Griechische Ärzte in Rom

SRuehlow

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Fast alle Ärzte, die im Römischen Reich, während der Republik (470-27 v.Chr.) und der Kaiserzeit (27 v.Chr. - 476 n.Chr.) praktizieren, stammen aus Griechenland oder aus den ehemaligen griechischen Kolonien in Kleinasien. Dieses liegt vor allem daran, dass der typische Römer für die gesellschaftlich wenig angesehene ärztliche Tätigkeit als ungeeignet gilt. Wichtigste Aufgaben der römischen Mediziner ist das Sammeln und Ordnen des verfügbaren Heilwissens; wissenschaftliche Entdeckungen und empirische Forschung treten in den Hintergrund. Erst mit dem Ende der Rebuplik verbessert sich die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung der Ärzte. Ein Erlaß Kaiser Hadrians aus dem Jahre 117 befreit die medici unter anderem von den Kommunalabgaben und Heerespflicht. Der Schriftsteller Gaius Plinius Secundus, der Ältere, beschreibt im 1. Jahrhundert, daß einige Ärzte es zu großem Wohlstand und Ansehen gebracht haben. Seinen Angaben zufolge verfügen manche Ärzte über ein Vermögen von mehreren Millionen Sesterzen.
Zu den berühmtesten Ärzten und Medizinschriftstellern gehören:

Gaius Plinius Secundus, der Ältere (23-79) - Offizier und vielseitiger Schriftsteller, sowie Naturkundiger. Er schrieb die Naturalis historia, die Einzelheiten über magische Volksmedizin und Pflanzenheilkunde enthält.

Pedanios Dioskurides von Anazarba - weitgereister Militärarzt; wichtigster und einflussreichster Arzneimittelkenner des Altertums.

Aulus Cornelius Celsus (1. Jh.) - faßte den medizinischen Wissensstand seiner Zeit zusammen und gab die Enzyklopädie De medicina libri octo in acht Bänden heraus.

Antyllos (ca. 100 n.Chr.) - griechischer Chirurg in Rom, seine chirurgischen Methoden machen ihn berühmt. Er beschreibt unter anderem den Luftröhrenschnitt, die Staroperation (gem. ist die Augen-Op!), die Kehlkopfintubation und die Blutstillung mit dem Glüheisen, bzw. deren Unterbindung.

Athenaios aus Attaleia (um 100 n.Chr.) - Begründer der pneumatischen Schule, praktizierte als griechischer Arzt in Rom

Rudos von Ephesos (um 100 n.Chr.) - griechischer Arzt, der zunächst in Alexandria praktizierte, bevor er nach Rom ging. Er tritt besonders durch seine anatomischen Studien hervor, die aber aufgrund seiner Rückschlüsse von der Anatomie des Affen auf den Menschen fehlerhaft sind.

Soranos von Ephesos (98-138) - griechischer Frauenarzt und männliche Hebamme in Rom; wird durch seine grundlegende Darstellung des gynäkologischen Werkes De arte obstetrica moribusque muliernum in der Antike bekannt.

Claudius Galenos von Pergamon (129-199) - bedeutenster römischer Arzt, ist Verfasser eines umfangreichen Werkes, das die gesammte Medizin der Antike wiederspiegelt. Generationen von Ärzten praktizieren nach seinen Darstellungen und Methoden, selbst über die Antike hinaus ins Mittelalter.

Aretaios von Kappadokien (um 150 n.Chr.) - praktizierte in Rom, Vertreter der pneumatischen Schule, liefert äußerst genaue Krankheitsbeschreibungen
 
Dazu seien ein paar Anmerkungen erlaubt.

1. In Rom war die Hausmedizin, ausgeübt vom pater familias üblich. Also "doktorten" die Herrschaften sehr wohl selbst rum.
2. "Arzt" war lange Zeit kein beruflicher Titel der geschützt war oder von einer Ausbildung abhing, daher konnte sich jeder als solcher bezeichnen und arbeiten, was zu einer gewissen Rumpfuscherei und bei uns zu einem Verständnis des geringen Ansehens führte.
3. Die lapidare Wahrheit: nachdem Rom gelernt hatte zu profitieren ist die Zahl auch römischer Aräzte so groß, wie bis in unsere Neuzeit hinein nicht mehr. Arztstempel und Funde wie die Ersparnisse von Deimius Merula belegen dies.
 
zu Claudius Galenos

SRuehlow schrieb:
Claudius Galenos von Pergamon (129-199) - bedeutenster römischer Arzt, ist Verfasser eines umfangreichen Werkes, das die gesammte Medizin der Antike wiederspiegelt. Generationen von Ärzten praktizieren nach seinen Darstellungen und Methoden, selbst über die Antike hinaus ins Mittelalter.

