Gladiator im Selbstversuch

19eraser87

Neues Mitglied
Hallo, ich spiele mit dem Gedanken das Leben eines Gladiators im Selbstversuch nachzuempfinden! Wie ich bereits gelesen habe, hat ein solches Programm bereits an der uni Regensburg im Jahr 2010 stattgefunden!
Hat jm. zufällig daran teilgenommen und kann mir wertvolle tipps geben? Bzw. wäre ich für jegliche tipps dankbar!
Bisher sind wir nur 2 Leute, die sich das in den Kopf gesetzt haben!
haben uns noch keinerlei gedanken zur umsetzung gemacht!
wäre demnach für anregungen dankbar!
mfg
 
Man sollte nicht in eines der beiden Extreme (ganz furchtbar oder lockeres Wellness-Leben) kippen, aber auch nichts schönreden.
Die medizinische Versorgung der Gladiatoren war zwar recht gut - aber sie brauchten sie natürlich auch, um die Verletzungen, die sie beim Training und im Kampf erlitten, zu kurieren, und somit war sie primär im Interesse des Lanista bzw. Besitzers, die ihre Gladiatoren, in deren Ausbildung sie viel investierten, einsatzfähig erhalten wollten.
Was die Lebenserwartung betrifft, sollte man sich nicht von einigen wenigen Stars, die Dutzende Kämpfe überlebten, täuschen lassen. Auch wenn Gladiatoren in der Regel anscheinend nur ein paar Mal im Jahr auftreten mussten, waren die Zukunftsaussichten für die meisten wohl eher begrenzt und trübe.
Auch Ruhm und Vermögen erwartete nur wenige Stars - ganz so wie es auch heute im Profi-Sport der Fall ist. Die meisten Profi-Sportler ruinieren auch heute zwar ihre Gesundheit, kommen aber nie groß heraus. Bei den Gladiatoren hieß das, irgendwann an einem Haken aus der Arena geschleift zu werden. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass auch die Gladiatoren, die reich und berühmt wurden und ihre Freiheit erlangten, trotzdem sozial geächtet blieben. Das mag heutzutage weniger schlimm erscheinen als im Römischen Reich, als, wer auf sich hielt, nach Ansehen, Einfluss und Würde strebte. Ein erfolgreicher Gladiator mochte ein schönes Haus haben, aber die Chance, Decurio oder gar Duumvir zu werden, hatte er nicht, niemand hätte einen Gladiator gebeten, ihn in einer Rechtsangelegenheit zu vertreten, und wohl kein Bürger hätte seine Tochter einem Gladiator zur Frau gegeben. Für ihn waren nur Liebschaften drin.
Und, wenn gerne auf die gute Versorgung und die vergleichsweise seltenen Einsätze verwiesen wird, sollte man trotzdem nicht vergessen, dass Gladiatoren einer harten Disziplinargewalt im Alltag unterworfen waren.

Vor allem letzterer Punkt lässt es mir unmöglich erscheinen, heutzutage "das Leben eines Gladiators im Selbstversuch nachzuempfinden". Ich bezweifle mal arg, dass sich jemand brennen und anketten lassen will. Mit Waffenrepliken zu hantieren und gladiatorentypisches Essen zu konsumieren, macht noch nicht das Leben eines Gladiators aus.
 
Man sollte nicht in eines der beiden Extreme (ganz furchtbar oder lockeres Wellness-Leben) kippen, aber auch nichts schönreden.

Hab ich auch nicht getan. Ich mag nur nicht die heutigen, durch Hollywood verbreiteten Vorurteile: Alle Gladiatoren seien Sklaven gewesen, alle Gladiatoren seien früh gestorben, es hätte kaum Überlebenschancen gegeben usw.

Die medizinische Versorgung der Gladiatoren war zwar recht gut - aber sie brauchten sie natürlich auch, um die Verletzungen, die sie beim Training und im Kampf erlitten, zu kurieren, und somit war sie primär im Interesse des Lanista bzw. Besitzers, die ihre Gladiatoren, in deren Ausbildung sie viel investierten, einsatzfähig erhalten wollten.
Auch deshalb waren ihre Ärzte sicher besser als die, die sich Marcus Normalrömer leisten konnte (wenn er überhaupt Ärzte hatte).

Vor allem letzterer Punkt lässt es mir unmöglich erscheinen, heutzutage "das Leben eines Gladiators im Selbstversuch nachzuempfinden". Ich bezweifle mal arg, dass sich jemand brennen und anketten lassen will. Mit Waffenrepliken zu hantieren und gladiatorentypisches Essen zu konsumieren, macht noch nicht das Leben eines Gladiators aus.

