Dio, Horaz, Plinius, Paterculus uva.

baechentaler

Neues Mitglied
Ich bin neu hier in diesem Forum und interessiere mich sehr für den römischen Alpenfeldzug 15 v.Chr.
Ganz besonders interessieren mich die Wege des Drusus durch mein Heimatland Tirol.
Jetzt habe ich aber bei den benannten schriftlichen Aufzeichnungen von Cassius Dio, Plinius den Älteren, Velleus Paterculus und Horaz hin und wieder Zweifel ob der Stimmigkeit.
Meine Frage ist, ob hier noch Originale vorhanden sind oder nur Abschriften.
Weiters würde mich sehr interessieren, ob diese Herren altgriechisch oder lateinisch geschrieben haben.
Ferner wird behauptet, dass die Restaurierung der Inschrift im Siegesdenkmal von La Turbie auf die Aufzeichnung von Plinius den Älteren zurückzuführen und ohne Fehler ist. Ist das möglich?
P.S.: bin kein Gstudierter, daher beherrsche ich weder altgriechisch noch lateinisch.
 
Jetzt habe ich aber bei den benannten schriftlichen Aufzeichnungen von Cassius Dio, Plinius den Älteren, Velleus Paterculus und Horaz hin und wieder Zweifel ob der Stimmigkeit.
Meine Frage ist, ob hier noch Originale vorhanden sind oder nur Abschriften.
Weiters würde mich sehr interessieren, ob diese Herren altgriechisch oder lateinisch geschrieben haben.

(Fast) alles, was wir von der antiken Literatur haben, sind Abschriften (der Abschriften der Abschriften...). Siehe hier: http://www.geschichtsforum.de/f28/verluste-antiker-literatur-33683/

Cassius Dio schrieb auf Griechisch, die anderen auf Lateinisch.
 
danke sehr.
Ihren Artikel über die Aufzeichnungsverluste im Römerreich habe ich schon vor einigen Tagen mit Interesse gelesen.
Bezüglich Cassius Dio kann es also sein, dass Dio von lateinischen Aufzeichnungen ins altriechische übersetzte, die dann wiederum in lateinisch abgeschrieben wurden und eventuell von Dio selbst schon die ersten Übersetzungs- bzw. Abschreibfehler gemacht wurden?
Bei Plinius den Älteren müssten also dessen lateinische Aufzeichnungen später auf altgriechisch abgeschrieben worden sein und dann wieder auf lateinisch? Ich bin da nämlich auf altgriechische Texte von Plinius den Älteren gestolpert.
Jedenfalls vielen Dank für die erste Hilfe
 
Übersetzen hat immer ein Problem: Man muss immer damit rechnen, dass Worte in der Originalsprache eine nuanciert andere Bedeutung haben als in der Zielsprache. Deshalb arbeiten Historiker, wenn sie schon mit Übersetzungen arbeiten, am besten trotzdem zusätzlich mit den Originaltexten. Ich bin schon mal über eine Stelle gestoßen, wo der mittelalterliche Historiograph darüber schrieb, wie ein Heer über einen Gebirgspass gezogen ist. Dummerweise ist das Wort für Gebirgspass dasselbe wie Hafen: portus. Und in einem der besseren Werke der Sekundärliteratur zu diesem Thema stand dann da tatsächlich Hafen... Dabei ist der Gebirgspass auch noch heute mit leichten phonetischen Veränderungen zum mittelalterlichen Namen zu identifizieren. Auf der anderen Seite ist die Küste allenfalls 50 km von diesem Gebirgspass entfernt.

Nichtsdestotrotz, in den Grundzügen sind Übersetzungen i.d.R. richtig. Es ist halt nur manchmal so, dass man auch in die Grammatik schauen muss. Wenn man strittige Fragen auf Grundlage von Übersetzungen diskutiert, ist das sehr wichtig. Wo im Deutschen etwa drei mal Imperfekt oder Perfekt nebeneinandergestellt wird, steht vielleicht im Lateinischen Original der Quelle das Plusquamperfekt, also die Vorvergangenheit - so einen Fall haben wir hier mehrfach im Forum diskutiert, dass Leute auf Grundlage einer Übersetzung einfach einen Text falsch interpretierten, weil sie nicht beachteten, dass die Übersetzung hier ungenau war.

Wenn wir annehmen, dass Cassius Dio lateinische Aufzeichnungen ins Griechische übertrug, können wir dennoch annehmen, dass die Übersetzungsleistung an sich in Ordnung war. Er dürfte beide Sprachen fließend gesprochen haben. Allerdings hat er die ihm überlieferten Geschichten gerne ausgeschrieben (damit war er nicht allein und z.T. hat er auch dabei schon auf Vorlagen zurückgegriffen). So gibt es eine Szene in der Literatur bei Plutarch und Cassius Dio, bei der Caesar ins Wasser fällt, sich im Wasser seines Mantels entledigt und zum Ufer schwimmt und dabei die ganze Zeit ein Bündel Schriftrollen über sich gehalten haben soll, welches er trocken an Land bracht. Das ist, bei aller Liebe, physikalisch unmöglich.
Insofern ist Cassius Dio nicht immer ganz zuverlässig.

