Grundsatzdiskussion: Römischer als Rom?

Tib. Gabinius

Aktives Mitglied
Aus einem anderen Thema eine etwas abweichende Diskussion.
Zu Beginn standen folgende Äußerungen:
Wir sprechen von 1000 Jahren und einem riesigen Herrschaftsbereich in dem sich die Menschen massiv unterschieden. Die Römer der frühen Republik waren aus der Sicht der anderen kriegerische Barbaren, und das Leben der Römer blieb bis zum Ende der punischen Kriege sehr schlicht und kulturlos. (Was ich bekanntlicher weise gut finde) Das was wir heute als Kultur wahrnehmen, war nur die vom Griechischen massivst beeinflußte Veränderte Kultur, die nicht mehr wirklich römisch war. Den Höhepunkt der Kultur hatte die Antike zur Zeit der Diadochen Reiche, mit der Errichtung des römischen Reiches ging es technologisch und kulturell bereits bergab, die Technik und Wissenschaft erstarrte. M. Porcius Cato Uticensis war der LETZTE WAHRE Römer, ein Mann dem unsere ganze Bewunderung gehören sollte, er achtete als letzter die Mos Maiorum und er war ein Stoiker. Er war auch der letzte wahre Republikaner, der sich z.b. anderen unterordnete, wie in Afrika geschehen, weil diese mehr militärisches Können hatten. Deine Aussage ist völlig verfehlt, für einen echten Römer wäre sie gerade zu aberwitzig

Auf diese bezogen folgte mein Vermerk:
ch möchte festhalten, dass oben zitiertes reine, persönliche Meinung wiederspiegelt. Dies hat nichts mit wissenschaftlichen Aussagen oder historischen Feststellungen zu tun.
was letztlich zu folgenden Fragen führte:
Quintus Fabius schrieb:
Wir sprechen von 1000 Jahren und einem riesigen Herrschaftsbereich in dem sich die Menschen massiv unterschieden. Die Römer der frühen Republik waren aus der Sicht der anderen kriegerische Barbaren, und das Leben der Römer blieb bis zum Ende der punischen Kriege sehr schlicht.
Frage 1: Was stimmt hier deiner Meinung nach nicht ?

Nun, mein werter Quintus Fabius, da drin steckt mir eine zu große Verallgemeinerung, ähnlich der im ursprünglichen Thema vorkommenden.
Ob und bei wem die Römer "Barbaren" waren, zudem auch noch "kriegerische", läßt sich heute nicht mehr nachvollziehen, außer vielleicht bei den Griechen, bei denen das Barbaroi aber nun mal eine ganz andere Bedeutung hatte, als sie hier im Beigeschmack mit sich führt.
In der Tat führten die Römer nicht mehr oder weniger Krieg, als offensichtlich ihre Nachbarn oder die Kelten oder die Griechen oder die Ägypter.

