[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]Und wieder kamen neue Karren, und Hauke war schon wieder oben und sah von seinem Schimmel in die Schlucht hinab und wie sie dort schaufelten und stürzten; dann warf er seine Augen nach dem Haff hinaus. Es wehte scharf, und er sah, wie mehr und mehr der Wassersaum am Deich hinaufklimmte und wie die Wellen sich noch höher hoben; er sah auch, wie die Leute trieften und kaum atmen konnten in der schweren Arbeit vor dem Winde, der ihnen die Luft am Munde abschnitt, und vor dem kalten Regen, der sie überströmte. »Ausgehalten, Leute! Ausgehalten!« schrie er zu ihnen hinab. »Nur einen Fuß noch höher; dann ist's genug für diese Flut!« Und durch alles Getöse des Wetters hörte man das Geräusch der Arbeiter; das Klatschen der hineingestürzten Kleimassen, das Rasseln der Karren und das Rauschen des von oben hinabgelassenen Strohes ging unaufhaltsam vorwärts; dazwischen war mitunter das Winseln eines gelben Hundes laut geworden, der frierend und wie verloren zwischen Menschen und Fuhrwerken herumgestoßen wurde; plötzlich aber scholl ein jammervoller Schrei des kleinen Tieres von unten aus der Schlucht herauf. Hauke blickte hinab; er hatte es von oben hinunterschleudern sehen; eine jähe Zornröte stieg ihm ins Gesicht. »Halt! Haltet ein!« schrie er zu den Karren hinunter; denn der nasse Klei wurde unaufhaltsam aufgeschüttet. [/SIZE][/FONT] [FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]»Warum?« schrie eine rauhe Stimme von unten herauf; »doch um die elende Hundekreatur nicht?« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]»Halt! sag ich«, schrie Hauke wieder; »bringt mir den Hund! Bei unserm Werke soll kein Frevel sein!« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]Aber es rührte sich keine Hand; nur ein paar Spaten zähen Kleis flogen noch neben das schreiende Tier. Da gab er seinem Schimmel die Sporen, daß das Tier einen Schrei ausstieß, und stürmte den Deich hinab, und alles wich vor ihm zurück. »Den Hund!« schrie er; »ich will den Hund!« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]Eine Hand schlug sanft auf seine Schulter, als wäre es die Hand des alten Jewe Manners; doch als er umsah, war es nur ein Freund des Alten. »Nehmt Euch in acht, Deichgraf!« raunte der ihm zu, »Ihr habt nicht Freunde unter diesen Leuten; laßt es mit dem Hunde gehen!« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]Der Wind pfiff, der Regen klatschte; die Leute hatten die Spaten in den Grund gesteckt, einige sie fortgeworfen. Hauke neigte sich zu dem Alten. »Wollt ihr meinen Schimmel halten, Harke Jens?« frug er; und als jener noch kaum den Zügel in der Hand hatte, war Hauke schon in die Kluft gesprungen und hielt das kleine winselnde Tier in seinem Arm; und fast im selben Augenblick saß er auch wieder hoch im Sattel und sprengte auf den Deich zurück. Seine Augen flogen über die Männer, die bei den Wagen standen. »Wer war es?« rief er. »Wer hat die Kreatur hinabgeworfen?« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]Einen Augenblick schwieg alles, denn aus dem hageren Gesicht des Deichgrafen sprühte der Zorn, und sie hatten abergläubische Furcht vor ihm. Da trat von einem Fuhrwerk ein stiernackiger Kerl vor ihn hin. »Ich tat es nicht, Deichgraf«, sagte er und biß von einer Rolle Kautabak ein Endchen ab, das er sich erst ruhig in den Mund schob; »aber der es tat, hat recht getan; soll Euer Deich sich halten, so muß was Lebiges hinein!« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]- »Was Lebiges? Aus welchem Katechismus hast du das gelernt?« [/SIZE][/FONT]
[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, Geneva, sans-serif][SIZE=-1]»Aus keinem, Herr!« entgegnete der Kerl, und aus seiner Kehle stieß ein freches Lachen; »das haben unsere Großväter schon gewußt, die sich mit Euch im Christentum wohl messen durften! Ein Kind ist besser noch; wenn das nicht da ist, tut's auch ein Hund!« [/SIZE][/FONT]