Miles Interpretation

SirDracon

Neues Mitglied
Stimmt es, das Optio, Signifer und Tesserarius eigentlich nur höherrängige Miles sind?

Somit würde ich vermuten, dass die "Offiziere" an sich erst mit dem Rang Zenturio losgehen?
 
Salve SirDracon,

ja und nein, wobei die Rängeverteilung innerhalb einer Legion sehr komplex war.
Neben den einfachen Soldaten gab es sogenannte "immunes", das waren ebenfalls Soldaten, die aber aufgrund besonderer Tätigkeiten oder Fähigkeiten von den normalen Soldatenaufgaben (Wache stehen, Straßenbau, Ausbesserung des Kastells/Feldlagers usw.) ausgenommen waren. Das konnten z.B. heilkundige Soldaten sein, die dem Arzt der jeweiligen Centurie als Sanitäter halfen oder Soldaten mit Erfahrungen im Schmiedehandwerk, ebenso zählten Jäger oder Soldaten im Schreibstubendienst dazu. Diese waren allerdings nicht höherrangig als ihre Kameraden, erhielten aber zumeist etwas mehr Sold.
Tesserarii, Signifer, Aquilifer, Optios und Centurios wurden grundsätzlich aus den Reihen der einfachen Soldaten rekrutiert und waren ebenfalls immunes. Letztlich war auch der Praefectus castrorum (Lagerkommandant) ursprünglich ein einfacher Soldat gewesen, der den ganzen Weg der Karriereleiter nach oben gegangen ist.
Hinzu kommt, dass Centurio nicht gleich Centurio war. Jede Kohorte bestand aus 6 Centurien (Ausnahme die 1. Kohorte einer Legion, welche aus 5 Doppelcenturien bestand). Und jede Centurie hatte einen Centurio. Der Centurio der 1. Centurie war ranghöher als der Centurio der 2. Centurie und ihm gegenüber weisungsbefugt, der Centurio der 2. Centurie war wiederum ranghöher als der Centurio der 3. Centurie usw. .
Der ranghöchste Centurio einer Legion war der Primus pilus, der Centurio der 1. Centurie der 1. Kohorte. Wenn er lange genug überlebte (Centurios waren in Schlachten bevorzugtes Ziel der Gegner), konnte er bis zum Prafectus castrorum aufsteigen und wurde damit zum dritthöchsten Offizier einer Legion.
Optios waren Stellvertreter der Centurios und auch Anwärter auf den Centurio-Posten. Die Tesserarii waren die Wachoffiziere einer Centurie. Die Signifer standen rangmäßig über den Optios, waren aber nicht weisungsbefugt. Im Grunde galt wohl alles ab dem Tesserarius als Truppenoffizier, während die Tribuni und der Legat Stabsoffiziere darstellten. Unteroffiziere gab es in dem Sinne nicht, auch wenn man heutzutage Tesserarius und Optio durchaus als solche bezeichnen würde.

Vale, Sidonius Callidus
 
Zuletzt bearbeitet:
Salve Amicus!

Danke für deine ausführliche Antwort, hat mich recht gut informiert und ich denke meine Frage ist somit beantwortet.
Kennst Du Dich auch mit medizinischen Rängen aus was meinen 2. Post betrifft?


Vale!
 
Salve SirDracon,

zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die medizinischen Ränge bisher immer nur gestreift habe, obwohl das Thema an sich schon sehr interessant ist.

Letztlich kann ich nur Analogien zu den soldatischen Rängen ziehen, wobei Du selbst schon viele richtige Schlüsse gezogen hast.
Der Capsarius war derjenige, der während einer Schlacht leichtere Wunden notversorgt hat, im Lazarett hatte er die Funktion einer heutigen Pflegeschwester.
Der Miles medicus war der Assistent des Medicus und half diesem u.a. bei Operationen oder sonstigen Eingriffen.
Je nach Spezialgebiet gab es verschiedene Medici. Der Medicus veterinarius war z.B. der Tierarzt.
Der Medicus ordinarius war rangmäßig mit den Tribuni vergleichbar, zumindest stammte er ebenso wie diese aus dem Ritteradel. Er dürfte mit Verwaltungsaufgaben betraut gewesen sein. Ob er auch selbst noch operiert bzw. geheilt hat, weiß ich nicht.

Lies Dir mal am besten das hier durch:
http://www.medicus-romanus.de/Militaer.htm

Da gibts einige Infos, die Dir sicher besser weiterhelfen können, als ich.