Quintus Fabius schrieb:
Das was wir heute als Kultur wahrnehmen, war nur die vom Griechischen massivst beeinflußte Veränderte Kultur, die nicht mehr wirklich römisch war. Den Höhepunkt der Kultur hatte die Antike zur Zeit der Diadochen Reiche, mit der Errichtung des römischen Reiches ging es technologisch und kulturell bereits bergab, die Technik und Wissenschaft erstarrte.
Frage 2: natürlich ist die römische Kultur der Kaiserzeit auch EINE Form der römischen Kultur und umgekehrt ist auch die früheste latinische Kultur bereits durch die Griechen geprägt worden. Daher ist meine Aussage zu pauschalisierend, so weit ja. Aber: Trotzdem hat die römische kultur einen eigenen, italischen Kern und der unterscheidet sich deutlich von der Geistes!Haltung der Griechen, trotz aller kulturellen Beeinflußung. Und: Wenn man die reine Technologie ansieht, so war der Gipfel in der Antike m.M.n. durchaus in der Zeit des Hellenismus, mit der Errichtung des römischen Kaiserreiches erstarrte m.M.n. die Technologische Weiterentwicklung, stagnierte oder ging sogar zurück. Das die Römer die Hellenistische Technologie an "Barbarische" Völker weitergaben, erscheinen sie als Technologie Bringer, das gilt aber nur für die rückständigen Gebiete im Westen und Norden.
Zur geistigen Haltung: Allem vornweg: du bezeichnest Cato als den "letzten wahren Römer" und hebst dabei u.a. seine Qualität als Stoiker hervor. Nun ist dies aber eine griechische Philosophie, die man auf, man korregiere mich wenn mein Grundwissen täuscht, von Zenon gelehrt wurde. Wie römisch ist also dieses Verhalten? Und siehe da, dieses Stoikertum taucht wieder bei Marcus Aurelius auf.
Du hast absolut recht, wenn du darauf verweist, dass die römische Republik eine andere Haltung aufweist, weniger stark beeinflußt war, als etwa die Zeit um Maximinius Thraex oder gar Elagabal. Dort aber irgendwo wilkürlich einen schlußstrich zu setzen und zu sagen: hier endet das römische ist nicht nur tollkühn sondern in der Grundlage schon anfechtbar. Denn wie viel des "Urroms" war denn römisch? Verändert sich dieses Bild nicht bereits extrem mit der Verbindung mit Alba? Oder müßte dann Rom nicht mit dem sabinischen Einfluß schon "hinnüber" gewesen sein? Und dann erst die Etrusker...
Was ist also römisch? Ist der Helm vom Typus "Imperial Gallic" weniger römisch als der sog. "Pseudo-Attisch"? Wenn sich Caesar, Trajan, Galba und Konstantin als Römer bezeichnet haben, werden sie dies mit der Gewißheit getan haben, dass sie in Verhalten und Denken nicht mehr auf ein Haar ihren Vorfahren glichen.
Dies ist vergleichbar mit unserer eigenen Entwicklung. Wir ähneln nicht in Kleidung, Denken, Handeln oder Kultur mehr unseren Vorfahren aus den Jahren nach 1871, und doch nennen wir uns Deutsche. Alles ist im Fluß der Veränderung, aber das bedeutet keinen Verlust der Identität, eher ein Anwachsen einer solchen, aber das ist ebenfalls persönliche Meinung.

Was nun den technologischen Fortschritt angeht beurteilst du ebenfalls etwas arg kritisch. DIe größten Bauten Roms sind erst in der Kaiserzeit entstanden, angefangen vom Colloseum, des nicht mehr vorhandenen Palast Neros über das Forum Trajani und der Villa Hadrians bis zu der großen Brückenkonstruktion über die Donau.
Die Armeetechnik reifte in der frühen Kaiserzeit so richtig aus. Belagerungen wie auch alles andere wurde vervollkoment und stadartisiert.
Unterhaltung und Versorgung der Massen war kaum noch ein Thema.

Die großen Schriftsteller und Historiker Roms, Livius, Tacitus, Seneca, Suetonius, Sallust, Cicero, Caesar usw. usf. stammen alle aus einer Zeit nach der von dir propagierten, wären also keine Römer mehr. In die Zeit der Römer hingegen fallen solch illustre Gestalten wie Polybios, wiederum ein Grieche.

Die größten und besten Äquadukte stammen aus einer Zeit, zu der schon Kaiser herrschten.

Glasbläserei, Malerei, Plastiken, Baukunst, Unterhaltung, Grundversorgung, Arbeitstechniken, "Chemie"...in fast allen Feldern sind auch oder gerade in der Kaiserzeit Fortschitte zu vermerken.
Das dies irgendwann begann zu stagnieren begann, ich sehe dies eher um das 2./3. Jh.n. Chr. und dann teilweise in Rückschritte überging ist nun mal Teil des Untergangs. Wäre dies anders gekommen gäbe es vielleicht Rom noch heute als Reich.
 
Nun, mein werter Quintus Fabius, da drin steckt mir eine zu große Verallgemeinerung, ähnlich der im ursprünglichen Thema vorkommenden.

