Hyrkanos II. u. Chronologie. Griechisch-Kundige helft mir!

buschhons

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Hallo,
ich bin mal auf die Hilfe derer angewiesen, die Griechisch können.

Es geht um einen Abschnitt aus den "Jüdischen Altertümern" des Iosephus zu Hyrkanos II. Der griechische Text lautet gemäß B. Niese - Ios.: ant. 15, 6, 4 (179-181):

[179] Τοῦτο μὲν τὸ τέλος Ὑρκανῷ συνέπεσεν τοῦ βίου ποικίλαις καὶ πολυτρόποις χρησαμένῳ ταῖς ἐν τῷ ζῆν τύχαις: εὐθὺς μὲν γὰρ ἐν ἀρχῇ βασιλευούσης αὐτῷ τῆς μητρὸς Ἀλεξάνδρας ἀρχιερεὺς καταστὰς τοῦ Ἰουδαίων ἔθνους ἔτεσιν ἐννέα τὴν τιμὴν κατέσχεν.
[180] παραλαβὼν δὲ τὴν βασιλείαν ἀποθανούσης τῆς μητρὸς αὐτῷ καὶ ταύτην κατασχὼν τρεῖς μῆνας ἐκπίπτει μὲν ὑπ᾽ Ἀριστοβούλου τοῦ ἀδελφοῦ, κατάγεται δ᾽ αὖθις ὑπὸ Πομπηίου καὶ πάσας τὰς τιμὰς ἀπολαβὼν ἔτη τεσσαράκοντα διετέλεσεν ἐν αὐτοῖς.
[181] ἀφαιρεθεὶς δὲ τὸ δεύτερον ὑπ᾽ Ἀντιγόνου καὶ λωβηθεὶς τὸ σῶμα παρὰ Πάρθοις αἰχμάλωτος ἐγένετο. [usw.]

Es geht mir natürlich vorrangig um ein Verständnis des fett markierten Teils; ich wollte ihn aber wenigstens im Kontext liefern.

Die gängige dt. Übersetzung von Heinrich Clementz lautet:
[179] So beschloss Hyrkanus sein Leben, nachdem er während desselben viele und mancherlei Schicksale erfahren hatte. Denn als seine Mutter Alexandra zur Regierung gekommen war, wurde er Hohepriester des jüdischen Volkes und bekleidete diese Würde neun Jahre lang.
[180] Nach dem Tode seiner Mutter übernahm er dann auch die Regierung, führte dieselbe aber nur drei Monate lang und wurde von seinem Bruder Aristobulus vertrieben. Von Pompejus wieder in alle seine Würden eingesetzt, behauptete er sich alsdann vierzig Jahre lang darin.
[181] Hierauf wurde er von Antigonos abermals derselben beraubt und lebte als Verstümmelter und Gefangener bei den Parthern. [usw.]

Und in der gängigen englischen Übersetzung von Whiston lautet der entsprechende Satz:
[180] […] He was then restored by Pompey, and received all sorts of honor from him, and enjoyed them forty years [...]


Die beiden Übersetzungen sagen, dass Hyrkanos noch 40 Jahre lang jene Würden innehatte, die ihm von Pompeius verliehen worden waren. Das passt mit Iosephus' sonstiger Chronologie vorne und hinten nicht beisammen. Entweder kann diese Diskrepanz in Iosephus' Werk auf Schreibfehler, Abschreibefehler oder Gedankenlosigkeit und Nachlässigkeit des Autors basieren, oder aber man kann den griechischen Text vielleicht auch ein bisschen anders übersetzen.