Vale, Sidonius Callidus
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch ein kleiner Nachtrag bzgl. Medicus ordinarius. Es scheint da verschiedene Meinungen zu geben bzgl. seines Standes bzw. Ranges. Einerseits wird er als Offizier aus dem Ritteradel oder zumindest dem Ritterstand gleichgestellt bezeichnet (definiert über die Besoldungshöhe), was ja den Tribuni angusticlavii innerhalb der Legion entspräche, andererseits wird er rangmäßig mit den Centuriones gleichgesetzt. Centuriones stammten aber immer aus dem römischen Bürgertum, niemals aus dem Ritter- oder Senatorenadel. Auch erhielt ein Centurio keinesfalls die gleiche Besoldung wie ein Tribun.
Da scheint es wohl einige Unstimmigkeiten zu geben.
 
Salve Sidonius Callidus,

das sind ja doch recht viele Infos die Du weißt, respekt!
Deine zweiten Text würde ich jetzt einmal wie folgt interpretieren: Medicii Ordinarii waren in der Befehlsgewalt nicht besonders hoch, hatten im Kampf nichts zu befehlen, außerhalb des Kampfes Befehlsgewalt über einen Optio und Signifer aber sollten davon keinen Gebrauch machen und sind außerdem immer dem Zenturio unterstellt. Andererseit waren sie durch den "Ritterstand" bzw. equester ordo im Ansehen viel höher, also wie Du meintest fast mit dem Tribuni vergleichbar. Es ist wirklich sehr komplex und ungewiss dennoch sehr interessant und bin froh, auf dieses Forum gestoßen zu sein! Dann sollten wir mal unsere pala batillumii nehmen und nach weiteren Beweisen buddeln! Vielen Dank.

Vale, Gaius Galerius Horatius Celer


 
Salve, Gaius Galerius Horatius Celer,

puuh, also ob der Medicus einer Centurie dem Signifer, Optio oder Tesserarius derselbigen etwas befehlen konnte, ist schwierig zu beurteilen. In medizinischen Fragen bzw. Fragen, die die Gesundheit der Soldaten oder des Signifers/Optios/Tesserarius selbst betraf, wäre es sicherlich anzunehmen (z.B.: "Lass einen neuen Brunnen graben, das Wasser des alten ist verdorben!" oder "Für zwei Wochen nur leichter Dienst, damit Dein Bein ordentlich verheilt!"!").
Ob das dann auch gegen den Willen des Centurios geschehen konnte, ist eher unwahrscheinlich, in besonderen Notfällen aber denkbar, wenn die Gesundheit der gesamten Centurie davon abhing. Mit Sicherheit hatte der Medicus einer Centurie aber eine wichtige beratende Funktion und jeder Centurio tat gut daran, die Ratschläge des Arztes zu berücksichtigen, schließlich musste er für die Kampffähigkeit der gesamten Centurie vor dem Primus pilus, dem Prafectus castrorum, den Tribuni und letztlich dem Legaten geradestehen.

Vale, Sidonius Callidus
 
Ich habe mich auch schon darin versucht, Dienstgrade und Dienstgradgruppen mit denen moderner Armeen zu vergleichen. Aber das wird recht schnell ein sehr widersprüchliches Unterfangen.

Aus römischer Sicht könnte erst ein Tribun als Offizier gegolten haben. Somit wären Centurionen Unteroffiziere, vorzugsweise Feldwebel. Optio und andere wären dann Unteroffiziere ohne Portopee und die ganzen Sorten von Immunes wären Gefreite. Das ist auch charmant, da in modernen Armeen Offiziere Abitur brauchen. In Rom waren das die Tribunen aus reichen Familien die sich alle 3 Stufen des Schulsystems leisten konnten. Die Centurionen kamen wohl eher mit 3-4 Jahren Elementarschule daher. Es gibt zwar Aufstiegsmöglichkeiten vom Unteroffizier zum Offizier in Rom wie heute, aber eher selten.

Passt aber nicht, weil ein Feldwebel maximal einen Zug kommandiert. Das ist zwar wie die Centurie die keinste taktische Einheit eines Kampverbandes, aber dann wäre eine Legion eine Kompanie und ein Legat ein Hauptmann. So kommen wir nicht weiter.

