Die Karten des Ptolemaius - Orte

beorna

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Germanien bei Ptolemaios

Ich würde hier gerne über die Beschreibung germanischer gentes bei Ptolemaios diskutieren. Verfügte Ptolemaios über aktuelle Informationen oder benutzte er frühere Daten? Wie sind die germanischen gentes zu lokalisieren?
 
Hallo Beorna
Na da hast du dir ja was vorgenommen - äußerst kompliziert! :confused:
Literatur: :thx:
Claudii Ptolemaei Geographia, edidit Carl F. A. Nobbe, 3 Bde., b. Tauchnitz, Leipzig 1843-1845, Nachdr. mit Einl. v. Aubrey Diller, Hildesheim 1966.
Die Geographie des Ptolemaeus: Galliae, Germania, Raetia, Noricum, Pannoniae, Illyricum, Italia. Hss., Text u. Unters. v. Otto Cuntz, b. Weidmann, Berlin 1923.
Des K. P. Einführung in die darstellende Erdkunde, dt. u. mit Erklärungen versehen v. Hans v. Möik unter Mitarbeit v. Friedrich Hopfner (Klotho 5), Bd. I: Theorie u. Grundlagen der darstellenden Erdkunde, Wien 1938.

Links:
Germanien in der Weltkarte des Klaudios Ptolemaios
Geographike Hyphegesis


Vercingetorix :still:
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Vercingetorix für die links und die Quellen. So können sich vielleicht auch andere an der Diskussion beteiligen.Womit wir anfangen ist eigentlich egal. Es wäre vielleicht das Beste wenn wir uns vom Rhein nach Osten vorarbeiten.

Über die Rheinzone schreibt Ptolemaios, am Rhein wohnen von Norden her zuerst die Busacterer und Sigambrer, unter diesen die Langobarden-Sueven. Danach wohnen die Tenkterer und Inkrionen zwischen Rhein und den Abnoba-Bergen und auch noch die Intuergen, Vargionen und Karitner. Unter diesen wohnen die Visper, danach folgt die helvetische Einöde bis zu den erwähnten Alpen.

Das Problem beginnt schon bei den Busacterern. Dies erscheint eine Verschreibung aus Brukterern. Allerdings wohnen sie nicht, betrachtet man den Rheinverlauf, im äußersten Norden. Es scheint daher so, daß Ptolemaios erst ab der Bataverinsel mit seinem Bericht beginnt.
Ein weiteres Problem bilden die Sigambrer. Es ist dabei kein Problem, daß Ptolemaios sie südlich der Brukterer angibt. Vielmehr wird hingegen bezweifelt, daß die Sigambrer zu diesem Zeitpunkt (das Werk des Ptolemaios stammt aus der Zeit vor 150 n. Chr.) noch als gens bestanden haben. Dies ist ein Grund, warum eine Vielzahl von Historikern die Karte des Ptolemaios für eine Abschrift älterer Karten, zum Teil aus der Zeit des Augustus hält.

Vielleicht erst einmal so weit.
 
Du, Vercingetorix, aber auch viele andere, identifizieren den Abnoba mons mit dem Schwarzwald. Nun schreibt aber Ptolemaios, daß Tenkterer und andere kleine Völkerschaften zwischen Rhein und Abnoba liegen. Da die Tenkterer aber eher in der Gegend gegenüber von Köln und südlich davon zu suchen sind, kann der Schwarzwald gar nicht oder nur bedingt gemeint sein, nämlich dann, wenn man auch nördlich des Mains den Abnoba weiterlaufen läßt.

Jenseits des Abnoba liegen die Chasuarier, Nertereaner, Danduten, Turonen, Marvinger, Chättuoren und Parmäkamper. Es ist interessant, wenn du die Chasuarier so weit nördlich beginnen läßt. Ich hätte sie eher im Bereich der nördlichen Wetterau bzw. an der oberen Lahn gesucht. Die Nertereaner vermutet Schmidt an einem Nebenfluß der Eder, dies ist Chattenland. Allerdings könnte es sich ohne weiteres um eine Abspaltung handeln oder aber um ein abgewandertes Chattenvölkchen aus eben diesem Bereich, das nun ebenfalls südlich des Vogelsberges saß. Die Danduten würde ich am unteren Main vermuten. Die Turonen hingegen halte ich für Hermunduren, die spätestens unter Vibilius nach Süden, Richtung Donau abwanderten. Die Marvinger würde ich mit den Marsignern gleichsetzen und im Übergang zu Böhmen suchen. Chättuoren und Parmäkamper lebten dann irgendwo entlang der Donau.
 
Okay Dann nehmen wir mal Ptolemaios auseinander.

Ingriones oder Incriones, Nitriones
-Germanen zwischen Schwarzwald und Rhein,
-Hierbei steht die Form Nitriones gleich zu Suebi Nicretes.

Quelle:
Ptol., Geogr. II 11, 6.
Literatur:
Holz, Beiträge zur Deutschen Altertumskunde I 15.
Much, Deutsche Stammessitze 92.
---------------------------------------------------------------
Intuergii
-Ptolemaios nennt sie nach den Ingriones, zusammen mit Vangiones.
-Much stellt sie ins Rheinthal und hält sie für die Mattiaker, bzw einen Teil von ihnen.