Stimmt schon. Aber wie ernsthaft wissenschaftlich soll es denn sein, wenn die Ausgangsfrage lautet, ob man dem Zitat: nervigen Cato die Fensterscheiben einwerfen hätte können ? Ich wollte nun nur von der Art her ähnliches antworten.

Ob und bei wem die Römer "Barbaren" waren, zudem auch noch "kriegerische", läßt sich heute nicht mehr nachvollziehen, außer vielleicht bei den Griechen,

Du beantwortest die Frage ja gleich selbst: Barbaren ist ein griechischer Begriff und wurde in der Antike in der Zeit von der wir hier sprechen so von den Griechen verwendet. Und die Römer galten den Griechen dieser Zeit als Barbaren.

bei denen das Barbaroi aber nun mal eine ganz andere Bedeutung hatte, als sie hier im Beigeschmack mit sich führt.

Das stimmt, aber trotzdem galt das Wort in Grenzen auch schon in der heutigen Bedeutung, nämlich in der von kulturell und geistig unterlegen. Darüber hinaus muß man aber anmerken, daß ein Grieche bei seinen Werken über die Staaten die Karthager und die Römer positiv darstellt, weil sie im Gegensatz zu den anderen Barbaren eine Verfassung hatten (name des Griechen ist mir gerade entfallen)

In der Tat führten die Römer nicht mehr oder weniger Krieg, als offensichtlich ihre Nachbarn oder die Kelten oder die Griechen oder die Ägypter.

Wenn man genau nachrechnet, dann führten die Römer durchaus mehr Krieg als die genannten Völker ABER: nicht unbedingt freiwillig sondern weil sie wegen ihrer zentralen mittleren Lager in der frühen Republik ständig um ihr Überleben als Staat und Volk kämpfen mußten. Was also nicht heißt, daß die Römer unbedingt kriegerischer gewesen wären, aber die Römische Republik war definitiv ein Staat, in dem das Militär und die Militärische Kultur auch im Alltag und im Zivilleben eine entscheidende Rolle spielte und die Militärische Kultur das gesamte Volk umfasste. Das liegt an dem Milizsystem das alle Bürger in die Armee einspannte, während zur Zeit der Diadochen und bei den Griechen die alte Idee des Bürgersoldaten schon untergegangen war und der Typus des Söldners im Gegensatz zum Zivilisten das Bild bestimmte. Gleiches gilt für Karthago.

Abgesehen also von Völkern mit einer archaischen Militärkultur die auch noch weitgehend ritualisiert war, wie z.b. den Kelten waren die Römer trotz ihres hochorganisierten Staatswesens ein Volk, daß eine auch im Vergleich mit den anderen Völkern stärker militärisch geprägte Kultur hatte. Da sehe ich eben einen deutlichen Unterschied zu einem Gros der genannten Völker, wenn man von anderen, ähnlich militaristischen Staaten wie Sparta absieht. Das gleiche gilt natürlich auch für einige andere Italiker in ihrer unmittelbaren Frühzeit und Umgebung, da hast du natürlich recht.

Zur geistigen Haltung: Allem vornweg: du bezeichnest Cato als den "letzten wahren Römer" und hebst dabei u.a. seine Qualität als Stoiker hervor.

Zum ersten erwähnte ich die Stoa noch und nur als Zusatz, nicht als Hauptmerkmal seines Römertums, zweitens habe ich ja schon eingeräumt, daß die Kaiserzeitlichen Römer durchaus auch Römer waren. Die Frage über die man also diskutieren sollte, ist:

Ob es nicht von der Zeit der mittleren Republik hin zur Kaiserzeit einen massiven geistigen Umbruch innerhalb des römischen Staates bezüglich der Militärischen Kultur und des Selbstverständnisses gegeben hat, was du doch nicht ernsthaft anzweifelst oder ?! Das Denken das die Römer ab den Bürgerkriegen an den Tag legten, ihre geistige Kultur, ihre Sozialkultur veränderten sich im Vergleich zu früher, als Grund unter anderem die Ausdehnung ihres Reiches und der massive Einfluß des Griechischen der sich durch die Eroberung des Ostens einstellte.

