Die Schlacht im Unwegsamen

LEG XVII

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Tacitus berichtet, dass es bei der Besichtigung des Varus-Schlachtfeldes durch Germanicus in der Nähe des Schlachtfeldes in unwegsamem Gelände zu einer Schlacht mit Arminius kam:

Sed Germanicus cedentem in avia Arminium secutus, ubi primum copia fuit, evehi equites campumque, quem hostis insederat, eripi iubet.

Germanicus aber zog jetzt dem in unwegsame Gegenden zurückweichenden Arminius nach und befahl, sobald sich die Gelegenheit bot, der Reiterei anzusprengen und das vom Feind besetzte Feld wegzunehmen. Arminius heißt die Seinigen sich zu sammeln und dem Wald näher zu rücken; dann wendet er sich unversehens und gibt sofort denen, die er in den Wäldern umher versteckt hatte, das Zeichen hervorzubrechen.
Das Erscheinen der neuen Schlachtlinie brachte die Reiterei in Verwirrung; die ihr zugeschickten Hilfskohorten waren schon von dem Strom der Fliehenden fortgerissen und mehrten die Bestürzung, und bereits waren sie daran, in einen den Siegern bekannten, für die Unkundigen gefährlichen Sumpf gedrängt zu werden, als der Caesar die Legionen aufmarschieren ließ. Das machte bei den Feinden Schrecken, bei denen Soldaten Zuversicht, und man trennte sich ohne Entscheidung.


(Tacitus, Ann. I, 63)


Gibt es noch andere Beschreibungen über die Schlacht im Unwegsamen außer der von Tacitus?

Dann frage ich mich auch, was 'in unwegsamen Gelände' (in avia) bedeutet. 'in avia' muss ja irgendwie in Relation zum Varus-Schlachtfeld stehen, welches dann dementsprechend nicht 'in avia' (abgelegene Orte, Einöde, Wildnis) gelegen hat, sondern in der Nähe der Zivilisation (Siedlungen, Straßen, Felder). Korrekt?
 
Nein, Tacitus ist der einzige, der über diese Schlacht berichtet.

Wenn Arminius sich weiter in die Wildnis zurückzog, sagt das nichts über den Grad der Wildheit der Landschaft aus der er sich zurückzog aus. Die avia steht nur für sich selbst.
 
@ LEG XVII
Das sehe ich nicht so. Es ist Arminius, der in unwegsames Gelände weicht - also von irgendwoher, wo es nicht so unwegsam war. Würde das "unwegsame Gelände" in Relation zum Varus-Schlachtfeld zu verstehen sein, würde das ja bedeuten, dass sich Arminius vor dem Weichen auf dem Varus-Schlachtfeld befand.
Aus Tacitus geht außerdem gar nicht hervor, wie weit weg vom Varus-Schlachtfeld Germanicus dem Arminius nach der Besichtigung folgte. Das Gefecht im Unwegsamen muss also gar nicht allzu nah beim Varus-Schlachtfeld stattgefunden haben.
 
@ LEG XVII
Das sehe ich nicht so. Es ist Arminius, der in unwegsames Gelände weicht - also von irgendwoher, wo es nicht so unwegsam war. Würde das "unwegsame Gelände" in Relation zum Varus-Schlachtfeld zu verstehen sein, würde das ja bedeuten, dass sich Arminius vor dem Weichen auf dem Varus-Schlachtfeld befand.

Das sehe ich auch so, Arminius hat Germanicus aus nächster Nähe genau beobachtet. So nahe sich 2 Armeen eben kommen können, oder das sofort Kampfhandlungen ausbrechen.

Aus Tacitus geht außerdem gar nicht hervor, wie weit weg vom Varus-Schlachtfeld Germanicus dem Arminius nach der Besichtigung folgte. Das Gefecht im Unwegsamen muss also gar nicht allzu nah beim Varus-Schlachtfeld stattgefunden haben.

Aber die Reiterei und die Hilfstruppen können ja auch nicht mehrere Tagesmärsche entfernt gewesen sein, als Germanicus von der Sumpf Kriese erfuhr und die Legionen aufmarschieren ließ. Ich denke also wir müssen den Text schon so interpretieren, dass die unwegsame Gegend relativ nah beim Varus-Schlachtfeld lag.
 