Mann kanns anders aufziehen. Was ist die Standardeinheit einer modernen Armee? Üblicherweise das Batallion oder die Brigade. Ein Legat, der die römische Standardeinheit kommandierte, wäre somit ein Oberst oder Brigadegeneral. Die Tribunen und Centurionen der 1ten Centurie wären Stabsoffiziere (Major, ...).
Die anderen Centurionen Hauptleute bis Leutnante, je nach Dienstalter (Hastatus, Princeps, Pilus ... posterior oder prior). Optio und Tesserarius, etc. Unteroffiziere. Immunes sind Gefreite.
Was jetzt nicht passt ist der Praecectus Castrorum. Das stinkt nach Spieß und der ist Hauptfeldwebel in modernen Armeen. Und er ist nicht für das komplette Batallion zuständig.

Man sieht, es passt nie. Die gesellschaftlichen und militärischen Strukturen sind einfach zu unterschiedlich. Aber vielleicht hat ja wer eine Idee, wie man das sauber vergleichen könnte.

Eine Frage hätte ich da noch zum Legaten. Auch der konnte ja Vorgesetzte haben, wenn mehrere Legionen zusammengezogen wurden. Eine solche Armee wurde ja nicht immer vom Kaiser persönlich kommandiert. Hatten diese Leute einen Titel/Rang jenseits des Legaten? Ich denke da an Agrippa, Germanicus oder Tiberius bevor er Kaiser wurde. Imperator ist es m.E. nicht, das ist nur eine Ehrentitel. Obwohl, sie hatten ja durchaus ein "imperium" vom Kaiser erhalten, im Sinne eines Auftrags mit Befehlsgewalt.

Ich weiß diese Strukturen gabs in der Spätantike. Meine Frage zielt aber auf das frühe Kaiserreich, bis zu den Severern bzw. bis Diokletians Reform.
 
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Salve Agricola,

da stimme ich Dir zu. Analogien zu heutigen Armeen zu ziehen, funktioniert nicht wirklich. Innerhalb der Centurie könnte man mit einigem guten Willen Ähnlichkeiten zu heutigen Kommandostrukturen erkennen (immunes = Gefreite, Tesserarius = Unteroffizier, Optio = Feldwebel, Centurio = Leutnant oder Hauptmann), aber sobald man eine Ebene höher geht wird es schon schwierig, und spätestens beim Primus pilus dürfte man dann endgültig scheitern.

Dieser ist nämlich nicht nur Kommandant der 1. Centurie der 1. Kohorte (und somit in unserem Denkmodell gleichbedeutend mit einem Leutnant/Hauptmann), sondern er ist gleichzeitig auch Kommandant der gesamten 1. Kohorte (immerhin 800 Mann), was rein von der Truppenzahl her dem heutigen Rang eines Majors, vielleicht sogar Oberst entsprechen dürfte. Zugleich ist er aber als ranghöchster Centurio einer Legion auch gegenüber den Centuriones aller anderen Kohorten weisungsbefugt, was ihn in die Nähe eines heutigen Generals rücken würde.

Auch der Praefectus castrorum passt nicht in unser Denkmodell, denn er wäre nach heutigem Gesichtspunkt ein einfacher Soldat gewesen, der es aufgrund seiner Dienstzeit, seiner Erfahrung und seiner Kaltblütigkeit letztlich bis zum Generalmajor geschafft hätte. Das wäre heutzutage in einer westlichen Armee undenkbar.

Letztlich sahen die Römer wohl alles, was oberhalb der immunes stand und Befehlsgewalt hatte, als Offiziere an, während die Tribuni und der Legat sowas wie Generäle waren. Sie unterschieden die einzelnen Ränge vor allem durch ihre Funktion und ihre Besoldung.

Zu Deiner Frage bzgl. der Legaten, verhielt es sich so:
Wenn in einer Provinz standardmäßig nur 1 Legion stationiert war, war deren Legat gleichzeitig auch Statthalter der Provinz und trug den Titel eines Legatus augusti pro praetore. Waren in der Provinz mehrere Legionen stationiert (wie z.B. in Britannien oder in Germania inferior bzw. superior), hatte jede Legion einen Legaten (den Legatus legionis). Diese waren dem Statthalter der Provinz unterstellt, der den Rang eines Consuls inne hatte.

Vale, Sidonius Callidus
 
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Zu Deiner Frage bzgl. der Legaten, verhielt es sich so:
Wenn in einer Provinz standardmäßig nur 1 Legion stationiert war, war deren Legat gleichzeitig auch Statthalter der Provinz und trug den Titel eines Legatus augusti pro praetore. Waren in der Provinz mehrere Legionen stationiert (wie z.B. in Britannien oder in Germania inferior bzw. superior), hatte jede Legion einen Legaten (den Legatus legionis). Diese waren dem Statthalter der Provinz unterstellt, der den Rang eines Consuls inne hatte.

