Klassenverhältnisse im Römischen Reich

Rivera

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Manchmal entsteht der Eindruck, dass die sozialen Klassen im Römischen Reich nur aufgrund der juristischen Stellung der Menschen als "Freie" oder "Sklaven" abgegrenzt werden könnten.

Dieser fälschliche Eindruck kann auch beim Lesen des "Manifestes der Kommunistischen Partei" von Marx und Engels entstehen, auch wenn die beiden die Sachlage weitaus differenzierter betrachteten, als es in dieser recht kurzen, programmatischen Schrift den Anschein hat.

Tatsächlich konnten Sklaven ja, zumindest meines Wissens nach, auch recht hochrangige Positionen erlangen, so wie Verwaltungsposten verschiedener Großgrundbesitztümer, während ein einfacher "Freier" sehr sehr arm sein konnte.

Ich wollte mich nach Quellen erkundigen, die näher auf die Klassenverhältnisse während dieser Zeit eingehen und fragen, was ihr mir von diesen empfehlen könntet.
 
Zu diesem Thema ist die Quellenlage durchaus brauchbar, über die Stellung der Sklaven in der Landwirtschaft zu republikanischer Zeit erfährt man z.B. einiges aus Catos "De agricultura", auch über Sklaven in der Funktion des Gutsverwalters (villicus). Zur Situation der freien Pächter vermutlich zur Zeit des Prinzipats hab ich folgende Quelle zur Hand, ein Gedicht mit dem Titel "Moretum":

Säumend hatte die Nacht zehn Winterstunden vollendet,
Und der geflügelte Wächter den Tag hellkrähend verkündet:
Als des mäßigen Guts sorgfältiger Ackerbesteller
Simulus, um nicht Faste des kommenden Tages zu dulden,

5 Mählich die Glieder erhebt, die geruht auf ärmlichem Lager,
Und mit geschäftiger Hand die trägen Schatten durchtastet,
Suchend den Heerd, den endlich nach manchem Stoß er herausfühlt.

Nur ein Restchen des Rauchs entstieg dem verglimmenden Löschbrand,
Und es umzog Flockasche der düsteren Kohle Gefunkel.
10 Vorwärts beuget er nun, mit gesenkter Stirne, das Lämpchen,
Rückt hervor mit der Nadel den Docht des trockenen Hanfes,
Bläst mit häufigem Hauch, und erweckt das schlummernde Feuer.
Endlich der hell aufleuchtenden Flamm' entweichen die Schatten.
Jezt mit gebogener Hand bedeckt er das Licht vor der Zugluft,
15 Oefnet sich dann vorschauend die schließende Pforte der Kammer.

Drinnen lag auf der Erd' ein dürftiger Haufen Getreides:
Hiervon raft er gebückt, bis ganz zur Fülle des Maßes,
Das ein Gewicht zu fassen von sechzehn Pfunden gehöhlt ward;
Geht dann hinaus, und eilt' an die Mühl' und auf winzigem Brettlein,
20 Welches geheftet die Wand zu jenem Dienste bewahrte,
Stellt er das freundliche Licht; die Arme darauf des Gewandes
Beid' entblößt, und den Balg der gezottelten Geis umgürtend,
Fegt er zuvor mit dem Quaste die Steine der Mühl' und die Höhlung.
Jezo ruft er die Händ' ans Geschäft, in gleicher Vertheilung:
25 Angestrengt ist die Linke zum Dienst, und die Rechte zur Arbeit.
Diese dreht in beständigem Kreis', und beflügelt den Umlauf;
Während das Schrot abläuft von dem schmetternden Schwung des Gesteines.
Manchmal trit an die Stelle der müden Schwester die Linke,
Bei abwechselndem Amt. Bald singet er bäurische Lieder,
30 Und erleichtert sich selbst mit ländlicher Stimme die Arbeit.
Oft auch ruft er: Cybale! laut. Die einzige Magd wars,
Afrisches Stamms, mit der ganzen Gestalt bezeugend die Heimat:
Kraus ihr Haar, und die Lippen gebläht, und dunkel die Farbe;
Breit am Busen, und hangend die Brust, und schmaleres Bauches;
35 Dünn die Schenkel hinab, nicht karg mit geräumigem Plattfuß;
Und von häufigen Rizen gekerbt die starrende Ferse.
Diese ruft er hervor, und heißt mit brennbaren Scheitern
Häufen den Heerd, und am Feuer die kalte Flut ihm erwärmen.