Meine konkreten Fragen also nun:

1.) Steht da tatsächlich eindeutig im Text, dass Hyrkanos nach der Wiedereinsetzung durch Pompeius noch 40 Jahre lang in ebenjenen Würden stand, die ihm Pompeius bei der Wiedereinsetzung verliehen hatte?
[Die Würden (im Text: πάσας τὰς τιμὰς), in die ihn Pompeius wiedereinsetzte, sind feminin; aber sind jene „Dinge“, in denen (ἐν αὐτοῖς) Hyrkanos 40 Jahre verblieb, nicht maskulin oder neutrum? Ist mit πάσας τὰς τιμὰς und ἐν αὐτοῖς wirklich dasselbe gemeint?
Kann man vielleicht hinsichtlich einer Übersetzung des fett markierten Teils irgendwelche Schlüsse aus den Zeitformen der drei vorkommenden Verben und Partizipien ziehen (κατάγεται, ἀπολαβὼν, διετέλεσεν)?
2.) Könnte es auch sein, dass die 40 Jahre gar nicht unbedingt direkt an die Wiedereinsetzung durch Pompeius gekoppelt sind, sondern dass Iosephus sie nur etwas unpassend bis ungeschickt in den Textzusammenhang gestellt hat, diese 40 Jahre aber eigentlich den gesamten Zeitraum ab dem Tode seiner Mutter Alexandra (wo er die weltliche Regierung und damit auch den Herrscher-Stress übernahm) bis zu seinem Tode bezeichnen? Oder lässt der griechische Text so eine Deutung eben nicht zu?
[Kurz vor dem zitierten Abschnitt erwähnt Iosephus, dass Hyrkanos in seinem Todesjahr sein 80. Lebensjahr knapp überschritten hat. Von diesen 80 Lebensjahren hat Hyrkanos ca. 40 Jahre lang ziemlich ohne äußere Sorgen und unangefochten gelebt, und ungefähr die anderen 40 Jahre, ab dem Tod der Alexandra bis zu seinem Tode gewissermaßen nur noch Krisen und "Schicksale" durchlitten, die in §179 angesprochen und ab § 180 benannt werden. Könnten die 40 Jahre also auch die gesamte turbulente, "schicksalhafte" Zeit bezeichnen oder gibt das der griech. Text beileibe nicht her?]


Das hier könnte für den hilfsbereiten Griechisch-Kundigen eine Vereinfachung sein:http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=J.+AJ+15.180&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0145
Da kann man die einzelnen griechischen Wörter anklicken und erhält dann Informationen zur grammatikalischen Form des jeweiligen Wortes samt einem Übersetzungsvorschlag.


Vielleicht sind auch diese Infos bei einer Beurteilung hilfreich:

Folgende Daten stehen in Iosephus' genereller Chronologie ziemlich fest:
- 69 v. Chr. (1. Hälfte): Tod der Alexandra
(So datiert Iosephus selbst ausdrücklich mittels Konsuln und Olympiade; die meisten Historiker verwerfen diese Datierung jedoch u. setzen den Tod ins Jahr 67 v. Chr.; ich persönl. halte den Frühling 66 v. Chr. für am ehesten histor. korrekt.)
- 63 v. Chr. (wahrscheinl. Herbst): Eroberung Jerusalems durch Pompeius und Wiedereinsetzung des Hyrkanos (sowie Absetzung des Aristobulos)
- Um 40/39 v. Chr.: Parther fallen in Judäa ein u. setzen Hyrkanos ab (sowie den Antigonos ein)
- 30 v. Chr.: Tod des Hyrkanos

Die 40 Jahre, wie sie in den geannten Übersetzungen begriffen werden, machen keinen Sinn:
- 63 v. Chr. + 40 Jahre > ca. 23 v. Chr. > macht keinen Sinn, da Hyrkanos bereits 30 v. Chr. verstorben
- 63 v. Chr. weniger 40 Jahre > ca. 103 v. Chr. > macht auch keinen Sinn, da Hyrkanos im Jahr 103 noch im Kindesalter war, wenn er 30 v. Chr. sein 80. Lebensjahr gerade überschritten hatte.


Könnte also Iosephus die 40 Jahre laut dem griechischen Text nicht vielleicht auch von 69-30 v. Chr. gezählt haben, oder bleibt das ein frommer Wunsch?
Falls sich jemand mit meinem Wust an Fragen abgibt, schon mal herzlichen Dank dafür im Voraus.

