hirtengottes Faunus).
Beim entsprechenden Festritual spielt auch ein Zwillingspaar eine wichtige Rolle (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Lupercalien).
In der altrömischen Religion spielt des weiteren Mars eine sehr viel bedeutendere Rolle als Jupiter; schließlich finden zu seinen Ehren nicht nur zu Beginn des römischen Jahres Feste statt. Auffällig ist aber auch, daß für Quirinus, seinen "Doppelgänger" (Mommsen), nur ein Fest (Quirinalia) stattfindet, das übrigens am selben Tag wie Lupercalia gebangen wird: am 17. Feb.
An anderer Stelle spricht Mommsen auch von einem "zweifachen Marscult auf dem Palatin und dem Qurinal", womit das Vorhandensein der Marspriester (Springer/Salii; Wölfe/Luperci) in doppelter Gemeinschaft - sowohl auf dem Quirinal wie auf dem Palatin - zusammenhängt.

Man könnte überlegen, ob das ganz alte Rom, die latinisch-sabinische Siedlung nicht einen anderen Gründungsmythos kannte, der eben mit einer Lupa als Liebesgöttin mit zwei Zwillingssöhnen namens Mars und Quirinus kannte.
 
Man könnte überlegen, ob das ganz alte Rom, die latinisch-sabinische Siedlung nicht einen anderen Gründungsmythos kannte, der eben mit einer Lupa als Liebesgöttin mit zwei Zwillingssöhnen namens Mars und Quirinus kannte.


Können tut man viel, aber über das Feld der Spekulationen kommt man nicht hinaus. Ein Wikipedia-Artikel als einziger Beweis, dass lupa eine Liebesgöttin war, untermauert die These auch nicht sonderlich.
 
Gibts nicht mit der Gründungssage Roms auch die Vermutung, dass es sich hierbei um entflohene Trojaner handelte?
Oder gehört das nicht zur Sage? Schwirrte mir grad im Kopf rum.
 
Gibts nicht mit der Gründungssage Roms auch die Vermutung, dass es sich hierbei um entflohene Trojaner handelte?
Oder gehört das nicht zur Sage? Schwirrte mir grad im Kopf rum.

Tatsächlich gab es die Sage, dass Aeneas mit einigen Überlebenden nach Rom zog ( obwohl es damals noch nicht so hieß). Julius Caesar benutzte ja die Sage als Propaganda, denn er wollte angeblich von Aeneas abstammen und damit auch von Venus.
 
Können tut man viel, aber über das Feld der Spekulationen kommt man nicht hinaus. Ein Wikipedia-Artikel als einziger Beweis, dass lupa eine Liebesgöttin war, untermauert die These auch nicht sonderlich.


Dem kann man nur zustimmen, denn die mehr oder minder qualifizierten Beiträge von Wikipedia-Autoren sind durchaus nicht immer fachlich fundiert.

Man sollte sich im Zusammenhang auch vor Überinterpretationen der römischen Gründungssage hüten, denn Wolf und Adler waren Totemtiere schon der frühen Latiner bzw. ihrer indoeuropäischen Vorfahren. Von daher klärt sich vieles ganz unangestrengt von selbst. Und das Motiv der Kindesaussetzung findet sich bereits bei Moses im Alten Testament.
 
Tatsächlich gab es die Sage, dass Aeneas mit einigen Überlebenden nach Rom zog ( obwohl es damals noch nicht so hieß).

Rom war zum Zeitpunkt der Ankunft der Flüchtigen in Latium noch nicht gegründet worden. Aeneas selber gründete Lavinium, sein Sohn Iulus Ascanius Alba Longa. Aus dem Königsgeschlecht von Alba Longa entstammen schließlich Romulus und Remus.
 
Dieser ganze Themenkomplex des Trojanerhelden Aeneas wurde besonders durch Vergils "Aeneis" berühmt.

Im Übrigen war diese Sage rund um Aeneis in der römischen Zeit beliebter (vielleicht auch bekannter) als die Sage rund um Romulus, die oft allenfalls als Ergänzung der Aeneas-Sage angesehen wurde. Heute ist es umgekehrt: die meisten kennen eher die Romulus/Remus-Geschichte.

s.d.caes.
 
Können tut man viel, aber über das Feld der Spekulationen kommt man nicht hinaus. Ein Wikipedia-Artikel als einziger Beweis, dass lupa eine Liebesgöttin war, untermauert die These auch nicht sonderlich.

Recht hast du mit der Lupa; nichts desto weniger bleibe ich vorläufig bei der Überlegung, daß es eine verloren gegangenen Sage um Zwillinge - wessen Söhne auch immer (Vorschläge nehme ich gerne entgegen!) - gegeben haben könnte, die der Zusammenführung des palatinischen Rom mit der Siedlung auf dem Quirinal mythologischen Ausdruck verlieh.

Des weiteren würde mich dann gerade mal auch noch eure Meinung interessieren, wie ihr dann die Äußerung wertet, daß eine ältere Überlieferung behauptet, daß Romulus (als Rhomylos/Romos) der Sohn Aeneas war? Ebenfalls eine "Erfindung" des Artikelautoren bei Wiki, der hier immerhin eine Literaturangabe liefert: Andreas Bendlin, Romulus. In: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Band 10, Sp. 1130.
 
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Gründung Roms durch die Götter?

hi!
muss in latein einen vortrag über die entstehung roms durch die götter halten. also nicht die geschichte mit romulus und remus, sondern aus der sicht der mythologie. habe bereits etwas über einen herrn namens Aeneas erfahren. ist er es, der mit der mythologie zusammenhängt oder ist das noch eine ganz andere sache zur entstehung roms? zudem soll ich diese geschichte anhand eines stammbaumes der götter erklären. kann mir jemand weiterhelfen auf welchen seiten ich im internet fündig werden kann und etwas zur mythologie finde? oft erscheinen nämlich nur beiträge zu romulus und remus und ich weiß nicht, ob aeneas etwas mit dem thema zu tun hat, was ich bearbeiten soll. bitte helft mir. danke schonmal =)
LG Balance05
 
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