Hannibal: Warum Alpenüberquerung?

Ulenspiegel

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Gibt es eigentlich eine Erklärung für Hannibals Alpenüberquerung?

Warum hat er nicht das Heer Scipios an der Rhone angegriffen und dann direkt an der Küste nach Norditalien marschiert? (In der Rückschau wäre das sicherlich wesentlich günstiger gewesen als 20.000 Mann an Toten und Deserteuren bei der Alpenüberquerung zu verlieren.)

Konnte Hannibal tatsächlich erwarten, dass ein nördlicherer Weg wenig Verluste und gleichzeitig Überraschungmoment lieferte?

Die Truppen des Scipio mußte er auf jedn Fall irgendwann bekämpfen, warum nicht an der Rhone?

Ulenspiegel
 
Im Film ist davon die Rede,dass sich Küstenstädte besser verteidigen lassen und er deswegen lieber über die Alpen zog,ob das zu Hannibals Entscheidung beitrug und ob dann ein Ausweichmanöver über die Alpen sinnvoller ist,sei mal dahingestellt,aber man könnte mal darüber nachdenken.
Außerdem hätten die Römer wahrscheinlich genau das von Hannibal erwartet und womöglich ihre Streitkräfte an diesem Küstenstreifen konzentriert.Eventuell wollte er die Römer "überraschen",indem er einfach ihre Verteidigung an dieser Stelle umgeht und ohne Kampf in Norditalien einmarschiert (um sie unter Zugzwang zu setzen?).
 
Genau das ist der Punkt. Die Römer rechneten nicht damit, dass Hannibal im Winter die Alpen überqueren würde. Man meinte, das sei unmöglich. Dadurch dass Hannibal so schnell nach Norditalien vorstoßen konnte, war es ihm auch möglich, sich mit den dort lebenden Kelten zu verbünden, die den Römern auch nicht wohlgesonnen waren, und so seine Verluste einigermaßen auszugleichen.
Mittlerweile wird auch vermutet, dass Hannibal bei der Alpenüberquerung sein Herr in drei Teile aufgeteilt hat, um so auf verschiedenen Wegen die Alpen schneller durchqueren zu können.
 
Wenn das Heer des Scipio geschlagen und im Extremfall sogar vollständig vernichtet worden wäre, was hätte Hannibal daran gehindert, nach Norditalien zu gelangen?

Wenn die Römer eine Alpenüberquerung im Winter für unmöglich hielten, bedeutet dieses aber auch, dass mit relativ hohen Verlusten gerechnet werden mußte, also ein hoher Preis für die strategische Überraschung zu zahlen war.
 
Hat denn Hannibal die Ausmasse der Alpen überhaupt gekannt?
Wusste er, worauf er sich da einliess?

Ganz sicher. Kelten wohnten beidseitig und ohne Führer hätte er doch gar nicht die Pässe gefunden. Die Alpenquerung erfolgte übrigens im Herbst (Oktober/November). Um diese Zeit kann es zwar schon schneien, es liegt aber kein permanenter Tiefschnee mit Lawinenabgängen. Im Winter oder zeitigen Frühjahr wäre es unmöglich gewesen.
 
In der Rückschau wäre das sicherlich wesentlich günstiger gewesen als 20.000 Mann an Toten und Deserteuren bei der Alpenüberquerung zu verlieren.
Die Frage ist, wie realistisch diese horrenden Verlustangaben sind. Polybios bietet ja noch mehr Zahlen: Hannibal sei mit 102.000 Mann von Neukarthago aufgebrochen, mit 59.000 Mann über die Pyrenäen gezogen, mit 46.000 Mann an der Rhone eingetroffen. Kaum zu glauben, wie dieses Heer dahinschmilzt. Selbst wenn man die Kontingente abzieht, die Hannibal entlassen oder als Besatzungsmacht nördlich des Ebro abgestellt haben soll, bleibt nach Polybios ein Minus von 21.000 Mann auf der Strecke zwischen Ebro und Pyrenäen und von weiteren 13.000 Mann zwischen Pyrenäen und Rhone. Eine plausible Erklärung dafür gibt es nicht, abgesehen von einer: Die Zahlen sind Fantasy und haben nichts mit der Realität zu tun. Aus der antiken Literatur ist man das ja gewohnt. Um die angeblich Zwanzigtausend, die beim Alpenübergang umgekommen sein sollen, braucht es nicht anders zu stehen.
 