Gruß
buschhons

EDIT: hatte da eben noch einen Gedankenfehler drinnen. Entschuldigung an alle, die schon gelesen hatten und ins Grübeln gekommen sind.
 
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Zur zusätzlichen Verwirrung sollte man noch anfügen, dass Hyrkanos II. ab 76v., also dem Zeitpunkt des Todes seine Vaters, das Amt des Hohenpriesters inne hatte - Salome Alexandra regierte "nur" als Königin. Und das Wiedereinsetzen dürfte sich auf dieses Amt bezogen haben, nicht auf einen Herrschertitel.
 
Zur zusätzlichen Verwirrung sollte man noch anfügen, dass Hyrkanos II. ab 76v., also dem Zeitpunkt des Todes seine Vaters, das Amt des Hohenpriesters inne hatte - Salome Alexandra regierte "nur" als Königin. Und das Wiedereinsetzen dürfte sich auf dieses Amt bezogen haben, nicht auf einen Herrschertitel.

Stimmt! Und um einen noch höheren Grad der Verwirrung zu erreichen, ließe sich dazu noch sagen, dass das Jahr 76 v. Chr. als Jahr, in welchem Hyrkanos erstmals das Hohepriesteramt antrat, zwar beinahe in sämtlichen Fachlexika zu finden ist, letztlich aber lediglich eine reine Annahme von Gelehrten wie z. B. Emil Schürer ist. Iosephus selbst würde jenes Jahr mit dem Konsulat des M. Aemilius u. des Q. Lutatius kennzeichnen = 78 v. Chr. (denn seine Angaben sind: Alexandra starb im Konulatsjahr des Q. Hortensius u. des Q. Caecilius = 69 v. Chr., nachdem sie 9 Jahre lang regiert hatte). Jene Gelehrten rücken Alexandras Herrschaft und damit auch Hyrkans erste Amtszeit um zwei Jahre herauf, weil sie vom Tod des Hasmonäers Simon an die von Iosephus angegebenen Regierungsdauern seiner Nachfolger addieren* und gemäß dieser Rechnung die Regierungszeit der Alexandra nicht 69, sondern 67 v. Chr. enden müsste. Ich bezweifle nur, ob man diesen stets gerundeten Zahlen (31 Jahre für Johannes Hyrkanos, 1 Jahr für Aristobulos, 27 Jahre für Alexander Jannaios u. 9 Jahre für Alexandra) so viel Vertrauen entgegenbringen sollte wie der Angabe des Iosephus, dass vom Tod der Alexandra bis zur Eroberung Jerusalems durch Pompeius Magnus nur 3 Jahre und 6 Monate verstrichen. Diese nicht gerundete Zeitspanne hört sich für mich irgendwie nach präziserem Wissen bzw. einer genaueren Quelle an. In solchem Fall hätte Alexandra übrigens von ca. 75 v. Chr. bis ungefähr Frühling 66 v. Chr. regiert.

Aber wie dem auch sei, in Iosephus' eigener Rechnung können die Jahre 76 u. 75 v. Chr. keine Rolle spielen (höchstens das Jahr 78). Mir geht's ja darum, die "40 Jahre" innerhalb der Rechnung und der Chronologie des Iosephus zu begreifen, nicht darum, ob Iosephus historisch gesehen mit seinen Rechnungen und seiner Herrscherchronologie richtig liegt.



* Und um die Verwirrung noch perfekter zu machen:
Der Tod Simons fiel laut 1. Makk. 16, 14 in den Monat Schebat des Jahres 177 der Seleukidenära > Wäre Februar 135 v. Chr. Nun gibt es aber genug Historiker, die für die in 1. Makk. gebrauchte Seleukidenära eine andere Epoche als die übliche syrische (Herbst 312 v. Chr.) annehmen. Die datieren den Tod des Simon dementsprechend auch um ein Jahr anders, womit sich wieder die gesamte obige "Hasmonäer-Regierungsdauer-Rechnung" um dieses Jahr verschieben würde. (Wobei allerdings meiner Meinung nach gar keine andere Epoche in dieser Quelle angenommen werden muss, weil sich auch mit der syrischen Epoche alles fügt).
 