Quelle:
Ptol., Geogr. II 11, 6.
Literatur:
Much, Deutsche Stammessitze 82.
---------------------------------------------------------------
Dantuti
-südlich der Chasuarier und Nerterianer,
-These von Much: Dandies = Cherusker ( oder Teil dieser) unter anderem Namen

Quelle:
Ptol. II 11, 11
Strabo VII 292

Literatur:
Much, Deutsche Stammessitze.
---------------------------------------------------------------
Vispoi
-Stamme zwischen Rhein und Abnoba-Gebirge,
-nördlich der Helvetiereinöde,
-Etymologie: Vispoi = Usipi = Usipeter (von germ. wispa = Wisch aus Stroh),
-1. These: Gau der Mattiaker ( Th. Stecke),
-2. These: rechtsrheinische Abteilung der Nemeter,

Quelle:
Ptol. II 11,6

Literatur:
Much, Deutsche Stammessitze, 103.
---------------------------------------------------------------
Marvingi
-südöstlich des abnobäischen Gebirgers,
-neben den Tourones,
-Marvingi = Marsigni ist laut Müller etymologisch zu verneinen !!!
-Vgl. mit elbischen Land Mauringa aus der Langobardengeschichte,

Quelle:
Ptol. II 11, 11.
---------------------------------------------------------------
weitere Aufarbeitung folgt:idee:

Vercingetorix :fs:
 
beorna schrieb:
Jenseits des Abnoba liegen die Chasuarier, Nertereaner, Danduten, Turonen, Marvinger, Chättuoren und Parmäkamper. Es ist interessant, wenn du die Chasuarier so weit nördlich beginnen läßt. Ich hätte sie eher im Bereich der nördlichen Wetterau bzw. an der oberen Lahn gesucht. Die Nertereaner vermutet Schmidt an einem Nebenfluß der Eder, dies ist Chattenland. Allerdings könnte es sich ohne weiteres um eine Abspaltung handeln oder aber um ein abgewandertes Chattenvölkchen aus eben diesem Bereich, das nun ebenfalls südlich des Vogelsberges saß. Die Danduten würde ich am unteren Main vermuten. Die Turonen hingegen halte ich für Hermunduren, die spätestens unter Vibilius nach Süden, Richtung Donau abwanderten. Die Marvinger würde ich mit den Marsignern gleichsetzen und im Übergang zu Böhmen suchen. Chättuoren und Parmäkamper lebten dann irgendwo entlang der Donau.

Die Chasuarier haben nie im Gebiet der oberen Lahn gesiedelt, dieses Gebiet war immer chattisches Stammesland. Bei den Chättuoren lässt sich eine enge etymologische Verwandschaft zu den Chattuariern vermuten, ob sie identisch sind, ist natürlich auch wieder nur Vermutung.
 
Aragorn schrieb:
Die Chasuarier haben nie im Gebiet der oberen Lahn gesiedelt, dieses Gebiet war immer chattisches Stammesland. Bei den Chättuoren lässt sich eine enge etymologische Verwandschaft zu den Chattuariern vermuten, ob sie identisch sind, ist natürlich auch wieder nur Vermutung.
Ganz ehrlich, die Positionierung der Chasuarier bereitet mir Probleme. Laut Schmidt, Geschichte der germ. Völker, 210 wanderten sie in die Nähe der Tenkterer. Unter Trajan wurden sie Reichsabhängig. Wenn man darunter versteht, das sie innerhalb des römischen Reiches lebten, bliebe nur der Platz im Rheingau und der Wetterau, möglich wäre auch ein Sitz in unmittelbarer Nähe (Föderaten), dann käme, ich präzisiere, die mittlere Lahn in Betracht.
 
Vercingetorix schrieb:
Okay Dann nehmen wir mal Ptolemaios auseinander.

Ingriones oder Incriones, Nitriones
-Germanen zwischen Schwarzwald und Rhein,
-Hierbei steht die Form Nitriones gleich zu Suebi Nicretes.

Quelle:
Ptol., Geogr. II 11, 6.
Literatur:
Holz, Beiträge zur Deutschen Altertumskunde I 15.
Much, Deutsche Stammessitze 92.
Im Bereich des Siebengebirges oder südlich davon, ist im Mittelalter ein Engersgau (Watterich, Die Germanen des Rheins,30) bekannt. Hier könnte man die Ingriones vermuten. Dies paßt vor allem zu ihrer Lage südlich der Tenkterer, welche vermutlich gegenüber von Köln und Bonn, um den Unterlauf der Sieg herum saßen. Ein Problem ist die Nennung sie säßen zwischen Abnoba und Rhein, wobei Abnoba meißt mit dem Schwarzwald identifiziert wird. Ich halte dies in diesem Fall für falsch, da die helvetische Einöde und das Decumatland wohl mehr oder weniger identisch sind. Vielmehr ist bei Ptolemaios bei Abnoba an die Gebirge nördlich des Mains zu denken. Sueben mögen sie gewesen sein (Cäsar), mit den Suebi nicretes würde ich sie in keinem Fall gleichsetzen.

Vercingetorix schrieb:
Intuergii
-Ptolemaios nennt sie nach den Ingriones, zusammen mit Vangiones.
-Much stellt sie ins Rheinthal und hält sie für die Mattiaker, bzw einen Teil von ihnen.

Quelle:
Ptol., Geogr. II 11, 6.
Literatur:
Much, Deutsche Stammessitze 82.
Die Vargionen und Intuerger setzt Watterich (ebd. 34 u. Anm.) im Westerwald, im Bereich Limburg, Montabaur, Haiger etc. bzw. vom Sayn bis zur Lahn an. Es scheint nicht unwahrscheinlich, daß Intuerger und Vargionen zusammenfallen, (int) uargoi-uoargoi. Im Moment läßt sich wohl nur sagen, daß sie nördlich der Lahn und im Hinterland wohnte, ähnlich wie die Karitner. Interessant wäre eine Verschreibung von Vangiones zu Vargiones, dies brächte, durch die zu weit südliche Lage ersterer aber nur Probleme.