Die Zahl von 20.000 sind von P. Connolly und anderen und sind am unteren Ende des Spektrums angesiedelt. Selbst wenn es "nur" 15.000 gewesen wären, sind die Marschverluste deutlich höher als die Verluste, die Hannibal in den meisten seiner Schlachten erlitten hat.
 
Die Zahl von 20.000 sind von P. Connolly und anderen und sind am unteren Ende des Spektrums angesiedelt. Selbst wenn es "nur" 15.000 gewesen wären, sind die Marschverluste deutlich höher als die Verluste, die Hannibal in den meisten seiner Schlachten erlitten hat.
Connolly oder wer auch immer kann sich diese Zahlen selbstverständlich nicht aus dem Finger saugen. Da weder er noch du oder ich Zeugen von Hannibals Feldzug waren, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns den Quellen zuzuwenden, also vor allem Polybios: Bei ihm (Polybios 3,35) zieht Hannibal mit etwa 102.000 Mann von Neukarthago aus, unterwirft die Stämme nördlich des Ebro, lässt eine Besatzung von 11.000 Mann zurück, schickt weitere 11.000 Iberer heim und überquert dann mit noch etwa 59.000 Mann die Pyrenäen. An der Rhone verfügt er noch über gut 46.000 Mann (Polybios 3,60,5). Rechnet man alles zusammen, dann sind den Puniern auf dem Marsch von Neukarthago an den Fuß der Alpen irgendwie 34.000 Mann abhanden gekommen, davon 21.000 südlich der Pyrenäen und 13.000 nördlich der Pyrenäen. Die Bemerkung des Polybios, die Unterwerfung der Stämme zwischen Ebro und Pyrenäen habe Hannibal "große Verluste" verursacht, ist dafür keine ausreichende Erklärung. Man kann seine Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass die angegebenen Zahlen offensichtlich kein Vertrauen verdienen und wenig mit der Realität zu tun haben dürften. Wenn Polybios nun berichtet, Hannibal sei mit 46.000 Mann in die Alpen aufgebrochen und mit 26.000 Mann in Italien angekommen, er habe also 20.000 Mann verloren (Polybios 3,56 und 3,60,5), dann ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet diese Zahl verlässlicher sein soll als die sonst gebotenen. Solche mutmaßlichen Fantasiezahlen sind in der antiken Literatur häufig anzutreffen. Dass noch dramatischere Verlustzahlen kursierten, überrascht da wenig: So sprach der ältere römische Historiker L. Cincius Alimentus laut Livius (21,38) von 36.000 Mann.

Selbst wenn es "nur" 15.000 gewesen wären, sind die Marschverluste deutlich höher als die Verluste, die Hannibal in den meisten seiner Schlachten erlitten hat.
Wenn man Polybios folgt, sind die Marschverluste in der Tat horrend gewesen: Allein von den Pyrenäen an die Rhone 13.000 Mann...Aber Ironie beiseite. Angesichts der notorischen Unzuverlässigkeit antiker Quellen bei Heeres- und Verlustzahlen im Allgemeinen und der evidenten Unzuverlässigkeit der Quellen in diesem konkreten Fall baut man auch mit „nur“ 10.000 auf Sand. Die Riesenzahlen sind Fantasy. Ich würde eher davon ausgehen, dass Hannibals Heer beim Alpenübergang keine größeren Verluste zu beklagen hatte.