Ja, das war mir klar. Solche Provinzen gabs ja. Es wurden aber auch schon mal mehrere Legionen aus mehreren Provinzen zusammengezogen, und unter das Kommando eines "Oberlegaten" gestellt, der kein Prokonsul war. Beispiele für solche Feldzüge hatte ich genannt. Gab es einen römischen begriff für so einen Oberlegaten oder war das einfach ein Legat mit erweitertem imperium?

Ich meine auch, daß es an Rhein und Donau in der frühen Kaiserzeit in ruhigen Zeiten nie einen Oberbefehl für die Rheinlegionen gab oder die Donaulegionen, eben weil sie in verschiedenen Provinzen lagen. Aber wie war das am Euphrat? Da rappelte es doch ständig. Gabs da auch keinen Oberbefehl? Oder machte das spontan der Statthalter von Syrien und griff dann mal kurz auch auf andere Legionen der Region zu? Ohne schnelle Kommunikation (der Kaiser war Wochen entfernt) scheinen mir klare Kommandos und Kompetenzen vor ort essentiell wenns knallt.
 
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Da ein Consul bzw.Proconsul bereits die Berechtigung hatte, mehrere Legionen anzuführen, warum hätte man ihm dann noch einen weiteren Titel geben sollen, um seine Legitimation zur Führung einiger weiterer Legionen zu unterstreichen?
Und Tiberius trug während seiner Zeit als Oberbefehlshaber Germaniens den Titel eines Imperium proconsulare.
Wenn die Parther Ärger machten und der syrische Statthalter sich nicht sicher war, ob seine 2 Legionen ausreichen würden, die Sache in den Griff zu bekommen, konnte er einfach von anderen Regionen (z.B. Ägypten) Legionen anfordern, die dann seinem Kommando unterstellt wurden. Ob er sie letztlich bekam, hing aber vom guten Willen des anderen Statthalters ab. Letztlich musste die Anforderung außerdem vom Kaiser legitimiert werden (zur Not auch im Nachhinein, wenn die Zeit drängte), da dieser es für gewöhnlich nicht allzu gerne sah, wenn einer seiner Statthalter plötzlich über eine größere militärische Streitmacht verfügte.
Letztlich war ein Statthalter immer der Vertreter des Kaisers in der jeweiligen Region, d.h. er hatte auch die Befugnisse eines Kaisers (mit gewissen Einschränkungen).
Somit konnte, um bei Deinem Beispiel zu bleiben, der Statthalter Syriens durchaus das Kommando über die Truppen übernehmen, wenn es in Mesopotamia rumpelte und es dort keinen vergleichbaren Oberbefehlshaber gab.
 
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Eine Frage hätte ich da noch zum Legaten. Auch der konnte ja Vorgesetzte haben, wenn mehrere Legionen zusammengezogen wurden. Eine solche Armee wurde ja nicht immer vom Kaiser persönlich kommandiert. Hatten diese Leute einen Titel/Rang jenseits des Legaten? Ich denke da an Agrippa, Germanicus oder Tiberius bevor er Kaiser wurde. Imperator ist es m.E. nicht, das ist nur eine Ehrentitel. Obwohl, sie hatten ja durchaus ein "imperium" vom Kaiser erhalten, im Sinne eines Auftrags mit Befehlsgewalt.
Einen speziellen Titel/Rang brauchten Feldherren, die im Auftrag des Kaisers einen Feldzug durchführten, eigentlich nicht, auch kein imperium. Der Kaiser hatte das imperium proconsulare inne, das ihm das Recht gab, alle Truppen in den kaiserlichen Provinzen zu kommandieren. Natürlich konnte er sich im Rahmen dieser Kompetenz auch Helfer wählen, die dann den Feldzug für ihn durchführten. Die Befehlsgewalt eines kaiserlichen Feldherrn war also von der Befehlsgewalt des Kaisers abgeleitet. (Der solchermaßen beauftragte Feldherr verfügte aber über kein imperium.) Das war übrigens keine Neuerung der Kaiserzeit, auch in der Republik konnten die Konsuln, Praetoren, Prokonsuln und Propraetoren, die alle von Amts wegen über ein imperium (das sie zur eigenverantwortlichen militärischen Befehlsgewalt berechtigte) verfügten, Unterfeldherrn bestellen, die im Auftrag des imperium-Inhabers militärische Aufgaben erledigten. Oft wurden Quaestoren (die über kein eigenes imperium verfügten) für solche Zwecke eingesetzt. Ihre Befehlsgewalt war dann von der Befehlsgewalt des imperium-Inhabers abgeleitet.
Daneben gab es natürlich noch die Möglichkeit, dass der Kaiser einer Person ein eigenes imperium verleihen ließ. Das kam allerdings nur in der frühen Kaiserzeit öfters vor und beschränkte sich bald auf Angehörige der eigenen Familie.
Zum "Imperator" konnte übrigens nur eine Person ausgerufen werden, die über ein eigenes imperium verfügte. Ein einfacher Legionskommandeur, aber auch ein legatus Augusti als Provinzstatthalter hatten kein imperium und konnten daher auch dann, wenn sie im Auftrag des Kaisers einen Feldzug durchführten, nicht zum Imperator ausgerufen werden. Den letzten nicht der kaiserlichen Familie angehörenden Feldherrn, der von seinen dem Kaiser loyalen Truppen zum Imperator ausgerufen wurde, gab es allerdings ohnehin bereits unter Tiberius. Später kam das dann zwar noch vor, war aber ein bewusster Akt der Usurpation. (Ein Sonderfall war Titus: Nach der Eroberung Jerusalems wurde er von seinen Truppen widerrechtlich zum Imperator ausgerufen, was folglich tatsächlich von vielen als Usurpation interpretiert wurde.)