Als er nunmehr fehllos das Geschäft der Zermalmung vollendet;
40 Trägt er darauf mit der Hand das geschrotene Korn in das Mehlsieb,
Rüttelt dann: oben nun bleibt die gesonderte Klei an dem Boden;
Nieder sinkt ungefälscht, durch engende Fugen geläutert,
Ceres reines Geschenk. Dann schnell auf geglätteter Tafel
Legt er es sorgsam hin, und beströmts mit laulichter Welle;
45 Mischt dann in eins, und knätet den Quell und die Blume des Mehles;
Kehrt das gehärtete quer mit der Hand, und sprenget die Häuflein
Oft mit geläutertem Salz. Den zähe gequollenen Teig nun
Drückt er glatt, mit den Händen zur eigenen Ründ' ihn erweiternd,
Zeichnet ihn dann, einprägend das gleich abstehende Viereck.
50 Diesen nun trägt er zum Heerd, wo Cibale sauber den Ort ihm
Abgestäubt, deckt über die Stülp', und umhäuft sie mit Gluten.

Während indeß sein Amt Vulkanus übet und Vesta;
Harrt auch Simulus nicht die müssige Stunde geschäftlos,
Sondern bestellt was andres: damit nicht Ceres allein ihm
55 Weniger reize den Gaum', so schaft er gesellige Zukost.
Ihm war nicht hochschwebend am Heerd' ein bereicherter Fleischwiem,
Schulterspeck des gesalzenen Schweins und Schinken, im Vorrath;
Nur ein geründeter Käse durchbohrt vom Drate des Spartes,
Hing mit dem alten Gebund des befestigten Dilles herunter.
60 Darum strebt nach anderem Rath der betriebsame Kernmann.

Nachbarlich stieß ein Garten ans Haus, von wenigem Weidicht
und dünnhalmigem Rohr für die schneidende Sichel befriedigt:
Mäßiges Raums, doch ergiebig an mancherlei fruchtbaren Kräutern.
Jenem mangelte nichts, was erheischt des Armen Bedürfnis:
65 Oft wohl pflegte der Reiche von Aermeren manches zu fodern;
Auch wars nicht der Ueppigkeit Werk, nur Ordnung besorgt' er.
Wann ihn müssig einmal in der Hütt' ein Regen daheimhielt,
Oder ein Fest; wann etwa dem Pflug' einst feirte die Arbeit:
Dann war des Gartens Geschäft. Vielartige Pflanzen zu reihen
70 Wußt' er, und mancherlei Samen geheim zu vertrauen dem Erdreich,
Auch, wenns galt, sorgfältig benachbarte Bäche zu lenken.
Hier war Kohl, hier mutig die Arm' ausstreckender Mangold;
Hier weitwuchernder Ampfer, und heilsame Malven und Alant;
Hier die süßliche Möhr', und buschichte Häupter des Lauches;
75 Hier auch grünt' ein schläfernder Mohn mit kalter Betäubung;
Auch der Salat, der labend die edleren Schmäuse beschließet;
Häufig auch sproßt' umher mit schwellender Wurzel der Rettich;
Und schwer hing an der Ranke mit breitem Bauche der Kürbis.
Aber des Eigeners nicht, denn wer wohl lebte genauer?
80 Sondern des Volks war aller Ertrag: und an Tagen des Marktes
Bot er feil in der Stadt die lastenden Bunde Gemüses;
Kehrte dann, leicht am Nacken, doch schwer von Gelde, zu Hause,
Selten einmal begleitet von städtischer Waare der Fleischbank.
Ihm ist die röthliche Zwiebel genug, und ein Beetchen des Schnittlauchs,
85 Kresse zugleich, die das Antliz mit herbem Bisse verzerret,
Auch der Endivie Wuchs, und die liebentflammende Rauke.