Aber wie dem auch sei: Selbst wenn Hannibal in den Alpen wirklich solche gewaltigen Verlust erlitten hätte, so müsste man doch davon ausgehen, dass er mit einer solchen Katastrophe nicht gerechnet hat. Eine derart massive Dezimierung des eigenen Heeres wäre natürlich in jedem Fall widersinnig, da hätte Hannibal tatsächlich gleich gegen Scipio schlagen können. Damit sind wir bei deiner Ausgangsfrage:

Gibt es eigentlich eine Erklärung für Hannibals Alpenüberquerung? Warum hat er nicht das Heer Scipios an der Rhone angegriffen und dann direkt an der Küste nach Norditalien marschiert?
Laut Livius (21,29) hat Hannibal wirklich darüber nachgedacht, den Römern in Gallien eine Schlacht zu liefern, ist dann aber von keltischen Gesandten aus Oberitalien gedrängt worden, sich nicht darauf einzulassen. Der Hintergrund: Hannibal stand mit den keltischen Boiern und Insubrern in der Poebene im Einvernehmen, die sich gegen die Römer erhoben hatten und und nun auf das Eintreffen der Karthager warteten, zumal ein beträchtliches römisches Heer unter den Prätoren C. Manlius und C. Atilius gegen sie im Feld stand (Livius 21,26). Eine Schlacht Hannibals gegen Scipio hätte auch im Falle des Sieges Verluste und Verzögerung mit sich geführt und davon wollten die Kelten offenkundig nichts wissen.
 
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Laut Livius (21,29) hat Hannibal wirklich darüber nachgedacht, den Römern in Gallien eine Schlacht zu liefern, ist dann aber von keltischen Gesandten aus Oberitalien gedrängt worden, sich nicht darauf einzulassen. Der Hintergrund: Hannibal stand mit den keltischen Boiern und Insubrern in der Poebene im Einvernehmen, die sich gegen die Römer erhoben hatten und und nun auf das Eintreffen der Karthager warteten, zumal ein beträchtliches römisches Heer unter den Prätoren C. Manlius und C. Atilius gegen sie im Feld stand (Livius 21,26). Eine Schlacht Hannibals gegen Scipio hätte auch im Falle des Sieges Verluste und Verzögerung mit sich geführt und davon wollten die Kelten offenkundig nichts wissen.

Das kann man gut nachvollziehen. Allerdings bleibt die Frage, ob es nicht ein viel größerer zeitlicher Aufwand war, durch die Alpen zu ziehen, als Scipios Heer schnell zu besiegen und dann direkt an der Küste entlangzumarschieren. Außerdem dürfte der Weg über die Küste den Karthagern auch vertrauter gewesen sein als die Alpenpässe. Man wäre dann auch nicht so auf Führer angewiesen gewesen und hätte sich nicht mit diversen Alpenstämmen prügeln müssen.

Ich glaube weniger dass hier der Zeitaspekt eine Rolle spielte, sondern dass Hannibal einer frühen Konfrontation mit den Römern engtehen wollte. Vielleicht wollte er sich in Norditalien mit den Kelten vereinen, um dann zusammen gegen die Römer loszuschlagen, was er ja dann auch getan hat.
 
Auch ist nicht zu unterschätzen, dass je weiter nach Osten Hannibal vorrückte die Nachschublinien der Römer immer kürzer wurden. Große Mengen an allen Hilfsmitteln die ein Krieg erforderte, konnten generell nur vernünftig über See transportiert werden. Vor allem Truppen.

Ließ sich Hannibal also auf einen Vormarsch entlang der Mittelmeerküste ein, wäre er zwangsläufig gezwungen gewesen die (den Römern verbündeten) befestigten Hafenstädte dort zu stürmen oder zu belagern. Da Rom im 2. Punischen Krieg mit der eindeutig überlegenen Flotte begann, hätten die Römer also nach Belieben die von Hannibal angegriffenen Orte über See versorgen, verstärken oder auch entsetzen können: Mithin also den Kampf zu weitgehend ihren eigenen Bedingungen erzwingen können UND den Vorteil von Befestigungen zu besitzen. Im ganzen 2. Punischen Krieg wurden karthagische Heere nicht gerade durch ihre Schnelligkeit und Effizienz bei Belagerungen bekannt...

Letztlich wiederholte sich der angesprochene Vorteil der Römer während ihrer Kämpfe in Italien nach erfolgreichem Einbruch Hannibals ins Kerngebiet der römischen Macht...

Das alles sind letztlich geostrategische Gesichtspunkte...
 