Dabei geht es ws. eher um die körperliche Erfahrung von Kampf und Training und nicht unbedingt um das Leben drumherum.
 
Hab ich auch nicht getan. Ich mag nur nicht die heutigen, durch Hollywood verbreiteten Vorurteile: Alle Gladiatoren seien Sklaven gewesen, alle Gladiatoren seien früh gestorben, es hätte kaum Überlebenschancen gegeben usw.
Das war schon lange vor Hollywood.
Und außerhalb von Hollywood geht der Trend halt leider in die Richtung, dass Gladiatoren ein geiles Leben mit viel Essen, Sport, Wellnessangeboten, Frauen, Ruhm und nur seltenen Kämpfen, bei denen obendrein eh kaum jemand zu Schaden kam, führten. Da fragt man sich doch glatt, wieso es dann Gladiatorenaufstände (keineswegs nur den bekannten des Spartacus) gab, wenn Gladiatoren eh so viel besser lebten als der Normalrömer.

Dabei geht es ws. eher um die körperliche Erfahrung von Kampf und Training und nicht unbedingt um das Leben drumherum.
Zum einen ist das nun einmal unvollständig. Das Leben eines Gladiators bestand eben nicht nur aus Kampf und Training - wobei natürlich vor allem der Kampf auch mit schweren oder sogar tödlichen Verletzungen enden konnte, die beim Nachspielen sicherlich vermieden werden sollen -, sondern auch aus Unfreiheit und harter Disziplinierung.
Zum anderen wird man die richtige "körperliche Erfahrung" wohl auch nur gewinnen, wenn man das alles monatelang konsequent durchzieht und sein normales Leben komplett aufgibt.
Hin und wieder für ein paar Stunden Waffenrepliken zu schwingen hat ungefähr so viel mit dem Leben eines Gladiators zu tun wie Paintballspielen mit dem Leben eines Soldaten im 2. WK, in Vietnam oder im Irak.
 
Das war schon lange vor Hollywood.
Und außerhalb von Hollywood geht der Trend halt leider in die Richtung, dass Gladiatoren ein geiles Leben mit viel Essen, Sport, Wellnessangeboten, Frauen, Ruhm und nur seltenen Kämpfen, bei denen obendrein eh kaum jemand zu Schaden kam, führten. Da fragt man sich doch glatt, wieso es dann Gladiatorenaufstände (keineswegs nur den bekannten des Spartacus) gab, wenn Gladiatoren eh so viel besser lebten als der Normalrömer.

Von einem "geilen Leben" habe ich doch nie gesprochen. Es ist nur nicht alles so schwarz und weiß, wie man es sich gerne vorstellt.

Zum einen ist das nun einmal unvollständig. Das Leben eines Gladiators bestand eben nicht nur aus Kampf und Training - wobei natürlich vor allem der Kampf auch mit schweren oder sogar tödlichen Verletzungen enden konnte, die beim Nachspielen sicherlich vermieden werden sollen -, sondern auch aus Unfreiheit und harter Disziplinierung.
Zum anderen wird man die richtige "körperliche Erfahrung" wohl auch nur gewinnen, wenn man das alles monatelang konsequent durchzieht und sein normales Leben komplett aufgibt.
Hin und wieder für ein paar Stunden Waffenrepliken zu schwingen hat ungefähr so viel mit dem Leben eines Gladiators zu tun wie Paintballspielen mit dem Leben eines Soldaten im 2. WK, in Vietnam oder im Irak.

Ich glaube wer das wirklich durchzieht hat zumindest schon eine Gewisse Neigung zu Sport bzw. Extremsport.
 
Von einem "geilen Leben" habe ich doch nie gesprochen.
Das war auch nicht gegen Dich gerichtet, sondern generell gegen die Tendenz, die Schattenseiten des Römischen Reiches schönzureden.

Ich glaube wer das wirklich durchzieht hat zumindest schon eine Gewisse Neigung zu Sport bzw. Extremsport.
Wenn man es wirklich durchzieht. Aber der physische Teil war trotzdem nur ein Aspekt im Leben eines Gladiators. Man darf nicht vergessen, dass sich auch die Freien, die aus Not oder Abenteuerlust freiwillig Gladiatoren wurden, dem Lanista bedingungslos unterwerfen mussten. Das Leben eines Gladiators war auf eine Weise fremd- und willkürbestimmt, wie es heutzutage in den meisten Staaten wohl nicht einmal mehr Berufssoldaten kennen.
 
Man sollte nicht in eines der beiden Extreme (ganz furchtbar oder lockeres Wellness-Leben) kippen, aber auch nichts schönreden.

...irgendwann an einem Haken aus der Arena geschleift zu werden.