Zu Deiner Frage bzgl. der Legaten, verhielt es sich so:
Wenn in einer Provinz standardmäßig nur 1 Legion stationiert war, war deren Legat gleichzeitig auch Statthalter der Provinz und trug den Titel eines Legatus augusti pro praetore. Waren in der Provinz mehrere Legionen stationiert (wie z.B. in Britannien oder in Germania inferior bzw. superior), hatte jede Legion einen Legaten (den Legatus legionis). Diese waren dem Statthalter der Provinz unterstellt, der den Rang eines Consuls inne hatte.
Man muss den Legatus als Kommandant einer Legion klar vom Legatus einer Provinz unterscheiden. Die meisten kaiserlichen Provinzen wurden in der frühen Kaiserzeit von einem "legatus Augusti" (mit dem Zusatz pro praetore oder pro consule) verwaltet, manche von einem "procurator", der Sonderfall Ägypten von einem "praefectus". Der legatus Augusti fungierte als Vertreter des Kaisers in einer Provinz und hatte kein eigenes imperium, sondern seine Befehlsgewalt über die Provinz und über das in der Provinz stationierte Heer leitete sich vom imperium des Kaisers ab. Wenn sich in der Provinz nur eine Legion befand, fungierte er, wie Du richtig ausführst, gleichzeitig auch als ihr Kommandant, andernfalls hatte jede Legion ihren eigenen Legionslegaten.

Es wurden aber auch schon mal mehrere Legionen aus mehreren Provinzen zusammengezogen, und unter das Kommando eines "Oberlegaten" gestellt, der kein Prokonsul war. Beispiele für solche Feldzüge hatte ich genannt. Gab es einen römischen begriff für so einen Oberlegaten oder war das einfach ein Legat mit erweitertem imperium?
Ein Legat hatte überhaupt kein imperium, er fungierte stets als Vertreter von jemandem, der ein imperium hatte (also der legatus Augusti als Vertreter des Kaisers), oder als Vertreter von jemandem, der der Vertreter von jemandem war, der ein imperium hatte (also der legatus legionis als Vertreter des legatus Augusti, der der Vertreter des Kaisers war). Es musste also immer eine Kette zu einem imperiums-Inhaber bestehen.
Dass der legatus nur Vertreter war, ist wichtig. Er handelte nur unter dem Oberbefehl und der Verantwortung eines imperium-Inhabers und konnte daher auch keinen Triumph feiern und nicht (legal) zum Imperator ausgerufen werden. Falls ein legatus persönlich den gegnerischen Feldherrn im Zweikampf tötete, hatte er auch keinen Anspruch auf die spolia opima, da er nur Vertreter eines imperium-Inhabers war und somit kein eigenverantwortlicher Feldherr. Umgekehrt konnte der Kaiser zum Imperator ausgerufen werden, wenn sein Legat gesiegt hatte, da der Legat ja als Vertreter des Kaisers gekämpft hatte.