Jezt auch solcher Gesinnungen voll, betrat er den Garten.
Aber zuerst, da er leise das Land mit dem Finger gelockert,
Zieht er heraus vier Stangen mit vielfachen Knollen des Knoblauchs;
90 Drauf des Eppiches zartes Gesproß, und die starrende Raute,
Rupfet er, samt Koriander, an harigen Dolden erzitternd.
Dies nun trägt er hinein, und sizt ans fröhliche Feuer,
Fodert darauf von der Magd mit lauter Stimme den Mörser.
Jegliches Haupt entblößt er von zahlreich hüllender Rinde,
95 Und wie die oberen Häutchen er abzieht, streut er verachtend
Rings auf die Erde sie hin; und die Knoll', auf Grase bewahret,
Spület er, senket sie dann in des Steins gehöhlete Ründung.
Körniges Salz nun streut er; und hart von zerfressenem Salze,
Kommt ein Käse dazu; drauf schüttet er alle die Kräuter.

100 Jezo hält ihm die Link' um den zottigen Leib das Gewand fest;
Aber die Rechte zerquetscht mit der Keule den duftenden Knoblauch
Stampfend, und reibt dann alles zu gleich gemengetem Safte.
Ringsum dreht sich die Hand: allmählich schwindet zusammen
Jede besondere Kraft; und die Farb' ist aus mehreren Eine:
105 Weder grün durchaus, da es milchichte Krumen verbieten,
Noch erhellt von der Milch, die mit mancherlei Kraute gefleckt ward.
Oft daß streng' in des Manns einathmender Nase der Aushauch
Steigt, und mit krausem Gesicht sein eigenes Mahl er verdammet;
Oft daß mit oberer Hand die thränenden Augen er abwischt,
110 Gegen den Rauch anwütend mit unverschuldeter Schmähung.
Vorwärts rückte das Werk. Nicht höckerig mehr, wie im Anfang,
Ging bereits schwerfällig die Keul' im langsamen Umlauf.
Darum tröpfelt er drauf des paladischen Oeles ein wenig,
Gießt auch ein wenig hinzu von der Kraft des beißenden Essigs;
115 Dann von neuem vermischt er das Werk, und wieder von neuem.
Endlich kehrt er den Mörser mit zwei umlaufenden Fingern
Rings, und preßt das zerstreute zu Einer ballenden Kugel.
So wird Form und Namen dem fertigen Mörsergerichte.

Cybale scharret indeß auch ämsig das Brot aus der Asche,
120 Welches warm in den Händen der freudige Simulus hinnimt;
Dann auf den folgenden Tag vor des Hungers Sorge gesichert,
Fügt er in ähnliche Stiefel die Bein', und, bedeckt von der Kappe,
Spannt er in Joch und Seile die willig gehorchenden Farren,
Lenkt auf den Acker hinaus, und drängt in die Erde die Pflugschar.


Zur spätantiken Zeit folgendes:

1) Plinius, Briefe, IX 37, 2-3:


„...zumal mich die Notwendigkeit, die Verpachtung meiner Güter (necessitas locandorum praediorum) für mehrere Jahre zu ordnen, festhält, wobei ich ganz neue Verfügungen treffen muss. Denn im vergangenen Lustrum (lustrum) sind die Rückstände (reliqua) trotz starker Nachlässe (remissiones) angewachsen; infolgedessen bemühen sich manche [Pächter] schon gar nicht mehr, ihre Schulden abzuzahlen, weil sie daran verzweifeln, sie jemals abtragen zu können; ja, sie treiben Raubbau und verzehren alles, was wächst, weil sie meinen, es komme doch nicht ihnen zugute, wenn sie sparten. Es gilt also, den steigenden Übelständen zu begegnen und ihnen abzuhelfen. Die einzige Möglichkeit der Abhilfe wäre, wenn ich nicht gegen Zahlung einer Geldsumme (nummus), sondern gegen Ablieferung eines Teils des Ertrages verpachtete und dann aus meinem Personal (ex meis) ein paar Aufseher einsetzte und den Ertrag überwachen ließe.“