Das haben die Römer doch selbst so gesehen, Cato der Ältere hat doch gegen die ganzen griechischen Sitten überall angekämpft und nicht lange vor ihm wetterte man noch, weil der Erste Philosoph in Rom eintraf. Die Römer haben doch selbst ab dem zweiten Punischen Krieg die massive Veränderung ihrer Kultur beschrieben, dafür gibt es doch jede Menge Beispiele.

In Konfrontation mit dem immer größer werdenden Griechischen Einfluß, genauer müßte man sagen hellenistischen Einfluß kam doch dann als Gegenkonzept die Betonung der Mos Maiorum auf, die die Römer selbst als Gegenbild und Gegenbeispiel zu den jetzigen Sitten verstanden, die sie also selbst als verändert betrachteten.
Zeitgleich der Niedergang des Kleinbauerntums und die Verlagerung des Schwerpunktes vom Land, vom römischen Bauern auf die Stadt. Die Republik war bis dahin trotz der Stadt Rom eine ländlich, bäuerisch, agrarisch geprägte Staatsform gewesen, dann veränderte sich der Schwerpunkt hin zum Urbanen. Wenn das kein bedeutender Umbruch ist ?!

Nun ist dies aber eine griechische Philosophie, die man auf, man korregiere mich wenn mein Grundwissen täuscht, von Zenon gelehrt wurde. Wie römisch ist also dieses Verhalten?

Ziemlich. Die Stoa entspricht in weiten Teilen den philosophische Ideen der Mos Maiorum, deshalb ja gerade konnte sie sich als griechische Philosophie gerade eben in Rom so durchsetzen. Du hast aber recht, das es sich um ein gutes Beispiel der Veränderung und der Beeinflußung der römischen Kultur durch den Hellenismus handelt, die Römer der frühen und mittleren Republik lebten in weiten Teilen nach den Ideen der Stoa, ohne sie zu kennen und überhaupt eine Philosophie dafür nötig zu haben. Der Grund lag in der Armut weiter Teile der Bevölkerung und dem Schwerpunkt auf dem Land, dem Bäuerlichen.

Und siehe da, dieses Stoikertum taucht wieder bei Marcus Aurelius auf.

Oder bei Seneca, das stimmt schon. Ich hatte aber ja selbst schon geschrieben, das der Text Anfangstext von mir zu pauschalisierend war. Ich schrieb: natürlich ist die römische Kultur der Kaiserzeit auch EINE Form der römischen Kultur

Trotzdem sehe ich da einen massiven Unteschied in der sozialkulturellen Prägung zwischen Cato Uticenses und Marc Aurel. Ersterer war noch von seiner Prägung her ein Römer der Republik er wollte den Status Quo und die althergebrachten Vorgehensweisen und den Staat in seiner alten Form erhalten. Natürlich war das zum Scheitern verurteilt, da die alten Vorgehensweisen ja nicht mehr funktionieren konnten.

Fazit: worauf ich hinaus will:

Es gibt m.M.n. eine massive Änderung der Sozialkultur der Römer von der mittleren Republik zum Kaisertum:

1 der Schwerpunkt der römischen Kultur verlagert sich vom Bauern hin zum Urbanen

2 die römische Kultur verändert ihre Militärische Kultur, das Milizsystem und die Allgegenwart des Krieges und des Militärs in den Köpfen Aller hören auf

3 die Idee des Status Quo und das keine Familie und keine Einzelperson die ganze Macht lange innehaben darf gehen verloren

4 die Römer nehmen massiv hellenistisches Gedankengut und Kultur und Technologie an

Zum letzten Punkt noch ein paar Beispiele: Sowohl die bekannten Fischsaucen wie Liquamen als auch die Küche des Apicius sind eine hellenistische Erfindung und nicht römisch, die Römer der frühen Republik verwendeten noch nicht mal Olivenöl sondern Schweineschmalz, die Geschütze der Römer sind ebenso wie ihre Schiffe ein Werk der hellenistischen Welt

Dort aber irgendwo wilkürlich einen schlußstrich zu setzen und zu sagen: hier endet das römische ist nicht nur tollkühn sondern in der Grundlage schon anfechtbar.