Da ein Consul bzw.Proconsul bereits die Berechtigung hatte, mehrere Legionen anzuführen, warum hätte man ihm dann noch einen weiteren Titel geben sollen, um seine Legitimation zur Führung einiger weiterer Legionen zu unterstreichen?
Man muss zwischen einem Proconsul und einem "legatus Augusti pro consule" unterscheiden. Einen Proconsul gab es nur in senatorischen Provinzen, und er verfügte von Amts wegen über ein eigenes imperium. (Daher konnte er auch einen Triumph feiern und Imperator werden, wobei es allerdings den letzten nicht zur kaiserlichen Familie gehörenden Triumphator bereits unter Augustus gab.) Die kaiserlichen Provinzen hingegen unterstanden alle dem Kaiser im Rahmen seines imperium proconsulare, die Legaten waren nur seine örtlichen Vertreter ohne eigenes imperium.
 
OK, halten wir fest: Es gibt keine eigene Bezeichnung für Leute, denen ein Kaiser den Oberbefehl über mehrere Legionen erteilte. Sie waren auch "nur" Legaten. Insbesondere war ein solches Kommando auch nicht dauerhaft.

Meine Frage entwickelte sich aus der Diskussion oben. Verglichen mit heutigen Armeen, fehlte also die Dienstgradgruppe der Generäle als Kommandanten größerer Armeen, wenn man die Legaten vergleichend als Oberste/Brigadegeneräle einordnet, da sie eben normalerweise keine größeren Verbände (Armeen) kommandierten.
 
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Noch eine Ergänzung zu meinem letzten Beitrag, um die Sache mit dem imperium und den legati verständlicher zu machen:
Das Reich und die Provinzen gehörten nicht dem Kaiser, sondern dem Staat (SPQR, also dem Senat und dem römischen Volk). Zur Verwaltung der außeritalischen Besitzungen verwendete der Staat Personen, die ein imperium hatten. Das war notwendig, weil die Statthalter die in der Provinz stationierten Truppen kommandieren und eigenverantwortlich militärische Aktionen durchführen mussten, und dafür brauchten sie ein imperium. Von Amts wegen ein imperium hatten Dictatoren, Magistri equitum, Konsuln, Praetoren, Prokonsuln und Propraetoren. Zunächst wurden für die Provinzverwaltung hauptsächlich Praetoren und Propraetoren eingesetzt, in der späten Republik dann Prokonsuln und Propraetoren. Das änderte sich auch in der frühen Kaiserzeit nicht grundsätzlich: Die sogenannten "senatorischen" (die Bezeichnung ist modernen Ursprungs) Provinzen wurden weiterhin von Prokonsuln verwaltet, wobei jetzt allerdings auch Personen zu Prokonsuln bestellt wurden, die noch nicht das Konsulat, sondern erst die Praetur bekleidet hatten. Diese Prokonsuln hatten natürlich auch ihr imperium. Daneben gab es aber noch den Kaiser, dem im Rahmen seines "imperium proconsulare" die Verwaltung zahlreicher Provinzen (und das Kommando über die dortigen Truppen) übertragen worden war. In diesen "kaiserlichen" Provinzen war also der Kaiser der eigentliche Statthalter und imperiums-Inhaber. Da er aber naturgemäß nicht alle seine Provinzen selbst verwalten konnte, bediente er sich vor Ort seiner Vertreter, nämlich der legati und der procuratores.
 
Meine Frage entwickelte sich aus der Diskussion oben. Verglichen mit heutigen Armeen, fehlte also die Dienstgradgruppe der Generäle als Kommandanten größerer Armeen, wenn man die Legaten vergleichend als Oberste/Brigadegeneräle einordnet, da sie eben normalerweise keine größeren Verbände (Armeen) kommandierten.
Dass es kaum möglich ist, die römische Armee, ihren Aufbau und ihre verschiedenen Ränge mit modernen Armeen und ihren Dienstgraden zu vergleichen, wurde im Laufe der Diskussion schon festgestellt. Ich halte es z. B. auch für problematisch, den Tribun (ich nehme an, Du meinst den normalen Militärtribun in einer Legion, nicht die Tribunen in speziellen Truppen wie den Prätorianern) mit einem modernen Offizier zu vergleichen. Die Tribunen waren schließlich oft junge Männer aus vornehmer Familie, die eine Art Praktikum beim Militär machten, das sie brauchten, um danach weiter Karriere in der Politik oder Verwaltung machen zu können.