Aber die Reiterei und die Hilfstruppen können ja auch nicht mehrere Tagesmärsche entfernt gewesen sein, als Germanicus von der Sumpf Kriese erfuhr und die Legionen aufmarschieren ließ.
Sagt ja auch niemand. Germanicus zog wohl mit seinem gesamten Heer dem Arminius nach - wie weit, geht aus dem Text nicht hervor.
Vermutest Du, dass er nur die Reiterei und die Kohorten dem Arminius nachschickte und selbst mit den Legionen beim Varus-Schlachtfeld blieb? Das würde mit dem Text nicht gut zusammenpassen: Zuerst heißt es, dass er dem Arminius folgte (und zwar secutus, nicht sequens - das Folgen ereignete sich grundsätzlich also schon eine Weile lang vor dem nachfolgend geschilderten Entsenden der Reiterei), dann wird erzählt, dass er bei Gelegenheit die Reiterei losschickte. Der Text lässt sich also eigentlich nur so verstehen, dass Germanicus selbst für unbestimmte Zeit dem Arminius folgte und dann bei günstiger Gelegenheit die Reiterei aussandte, später dann die Kohorten und zuletzt die Legionen. Germanicus selbst hatte sich also mitsamt Reitern, Kohorten und Legionen bereits vom Varus-Schlachtfeld entfernt.
 
Zumindest müssen ja Reiterei und Hilfstruppen von den Legionen getrennt gewesen sein. Schon das bloße Erscheinen der Legionen beim Feld in der Nähe des Sumpfes veranlasste die Germanen ja zum Rückzug, wenn die Legionen die ganze Zeit in der Nähe von Reiterei und Hilfstruppen gewesen wären wären eben jene demzufolge gar nicht erst die die prekäre Sumpf-Situation geraten.
Das letzte was man in Ann. I 62 liest ist, dass Germanicus den Grabhügel errichten ließ. Und dies war zweifellos nicht in der Wildnis, da man 8 Legionen nicht in den germanischen Urwäldern unterbringen konnte. Dann ist in 63 zu lesen, dass Germanicus Reiterei und Hilfstruppen gegen Arminius schickt. Weil dazwischen so absolut gar nichts passiert habe ich mir in der Tat gedacht, dass Germanicus Arminium secutus zumindest noch nicht allzu weit vom Varus-Schlachtfeld entfernt war, und zwar mit den Legionen noch in der Zivilisation (eine Legion konnte ja nämlich eigentlich nicht in der Wildnis (in Germanien glechbedeutend mit Urwald) operieren, eine Legion war dazu ausgerüstet in den Kultursteppen des Mittelmeerraums zu operieren). Arminius also an der Grenze von Zivilisation und Wildnis verfolgend hat Germanicus dann erst einmal die Reiterei und die Hilftruppen gegen Arminius geschickt, als die Arminius Armee eine größere freie Fläche (wie auch immer die mitten im Urwald entstanden war) besetzt hatte und sich somit zumindest ansatzweise die Chance auf ein Gefecht mit Bedingungen die den Römern entgegenkamen bot. Germanicus hatte den Gegner dabei aber unterschätzt (oder die freie Fläche war eigentlich zu klein um ein oder mehrere Legionen effektiv einsetzen zu könnern, und Germanicus hatte deshalb erst einmal nur die Hilfstruppen losgeschickt) und musste dann doch die Legionen in den Wald schicken. Da die Legionen aber rechtzeitig kamen konnte die freie Fläche im Urwald in der Nähe des Sumpfes nicht viel mehr als eine Stunde Fußmarsch von der Zivilisation entfernt gewesen sein.
Für mich stellt sich das alles also so dar, dass sich das irgenwie am Rande von Zivilisation und Wildnis abgespielt hat, sowohl Varus als auch die Schlacht im Unwegsamen.
 