Galenos studierte in Pergamon, Smyrna, Korinth und Alexandria. U. a. machte sich dann in Rom als Arzt in einer Gladiatorenschule einen Namen, bevor er eine Zeitlang Leibarzt von Kaiser Marcus Aurelius wurde. Sein umfangreiches Werk besteht aus 21 Bänden von medizinischen aber auch philosophischen Schriften. Er hat z. B. erkannt, daß das Blut Körpergewebe versorgt und das das Sprachvermögen vom Gehirn gesteuert wird.
 
Heilkunde der Römer

Die Römer vertrauten den Göttern und überlieferten Rezepten bei der Behandlung von Krankheiten. So wurden viele traditionelle Arzneien über viele Generationen hinweg weitergegeben, weil sie mehr oder weniger gut wirkten.

Außerdem glaubten sie, daß Wasser eine gewisse Heilkraft besitzt und gründeten viele dem Äskulap geweihte Heilzentren in der Nähe von Mineralquellen, so z. B. in Aquae Sulis (Bath, GB) oder Aquae Granni (Aachen, D).

Die Römer waren den griechischen Ärzten, die sich ab dem 2. Jh. v. Chr. in Rom niederließen skeptisch eingestellt, denn die Ärzte suchten nach den Ursachen der Krankheiten und nahmen sie nicht als gottgegeben hin wie die Römer.
 
Über die Medizin der etruskischen Periode (etwa 8. bis 5. Jh. v. Chr.) ist sehr wenig bekannt. Was uns lateinische Schriftsteller überliefern ist, dass die Etrusker Pflanzen und Tiere in zwei Kategorienen einteilten: in die felices (glückbringenden) und in die infelices (unheilbringenden). Die heilende Wirkung von warmen Quellen wurde als hoch eingeschätzt und man legte bereits Wert auf öffentliche Hygiene, wie der Bau der Cloaca Maxima zeigt.

Bis zum 3. Jh. v. Chr. war Gesundheit in erster Linie Angelegenheit der Götter. Bei Krankheiten wurden vor allem Febris und Mefitis angerufen. Nach einer Pestepidemie wurde unter griechischem Einfluss 239 ein dem Äskulap geweihter Tempehl auf einer Tiberinsel erbaut. Der Beruf des Arztes wurde jedoch praktisch immernoch nicht ausgeübt, da die Medizin als eine dem römischen Bürger unwürdige Tätigkeit angesehen wurde. Nach Plinius dem Älteren sollen die Römer jahrhundertelang ohne Ärzte gelebt haben. "Medziner" traf man nur zwischen Zauberern, Händlern und Wucherern auf dem Forum an, wo sie ihre Kunst feilboten. Am ehesten waren sie mit den tonsores (Barbieren) zu vergleichen. Wie Gabinius schon erwähnt, wurden in den gehobenen Familien vom pater familias Maßnahmen ergriffen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Name verdient hier noch erwähnt zu werden: Q. Stertinius Xenophon. Er stammte von der Insel Kos, wo Hippokrates eine berühmte Ärzteschule gegründet hatte. Xenophon hatte eine sehr erfolgreiche Praxis. Als ihn Claudius als Leibarzt verpflichtete, musste er ihm 500.000 Sesterzen Jahresgehalt zahlen. Er begleitete Claudius nach Britannien und erreichte für seine Heimat Kos viele Privilegien und Steuervergünstigungen.

Tacitus überliefert allerdings eine perfide Episode von ihm. Agrippina hatte Claudius ein stark wirkendes Gift verabreicht, das ihn gleichzeitig verwirren sollte. Durch erbrechen schien das Mittel allerdings an Wirkung eingebüsst zu haben, worauf Agrippina Xenophon instruierte, und der habe Claudius mittels einer mit Gift präparierten Feder umgebracht, unter dem Vorwand, ihm das Erbrechen zu erleichtern.
 