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Nachdem ich den Text nun auf die Länge und Breite durchgekaut habe ... kann ich Dir leider auch nicht weiterhelfen.

"Autois" kann tatsächlich nur maskulin oder neutrum sein. Warum es das ist, verstehe ich auch nicht, ich finde im Satz nichts, worauf es sich grammatikalisch beziehen könnte. Sinngemäß passt es jedenfalls nur zu den Würden.

Rein grammatikalisch gesehen muss man den Satz meiner Meinung nach nicht zwingend so verstehen, dass Hyrkanos vierzig Jahre lang die Würden genoss, die er von Pompeius zurückerhielt. Dass Hyrkanos von Pompeius in die Würden (wieder-)eingesetzt wurde, sagt der Satz nicht direkt. Man könnte auch übersetzen: "... aber er wurde von Pompeius wieder zurückgeführt, und als er alle Würden bekam, verbrachte er in denselben vierzig Jahre." Da es in diesem Abschnitt um eine summarische Zusammenfassung seines Lebens geht, könnte man das mit den Würden auch unabhängig von Pompeius verstehen und meinen, dass es darum ging, wie lange er alle Würden in seinem Leben insgesamt genossen hat. Freilich ist das schon eine eher gezwungene Auslegung der Stelle. Wirklich weiterhelfen würde sie ohnehin nicht, da man bei Hyrkanos nicht einmal auf 40 Jahre Hohepriesterschaft kommt, wenn man seine Amtszeit vor seiner Vertreibung durch Aristobulos und die danach zusammenrechnet, nicht einmal, wenn man die Zeit dieser Vertreibung miteinrechnet.
Denn der Endpunkt dieser 40 Jahre Würden ist seine zweite Vertreibung, wie auch der folgende Satz ("Aber er wurde zum zweiten Mal durch Antigonos beraubt ...") sagt. Von der Grammatik her wäre zwar möglich, dass gemeint ist, dass er nicht der Würden (timas), sondern der Königsherrschaft (basileian) beraubt wurde, aber da er sowohl die Königswürde als auch die Hohepriesterschaft verlor, war er jedenfalls auch die "Würden" los. Dass die 40 Jahre Würden bis zu seinem Tod gerechnet werden, ist sinnlogisch einfach nicht möglich, da es ausdrücklich heißt, dass er in den Würden 40 Jahre verbrachte, und nicht, dass er nach Erhalt der Würden noch 40 Jahre lebte.

Um also Deine Fragen im Eingangsbeitrag zu beantworten:
1) Eindeutig steht es da nicht, aber es dürfte doch eher so gemeint sein.
2) Ja und nein. Die 40 Jahre müssen nicht zwingend an die Wiedereinsetzung durch Pompeius gekoppelt sein, aber dass die 40 Jahre bis zu seinem Tod gerechnet sind, gibt der Text nicht her.
 
Nachdem ich den Text nun auf die Länge und Breite durchgekaut habe ... kann ich Dir leider auch nicht weiterhelfen.

Doch! Du hast mir sehr wohl weiter geholfen. Vielen Dank für's Reinknien in den Text.

"Autois" kann tatsächlich nur maskulin oder neutrum sein. Warum es das ist, verstehe ich auch nicht, ich finde im Satz nichts, worauf es sich grammatikalisch beziehen könnte. Sinngemäß passt es jedenfalls nur zu den Würden.

Ok, dann scheint der direkte Bezug, den die dt. und engl. Übersetzung zw. "timas" und "autois" herstellt, zwar einerseits grammatikalisch nicht zu bestehen (und ist deshalb gewissermaßen aus der Not heraus geboren), andererseits jedoch scheint er gewissermaßen das kleinere Übel und letztlich die einzige sinnvolle Erklärung des "autois" zu sein. Diese Einschätzung überzeugt mich, denn, wenn ich das richtig sehe, findet sich ja sogar in dem gesamten Abschnitt kein Substantiv, worauf sich das autois grammatikalisch überhaupt beziehen könnte.