Sind wir wieder bei den Schönwetterrömern angelangt?
Und was heißt dazwischen sei nichts passiert? Germanicus verfolgte Arminius, der sich immer weiter zurückzog. Eine undefinierte Zeit und ein undefinierter geographischer Raum. Und was erwartest du, was Tacitus berichten sollte über eine einigermaßen ereignislose Zeit während des Feldzuges? Zwei Armeen ziehen mit einigem Abstand, einander taxierend, über mehrere Tage durch die Gegend. Da gibt es nicht viel zu berichten, bis der Verfolgte die günstige Gelegenheit sieht und dem Verfolger die Schlacht bietet.
 
Sind wir wieder bei den Schönwetterrömern angelangt?

Leider hast du deine vorherigen Beiträge gelöscht, ich wollte gerade Bezug darauf nehmen. Du hattest gesagt, aus 'in avia' könne man keine weiteren Rückschlüsse ziehen. Ich denke aber in der Tat, für Schönwetter-Legionen wäre der normale Aufenthaltsort im Wegsamen, und sie würden sich nur wenn es wirklich nicht anders geht 'in avia' begeben, und würden dann wenn sie dort sind Arminius 'in aviis' verfolgen. Mein Latein-Unterricht ist allerdings auch schon etwas her, so dass ich mich da auch gerne eines Besseren belehren lasse.
 
Grundsätzlich lässt sich aus dem Einsatz von Reitern und Hilfstruppen vor dem Einsatz der Legionen gar nix schließen weil es in Armeen mit verbundenen Waffen völlig normale Militärtaktik war eine Schlacht durch leichte Truppen zu beginnen und erst danach den entscheidenden Angriff durch schwere Truppen anzusetzen. Schwere Reiterei hats damals noch nicht gegeben, mangels Steigbügel, und somit war die Legion die schwere Infanterie.
 
Schwere Reiterei hats damals noch nicht gegeben, mangels Steigbügel, ...

Schwere Reiterei hat zwar Nix mit dem Steigbügel zu tun, aber du hast dahingehend recht, daß zumindest die Römer bis zu Trajan keine schwere Reiterei hatten. Die dann natürlich ohne Steigbügel. ;)
 
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Schwere Reiterei ist ohne Steigbügel ( oder Vorläufer ) nicht möglich weil kein Lanzenstoß durchgeführt werden kann, das haben die Römer erst 100 Jahre nach Germanicus eingeführt und hat bei ihnen nie so eine Bedeutung erlangt wie bei anderen Völkern weil sie ja zur Schlachtentscheidung eh über schwere Infanterie verfügt haben.
 
sie würden sich nur wenn es wirklich nicht anders geht 'in avia' begeben, und würden dann wenn sie dort sind Arminius 'in aviis' verfolgen. Mein Latein-Unterricht ist allerdings auch schon etwas her, so dass ich mich da auch gerne eines Besseren belehren lasse.

Ich nehme an, du meinst die numerische Unterscheidung nicht die kasische? Weil du unterscheidest hier nicht nach Numerus (Singular/Plural) sondern nach Kasus. Das Wort gehört aber zu den Worten, die nur in einem Numerus, nämlich dem Plural existieren:
Aviis ist Dativ/Ablativ, avia ist Nominativ/Akkusativ, hier logischerweise Akk.
 
Schwere Reiterei ist ohne Steigbügel ( oder Vorläufer ) nicht möglich weil kein Lanzenstoß durchgeführt werden kann,...

Der Lanzenstoß ist für die Definition der schweren Reiterei genau so unerheblich, wie der Steigbügel. Abgesehen davon waren Cataphrakte auch ohne eingeklinkte Lanze zu Lanzenstößen fähig. Selbst Reiter, die gar keine Lanze führen, können zur schweren Reiterei zählen.

Ich befürchte wir Beide legen eine vollkommen unterschiedliche Definition von "schwerer Reiterei" zugrunde, und werden uns in diesem Leben nicht mehr einigen. Ist auch egal, weil es für die Diskussion um Germanicus ohnehin nicht relevant ist.
 
Schwere Reiterei ist ohne Steigbügel ( oder Vorläufer ) nicht möglich weil kein Lanzenstoß durchgeführt werden kann, das haben die Römer erst 100 Jahre nach Germanicus eingeführt und hat bei ihnen nie so eine Bedeutung erlangt wie bei anderen Völkern weil sie ja zur Schlachtentscheidung eh über schwere Infanterie verfügt haben.