Vercingetorix schrieb:
Dantuti
-südlich der Chasuarier und Nerterianer,
-These von Much: Dandies = Cherusker ( oder Teil dieser) unter anderem Namen

Quelle:
Ptol. II 11, 11
Strabo VII 292

Literatur:
Much, Deutsche Stammessitze.
Die Danduti sitzen unter den Chasuariern und Nertereanern. Wie bereits erwähnt, vermutet Schmidt (finde momentan die Stelle nicht), die Nertereaner an einem Nebenfluß der Eder. Damit säßen die Chasuarier noch nördlicher. Das ist unwahrscheinlich. Wie die Chasuarier würde ich die Nertereaner in den Bereich der Wetterau setzen. Die Danduten oder Lander (Verschreibung) säßen dann im Bereich des mittleren Mains. Gibt Much einen Grund, warum er sie mit den Cheruskern (bzw, Teilen) gleichsetzt?

Vercingetorix schrieb:
Vispoi
-Stamme zwischen Rhein und Abnoba-Gebirge,
-nördlich der Helvetiereinöde,
-Etymologie: Vispoi = Usipi = Usipeter (von germ. wispa = Wisch aus Stroh),
-1. These: Gau der Mattiaker ( Th. Stecke),
-2. These: rechtsrheinische Abteilung der Nemeter,

Quelle:
Ptol. II 11,6

Literatur:
Much, Deutsche Stammessitze, 103.
Die Uispoi halte ich auch für Reste der Usipier. Die Ethymologie halte ich aber für fraglich. Die Idee Watterichs , 34, sie ins Tal der Wisper, südlich der Lahn zu setzen, erscheint nicht unglaubwürdig. Vor allem, da sie 83 unter Domitian reichsuntertänig wurden.

Vercingetorix schrieb:
Marvingi
-südöstlich des abnobäischen Gebirgers,
-neben den Tourones,
-Marvingi = Marsigni ist laut Müller etymologisch zu verneinen !!!
-Vgl. mit elbischen Land Mauringa aus der Langobardengeschichte,

Quelle:
Ptol. II 11, 11.
Sicherlich sind Marvingi und Marsingi sprachgeschichtlich, ethymologisch nicht verwandt. Ich halte es schlichtweg für einen Schreibfehler. Bei Tacitus sitzen sie nördlich der Markomannen, bei Ptolemaios unter den Turonen. Die Turonen, unter den Sudeti montes, sitzen meiner Meinung nach im oberen Maintal. Damit säßen die Marvinger/Marsigner im Bereich vom Übergang Erzgebirge in den Böhmerwald.
Eine Gleichsetzung von Marvingi und Mauringa halte ich für eher unwahrscheinlich, da ich zu Marsigner oder Marsinger tendiere und nicht zu Marvingi, Mauringi.

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Die Turonen lokalisiere ich, wie gesagt südlich des Thüringer Waldes bzw. östlich des nördlichen Böhmerwaldes im oberen Maintal. Ich halte sie für die von Tacitus Germ. 41 erwähnten südlichen Hermunduren, während Teuriochaimae, das Gebiet ist, von dem Tacitus in Germ 41 sagt, daß man keine Kenntnis mehr über diese Region hat.
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Die Suebi-Langobardi wird vielfach für eine falsche Ansetzung gehalten, da die Langobarden i.A. an der Unterelbe saßen. Ich vermute hingegen, daß Ptolemaios hier richtig berichtet. Er schreibt zur Zeit der Markomannenkriege oder kurz davor. Für mich sind diese rheinischen Langobarden identisch mit den Langobarden die später über die Donau nach Pannonien einfallen (Schmidt, 68). Daher ist ihre Nennung auf Ptolemaios Karte wohl nur eine Momentaufnahme.
 
beorna schrieb:
Danke Vercingetorix für die links und die Quellen. So können sich vielleicht auch andere an der Diskussion beteiligen.Womit wir anfangen ist eigentlich egal. Es wäre vielleicht das Beste wenn wir uns vom Rhein nach Osten vorarbeiten.
Dann kommt bei Dir aber nur der Oberrhein.
Interessant ist aber auch die Nordseeküste mit Jütland nach Osten. Auch das schreibt Ptolemaios einiges. Will mich aber jetzt nicht vordrängen, vielleicht wandert ihr noch den Rhein abwärts. Dann schalte ich mich nochmal später ein.

Fingalo
 
fingalo schrieb:
Dann kommt bei Dir aber nur der Oberrhein.
Also ich beginne genau genommen mit dem Austritt des Rheins aus dem Bereich des Römischen Reiches. Also etwas nördlich der Lippe. Dieser Bereich war allerdings ein Ödstreifen (ehemaliges Usipierland). Insofern hast du Recht, das die gentes rheinabwärts nicht erwähnt wurden.

fingalo schrieb:
Interessant ist aber auch die Nordseeküste mit Jütland nach Osten. Auch das schreibt Ptolemaios einiges. Will mich aber jetzt nicht vordrängen, vielleicht wandert ihr noch den Rhein abwärts. Dann schalte ich mich nochmal später ein.