Es gibt natürlich viel mehr und auch bessere Quellen, aber diese kamen mir spontan in den Sinn. Über die Situation der freien Bauern zur späten Republik erfährt man am Rande was in Appians Beschreibung des Spartacusaufstandes. Er berichtet davon, dass sich scharenweise Freie von den Feldern dem Aufstand anschließen, der ja gemeinhin immer als Sklavenaufstand gilt. Der Anteil der städtischen Haussklaven am Aufstand dürfte sich in Grenzen gehalten haben, denn diese hofften darauf, dass sie irgendwann freigelassen werden, was auch durchaus passieren konnte. Eine, wenn auch nicht historische, sondern eher literarische Quelle über freigelassene Sklaven, die über ein beachtliches Vermögen verfügen konnten, ist Petrons "Cena Trimalchionis". Im allgemeinen kann man sagen, dass der juristische Stand der Sklaven sozial und ökonomisch genauso ausdifferenziert war wie der der liberti oder der römischen Bürger.
 
Manchmal entsteht der Eindruck, dass die sozialen Klassen im Römischen Reich nur aufgrund der juristischen Stellung der Menschen als "Freie" oder "Sklaven" abgegrenzt werden könnten.

Dieser fälschliche Eindruck kann auch beim Lesen des "Manifestes der Kommunistischen Partei" von Marx und Engels entstehen, auch wenn die beiden die Sachlage weitaus differenzierter betrachteten, als es in dieser recht kurzen, programmatischen Schrift den Anschein hat.

Tatsächlich konnten Sklaven ja, zumindest meines Wissens nach, auch recht hochrangige Positionen erlangen, so wie Verwaltungsposten verschiedener Großgrundbesitztümer, während ein einfacher "Freier" sehr sehr arm sein konnte.

Ich wollte mich nach Quellen erkundigen, die näher auf die Klassenverhältnisse während dieser Zeit eingehen und fragen, was ihr mir von diesen empfehlen könntet.

Ich habe ehrlich gesagt mit dem Begriff "Klasse" einige Probleme, ihn auf antike Gesellschaften anzuwenden und würde daher eher von Ständen sprechen.

Die Sklaven waren durchaus keine heterogene Masse, und das Spektrum reichte von Sklaven in den Bergwerken bis zu einem Pallas, Narzissus oder Trimalchio, der als Lustknabe seines Patrons angefangen hatte. Claudius, Nero, aber auch Domitian regierten das Imperium mit ihren Freigelassenen. Die meisten Hof- und Palastbeamten waren Freigelassene der kaiserlichen Familie, und Männer wie Pallas und Narcissus, die Minister des Claudius oder Parthenius und Sigerius die Kammerdiener Domitians, waren mächtiger, als Könige.
 
Ich persönlich sehe keinen Grund, warum man in antiken Gesellschaften nicht von ökonomischen Klassen sprechen sollte.

Mein Beitrag drehte sich ja gerade darum, dass man diese nicht an der juristischen Stellung als Sklave oder Freier festmachen sollte.
 
Ich würde beide Begriffe parallel verwenden, Stand und Klasse. Die Stände servus, libertus, civis, ordo equester, ordo senatorius, wurden klar definiert und voneinander abgregenzt. Dies sagt aber nur etwas über die juristische Stellung der Personen in den Ständen aus. Damit weiß man aber noch nichts über die soziale und ökonomische Situation der Personen. Wie du schon sagtest und worauf ich auch hinwies, konnte ein Sklave sowohl tagein tagaus sein Leben lang auf den Feldern schuften, oder aber auch unermesslich reich sein, genauso bei den liberti und bei den cives. Der Klassenbegriff ist also brauchbar um Gruppen von Menschen mit vergleichbaren materiellen Lebensbedingungen zusammenzufassen, den Fehler, einfach den Begriff Stand durch den Begriff Klasse zu ersetzen oder anzunehmen, Klasse und Stand seien deckungsgleich, sollte man natürlich nicht machen.
 