Das tue ich eigentlich ja auch nicht. In dem Punkt sind wir uns auch einig. Ich schrieb ja:
natürlich ist die römische Kultur der Kaiserzeit auch EINE Form der römischen Kultur

Trotzdem ist es doch interessant, Zeiten zu suchen und ev zu finden, in denen sich geistige Umbrüche vollzogen so daß man von einer Kulturellen Wende sprechen kann.

Natürlich ist das keine klare Linie oder Grenze, aber von den punischen Kriegen an, bis zur Eroberung des Ostens durch Rom vollzog sich ein massiver geistiger und kultureller Umbruch der römischen Kultur, über eine Zeitspanne hinweg, die man auf ein Jahrhundert hin beziffern kann gewiß, aber doch eben ein Umbruch!

Was nun den technologischen Fortschritt angeht beurteilst du ebenfalls etwas arg kritisch. DIe größten Bauten Roms sind erst in der Kaiserzeit

Eben, sie entstanden mit der Verlagerung der Sozialkultur und des Schwerpunkts der ganzen Staatsidee auf die Urbane Kultur, auf das Städtisch während das eigentlich römische, sagen wir italische der Republik das Bäuerlich, Agrarische war. Errichtet wurden all diese Gebäude unter massivsten Einfluß der Hellenistischen Kultur.

Die Armeetechnik reifte in der frühen Kaiserzeit so richtig aus. Belagerungen wie auch alles andere wurde vervollkoment und stadartisiert.
Unterhaltung und Versorgung der Massen war kaum noch ein Thema.

Vor allem wurde standadisiert. Die Römer haben Karthago mit den gleichen fortschrittlichen Belagerungswaffen genommen, die sie dann 300 Jahre später immer noch genau so in dieser Form in Gebrauch hatten. Und allein numerisch und von den Unterhaltskosten her wie auch von der Moral her sehe in einen Niedergang des römischen Militärs in der Kaiserzeit. Den Höhepunkt des römischen Miltärs würde ich in von der Zeit des Scipio Africanus hin bis zu Caesar setzen. Nach Caesar lließ der Gefechstwert und die Schlagkraft der römischen Truppen wieder nach. Wenn man gesamtmilitärisch einen solchen Wert der Truppen für den Krieg aus Disziplin, Können, Masse, Kosten usw zieht, so waren die römischen Legionen in früheren Zeiten besser als das Militär des Kaiserreiches.

Die großen Schriftsteller und Historiker Roms, Livius, Tacitus, Seneca, Suetonius, Sallust, Cicero, Caesar usw. usf. stammen alle aus einer Zeit nach der von dir propagierten, wären also keine Römer mehr.

Die sind durchaus Römer, etwas anderes habe ich ja nich ernsthaft behauptet. Aber: Schriftsteller, das trifft es sehr gut, Schriftstellerei ist einfach genuin unrömisch. Sie ist eine Veränderung der römischen Kultur. Die Römer haben jahrhundertelang ja noch nicht mal Geschichtsschreibung betrieben, Quintus Fabius Pictor war glaube ich der erste Chronist überhaupt.

Die größten und besten Äquadukte stammen aus einer Zeit, zu der schon Kaiser herrschten.
Glasbläserei, Malerei, Plastiken, Baukunst, Unterhaltung, Grundversorgung, Arbeitstechniken, "Chemie"...in fast allen Feldern sind auch oder gerade in der Kaiserzeit Fortschitte zu vermerken.

Alles hellenistische Technik, und die technischen Innovationen entwickelten sich meines Wissens vor allem im griechischen Osten. Aber in dem Bereich fehlt mir auch Wissen, da muß ich erst noch mal recherchieren. Daher mein Vorschlag uns auf Militärische, etwas genuin Römisches also zu begrenzen. (während der Woche bin ich aber jetzt bis Freitag leider weg)
 
Das frühe Rom war ein durch und durch etruskisch geprägter latinischer Bauernort, wahrscheinlich warens sie nur die größeren Rabauken als die Nachbarn. Dieses frühe Rom eignete sich famos als Tableau für mythischen Helden a´la Mucius Scaevola, Horatius Cocles oder Lucrezia - Legenden verfasst in der augusteiischen Epoche, aber vom großen Rom, das bis heute nachwirkt, ist noch nix zu spüren.