Fingalo
Die Bataver, Cannenefaten u.a. würde ich dann mit den anderen Meeresanreinern besprechen.
Ich denke, daß man ohne Probleme auch andere Gebiete vorziehen kann. Zur besseren Übersicht sollte man nur nicht von den Batavern zu den Naristen, von den Haruden zu den Tubanten und von den Chamaven zu den Ombrones springen. Die Art und Weise in der Vercingetorix vorgeht finde ich ganz gut. Wenn man dies für für andere Regione zum Vorbild nimmt ist das für mich ok. Dann man los!
 
beorna schrieb:
Die Art und Weise in der Vercingetorix vorgeht finde ich ganz gut. Wenn man dies für für andere Regione zum Vorbild nimmt ist das für mich ok. Dann man los!
Noch etwas: Ihr redet nur von den gentes und erwähnt ihre Wohnsitze beiläufig, d.h. mit heutigen Bezeichnungen. Das ist für den südlichen Teil o.k., Für den Norden geht das aber nicht. Da ist eine Auseinandersetzung mit den Angaben des Ptolemaios ohne die ausführliche Auseinandersetzung mit seiner Geographie der Nordseeküste und seiner Beschreibung von Jütland (Kimbrikè chersóneos) meiner Meinung nach nicht möglich.

Fingalo
 
fingalo schrieb:
Noch etwas: Ihr redet nur von den gentes und erwähnt ihre Wohnsitze beiläufig, d.h. mit heutigen Bezeichnungen. Das ist für den südlichen Teil o.k., Für den Norden geht das aber nicht. Da ist eine Auseinandersetzung mit den Angaben des Ptolemaios ohne die ausführliche Auseinandersetzung mit seiner Geographie der Nordseeküste und seiner Beschreibung von Jütland (Kimbrikè chersóneos) meiner Meinung nach nicht möglich.

Fingalo
Streng genommen gilt das auch für den südlichen Bereich. Wie du siehst, gibt es für Abnoba unterschiedliche Deutungen. Dies wird sich bei den Sudeti montes, Alpes, dem Melibocus, den Asciburgium montes etc fortsetzen. Aber wie gesagt, leg' doch los!
 
Hallo Beorna
Wenn wir uns nun vom Neckar bis zum Bodensee vortasten könnten, wäre mir das recht. Es wird jetzt aber keltisch, bzw. rätisch. Ich habe mich in letzter Zeit sehr für den Helvetierwechsel aus "Süddeutschland" in die Schweiz interessiert. Hier muß man numismatische und epigraphische Quellen, sowie provinzialrömische Archäologie nutzen, um Poseidonios, Caesar, Strabo, Plinius d.Ä., Tacitus und schließlich unseren Liebling Ptol. zu verstehen.

Bitte auch hier meine Ausführungen zu den Vindelikern (+Karte) im Keltenforum lesen.

Interessant ist z.B. die Civitas um Arae Flaviae Rottweil
In Arae Flaviae gibt es einen Handelsbezirk und einen Tempelbezirk, welche von der Civitas benutzt wurden. Juliomagus weiter südlich wird als das Zentrum dieser angesehen. Die Tulingii sind nun die einzigen, die hier quellentechnisch zu lokalisieren wären. Sie werden von Caesar als Teilnehmer im Helvetierauszug genannt und können danach wieder zurückkehren in ihre Heimat (nachdem sie so tapfer mit den Bojern bei Bibracte die römische Flanke aufgerissen haben). Zu diskutieren ist hier nur die Gleichstellung mit den Tylangii im Wallis.
Wie groß war das Stammesgebiet der Tulingii in augustäischer Zeit und wo waren die Grenzen zu Raurakern, Leunen , Focuaneten und Brigantiern ?
Ist das Oppidum Heidengraben bei Grabstätten Leunisch oder Proto-Tigurinisch (Pagus der Helvetier) gewesen ?

Vercingetorix :fs:
 