Ja, und das passiert schneller, als man denkt. :D

Aber natürlich hast Du recht: Man kann sich nicht in das Leben eines antiken Menschen einfühlen. Falls das im ersten Moment zu hart klingt, möge man nur einmal versuchen, sich in das Leben eines Zeitgenossen einzufinden - eines somalischen Fischers vielleicht?



Auch deshalb waren ihre Ärzte sicher besser als die, die sich Marcus Normalrömer leisten konnte (wenn er überhaupt Ärzte hatte).

Eines meiner Lieblingsphänomene in der deutschen Sprache ist, daß der Komparativ in der Regel unter dem Positiv bleibt, was den Sinn des Wortes Steigerung ad absurdum führt. Will sagen: besser heißt noch lange nicht gut - jedenfalls nicht in dem Sinne, den wir erwarten würden.
 
Eines meiner Lieblingsphänomene in der deutschen Sprache ist, daß der Komparativ in der Regel unter dem Positiv bleibt, was den Sinn des Wortes Steigerung ad absurdum führt. Will sagen: besser heißt noch lange nicht gut - jedenfalls nicht in dem Sinne, den wir erwarten würden.

Wenn du Ärzte wie Aelius Galenus nicht als "gut" bezeichnen willst, weiß ich auch nicht weiter. Erhatte in jedem Fall ein breites Feld an praktischen Kentnissen zur Chirurgie. Einen heutigen Arzt kannst du beim damaligen Wissenstand doch gar nicht erwarten.
 
Nicht jeder Gladiatorenarzt war ein Galenos. Und ohne Galenos schlechtreden zu wollen: Die auch von ihm maßgeblich vertretene Viersäftelehre war halt doch ein ziemlicher Irrweg, der leider - auch dank der Autorität berühmter antiker Vertreter - bis weit in die Neuzeit hinein dominiert hat.
 
Vor einiger Zeit war im Spiegel ein Artikel über ein Gladiatorenfriedhof in Kleinasien. Aus der Untersuchung der Skelette ergab sich, so weit ich mich erinnern kann, eine gute physische Kondition, fette- kalorienreiche Ernährung, zahlreiche Verletzungen die jedoch zumeist behandelt und kuriert waren und relativ kurze Lebenserwartung.

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Aber natürlich hast Du recht: Man kann sich nicht in das Leben eines antiken Menschen einfühlen. Falls das im ersten Moment zu hart klingt, möge man nur einmal versuchen, sich in das Leben eines Zeitgenossen einzufinden - eines somalischen Fischers vielleicht?

In Momenten des beruflichen Frusts und vor unbezahlten oder verspäteten Rechnungen, habe ich gelegentlich überlegt, die Lebensweise eines Somalischen Fischers anzunehmen: Schnellboot und RPG her und auf gehts. Die Havel im Sommer ergäbe ein fruchtbares Betätigungsfeld. :D
 
In Momenten des beruflichen Frusts und vor unbezahlten oder verspäteten Rechnungen, habe ich gelegentlich überlegt, die Lebensweise eines Somalischen Fischers anzunehmen: Schnellboot und RPG her und auf gehts. Die Havel im Sommer ergäbe ein fruchtbares Betätigungsfeld. :D

Tjana, von der Spree kriegt sie ja kaum noch Wasser, die arme Havel. Da fischt man dann schnell im Trüben =).


Vor einiger Zeit war im Spiegel ein Artikel über ein Gladiatorenfriedhof in Kleinasien. Aus der Untersuchung der Skelette ergab sich, so weit ich mich erinnern kann, eine gute physische Kondition, fette- kalorienreiche Ernährung, zahlreiche Verletzungen die jedoch zumeist behandelt und kuriert waren und relativ kurze Lebenserwartung.

Man müßte sich fragen, wie ein solcher Befund statistisch hochgerechnet werden kann. Ist er repräsentativ für die Tausenden Gladiatoren, deren Gräber man nicht kennt?
 
Tjana, von der Spree kriegt sie ja kaum noch Wasser, die arme Havel. Da fischt man dann schnell im Trüben =).

Ich meinte auch nicht fischen, sondern jagen.:devil:



Man müßte sich fragen, wie ein solcher Befund statistisch hochgerechnet werden kann. Ist er repräsentativ für die Tausenden Gladiatoren, deren Gräber man nicht kennt?

Du bist doch der Archäologe. Wie würdest Du es denn einschätzen? Es ist tatsächlich zudem nur ein kleines Zeitfenster. M.W. änderte sich das Ganze Gladiatorenwesen erheblich, von den kultischen Beginnen bei den Etruskern bis zu den Massenspektakeln der Kaiserzeit.
 