Aber du hast schon recht Quinuts, es gibt einen radikalen Umbruch in der römischen Kultur der späten Republik der eine Wasserscheide zwischen dem provinziell-mittelitaliensichen davor und dem Imperium Romanum, dem Fundament europäischer Kultur danach bildet. Das Militärwesen - die Reenacter sollen es mir verzeihen - ist dabei aber sekundär. Militär dient dem Staat zur Ausdehnung, zur Verteidigung, ein notwendiges Hilfsmittel, mehr aber schon nicht.

Und Rom aufs militärische zu verkürzen wäre ein Lästerung gegenüber dem wahren Schatz den Rom geschaffen hat - staatliche Organisation, fussend auf Recht und Verwaltung. Heute noch gelten im Zivilrecht Normen und Prinzipien die in Rom entwickelt wurden - höchst abstrahierte Sachverhalte wie die Unterscheidung von Besitz und Eigentum, der Rechtetransfer durch Dritte um nur einige Beispiele zu nennen - DAS ist das römische an Rom, entwickelt in der Republik, geübt im Imperium, gültig bis zum heutigen Tag!

Aber nun zu der angesprochenen Wasserscheide die zusammenfällt mit dem beginnenden griechische Einfluss nach dem makedonischen Krieg- dem für mich zweiten römischen schlechthin, der Absorption andere Kulturen.
Das entscheidende daran ist dass Rom nicht griechisch oder hellenistisch wird wie z.B. die Metropolen der Diadochen. Nein, zum etruskischen Bogen tritt nun die griechische Säule, doch was gebaut wird ist römisch. Rom wird zum großen Schwamm der antiken Kulturen der nicht nur absorbiert, sondern auch verbreitet, dem es gelingt die erste "globalisierte" Kultur zu schaffen.

Diese Phänomäne sind mE das römische an Rom, der Grund aus dem unsere westliche Welt entstanden ist, quasi der "historische" Auftrag den SPQR erfüllte

Recht und Verwaltung
Kraft und Fähigkeit zur Assimilation
 
Zuletzt bearbeitet:
Und Rom aufs militärische zu verkürzen wäre ein Lästerung gegenüber dem wahren Schatz den Rom geschaffen hat

Es nur darauf zu verkürzen ist sicher falsch, mein Vorschlag bezog sich ja explizit darauf, daß ich mich halt primär im militärischen Bereich auskenne. Umgekehrt bedarf das Militär bei Der Bedeutung die es für Rom hatte m.M.n. durchaus einer besonderen Beachtung. Rom ohne das Militär und ohne seine Kultur des Krieges verstehen zu wollen oder zu betrachten ist imho ziemlich verfälschend.

Recht und Verwaltung
Kraft und Fähigkeit zur Assimilation
Krieg und Militär

Heute noch gelten im Zivilrecht Normen und Prinzipien die in Rom entwickelt wurden - höchst abstrahierte Sachverhalte wie die Unterscheidung von Besitz und Eigentum, der Rechtetransfer durch Dritte um nur einige Beispiele zu nennen

Dazu von mir eine Buchempfehlung:

Es gibt ja von der Beckschen Reihe eine ganze Reihe von Büchern, die einen gut die anderen viel zu kurz: Das hier ist wirklich Sehr Gut, habe ich mir selbst vor einer Woche gekauft:

Geschichte des Römischen Rechts von Ulrich Manthe
 
Danke Rovere! Unter manch Gebläh ein wirklich lesenswerter Beitrag!