Verschiedene Gründe:

1. Der Überraschungseffekt (darf nicht überschätzt werden).
2. Man konnte gallische Hilfstruppen unterwegs einsammeln
3. Der Angriff schnitt prinzipiell die Römer von Landverstärkungen nach Spanien ab.
4. Ein Angriff entlag der italienischen Ostküste ermöglichte eine bessere Versorgung durch die karthagische Flotte.
5. Die Wegnahme der fruchtbaren Poebene konnte die Versorgung Roms beeinträchtigen.
6. Man umging gut ausgebildete Frontruppen.
7. Man konnte befestigte Städte vermeiden.
8. Ein schneller Stoß ins Herz des Feindes erschien mittels Rechtsschwenk möglich.
9. Die karthagisch/numidische Kavallerie hätte sich bei einem Vorstoß entlang des Mittelmeers nicht entfalten können.
10. Karthago konnte sich einen sicheren Landweg zur Entlohnung seiner Streitkräfte aus Spanien schaffen.

Gegenargumente

1. Verdammt hohe Berge
2. Verdammt hohe Berge
3. Verdammt hohe Berge
 
An und für sich wäre eine Landung mit Schiffen in Italien sehr viel einfacher gewesen. Die italienische Küste war nicht Omaha Beach und Norditalien (Gallia Cisalpina) war auch von den Römern nicht wirklich kontrolliert. Aber wie hätten die Römer selbst die von ihnen beherrschte Küste oder gar das Meer kontrollieren sollen? Natürlich ist die norditalienische Küste nicht ganz einfach, dennoch wären die Strapazen einer Anlandung hier einfacher gewesen, als ein Marsch mit Umwegen über zwei Gebirge.
 
C
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Wenn man Polybios folgt, sind die Marschverluste in der Tat horrend gewesen: Allein von den Pyrenäen an die Rhone 13.000 Mann...Aber Ironie beiseite. Angesichts der notorischen Unzuverlässigkeit antiker Quellen bei Heeres- und Verlustzahlen im Allgemeinen und der evidenten Unzuverlässigkeit der Quellen in diesem konkreten Fall baut man auch mit „nur“ 10.000 auf Sand. Die Riesenzahlen sind Fantasy. Ich würde eher davon ausgehen, dass Hannibals Heer beim Alpenübergang keine größeren Verluste zu beklagen hatte.


Laut Livius (21,29) hat Hannibal wirklich darüber nachgedacht, den Römern in Gallien eine Schlacht zu liefern, ist dann aber von keltischen Gesandten aus Oberitalien gedrängt worden, sich nicht darauf einzulassen. Der Hintergrund: Hannibal stand mit den keltischen Boiern und Insubrern in der Poebene im Einvernehmen, die sich gegen die Römer erhoben hatten und und nun auf das Eintreffen der Karthager warteten, zumal ein beträchtliches römisches Heer unter den Prätoren C. Manlius und C. Atilius gegen sie im Feld stand (Livius 21,26). Eine Schlacht Hannibals gegen Scipio hätte auch im Falle des Sieges Verluste und Verzögerung mit sich geführt und davon wollten die Kelten offenkundig nichts wissen.

Dass Hannibal mit nur geringen Verlusten die Alpen passieren konnte, ist höchst unwahrscheinlich: Er wurde unterwegs in Marschformation von Stämmen, die das Gelände kannten, angegriffen, damit sind hohe Verluste vorprogrammiert.

Wenn (außerdem) die Römer eine Alpenüberquerung mit einem Herr für unmöglich hielten, dann impliziert das alleine schon beim ungestörten Marschzu hohe Verluste für ein Heer. IMHO ist deshalb also ein geringer Preis für strategische Überaschung eher unwahrscheinlich.

Und deshalb ist dein politischen Argument, d.h. Abstimmung mit potentiellen keltischer Verbündeten stichhaltiger, Hannibal war bereit die unausweichlichen Verluste als Preis zu zahlen.
 