Nach Felix Weibull

Nördlich der Elbe erhält man nunmehr durch Ptolemaios Kenntnis über die mächtige jütische Halbinsel; diese reicht hinaus in den Ozean. Die Darstellung des Ptolemaios ist projektiv mit konvergierenden Meridianen; Breiten- und Längengrade werden in Minuten angegeben, und mit Hilfe derer lässt sich die Lage der Halbinsel annähernd bestimmen. Diese Halbinsel und Ausbuchtungen müssen in jedem Fall zu einem großen Teil umsegelt worden sein. Die Konfiguration ist zwar in der Beschreibung des Ptolemaios noch immer letztlich schematisch, aber die Anknüpfung an die Realität ist deutlich. Die Halbinsel ist von Süden eher nach Nordost – man hat hier an eine Vermengung mit einen anderen Orientierungssystem zu denken, oder vielleicht eher eine Anpassung daran, dass die Lage der Halbinsel mehr mit der Rundung des Erdkreises zusammenpassen sollte. Von der Jütischen Halbinsel ist man ostwärts fortgeschritten. Nun wird das gesamte Seegebiet vom Rhein bis zur Weichselmündung als Germanischer Ozean bezeichnet. Die Fortsetzung bis nach Tanaïs wird von dem Sarmatischen Ozean mit der Venezischen Bucht gebildet. Nahe bei Jütland, östlich davon, werden die dänischen Inseln und der südliche Teil der Skandinavischen Halbinsel vermerkt. Ptolemaios hat für dieses Gebiet einen Namen: Die vier Scandia-Inseln. Er beschreibt drei der Inseln als klein, die vierte als groß und am weitesten östlich, das eigentliche Skandia, und er verlegt es mitten gegenüber der Weichselmündung. Von den drei kleinen wird die mittlere als Fixpunkt auf der Karte bestimmt. Das gleiche gilt mehr detailliert auch für die große Scandia-Insel, die ihre Ausdehnung von Osten nach Westen erhält. Er verlegt eine Reihe von Stämmen, sieben an der Zahl, auf diese Inseln. Nach Jütland verlegt er ebenso viele Stämme. Alle werden verortet.
Das Skandinavien des Plinius war nur ein loser, unlokalisierter Begriff. Die Svionen und deren Gemeinwesen, so treten sie bei Tacitus hervor, gehören nur einer konturlosen Nebelwelt an. Die Bezeichnung: die jütische Halbinsel, Jütland, ist vor Ptolemaios fremd. Die Bezeichnung, die er durchgehend verwendet ist „Kimbrikè chersóneos, die kimbrische Halbinsel.
Laut Monumentum Ancyranum baten die Kimbern und die übrigen Völker Rom um Freundschaft. Sie gehörten also gemäß dem Text zu den Völkern, die Augustus befriedete. Aber diese befriedeten Völker wohnten selbst laut Text längs dem Meer nur bis zur Elbemündung. Es ist hiernach klar, dass nach der eigenen Auffassung des Augustus die Kimbern, Charyder und Semnonen weit im Norden an der Elbe wohnten, und dass der Endpunkt der der dort geschilderten Flottenexpedition dort gewesen sein muss. Vallejus Paterculus, ein römischer Historiker, nahm daran teil. Er schildert in seiner Historia Romana beide, den Landzug und die Flottenexpedition. Das römische Heer zog, sagt er - was man früher nicht hoffte tun zu können und noch weniger vollbracht hatte - 400 milliaria vom Rhein zur Elbe; dieser Fluss floss an dem Gebiet der Semnonen vorbei. Über die Flotte sagt er, dass sie sich mit dem Heer dort, wohin es gelangt war, vereinigte. Die Flotte war durch die Buchten des Ozeans gesegelt; sie war dort von einem Meer, von dem niemand vorher gehört hatte und von dem niemand wusste, elbaufwärts gefahren. Nach Valejus Paterculus wohnten folglich die Semnonen im gleichen Gebiet wie nach dem Monumentum Ancyranum. Der Endpunkt der Flottenexpedition war der gleiche. Strabo schreibt:
„Von den Germanen wohnen die nördlichen am Ozean. Bekannt sind die zwischen Rheinmündung und Elbe; von ihnen sind die bekanntesten die Sugambrer und die Kimbern. Das Gebiet jenseits der Elbe bis zum Meer ist und völlig unbekannt. Ich kenne niemanden, der in der älteren Zeit an der Küste zu den östlichen Gebieten gesegelt ist. … Die Römer kamen niemals auf die andere Seite der Elbe. Auch hat niemand die Reise zu Lande unternommen.“
Die vorhergehende Darstellung hat gezeigt, dass die kimbrische Halbinsel ganz woanders lag.
Ptolemaios verlegt die Sigulonen in den Westen oberhalb der Sachsen, also in den südlichen Teil der jütischen Halbinsel; auf die Sigulonen lässt er die Sabalingoi folgen. Die Charudes wohnen nach Ptolemaios oberhalb der Chaloi weiter nach Osten. Die Charudes kommen auf der gleichen Linie und so weit nach Westen wie überhaupt möglich zu wohnen. Die Kimbern wohnen nach Angabe des Ptolemaios nördlicher als alle.
Noch nach der Mitte des ersten Jahrhunderts wohnten die Kimbern südlich an der Elbe auf einer Halbinsel im Ozean, zu Beginn des Jahrhunderts die Charudes und ebenso die Semnonen in ihrer Nähe. Also müssten sie gewandert sein.
Nach der Wanderung hatten beide Stämme die gleiche Relation zueinander auf der neuen Halbinsel: Die Kimbern nördlicher als alle anderen, die Charudes in deren Nähe. Die neuen Verhältnisse glichen folglich ethnografisch und topografisch den alten. Aber die frühere Umgebung wird auch in einem anderen Punkt wiedergespiegelt. Oberhalb der alten kimberschen Halbinsel breitete sich der codanische Archipel aus. Oberhalb der neuen kimberschen Halbinsel fehlt jeglicher Archipel: Das Gewässer ist inselfrei. Nichtsdestoweniger verlegt Ptolemaios dorthin eine Inselgruppe: Die Alokiai-Inseln. Es scheint ausgeschlossen, dass dieser Sachverhalt nur ein Zufall gewesen sein sollte. Die Kimbern und mit ihnen der Name der Halbinsel, auf der sie lebten, dazu die Charuder und die Inseln im Norden können so nicht in Wirklichkeit gewandert sein.

Es bietet sich folgende Erklärung an: Mitte des 2. Jahrhundert n.Chr. kam die Nachricht, dass da oben eine große Halbinsel lag, die aus dem Erdkreis hinausragte auch zu Ptolemaios. Die Halbinsel war eine andere als die kimbrische; sie lag nördlich nicht westlich der Elbe. Aber nicht einmal Ptolemaios hat gewusst, wo die eigentliche kimbrische Halbinsel lag. Als er nun die Rede von der neuen Halbinsel hörte, hat er diese für die kimbrische gehalten. Und nach dieser Halbinsel hat er die Kimbern und Charudes verlegt, nicht willkürlich, sondern weil er gehört hatte, dass sie auf der alten wohnten.
Die sieben Volksstämme auf der Scandia-Insel: „Die Chaideinoí haben den westlichen Teil der Insel inne, die Favónai und die Firaîsoi den östlichen, die Fínnoi den nördlichen, die Goûtai und die Gautíones den südlichen, die Levônoi den mittleren.“ Aber das ist eine andere Geschichte.