Diese Phänomäne [i.w. die röm. Rechtskultur] sind mE das römische an Rom, der Grund aus dem unsere westliche Welt entstanden ist, quasi der "historische" Auftrag an SPQR
Der jüngere Cato scheint eher ungeeignet, gerade in ihm den 'letzten wahren Römer' zu feiern; mir scheint der eher als Beispiel eines gestörten, auf dem cursus honorum rumstolpernden zutiefst Unzufriedenen tauglich, jemand, der den Vorzug der Abkunft von einem illustren Urgroßvater strapazieren zu können das Glück hatte.


miles, in Aufgeblasenheit wenig Dignitas erkennend
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Militär war schon wichtig, keine Frage. Doch warum war es so erfolgreich? Durch den hohen Grad staatlicher Organisation dahinter, geschaffen durch das Zusammenleben regelnde Normen.
Dies war der Grund für dieses jahrhunderte überdauernde Imperium das uns bis zum heutigen Tag beeinflusst.
Das römische Militär hat erobert.
Gehalten wurde das Imperium durch die zivilen Juristen und Beamten, die Strukturen schufen die stark genug waren selbst den Größenwahisinn einiger militärischen Anführer des 3. Jhdts noch jahrhunderte zu überdauern.
 
miles schrieb:
Danke Rovere! Unter manch Gebläh ein wirklich lesenswerter Beitrag!
Sorry wenn ich hier kurz was Off-Topic haftes reinschreibe, aber ich finde man könnte, dass ein wenig freundlicher formulieren, denn ich für meinen Tei möchte hier eine Diskussion ohne solche Ausdrücke lesen.

Nochmals Sorry für meinen Off-Topic Beitrag aber mich hat das gerade ein wenig geärgert.

P.S. Für sowas gibt es auch eigentlich die Bewertungs-Funktion.
 
Quintus Fabius schrieb:
Stimmt schon. Aber wie ernsthaft wissenschaftlich soll es denn sein, wenn die Ausgangsfrage lautet, ob man dem Zitat: nervigen Cato die Fensterscheiben einwerfen hätte können ? Ich wollte nun nur von der Art her ähnliches antworten.
Es besteht kein Zweifel darüber, dass der Ausgang dieser Diskussion alles andere als ein positiver Start war.



Du beantwortest die Frage ja gleich selbst: Barbaren ist ein griechischer Begriff[....] Darüber hinaus muß man aber anmerken, daß ein Grieche bei seinen Werken über die Staaten die Karthager und die Römer positiv darstellt, weil sie im Gegensatz zu den anderen Barbaren eine Verfassung hatten (name des Griechen ist mir gerade entfallen)
Über die Bedeutung des Barbaroi und seine Inhaltsveränderung im Laufe der Zeitwird auch heute noch viel diskutiert und geschrieben. An dieser Stelle sollte nur festgehalten werden, wie du auch bestästigst, dass derartige Äußerungen wie die um kriegerische Barbaren für alle anderen eben doch zu allgemein und nicht treffend gehalten sind.

Wenn man genau nachrechnet, dann führten die Römer durchaus mehr Krieg als die genannten Völker
Rechne nochmal nach, und so wie du die Latiner und Sabinerkriege mit einrechnest, bedenke die große Zahl an innerhellenischen Kriegen. Du wirst feststellen, dass die Zahlen sich nicht wirklich massiv unterscheiden.

ABER: nicht unbedingt freiwillig sondern weil sie wegen ihrer zentralen mittleren Lager in der frühen Republik ständig um ihr Überleben als Staat und Volk kämpfen mußten. Was also nicht heißt, daß die Römer unbedingt kriegerischer gewesen wären, aber die Römische Republik war definitiv ein Staat, in dem das Militär und die Militärische Kultur auch im Alltag und im Zivilleben eine entscheidende Rolle spielte und die Militärische Kultur das gesamte Volk umfasste. Das liegt an dem Milizsystem das alle Bürger in die Armee einspannte, während zur Zeit der Diadochen und bei den Griechen die alte Idee des Bürgersoldaten schon untergegangen war und der Typus des Söldners im Gegensatz zum Zivilisten das Bild bestimmte. Gleiches gilt für Karthago.
Sie waren wohl in ihrem denken "Opferbereiter" wie etwa die zivilen Aufwendungen zum Bau einer Flotte darstellen, aber dass sie militärischer Waren als etwa die Athener sehe ich nicht. Die vielen Feldzüge und Eroberungsversuche der Athener zusammen mit ihrem System der Miliz deuten auf ähnliches hin, ebenso die Thematik der Nauarchen usw. usf.