Rein grammatikalisch gesehen muss man den Satz meiner Meinung nach nicht zwingend so verstehen, dass Hyrkanos vierzig Jahre lang die Würden genoss, die er von Pompeius zurückerhielt. Dass Hyrkanos von Pompeius in die Würden (wieder-)eingesetzt wurde, sagt der Satz nicht direkt. Man könnte auch übersetzen: "... aber er wurde von Pompeius wieder zurückgeführt, und als er alle Würden bekam, verbrachte er in denselben vierzig Jahre."Da es in diesem Abschnitt um eine summarische Zusammenfassung seines Lebens geht, könnte man das mit den Würden auch unabhängig von Pompeius verstehen und meinen, dass es darum ging, wie lange er alle Würden in seinem Leben insgesamt genossen hat.

Das ist sehr wichtig für mich, vor allem die Erkenntnis, was der griechische Text "ureigentlich" hergibt bzw. wie man ihn möglichst deutungsfrei übersetzen kann.
Die Möglichkeit, dass Iosephus die 40 Jahre gar nicht zwangsläufig ab Pompeius laufen lässt, sondern dass es Iosephus mit den 40 Jahren "darum ging, wie lange er [Hyrkan] alle seine Würden in seinem Leben insgesamt genossen hat", finde ich (als Möglichkeit) bestechend.

Freilich ist das schon eine eher gezwungene Auslegung der Stelle.

Ja, immerhin hätte sich Iosephus, wenn er eigentlich so verstanden werden wollte, derart mißverständlich ausgedrückt, dass ihn zumindest die Übersetzer nicht verstanden. Iosephus hätte das, was er aussagen wollte, also nicht gerade geschickt formuliert.
Andererseits, betonst Du richtig, dass Iosephus die summarische Aufzählung der „politischen“ Stationen des Hyrkanos als Würdenträger mit der Übernahme des Hohenpriesteramtes nach dem Tod des Vaters beginnt und mit der Absetzung durch die Parther und die Ablösung durch Antigonos beendet (danach lebte Hyrkanos gewissermaßen als prominente Privatperson, aber nicht mehr als Würdenträger). In dem Satz nun, welcher dieser Absetzung durch Parther und Antigonos vorausgeht, stehen die 40 Jahre. Und wenn es der griech. Text theoretisch zulässt, dass Iosephus damit die gesamte "Herrschafts"-Zeit des Hyrkanos meint und nicht nur die ab Pompeius, so finde ich solch eine Deutung nicht abwegig. Denn eine Aussage, dass Hyrkanos ab Pompeius (63 v. Chr.) noch 40 Jahre lang in öffentlichen politischen Würden stand, ehe er von Antigonos unfreiwillig abgelöst wurde (40 v. Chr.), macht zum einen chronologisch überhaupt keinen Sinn und widerspricht zum anderen Ios.: ant. 20, 10, 4 (244f), wo gesagt klar ist, dass Hyrkanos von der Wiedereinsetzung durch Pompeius bis zum Einfall der Parther in Judäa 24 Jahre lang regierte (was wenigstens einigermaßen passt). Dann hätte Iosephus für den selben Zeitraum einmal 40, einmal 24 Jahre angegeben, und man müsste ihm, wie das auch einige Autoren tun, völlige Gedankenlosigkeit und chronologisch Inkompetenz vorwerfen.
Da würde ich aber lieber davon ausgehen, dass die Zahl 40 gar nicht von Iosephus selbst stammt, sondern durch einen Abschreibefahler entstanden ist, oder eben, dass Iosephus die 40 Jahre nicht von Pompeius an gezählt hat, sondern vom Tod des Alexander Iannaios an, dem Vater des Hyrkanos.

Wirklich weiterhelfen würde sie ohnehin nicht, da man bei Hyrkanos nicht einmal auf 40 Jahre Hohepriesterschaft kommt, wenn man seine Amtszeit vor seiner Vertreibung durch Aristobulos und die danach zusammenrechnet, nicht einmal, wenn man die Zeit dieser Vertreibung miteinrechnet.