Fingalo :teach:
 
fingalo schrieb:
Nördlich der Elbe erhält man nunmehr durch Ptolemaios Kenntnis über die mächtige jütische Halbinsel; diese reicht hinaus in den Ozean. Die Darstellung des Ptolemaios ist projektiv mit konvergierenden Meridianen; Breiten- und Längengrade werden in Minuten angegeben, und mit Hilfe derer lässt sich die Lage der Halbinsel annähernd bestimmen. Diese Halbinsel und Ausbuchtungen müssen in jedem Fall zu einem großen Teil umsegelt worden sein. Die Konfiguration ist zwar in der Beschreibung des Ptolemaios noch immer letztlich schematisch, aber die Anknüpfung an die Realität ist deutlich. Die Halbinsel ist von Süden eher nach Nordost – man hat hier an eine Vermengung mit einen anderen Orientierungssystem zu denken, oder vielleicht eher eine Anpassung daran, dass die Lage der Halbinsel mehr mit der Rundung des Erdkreises zusammenpassen sollte. Von der Jütischen Halbinsel ist man ostwärts fortgeschritten. Nun wird das gesamte Seegebiet vom Rhein bis zur Weichselmündung als Germanischer Ozean bezeichnet. Die Fortsetzung bis nach Tanaïs wird von dem Sarmatischen Ozean mit der Venezischen Bucht gebildet. Nahe bei Jütland, östlich davon, werden die dänischen Inseln und der südliche Teil der Skandinavischen Halbinsel vermerkt. Ptolemaios hat für dieses Gebiet einen Namen: Die vier Scandia-Inseln. Er beschreibt drei der Inseln als klein, die vierte als groß und am weitesten östlich, das eigentliche Skandia, und er verlegt es mitten gegenüber der Weichselmündung. Von den drei kleinen wird die mittlere als Fixpunkt auf der Karte bestimmt. Das gleiche gilt mehr detailliert auch für die große Scandia-Insel, die ihre Ausdehnung von Osten nach Westen erhält. Er verlegt eine Reihe von Stämmen, sieben an der Zahl, auf diese Inseln. Nach Jütland verlegt er ebenso viele Stämme. Alle werden verortet.
Das Skandinavien des Plinius war nur ein loser, unlokalisierter Begriff. Die Svionen und deren Gemeinwesen, so treten sie bei Tacitus hervor, gehören nur einer konturlosen Nebelwelt an. Die Bezeichnung: die jütische Halbinsel, Jütland, ist vor Ptolemaios fremd. Die Bezeichnung, die er durchgehend verwendet ist „Kimbrikè chersóneos, die kimbrische Halbinsel.
Laut Monumentum Ancyranum baten die Kimbern und die übrigen Völker Rom um Freundschaft. Sie gehörten also gemäß dem Text zu den Völkern, die Augustus befriedete. Aber diese befriedeten Völker wohnten selbst laut Text längs dem Meer nur bis zur Elbemündung. Es ist hiernach klar, dass nach der eigenen Auffassung des Augustus die Kimbern, Charyder und Semnonen weit im Norden an der Elbe wohnten, und dass der Endpunkt der der dort geschilderten Flottenexpedition dort gewesen sein muss. Vallejus Paterculus, ein römischer Historiker, nahm daran teil. Er schildert in seiner Historia Romana beide, den Landzug und die Flottenexpedition. Das römische Heer zog, sagt er - was man früher nicht hoffte tun zu können und noch weniger vollbracht hatte - 400 milliaria vom Rhein zur Elbe; dieser Fluss floss an dem Gebiet der Semnonen vorbei. Über die Flotte sagt er, dass sie sich mit dem Heer dort, wohin es gelangt war, vereinigte. Die Flotte war durch die Buchten des Ozeans gesegelt; sie war dort von einem Meer, von dem niemand vorher gehört hatte und von dem niemand wusste, elbaufwärts gefahren. Nach Valejus Paterculus wohnten folglich die Semnonen im gleichen Gebiet wie nach dem Monumentum Ancyranum. Der Endpunkt der Flottenexpedition war der gleiche. Strabo schreibt:
„Von den Germanen wohnen die nördlichen am Ozean. Bekannt sind die zwischen Rheinmündung und Elbe; von ihnen sind die bekanntesten die Sugambrer und die Kimbern. Das Gebiet jenseits der Elbe bis zum Meer ist und völlig unbekannt. Ich kenne niemanden, der in der älteren Zeit an der Küste zu den östlichen Gebieten gesegelt ist. … Die Römer kamen niemals auf die andere Seite der Elbe. Auch hat niemand die Reise zu Lande unternommen.“
Die vorhergehende Darstellung hat gezeigt, dass die kimbrische Halbinsel ganz woanders lag.
Ptolemaios verlegt die Sigulonen in den Westen oberhalb der Sachsen, also in den südlichen Teil der jütischen Halbinsel; auf die Sigulonen lässt er die Sabalingoi folgen. Die Charudes wohnen nach Ptolemaios oberhalb der Chaloi weiter nach Osten. Die Charudes kommen auf der gleichen Linie und so weit nach Westen wie überhaupt möglich zu wohnen. Die Kimbern wohnen nach Angabe des Ptolemaios nördlicher als alle.
Noch nach der Mitte des ersten Jahrhunderts wohnten die Kimbern südlich an der Elbe auf einer Halbinsel im Ozean, zu Beginn des Jahrhunderts die Charudes und ebenso die Semnonen in ihrer Nähe. Also müssten sie gewandert sein.
Nach der Wanderung hatten beide Stämme die gleiche Relation zueinander auf der neuen Halbinsel: Die Kimbern nördlicher als alle anderen, die Charudes in deren Nähe. Die neuen Verhältnisse glichen folglich ethnografisch und topografisch den alten. Aber die frühere Umgebung wird auch in einem anderen Punkt wiedergespiegelt. Oberhalb der alten kimberschen Halbinsel breitete sich der codanische Archipel aus. Oberhalb der neuen kimberschen Halbinsel fehlt jeglicher Archipel: Das Gewässer ist inselfrei. Nichtsdestoweniger verlegt Ptolemaios dorthin eine Inselgruppe: Die Alokiai-Inseln. Es scheint ausgeschlossen, dass dieser Sachverhalt nur ein Zufall gewesen sein sollte. Die Kimbern und mit ihnen der Name der Halbinsel, auf der sie lebten, dazu die Charuder und die Inseln im Norden können so nicht in Wirklichkeit gewandert sein.