Ich kann mit Webers Einteilung nichts anfangen ehrlich gesagt. Für mich ist das sowieso eine der überschätztesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Ich werde mich bei solchen Dingen an Marx halten.
 
Der Begriff "ökonomische Klasse" orientiert sich am Begriff Eigentum bzw. über dessen Vefügbarkeit und damit "Rechtsfähigkeit". Da in bisherigen Wirtschaftstheorien der Begriff Eigentum mit dem Begriff Besitz ständig verwechselt wird, kann auch keine stringente Theorie über über das "Wirtschaften" mit Eigentum und damit im Zusammenhang stehende Folgerungen über ökonomische Klassen entstehen. Nur die Gesellschaftsformatiomen, die den Begriff "Eigentum" kennen und ein "Wirtschaften" damit zulassen, können als Freie Gesellschaften verstanden werden. Erfinder dieses Eigentums waren die griechischen Polis, wo nach einer sozialen Revolution die Fürstenklasse der Mykener an Gund und Boden enteignet wurden. Diese wurden zu gleichen Teilen an die Sozialrevolutionäre verteilt. Um damit "wirtschaften" zu können, konnte eine "Grundschuld"/Belastung aufgenommen und damit Geld generiert werden. So kamen Zins und Geld in die Welt. Konnte man die Summe nicht zurückzahlen, verlor man das Eigentum an den Gläubiger, wobei man auch das Eigentum an sich selbst verlieren konnte und in die Schuldsklaverei geriet, welche aber zeitlich befristet war. Rom hat diese Form von den Griechen übernommen. Da feudalistische Strukturen diesen Eigentumsbegriff nicht kennen, funktoniert eine feudalistische Gesellschaft im Vergleich zu "freien" Formationen ökonomisch auch schlechter (übrigens kannte der Sozialismus auch kein Eigentum in diesem Sinne, was letztlich sein Ende bedeutete). Da freie Sozialstrukturen neben feudalistischen historisch existierten, hatte mal die eine - mal die andere Form die Oberhand. Letztlich ist klar geworden, wer wirtschaftlich überlebt hat. Die kapitalistische Formation verfügte wieder über Eigentum in diesem Sinne, hat aber juristisch den Eigentumsverlust an sich selbst nicht mehr zugelassen und damit einen empfindlichen Nachteil gegenüber den griechisch-römischen Struktuen beseitigt.
Entscheidend für alle "Eigentums"-behafteten Formationen war und ist der juristisch einklagbare Schuldentitel durch den Gläubiger, ohne das eine andere Gewalt das verhindern darf. Das schließt nicht aus, das "Härtefallregelungen" existieren.
Der historische Bezug auf die griechischen Polis klärt auch, daß die Geld- und Zinsgeschäfte der Mesopotamier nur kurz vor oder gar gleichzeitig mit den griechischen Polis vorgegangen sein können. Damit hätten wir wieder einmal eine chronologiekritische Frage aufgeworfen.
Wer mehr zu "Eigentum, Zins und Geld" wissen möchte, kann via PN an mich schreiben.
 
Ich persönlich sehe keinen Grund, warum man in antiken Gesellschaften nicht von ökonomischen Klassen sprechen sollte.
Sprechen kann man über viel - aber sinnvoll muß das noch lange nicht sein.

"Ökonomische Klasse" ist ein Begriff des 19. Jahrhunderts (und auch darauf bezogen in seiner Sinnhaftigkeit sehr umstritten).

Wenn man den einfach auf eine komplett anders strukturierte Gesellschaft 2000 Jahre früher überträgt, wäre es eher Zufall, wenn da noch etwas Sinnvolles rauskommt.

Das wäre etwa so, als würde man die Graccen als die SPD Roms und ihre Gegenspieler als antike CDU bezeichnen - irgendwo kann man Parallelen entdecken, aber die Verwendung moderner Begriffe führt letztlich in die Irre.
 