Der Steigbügel ist natürlich eine große Hilfe für den Reiter, er kann sich mit Hilfe des Steigbügels gegen den Hinterzwiesel des Sattels stemmen, sitzt viel sicherer im Sattel und kann mit (unter der Achsel) eingelegter Lanze angreifen.

Dennoch sind die römischen und byzantinischen Cataphracti und Clibanarii des 3.-6. Jhds ebenso ohne Steigbügel geritten wie ihre parthischen, sassanidischen und sarmatischen Gegenspieler ohne Steigbügel geritten und haben dabei mit Lanzen (contus, Conti) gekämpft.

Ein Graffitto aus Dura Europos zeigt einen parthischen Kataphrakten eindeutig ohne Steigbügel. Auf Darstellungen von St. Georg sieht man schön die beidhändige Führung des Contus. Ich will darauf keine Gewähr geben, doch glaube ich, dass der Angriff mit eingelegter Lanze erst im Mittelalter sich verbreitete.
 
Ich will darauf keine Gewähr geben, doch glaube ich, dass der Angriff mit eingelegter Lanze erst im Mittelalter sich verbreitete.

Sogar erst im späteren Mittelalter. 1066 etwa ist davon noch Nix zu sehen. Von schwerer Kavallerie spricht man üblicherweise, wenn diese schwer gepanzert ist und zu einer Schockattacke fähig war. Daß die Parther sowas hatten, kann bereits der gute Crassus für das 1 Jhdt. BC bestätigen. Ich meine bereits die Diadochen hatten zeitweise Kavallerieeinheiten, die als "schwer" gelten.
 
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Ich nehme an, du meinst die numerische Unterscheidung nicht die kasische? Weil du unterscheidest hier nicht nach Numerus (Singular/Plural) sondern nach Kasus. Das Wort gehört aber zu den Worten, die nur in einem Numerus, nämlich dem Plural existieren:
Aviis ist Dativ/Ablativ, avia ist Nominativ/Akkusativ, hier logischerweise Akk.

Ich meine hier schon den Ablativ locativus. Wo verfolgt Germanicus Arminius über eine längere Zeit? Im Unwegsamen, in aviis. Nachdem ein per Akkusativ angezeigter Richtungswechsel von dem Ort, wo er den Grabhügel hat errichten lassen, wohin stattgefunden hat? Ins Unwegsame, in avia.
 
Der Lanzenstoß ist für die Definition der schweren Reiterei genau so unerheblich, wie der Steigbügel. Abgesehen davon waren Cataphrakte auch ohne eingeklinkte Lanze zu Lanzenstößen fähig. Selbst Reiter, die gar keine Lanze führen, können zur schweren Reiterei zählen.

Ich befürchte wir Beide legen eine vollkommen unterschiedliche Definition von "schwerer Reiterei" zugrunde, und werden uns in diesem Leben nicht mehr einigen. Ist auch egal, weil es für die Diskussion um Germanicus ohnehin nicht relevant ist.

Wobei Deine Auffassung völlig dem entspricht, wie es durchgehend in der Literatur gesehen wird.
 
Das oben geschriebene entspricht auch meinem Verständnis der Materie hoch zu Ross, schön etwas zu einem meiner Lieblingsthemen zu lesen...


Zurück zum Thema, mit dem ersten Teil seiner Aussage (Beitrag 10) hat balkanese aber völlig recht:

Grundsätzlich lässt sich aus dem Einsatz von Reitern und Hilfstruppen vor dem Einsatz der Legionen gar nix schließen weil es in Armeen mit verbundenen Waffen völlig normale Militärtaktik war eine Schlacht durch leichte Truppen zu beginnen und erst danach den entscheidenden Angriff durch schwere Truppen anzusetzen.

Sei es alleine, dass die Reiter und leichten Truppen (wie ist eigentlich der Wortlaut im Original?) als Plänklerschirm ausgesandt wurden, oder den Feind sogar fassen sollten, damit die Schweren Jungs den Job zu Ende bringen können.
 
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