Es bietet sich folgende Erklärung an: Mitte des 2. Jahrhundert n.Chr. kam die Nachricht, dass da oben eine große Halbinsel lag, die aus dem Erdkreis hinausragte auch zu Ptolemaios. Die Halbinsel war eine andere als die kimbrische; sie lag nördlich nicht westlich der Elbe. Aber nicht einmal Ptolemaios hat gewusst, wo die eigentliche kimbrische Halbinsel lag. Als er nun die Rede von der neuen Halbinsel hörte, hat er diese für die kimbrische gehalten. Und nach dieser Halbinsel hat er die Kimbern und Charudes verlegt, nicht willkürlich, sondern weil er gehört hatte, dass sie auf der alten wohnten.
Die sieben Volksstämme auf der Scandia-Insel: „Die Chaideinoí haben den westlichen Teil der Insel inne, die Favónai und die Firaîsoi den östlichen, die Fínnoi den nördlichen, die Goûtai und die Gautíones den südlichen, die Levônoi den mittleren.“ Aber das ist eine andere Geschichte.

Fingalo :teach:
Laut Monum. Ancyr. segelte die Flotte bis zum Gebiet der Kimbern. Über die jütische Halbinsel wird nichts näher ausgesagt, auch nicht über die Sitze der jütländischen gentes. Davon, daß sie südlich der Elbe wohnten, wird nichts gesagt. Plinius erwähnt nur das kimbrische Vorgebirge und Tastris. Erst von Tacitus hören wir von Reudingi, Avionen - Angeln - Varinen - Eudosen - Haruden - Suarinen und Nuithonen - Teutonen, Kimbern. Anders sind die Namen des Ptolemaios. Saxones, Sigulonen, Sabalingi, Cobanden, Chaloi, Fundusioi, Charudes, Cimbri. Die Lage der jütischen Halbinsel wird insgesamt eher von sw nach ne gedacht anstatt von N nach S. Bedenkt man dies, erhalten Kimbern und Charuden das geleiche Gebiet, im Norden und im Nordwesten. Nuithonen KÖNNTE eine Verschreibung von Teutonen sein. Fundusier und Eudosen scheint ebenfalls identisch zu sein, da allgemein angenommen wird daß auch Fundusier eine Verschreibung für Eudusier ist. Das zeigt, das im Allgem. die jütische Halbinsel recht bekannt war. Leider hab ich wenig Zeit heute, schreibe später weiter.
 
beorna schrieb:
Laut Monum. Ancyr. segelte die Flotte bis zum Gebiet der Kimbern. Über die jütische Halbinsel wird nichts näher ausgesagt, auch nicht über die Sitze der jütländischen gentes.
Habe ich auch nicht geschrieben.
beorna schrieb:
Davon, daß sie südlich der Elbe wohnten, wird nichts gesagt.
Habe ich auch nicht gesagt. Aber wenn die Flotte so weit wie möglich nach Osten segelte und dort auf Kimbern traf, dann war das an der Elbemündung.

Fingalo
 
fingalo schrieb:
Habe ich auch nicht geschrieben.Habe ich auch nicht gesagt. Aber wenn die Flotte so weit wie möglich nach Osten segelte und dort auf Kimbern traf, dann war das an der Elbemündung.

Fingalo
Ich glaube auch nicht, daß sie an der Elbmündung saßen. Zugegeben, die Lage der gentes zu dieser Zeit ist mehr als unklar und daher vieles möglich, erwähnt wird es aber direkt nie. Wenn nun steht (Mon.Ancyr.), daß Kimbern, Haruden und Semnonen mit Rom in Verbindung traten, so heißt das nicht, daß sie im näheren Bereich der Elbe wohnten. Die Geschichte des Feldzuges scheint insgesamt verkürzt. So könnte ein ausdrücklich erwähnter Ausflug zur Nordspitze bei Seite gelassen worden sein und lediglich durch den Zug zu den Kimbern Erwähnung finden, während sonst der Eindruck entsteht, der Zug ging nur bis zur Elbe. Zum anderen werden gerade diese drei gentes genannt, da ihre Namen in römischen Ohren (wohlklingend) bekannt waren.
Wir haben es demnach bei Unstimmigkeiten zwischen den gr. und röm. Autoren oft mit Ungenauigkeiten und Desinteresse bzw. vermindertem Interesse oder groben Verallgemeinerungen zu tun. Die Kimbern und Haruden wurden daher auch nicht von Ptolemaios auf diese "neue" Halbinsel verlegt, wie du schreibst. Der Unterschied zwischen Tacitus und Ptolemaios beruht zudem auf dem zeitlichen Unterschied. Allerdings haben wir das Problem, daß´nicht klar ist, aus welcher Zeit die Informationen der Autoren stammen. Zwar scheibt Ptol. mehr als 60 Jahre später, ob er aber deshalb wesentlich neuere Informationen als Tacitus hatte ist umstritten. Ich würde Ptolemaios dennoch für jünger halten. So setzt er die Saxones an die Stelle der Reudingen und Avionen. Dies bedeutet wohl, daß Tac. die Saxones noch nicht kannte, da sie erst im 2. Jhd sich zu bilden begannen.
 