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Verschiedene Gründe:

1. Der Überraschungseffekt (darf nicht überschätzt werden).
2. Man konnte gallische Hilfstruppen unterwegs einsammeln
3. Der Angriff schnitt prinzipiell die Römer von Landverstärkungen nach Spanien ab.
4. Ein Angriff entlag der italienischen Ostküste ermöglichte eine bessere Versorgung durch die karthagische Flotte.
5. Die Wegnahme der fruchtbaren Poebene konnte die Versorgung Roms beeinträchtigen.
6. Man umging gut ausgebildete Frontruppen.
7. Man konnte befestigte Städte vermeiden.
8. Ein schneller Stoß ins Herz des Feindes erschien mittels Rechtsschwenk möglich.
9. Die karthagisch/numidische Kavallerie hätte sich bei einem Vorstoß entlang des Mittelmeers nicht entfalten können.
10. Karthago konnte sich einen sicheren Landweg zur Entlohnung seiner Streitkräfte aus Spanien schaffen.

Gegenargumente

1. Verdammt hohe Berge
2. Verdammt hohe Berge
3. Verdammt hohe Berge


Mein Problem mit deiner Argumentation ist: Hannibal operierte in jedem Fall ohne gesicherte rückwärtige Verbindungen, warum sollte er nicht nach einer Schlacht gegen Scipio auf der Südseite der Alpen in Richtung Nordosten marschieren? Wäre einfacher, Städte konnte er links liegenlassen, solange er wegen/mit seiner überlegenen Reiterei die Nahrungsversorgung durch Plünderung sicherstellen konnte. Argument mit Belagerung befestigten Plätzen wäre nur stichhaltig, wenn Vormarsch blockiert wäre, dieses lag meines Wissens nicht vor.

Alpenüberquerung und -pässe boten Möglichkeit der strategischen Überraschung, für die Hannibal auf jeden Fall zahlen mußte, jedoch keine gesicherten rückwärtigen Verbindungen. Außerdem ist die Alpenregion kein gutes Operationsgebiet für Reiter, auch hier wäre südliche Route günstiger gewesen.

Sobals er in Oberitalien war, mußte Hannibal in beiden Fällen damit rechenen, dass sein Heer die Römer anzog wie ein Stück Fleisch die Fliegen. Insgesamt scheinen politische Argumente, wie Cate sie brachte, als Erklärungsversuch sinnvoller.
 
Ich bitte, einen Blick auf das historische Umfeld der Zeit zu werfen: Alle, aber auch alle zeitgenössischen Feldherren und Kriegsfürsten maßen sich am Maßstab Alexanders. Wer das unmöglichere, unerhörtere, verwegenere wagt – und wem es gelingt – dem blühte Ruhm, Erfolg, unerhörter Reichtum und ewige Glorie. Die hellenistische Epoche ist voll von Phyrrossen und Demetriossen, die in der Nachfolge Alexanders "ihr Ding" wagten und letztlich dann doch irgendwo zwischen Piratenkönig und Söldnerführer endeten.
Rein theoretisch hatte der Zug Hannibals und seines Heers über die Alpen viel bessere Chancen, das vergleichsweise schmächtige Römerreich zu zerschmettern, als Alexander es mit Persien hatte ... Hannibal setzte vollkommen bewusst auf sein Charisma als erfolgreicher Heerführer, wenn es um solcherart Aktionen ging. Die Alpen im Winter zu überqueren ist ein Ding der Unmöglichkeit, wem es gelingt, dem gelingt auch das Unmögliche.
 
Ich bitte, einen Blick auf das historische Umfeld der Zeit zu werfen: Alle, aber auch alle zeitgenössischen Feldherren und Kriegsfürsten maßen sich am Maßstab Alexanders. .......... Die Alpen im Winter zu überqueren ist ein Ding der Unmöglichkeit, wem es gelingt, dem gelingt auch das Unmögliche.

Endlich, nach allen durchaus berechtigten Gründen aus der Militärstrategie (Vernunftebene) ein Grund, der mich wirklich überzeugt.
Ja, riskante Kriegszüge müssen auch dieses psychologische Moment der Mutprobe haben, alle antiken Sagen sind voller Abenteuer, Mut und Ehre und nicht nur die antiken.
 