War es nicht Cato der Ältere, der sagte:"Weil wir sie im Krieg besiegten, versuchen sie nun, sich mit ihrer Medizin an uns zu rächen!"?
 
Ja, der gute alte Cato hatte eine Theorie: Aus Rache für die Eroberung von Hellas durch die Römer haben sich die griechischen Ärzte verschworen, alle Barbaren durch ihre Medizin zu töten. Deshalb hielt sich Cato auch an die alten Hausrezepte, bei denen vor allem Wolle, Öl, Wein und magische Formeln zur Anwendung kamen und - Kohl! Sogar der Urin eines Kohlessers war für ihn ein Heilmittel.
 
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2. "Arzt" war lange Zeit kein beruflicher Titel der geschützt war oder von einer Ausbildung abhing, daher konnte sich jeder als solcher bezeichnen und arbeiten, was zu einer gewissen Rumpfuscherei und bei uns zu einem Verständnis des geringen Ansehens führte.
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Wenn ich mich nicht gewaltig irre war der Begriff "Arzt" zwar nicht geschützt, man mußte aber auf jeden Fall einige "Lehrjahre" bei einem "Arzt" absolviert haben. Erst dann durfte man sich "Arzt" nennen.

In England und Frankreich war es der Medicus, im Orient der Hakim.
Wie lautete eigentlich die genaue Berufsbezeichnung damals im römischen Reich?
 
Mein lateinwörterbuch meint:
Arzt = medicus
Augenarzt = ophthalmicus
Wundarzt = vulnerarius
 
Griechische Ärzte verbreiteten sich wohl auch als Militärangehörige bis in entlegenste Reichsgebiete. Jede militärische Einheit von der Kohorte aufwärts hatte einen eigenen Arzt, und zumindest in den Legionslagern der Kaiserzeit finden sich Lazarette.
Im Gebiet der ehem. Provinz Obergermanien fanden sich die Weihealtäre zweier römischer Militärärzte mit griechischem Namen: Lucius Fabius Anthimus (Groß-Krotzenburg) und M. Rubrius Zosimus (Obernburg a.M.). Letzterer hatte den Präfekten seiner Einheit von einer schweren Erkrankung geheilt und dafür die Hilfe der Götter Aeskulap, Apoll, Salus und Fortuna erbeten, denen er nach Genesung des Patienten einen Altar stiftete. Hier wird deutlich, wie sehr die Heilkunst im 2.Jh n.Chr. noch religiös verwurzelt war, vgl.:

@Lukrezia Borgia
Bis zum 3. Jh. v. Chr. war Gesundheit in erster Linie Angelegenheit der Götter.
@Cleopatra Aelia
Die Römer waren den griechischen Ärzten, die sich ab dem 2. Jh. v. Chr. in Rom niederließen skeptisch eingestellt, denn die Ärzte suchten nach den Ursachen der Krankheiten und nahmen sie nicht als gottgegeben hin wie die Römer.

Wenn man sich allerdings anschaut, wie hochentwickelt die ärztlichen und zahnärztlichen Instrumente in der hohen Kaiserzeit schon waren, muß man zumindest der Chirurgie von damals einiges zutrauen, vgl.:

@SRuehlow
Antyllos (ca. 100 n.Chr.) - griechischer Chirurg in Rom, seine chirurgischen Methoden machen ihn berühmt. Er beschreibt unter anderem den Luftröhrenschnitt, die Staroperation (gem. ist die Augen-Op!), die Kehlkopfintubation und die Blutstillung mit dem Glüheisen, bzw. deren Unterbindung.

Die im Römisch Germanischen Zentralmuseum in Mainz ausgestellten Exponate, z.B. aus dem berühmten Ärztegrab in Bingen, zeigen, daß die damaligen Instrumente den modernen Ausführungen so stark ähneln, daß sie kaum verbesserungsfähig waren (wenn man einmal vom Material absieht).
 
Kann mir jemand bitte die lat. textstelle nennen, die "martial" oben auf deutsch zitiert hat. Damit wäre mir sehr geholfen
 
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