Man muss berücksichtigen, dass sich das Konzept und die Führung römischer Armeen von heutigen Armeen grundlegend unterschieden. Trotz aller Professionalisierung blieb die römische Armee bis in die Kaiserzeit hinein eng mit der zivilen Politik und Verwaltung verwoben. Man muss auch bedenken, dass es keine strikte Unterscheidung von "zivil" und "militärisch" gab.
Ursprünglich war die Legion das Gesamtaufgebot der Wehrpflichtigen, das vom König bzw. dem obersten Magistrat der frühen Republik in den Krieg geführt wurde. Auch später, als mehrere Legionen aufgestellt wurden, blieb es dabei, dass die militärische Führung im Krieg durch gewählte Politiker (Konsuln, Praetoren) erfolgte und nicht durch professionelle Feldherrn. Auch die (in der Republik teilweise vom Volk gewählten) Militärtribunen waren ein Mittelding aus Politiker und Offizier. Auch wenn jemand mehrere Legionen kommandierte, war er entweder selbst ein gewählter Politiker mit imperium oder ein Politiker, der ein spezielles imperium erhalten hatte, oder jemand, der von einem imperiums-Inhaber beauftragt worden war.
Das änderte sich auch nach der Umwandlung in eine Berufsarmee in der späten Republik nicht. Selbst die Legaten als Legionskommandeure waren keine echten Militärpersonen, sondern Vertraute des Politiker-Feldherrn, denen er das Kommando über eine Legion anvertraute. Die Militärtribunen entstammten in der späten Republik oft ebenfalls dem persönlichen Umfeld des Politiker-Feldherrn und wurden von ihm für einen Feldzug mitgenommen.
Auch in der Kaiserzeit blieb es bei der Verquickung von Zivilem und Militärischem. Auch ein legatus Augusti, der ein Heer kommandierte, war kein richtiger General, sondern eine vom Kaiser mit der Provinzverwaltung betraute Person, die zivile und militärische Aufgaben wahrnahm.
Meines Erachtens kann man daher nur bis zur Ebene der verschiedenen Centurionen und des Praefectus Castrorum überhaupt von Offizieren sprechen. Alles darüber waren Politiker bzw. Verwaltungsbeamte oder Praktikanten, die gegebenenfalls auf Zeit militärische Aufgaben übernahmen.
 
Salve Legionäre!
Mensch da bin ich mal 2 Tage auf Dienstreise und danach noch das Wochenende genossen und Ihr schreibt hier ganze Romane... :)

Der den Ihr sucht der das Kommando über mehrere Legionen in einer Provinz hat ist doch der Legatus Propraetor oder nicht? Wie dem auch sei, die Frage zu der Interpretation des Miles war eigentlich nur nebenbei allerdings freue ich mich, dass sie euch reichlich Diskussionsstoff gegeben hat.

Mich Interessiert hauptsächlich allerdings die Organisation im Ernstfall. Also wer befehligte, wer vertrat wen und wer war in besonderen Situationen führend. Besonders interessiert mich hier auch die Rolle und der Einsatzort von Spezial und Eliteeinheiten in der Schlacht, sprich Immunes und medizinische Offiziere, da ich eben einen solchen Charakter auf dem Gameserver darstelle.
Bei uns in Romecraft verwenden wir eine vereinfachte und leicht abgewandelte Form der römischen Hierarchie. Jedoch treten meistens noch Streitigkeiten zu eben den Themen der Führungspositionen und der Autorität bzw. Weisungsbefugnis auf. Und auf Englisch zu diskutieren ist echt nicht leicht... ;-)

Nachfolgend mal 2 von mir erstellte Übersichten wo ich die Kommandostruktur in Romecraft verdeutlicht habe. Mit dem dazugehörigen Link gelangt Ihr zum entsprechen Thread.

Duces Legionis
http://i48.tinypic.com/nnjs60.jpg
Romecraft: The Frontier - Login
---------------------------------
Duces Legionis is the Faction of the Highest Officers and Leading Staff of Legio Augusta.