Wenn du schreibst, dass dir Plinius auf griechisch begegnet sei: Kann es sein, dass du dich mit Plinius und Plutarch vertust? Bei Plinius (bei beiden) findet man hin und wieder griechische Worte im Text, aber sie schrieben auf Latein. Plutarch aber war Grieche.
 
Wenn Unstimmigkeiten auftreten ist auch jede Stelle für sich zu beurteilen. In der Historie kann auch nicht immer wie in der Physik die einfachste Erklärung genommen werden. Gerade bei Lesarten des Textes ist das häufig der Fall. Das hängt einfach damit zusammen, dass wir nicht alle Umstände kennen. So mag jemand nach einem alten Brauch gehandelt haben, den ein späterer Geschichtsschreiber nicht mehr kannte. Wir diskutieren gerade in einem anderen Thread den Grund für das Halten von Hyänen im alten Ägypten. Eine wichtige Information ist da, dass sie in einigen Ländern gegessen werden und sogar im Islam nicht als Unrein gelten. Da wird dann eine für Mitteleuropäer schwierige Vorstellung wesentlich leichter möglich.

Dann hat jeder Schriftsteller seine Besonderheiten. Cassius Dio schmückt seinen Bericht gerne aus und ergänzt schon mal, was ihm selbstverständlich erscheint: Er schreibt aus, wie El Quijote schon darstellte. Velleius Patercuculus möchte sich in Erinnerung bringen, wie man so sagt. Er lässt unliebsame Aspekte schon mal aus, berichtet z.B. nicht den Verlauf der Varusschlacht. Das ist schade. Er kannte viele Protagonisten und hat in Illyrien und wahrscheinlich auch Germanien unter Tiberius gedient. Horaz als Dichter hat wieder ganz andere Ziele, was er schrieb ist in jedem Fall Interpretation auf die Funktion im Werk hin. Plinius erwähnt historische Fakten gleichsam nebenher - seine Geschichte der Germanenkriege ist nicht erhalten. Dafür war er als Anführer einer Reitereinheit in Mainz stationiert, und kannte das Barbaricum aus eigener Anschauung. Ob er Erkenntnisse zu Germanen und Galliern auf die Völker des Alpenvorland übertragen hat, statt sauber zu differenzieren, müsste wieder im Einzelfall beurteilt werden.

Fehler durch das Abschreiben sind weniger häufig als man denkt. Originale in unserem Sinne gab es allerdings nicht, da üblicherweise diktiert wurde, wobei schon Fehler einfließen konnten. Die Überlieferung von Velleius Patercuculus ist auch besonders schwierig. Die einzige, heute verlorene, Handschrift war schwer zu lesen. Wenigstens sind korrigierende Anmerkungen zur editio princeps, dem ersten Druck erhalten.

Zum Alpenfeldzug findet sich eine Karte in dem Band Imperium des Ausstellungskatalog Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht, S.107, da Varus dort eine Legion kommandierte.

Zu Velleius Patercuculus und Cassius Dio findet sich weiteres in Dieter Flach, Römische Geschichtsschreibung, Darmstadt 1998. Es handelt sich um eine Einführung für Studenten. Flach ist nicht immer beim ersten Lesen zu verstehen, auch wenn es sich so anfühlt. Vielleicht helfen auch schon die Wikipedia-Artikel weiter.

Dio habe ich gerade erst in einem Thread hier charakterisiert. Ich editiere noch hinein, welcher es war. Das war allerdings auf eine spezielle Frage bezogen. Es ist der Thread zu Cassius Dio, auch im Unterforen zum Römischen Reich. Einen Link kann ich mit dem Smartphone leider nicht setzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bedanke mich sehr herzlich für Ihre Ausführungen.
Sie haben mich in meinem Weg bestärkt, den Großteil der alten überlieferten Abschriften der Abschriften Glauben zu schenken, aber doch mit Vorsicht zu genießen, da manches beschönt und Unliebsames teilweise ignoriert wurde. Aber der Kern der alten Geschichten müsste meist stimmig sein.
Über die Wege des Tiberius und auch Varus beim Alpenfeldzug wurde ja schon viel geschrieben. Ich bin aber leider bei den Wegen des Drusus noch auf sehr wenig Literatur gestoßen. Recht viel mehr als die Wege über den Reschenpass und Brenner sowie die Kämpfe gegen die Breonen und Genaunen habe ich leider noch nicht in Erfahrung gebracht. Kann mir da jemand eine seriöse Literatur empfehlen?
Nochmals vielen Dank an Carolus, El Quijote und Riothamus
 
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