Auch hierzu hat Junkelmann gearbeitet und veröffentlicht:
Marcus Junkelmann: Gladiatoren. Das Spiel mit dem Tod

Er hat das auch mit einer Re-Enactment-Truppe nachgebaut. Vor zwei, drei Jahren kam im öffentlich-linkischen Fernsehen eine (eher blöde) Spielshow mit Promis - Aufführungsort Xanten. Die Junkelmann-Truppe hat die Promis bühnentauglich gemacht und die haben auch einen Schaukampf geführt.

Zur Ernährung hab ich mal irgendwo gelesen, dass Gladiatoren ganz gern ein Bäuchlein haben sollten/wollen. Die Fettschicht diente hier als zusätzliche Schutzschicht für die vitalen Organe - das verleiht dem Begriff "Körperpanzerung" gleich eine etwas andere Bedeutung. (Wahrscheinlich galt das eher für die "schweren" Kämpfer, nicht für die leichten, die auf Geschwindigkeit angewiesen waren.)
 
Die Ernährungslehre war vermutlich früher noch nicht so weit, und so wurde einfach viel Energie zur Verfügung gestellt um den Muskelaufbau sicher zu stellen.
Im Kampfsport findet man bei den nach oben offenen Gewichtsklassen (Schwergewicht) auch ganz schöne Wampen, erst bei den Vollprofis sind da Sixpacks zu sehen. Das Fett kostet zwar Ausdauer und Beweglichkeit, das Zusatzgewicht verleiht aber auch mehr Wumms und Standfestigkeit.
 
Die Ernährungslehre war vermutlich früher noch nicht so weit, und so wurde einfach viel Energie zur Verfügung gestellt um den Muskelaufbau sicher zu stellen.

Das ist wohl richtig. Und natürlich braucht ein stundenlanges Training auch viel Energie in Form von Kohlehydraten, die Getreideprodukte bereitstellen konnten. Für den Muskelaufbau braucht es aber auch viel Eiweiss. Sozusagen als Baustoff, damit die Energie aus den Kohlehydraten auch vernünftig verwendet werden kann. Getreide enthält eher wenig davon.

Wenn ich die Untersuchungen von Junkelmann und anderen Historikern dazu recht in Erinnerung habe, haben Gladiatoren wohl viel Hülsenfrüchte gegessen. Eier und Fleisch dürften in den entsprechenden Mengen zu teuer gewesen sein. Obwohl die römische Schweinefleischproduktion schon recht beachtlich war.

Sicher hatten die Römer keine Ahnung von Eiweiß und speziell pflanzlischem Eiweiß. Aber wussten sie, daß Bohnen nicht nur Winde sondern auch Muckis machen?
 
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Sicher hatten die Römer keine Ahnung von Eiweiß und speziell pflanzlischem Eiweiß. Aber wussten sie, daß Bohnen nicht nur Winde sondern auch Muckis machen?

Falls Bohnen ein übliches Essen in Rom darstellten, sicher. Ein Viehhalter weiß ja auch, wie sich sein Getier mit welchem Futter entwickelt. Und das Gladiatorenhandwerk hielt sich sehr lange, lange genug um Erfahrungen zu sammeln. Aber für so ein ausgefeiltes Training wie z.B. das der Klitschkos reicht Erfahrung alleine nicht. Wir sehen ja auch jetzt einen Unterschied zwischen den siebziger Jahren und heute, das ist alles viel perfekter geworden und wissenschaftlich untermauert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Falls Bohnen ein übliches Essen in Rom darstellten, sicher.
Ja, wobei das allerdings nicht die heute üblichen Bohnen waren.

Bohnen waren übrigens als Nahrungsmittel durchaus umstritten. Pythagoreer durften bekanntlich überhaupt keine Bohnen essen. Der Flamen Dialis (der wichtigste Jupiter-Priester) durfte Bohnen nicht einmal berühren oder das Wort "Bohne" sagen, geschweige denn essen.
 
Falls Bohnen ein übliches Essen in Rom darstellten, sicher. Ein Viehhalter weiß ja auch, wie sich sein Getier mit welchem Futter entwickelt. Und das Gladiatorenhandwerk hielt sich sehr lange, lange genug um Erfahrungen zu sammeln. Aber für so ein ausgefeiltes Training wie z.B. das der Klitschkos reicht Erfahrung alleine nicht. Wir sehen ja auch jetzt einen Unterschied zwischen den siebziger Jahren und heute, das ist alles viel perfekter geworden und wissenschaftlich untermauert.

Ich sags mal so: Wenn sich überhaupt Irgendjemand im römischen Reich auch nur ansatzweise für "Ernährungswissenschaft" interessierte, dann gehörten Schweinemäster und Lanistas sicherlich dazu.
 
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