Endlich, nach allen durchaus berechtigten Gründen aus der Militärstrategie (Vernunftebene) ein Grund, der mich wirklich überzeugt.
Ja, riskante Kriegszüge müssen auch dieses psychologische Moment der Mutprobe haben, alle antiken Sagen sind voller Abenteuer, Mut und Ehre und nicht nur die antiken.

Das darf man natürlich nicht außer Acht lassen. Aber waren Hannibal diese Verluste, wie hoch oder niedrig sie auch gewesen waren, wert, nur um sich einen Ruf als "Alpenbezwinger" zuzulegen. Rein theoretisch hätte sein Italienabenteuer auch schon beim ersten Kontakt mit römischen Truppen zuende sein können, wenn er seine dezimierte Armee ins Feld schickt. Und hätten sich die Kelten als nicht so kooperationsfreudig erwiesen, dann wären diese erlittenen Verluste auch nur schwer auszugleichen gewesen.

Obwohl Hannibal auf diese Weise natürlich eine gewisse "Aura der Unbesiegbarkeit"- nennen wir es ruhig so - umgab, halte ich es höchstens für einen Teilaspekt, warum er den beschwerlicheren Weg für sein Heer gewählt hat. Ich denke, dass dieser Entscheidung mehr praktischere Gründe, wie wir sie oben ja schon diskutiert haben, zugrunde lagen.
 
Interessante Diskussion.

Wobei man nicht vergessen sollte, daß Hannibal viel Erfahrung hatte, die damaligen Verhältnisse (auch die taktischen Details) viel besser kannte als wir und einer der größten Feldherren der Geschichte war.
Und daß sein Manöver höchst erfolgreich war.

Die Frage kann also nicht lauten: "War das die beste Vorgehensweise?", sondern nur: "Warum war das die beste Vorgehensweise?".

Wobei ich die Nachschubfrage ausklammern würde - bei allen denkbaren Varianten eines Italienfeldzugs mußte Hannibal die Versorgung aus dem Lande organisieren, er konnte aus der Heimat weder Material noch Truppen erwarten (maximal eine halbwegs zuverlässige Kommunikation).

Und es ging ihm ums Gewinnen, nicht so sehr um den Nachruhm.
Daher würde ich der Argumentation von Mummius Picius zwar zustimmen, halte das aber für einen nebensächlichen Aspekt (der natürlich der Truppenmoral half).

Mir scheint ein anderer Punkt wichtiger:
Durch sein Überraschungsmanöver brachte er die Römer in Zugzwang.

In Gallien war er unter Zugzwang. Er mußte den Vormarsch erreichen, an der Küste entlang erzwingen, seine Ziele waren ausrechenbar, und die Römer hatten fast beliebige Möglichkeiten, eine oder mehrere Feldschlachten zu ihren Bedingungen bei für sie günstiger Konstellation anzubieten.

In Italien war das umgekehrt. Er hatte viele Optionen zum Angreifen, die Römer standen unter Druck, seine Armee zu stellen und zu besiegen.
Damit waren ihre Ziele ausrechenbar, er konnte sie immer wieder zu seinen Bedingungen zur Schlacht stellen.

Und deswegen konnte er sie wieder und wieder vernichtend schlagen.
 
An und für sich wäre eine Landung mit Schiffen in Italien sehr viel einfacher gewesen. Die italienische Küste war nicht Omaha Beach und Norditalien (Gallia Cisalpina) war auch von den Römern nicht wirklich kontrolliert. Aber wie hätten die Römer selbst die von ihnen beherrschte Küste oder gar das Meer kontrollieren sollen? Natürlich ist die norditalienische Küste nicht ganz einfach, dennoch wären die Strapazen einer Anlandung hier einfacher gewesen, als ein Marsch mit Umwegen über zwei Gebirge.

Wenn die Römer die Herrschaft über dem Mittelmeer hatten, ist es wesentlich problematischer, über See Truppen anzulanden, als sogar eine Wanderung über Pyrenäen oder die Alpen.

Meines Erachtens nach tat er genau das, was man NICHT von ihm erwartet hätte: Denke dich in den Gegner rein, überlege was er machen würde, und mache dann genau das Gegenteil von dem, was er erwarten würde. Das macht einen guten Feldherren aus, besonders einen wie Hannibal.
 
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