Da in bisherigen Wirtschaftstheorien der Begriff Eigentum mit dem Begriff Besitz ständig verwechselt wird, kann auch keine stringente Theorie über über das "Wirtschaften" mit Eigentum und damit im Zusammenhang stehende Folgerungen über ökonomische Klassen entstehen.
Wäre sehr schwach, wenn man tatsächlich seit 200 Jahren solche groben Fehler macht.
Nur die Gesellschaftsformatiomen, die den Begriff "Eigentum" kennen und ein "Wirtschaften" damit zulassen, können als Freie Gesellschaften verstanden werden. Erfinder dieses Eigentums waren die griechischen Polis, wo nach einer sozialen Revolution die Fürstenklasse der Mykener an Gund und Boden enteignet wurden.
Welche Sozialrevolution soll dies sein (mit den Mykenern vrebinde ich den Begriff Plastwirtschaft) und wieso haben erst die Griechen Eigentum erfunden? Hatten nicht auch die frühen Hochkulturen Bodenbesitz? Eigentum kann ohne Besitz funktionieren (wenn ich die Begriffe richtig kenne), aber Besitz ohne Eigentum ist undenkgbar
Diese wurden zu gleichen Teilen an die Sozialrevolutionäre verteilt. Um damit "wirtschaften" zu können, konnte eine "Grundschuld"/Belastung aufgenommen und damit Geld generiert werden. So kamen Zins und Geld in die Welt.
Entsteht Geld nicht schon sobald, einfache Tauschgeschäfte zu umständlich werden?
Da feudalistische Strukturen diesen Eigentumsbegriff nicht kennen, funktoniert eine feudalistische Gesellschaft im Vergleich zu "freien" Formationen ökonomisch auch schlechter (übrigens kannte der Sozialismus auch kein Eigentum in diesem Sinne, was letztlich sein Ende bedeutete).
Kann ich grad nicht nachvollziehen. Feudalismus beruht darauf, dass es neben den Eigentümer noch mehrere Besitzer gibt, die über ihr Lehen unmittelbare Verfügungsgewalt haben. Wieso bedeutet aber Aufgabe von Sklaverei einen ökonomischen Nachteil?
Die kapitalistische Formation verfügte wieder über Eigentum in diesem Sinne, hat aber juristisch den Eigentumsverlust an sich selbst nicht mehr zugelassen und damit einen empfindlichen Nachteil gegenüber den griechisch-römischen Struktuen beseitigt.
Die von Dir beschriebene Gemeinsamkeit zwischen Kapitalismus und antiker Wirtschaftsordnung erkenne ich nicht.
Der historische Bezug auf die griechischen Polis klärt auch, daß die Geld- und Zinsgeschäfte der Mesopotamier nur kurz vor oder gar gleichzeitig mit den griechischen Polis vorgegangen sein können. Damit hätten wir wieder einmal eine chronologiekritische Frage aufgeworfen.
Nur unter den Voraussetzungen, dass wirklich erst mit den Griechen diese Form des Eigentums aufkam, die Du zwar nennst, aber imho nicht verständlich beschreibst, und wenn wirklich dies die Bedingung für Geld und Zins ist (wobei diese beiden Dinge möglicherweise auch unabhängig voneinander entstehen)

Fazit: irgendwie werd ich nicht schlau aus deinem Beitrag und den Bezug zum Thema kann ich auch kaum erkennen.
 
Ich muss Themistokles hier völlig recht geben, aber noch kurz zu R.A.


So einfach wie du es darstellst ist es nicht. Die Existenz sozialer Klassen ist nichts, was im 19. Jahrhundert erfunden wurde. Du stellst es dar, als dürfte man bei der Antike nicht von sozialen Klassen sprechen, weil in diese erst im 19. Jahrhundert erforscht wurde.

Das hieße ja gleichfalls, dass nur die Realität existiert, die auch gerade erforscht wird bzw. ist. Das wäre eine fatale Annahme: Muss ich etwa davon ausgehen, dass Planeten zu dieser Zeit noch nicht existiert haben, nur weil sie erst später erkannt oder benannt wurden?
 
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