Ob es nicht von der Zeit der mittleren Republik hin zur Kaiserzeit einen massiven geistigen Umbruch innerhalb des römischen Staates bezüglich der Militärischen Kultur und des Selbstverständnisses gegeben hat, was du doch nicht ernsthaft anzweifelst oder ?!
Im Gegenteil, ein verändertes denken oder einen neuen "Anspruch" habe ich selbst schon aufgeführt. Insofern kann zwischen uns hier keine Diskussion entstehen.




Trotzdem sehe ich da einen massiven Unteschied in der sozialkulturellen Prägung zwischen Cato Uticenses und Marc Aurel.
Unbestreitbar in jeder Hinsicht.



Zum letzten Punkt noch ein paar Beispiele: Sowohl die bekannten Fischsaucen wie Liquamen als auch die Küche des Apicius sind eine hellenistische Erfindung und nicht römisch, die Römer der frühen Republik verwendeten noch nicht mal Olivenöl sondern Schweineschmalz, die Geschütze der Römer sind ebenso wie ihre Schiffe ein Werk der hellenistischen Welt
Neben der Tatsache, dass die Assimiliation von Technologie, Gedankengut, Verhalten usw. schon immer einer der Bestandteile der römischen Kultur war prägen sie auch in allen von dir genannten Beispielen mit einem eigenen Anteil, entweder in der Anwendung oder Modifikation.


Vor allem wurde standadisiert. Die Römer haben Karthago mit den gleichen fortschrittlichen Belagerungswaffen genommen, die sie dann 300 Jahre später immer noch genau so in dieser Form in Gebrauch hatten. Und allein numerisch und von den Unterhaltskosten her wie auch von der Moral her sehe in einen Niedergang des römischen Militärs in der Kaiserzeit. Den Höhepunkt des römischen Miltärs würde ich in von der Zeit des Scipio Africanus hin bis zu Caesar setzen. Nach Caesar lließ der Gefechstwert und die Schlagkraft der römischen Truppen wieder nach. Wenn man gesamtmilitärisch einen solchen Wert der Truppen für den Krieg aus Disziplin, Können, Masse, Kosten usw zieht, so waren die römischen Legionen in früheren Zeiten besser als das Militär des Kaiserreiches.
1. Wankt der Wert der Truppen zu allen Zeiten. Caesars Truppen waren 100 mal mehr wert, als Pompeius' Rekruten.
2. Gibt es neben der Belagerungsartillerie doch noch eine Menge anderer Veränderungen und der Kampfwert der Truppen der Kaiserzeit zeigt sich in diversen Schlachten und Gegnern. Was Crassus nicht gelang haben andere daüfr gezeigt. Deutlicher ist also deine "optimistische" Aussage nicht zu widerlegen.
3. Sind die Veränderungen im Militär wunderbar als Anpassung zu beschreiben. Sieh dir etwa die Helmformen an. Wenn das keine sinnvolle Weiterentwicklung in der frühen Kaiserzeit war...


Rovere schrieb:
Und Rom aufs militärische zu verkürzen wäre ein Lästerung gegenüber dem wahren Schatz den Rom geschaffen hat - staatliche Organisation, fussend auf Recht und Verwaltung.
Rom wird zum großen Schwamm der antiken Kulturen der nicht nur absorbiert, sondern auch verbreitet, dem es gelingt die erste "globalisierte" Kultur zu schaffen.

Diese Phänomäne sind mE das römische an Rom, der Grund aus dem unsere westliche Welt entstanden ist, quasi der "historische" Auftrag den SPQR erfüllte
Hervorragend formuliert Rovere! Trifft es genau.

In diesem Thema sollten wir uns keineswegs aufs Militär beschränken, ob wissensstand darüber oder nicht. Da sMilitär ist nur immer das lauteste an einer Kultur und somit augefälligste.
 
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