Vercingetorix schrieb:
Hallo Beorna
Wenn wir uns nun vom Neckar bis zum Bodensee vortasten könnten, wäre mir das recht. Es wird jetzt aber keltisch, bzw. rätisch. Ich habe mich in letzter Zeit sehr für den Helvetierwechsel aus "Süddeutschland" in die Schweiz interessiert. Hier muß man numismatische und epigraphische Quellen, sowie provinzialrömische Archäologie nutzen, um Poseidonios, Caesar, Strabo, Plinius d.Ä., Tacitus und schließlich unseren Liebling Ptol. zu verstehen.

Bitte auch hier meine Ausführungen zu den Vindelikern (+Karte) im Keltenforum lesen.

Interessant ist z.B. die Civitas um Arae Flaviae Rottweil
In Arae Flaviae gibt es einen Handelsbezirk und einen Tempelbezirk, welche von der Civitas benutzt wurden. Juliomagus weiter südlich wird als das Zentrum dieser angesehen. Die Tulingii sind nun die einzigen, die hier quellentechnisch zu lokalisieren wären. Sie werden von Caesar als Teilnehmer im Helvetierauszug genannt und können danach wieder zurückkehren in ihre Heimat (nachdem sie so tapfer mit den Bojern bei Bibracte die römische Flanke aufgerissen haben). Zu diskutieren ist hier nur die Gleichstellung mit den Tylangii im Wallis.
Wie groß war das Stammesgebiet der Tulingii in augustäischer Zeit und wo waren die Grenzen zu Raurakern, Leunen , Focuaneten und Brigantiern ?
Ist das Oppidum Heidengraben bei Grabstätten Leunisch oder Proto-Tigurinisch (Pagus der Helvetier) gewesen ?

Vercingetorix :fs:
Entschuldigung, daß ich erst jetzt antworte. Die keltischen gentes im Süddonauraum sind nicht gerade meine Spezialität, mal gucken. Zuerst einmal eine Frage. Wieso lokalisierst du die Tulingii um Juliomagus? Kannst du mir die Quelle nennen oder habe ich sie bei Ptolemaios überlesen?
Nun zu deinen Fragen: Die Tylangii und die cäsarianischen Tulingii würde ich gleichsetzen. Entweder sind es nicht mitgewanderte Reste der Tulinger oder sie wurden von Cäsar hier nach der Wanderung angesiedelt.
Ich setze die Rauraker vom südlichsten Elsaß (Arialbinnum) bis zum Arurius an. Die Briganter saßen wohl von Tasgaetium, entlang des nördlichen Bodensees bis zur Iller, bzw. etwas darüber hinaus. Ihnen folgen dann im Tal des Virdo die Cattenates und im Licca-Tal die Licates. Die Leuni würde ich zwischen Aug. Vindelicorum und Isara legen, bis an die Rucantii. Bei den Focuaneten bin ich überfragt.
Das oppidum Heidengraben würde ich daher auf jeden Fall nicht für leunisch halten. Interessant finde ich die Erwähnung der Calucones, vielleicht auch der Cattenates bei Ptol. Zumindest erstere sind doch wohl an die elbländischen Kalukonen anzuschließen. Am wahrscheinlichsten ist wohl, daß sie Teil der Kimbern- und Teutonenwanderung waren, die durch das Gebiet der frühen Przeworsk-Kultur zogen und gentes dieser Region mitrissen (man bedenke nur die Ombrones und (A)varini an Weichsel)
 
beorna schrieb:
Ich glaube auch nicht, daß sie an der Elbmündung saßen. Zugegeben, die Lage der gentes zu dieser Zeit ist mehr als unklar und daher vieles möglich, erwähnt wird es aber direkt nie. Wenn nun steht (Mon.Ancyr.), daß Kimbern, Haruden und Semnonen mit Rom in Verbindung traten, so heißt das nicht, daß sie im näheren Bereich der Elbe wohnten. Die Geschichte des Feldzuges scheint insgesamt verkürzt. So könnte ein ausdrücklich erwähnter Ausflug zur Nordspitze bei Seite gelassen worden sein und lediglich durch den Zug zu den Kimbern Erwähnung finden, während sonst der Eindruck entsteht, der Zug ging nur bis zur Elbe.
Das halte ich für ganz unwahrscheinlich. Denn Expeditionen waren dazu da, Erkenntnisse zu sammeln. Dass der orbis terrarum eine ziemlich lange Küste nach Norden hatte, passte so wenig ins damalige Weltbild, dass ich nicht davon ausgehen kann, dass das unerwähnt geblieben wäre. Und ein "Ausflug" ist die Fahrt an der Jammerbucht nicht. Davon kann ich ein Lied singen.
beorna schrieb:
Wir haben es demnach bei Unstimmigkeiten zwischen den gr. und röm. Autoren oft mit Ungenauigkeiten und Desinteresse bzw. vermindertem Interesse oder groben Verallgemeinerungen zu tun.
Welche Unstimmigkeiten meinst Du? Und wie kommst Du auf Desinteresse bei den damaligen Geographen, die nun möglichst vollständig den Erdkreis beschreiben wollen? Immerhin bestätigt Valejus die Schilderung. Auch er erwähnt keine Ausflüge. Strabo habe ich mit der gleichen Info zitiert.
beorna schrieb:
Die Kimbern und Haruden wurden daher auch nicht von Ptolemaios auf diese "neue" Halbinsel verlegt, wie du schreibst.
Von wem dann?
beorna schrieb:
Der Unterschied zwischen Tacitus und Ptolemaios beruht zudem auf dem zeitlichen Unterschied.
Eben. Deshalb habe ich Tacitus auch nicht herangezogen

Zwar ist das argumentum e silentium zugegebenermaßen gefährlich. Aber umgekehrt kurzerhand die Quellen "zu ergänzen" und Fahrten anzunehmen, für die es keinen Beleg gibt, halte ich für methodisch noch fragwürdiger.

Fingalo
 
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