Je nach Zählweise des Iosephus und wenn man berücksichtigt, dass Iosephus selbst (anders als die heutigen Historiker) den ersten Hohepriester-Amtsantritt des Hyrkanos ca. 78 v. Chr. ansetzt (siehe Beitrag #3), dann könnte Iosephus von 78-40 v. Chr. 40 Jahre gezählt haben (bzw. 39 Jahre aufgerundet haben). Das halte ich neben der Möglichkeit eines Abschreibfehlers für gut möglich.

Dass die 40 Jahre Würden bis zu seinem Tod gerechnet werden, ist sinnlogisch einfach nicht möglich, da es ausdrücklich heißt, dass er in den Würden 40 Jahre verbrachte, und nicht, dass er nach Erhalt der Würden noch 40 Jahre lebte.

Danke für den Hinweis. Leuchtet ein. Habe den Gedanken verworfen.
 
Je nach Zählweise des Iosephus und wenn man berücksichtigt, dass Iosephus selbst (anders als die heutigen Historiker) den ersten Hohepriester-Amtsantritt des Hyrkanos ca. 78 v. Chr. ansetzt (siehe Beitrag #3), dann könnte Iosephus von 78-40 v. Chr. 40 Jahre gezählt haben (bzw. 39 Jahre aufgerundet haben). Das halte ich neben der Möglichkeit eines Abschreibfehlers für gut möglich.
Dann ergibt sich aber freilich das Problem, dass in die 40 Jahre Würden die Zeit der Entmachtung durch Aristobulos eingerechnet werden müsste, und für diese Zeit kann auch nicht die Rede davon sein, dass er sie "in den Würden" verbrachte.
 
Dann ergibt sich aber freilich das Problem, dass in die 40 Jahre Würden die Zeit der Entmachtung durch Aristobulos eingerechnet werden müsste, und für diese Zeit kann auch nicht die Rede davon sein, dass er sie "in den Würden" verbrachte.

Die kurze zwischenzeitige Regierung seines Bruders und Feindes Aristobulos müsste freilich in die 40 Jahre miteingerechnet sein. Ich sehe da allerdings nicht so sehr ein Problem drin. Die antiken Chronographen haben öfters so gehandelt und kurze "Gegen-Regierungen" inmitten einer langjährigen Herrschaft, dem letzteren Herrscher zugerechnet. Um beim Beispiel Hyrkanos-Aristobulos zu bleiben: Euseb hat in seinem Chronikon die 34 Jahre, die er Hyrkanos gibt, ab dem Tode der Alexandra am Stück gezählt, am Rand aber den Bruderzwist mit Aristobulos notiert. Siehe hier: Eusebii Pamphili Chronicon Bipartum Graeco-Armeno-Latinum vol. 2


Nur zur Erklärung: Mir geht es nicht darum, die 40 Jahre heranzuziehen, um eine Hyrkanos-Chronologie zu erarbeiten, die ich für historisch zutreffend halte; sondern ich suche nur nach einer Möglichkeit, die 40 Jahre im Rahmen von Iosephus' chronologischen Vorstellungen nicht für absurd halten zu müssen, bevor ich dem Iosephus einen immensen Fehler unterstelle (wie ich das nämlich in der Literatur vorgefunden habe). Daneben bin ich mir immer der Möglichkeit bewusst, dass die Zahl 40 womöglich nicht von Iosephus selbst stammt, sondern falsch überliefert ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die kurze zwischenzeitige Regierung seines Bruders und Feindes Aristobulos müsste freilich in die 40 Jahre miteingerechnet sein. Ich sehe da allerdings nicht so sehr ein Problem drin. Die antiken Chronographen haben öfters so gehandelt und kurze "Gegen-Regierungen" inmitten einer langjährigen Herrschaft, dem letzteren Herrscher zugerechnet.
Kann natürlich sein. Seltsam wäre es aber schon, wenn Iosephus zuerst ausdrücklich schreibt, dass Hyrkanos nach dem Tod seiner Mutter nur drei Monate lang regierte und dann von seinem Bruder vertrieben wurde (die Königsherrschaft also durch die Vertreibung offenkundig als unterbrochen ansieht), und dann aber noch im (im Original) selben Satz eben diese Unterbrechung in die Zeit der Würden (wenngleich hier die Hohepriesterschaft gemeint sein wird) miteinrechnet. Das wäre zumindest arg inkonsequent.

Daneben bin ich mir immer der Möglichkeit bewusst, dass die Zahl 40 womöglich nicht von Iosephus selbst stammt, sondern falsch überliefert ist.
Wenn es sich um einen Abschreibfehler handelt, dann wäre anzunehmen, dass das ursprüngliche Zahlwort dem Wort "tessarakonta" möglichst ähnlich gelautet haben müsste, damit es verwechselt werden konnte. Wenn man die Hohepriesterschaft hernimmt und die Unterbrechung durch Aristobulos weglässt, dann sollte "32" oder (nach Iosephus' Zählweise eher) "34" gestanden haben. Wenn man die "Würden" nur für die Zeit ab der Wiedereinsetzung durch Pompeius rechnet, müsste "23" oder "24" gestanden haben.
Die Zahlwörter 20+ enthalten aber "eikosi", das ist ganz anders. Die größte Ähnlichkeit bestünde mit "34" = "triakonta tessares".
 
Wenn es sich um einen Abschreibfehler handelt, dann wäre anzunehmen, dass das ursprüngliche Zahlwort dem Wort "tessarakonta" möglichst ähnlich gelautet haben müsste, damit es verwechselt werden konnte. Wenn man die Hohepriesterschaft hernimmt und die Unterbrechung durch Aristobulos weglässt, dann sollte "32" oder (nach Iosephus' Zählweise eher) "34" gestanden haben. Wenn man die "Würden" nur für die Zeit ab der Wiedereinsetzung durch Pompeius rechnet, müsste "23" oder "24" gestanden haben.
Die Zahlwörter 20+ enthalten aber "eikosi", das ist ganz anders. Die größte Ähnlichkeit bestünde mit "34" = "triakonta tessares".

Das ist eine spannende Fährte. Denn ich habe mich schon oft gefragt, woher Eusebius und Syncellus die Zahl 34 für die Regierungsjahre des Hyrkan überhaupt haben. Ich muss noch mal genauer in Eusebius' Werk schauen, ob es für ihn vllt. auch rein rechnerische Gründe gegeben haben kann, die ihn zu der Zahl geführt haben; aber ich meine mich zumindest erinnern zu können, dass die 34 Jahre nicht gerade gut zur römischen Parallel-Chronologie passen.
Angenommen also, man stellt die These auf, dass es sich bei den 40 Jahren bei Iosephus um einen Abschreibefehler handelt und dass ursprünglich "34 Jahre" im Text gestanden hätte, dann wäre zu überlegen, ob Eusebius u. Syncellus die Zahl 34 von dort her hätten (wenngleich sie diese dann vom Tode der Alexandra zählen). Beide geben ja für die Zeit der letzten Hasmonäer und des Herodes streckenweise den Iosephus ziemlich genau wieder und machen das auch ausdrücklich kenntlich. Ausgerechnet hinsichtlich der 34 Jahre allerdings sagen sie leider nicht ausdrücklich, dass die Zahl von Iosephus stammt. Ärgerlich für die schöne These. Ich will da aber nochmal in den beiden Chroniken nach möglichen Indizien suchen.
 
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Hast Du eigentlich schon neue Erkenntnisse gewonnen?

Ganz generell könnte ich mir allerdings auch gut vorstellen, dass sich Flavius Iosephus einfach vertan hat. Zahlenangaben in seinem Werk stimmen öfters mal nicht, sogar in jenen Abschnitten, in denen er großteils einfach die biblischen Bücher wiedergegeben hat, also nicht einmal selbst rechnen musste. Aber auch für die Zeit des Hellenismus sind insbesondere seine Angaben zu Regierungszeiten öfters mal nicht ganz stimmig bzw. widersprechen zumindest den heute allgemein anerkannten Daten.
 
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