Legatus Propraetor
Supreme governor of the province, has control over both Legio Augusta and the SPQR in the region.
-Stugace (Titus Quinctius)

Legatus
Senior commander of all Roman factions, can override Centurion and Tribunus commands and can declare a state of war or peace.
-Leondonis (Lucius Cornelius Scipio)

Tribunus
Senior officer and overseer of all Roman units, except SPQR. He is also the Advisor and XO to the Legate.
-Daruskiy (Marcus Aemilius Iliyas-Alexander)

Aquilifier
Almost the same as Signifer, but is the standard bearer for the entire Legion. He helps coordinate between each unit and passes messages between each Centurion. He also has some ability to command on the field. Historically, he was the treasurer of the Legion and equal in rank to a Centurion.
-Rykurock (Ryku Regulus)

Nuptius
Is the personal Messenger of the Legatus. He has no authority but delivers the Orders of the Legatus to the Centurions.
-victor_zomg (Gnaeus Cornelius Scipio)
---------------------------------


Cohors X Centuria I
http://i50.tinypic.com/6sb5aw.jpg
Romecraft: The Frontier - Login

Schaut einfach mal rein, würde mich über ein kleines Feedback freuen. Aber straft mich nicht für falsche Darstellungen, wie ich schon meinte, in Romecraft ist einiges vereinfachter dargestellt. Bei uns gehts hauptsächlich um Rollenspiele um das römische Leben nachzuempfinden, um das Simulieren von Schlachten gegen NPC Gegner und um den Nachbau von römischen Bauwerken bzw. die Entwicklung und das Bauen von eigenen Domii, Villen, Tempeln, Basilicas, Forts/Castras uvm. halt eigene richtige Städte. Wenn Ihr Lust habt könnt Ihr auch hier nochmal nachschauen und zwei von mir entworfene Kunstwerke bestaunen :)

Roman Villa/Domus Minecraft Project

Roman Temple Minecraft Project

Noch ein kleiner Nachtrag: Ein römisches Castra wo ich mitgebaut habe, beinhaltet Principala, Baracken und Prätorium.
Roman Fortress Minecraft Project

Rechtschreibfehler dürft Ihr behalten, ist alles mit meinem Smartphone geschrieben, da ich grade unterwegs zu einem Meeting bin.


Vale Soldaten!

Gaius Galerius Horatius Celer
Patrifamilias of the Celers

Medicus Ordinarius of Cohors X Centuria I
Primary Trainer of the Medical Staff of Legio Augusta
 
Zuletzt bearbeitet:
Salve Gaius Galerius Horatius Celer,

die Rangfolge in dem Spiel ist schon ziemlich vereinfacht bzw. stellenweise auch falsch dargestellt. Der Aquilifer gehörte zur 1. Kohorte und unterstand unmittelbar dem Primus pilus. Er hatte keinerlei Weisungsbefugnis, vielmehr wurde dieser Rang ehrenhalber verliehen. Darüber hinaus war er für die Legionskasse und die Auszahlung des Soldes zuständig. Ihn direkt unter die Tribuni und über die Kohorten einzuordnen ist falsch. Wie gesagt, er unterstand dem Primus pilus und der war das entscheidende Bindeglied zwischen den Tribuni/dem Legatus und den übrigen Centuriones.
Außerdem fehlt der Praefectus castrorum, dessen Aufgabe die Leitung und Verwaltung des Kastells/Feldlagers war und der rangmäßig zwischen den Tribuni stand (nämlich hinter dem Tribunus laticlavius und vor den Tribuni angusticlavii).

Zu deiner Frage bzgl. immunes. Immunes gehörten nach wie vor zur kämpfenden Truppe, d.h. sie hatten sich in der Schlacht innerhalb ihrer Formation zu befinden, ganz gleich, ob sie sonst mit dem Schmieden von Schuhnägeln oder Schreibarbeit beschäftigt waren. Eine Ausnahme waren sicherlich die Milites medici, die sich hinter der kämpfenden Truppe befanden.

Das Kommando in einer Schlacht hatte der Primus pilus, der allerdings die Vorgaben der Tribuni bzw. des Legatus umsetzte. Da er ein sehr erfahrener Soldat war, wurden seine Einwände und Ratschläge aber durchaus berücksichtigt. Er gab die Befehle an die Centuriones seiner und der anderen Kohorten weiter, wobei diese Kommandos unter der Verwendung von Signalhörnern und Feldzeichen übermittelt wurden. Die Centuriones und Optiones setzten die Befehle dann innerhalb der jeweiligen Centurie um.

Allerdings ging auch keine römische Armee ohne Vorbereitung in die Schlacht. Es gab zuvor intensive Lagebesprechungen und Vorabanweisungen zum geplanten Vorgehen. Nur wenn etwas nicht wie geplant verlief oder die Legion z.B. während des Marsches angegriffen wurde und dabei die Befehlskette zusammenbrach, hieß es, improvisieren. Dann agierte die Truppe in der nächstgrößeren, beherrschbaren Einheit (z.B. als Kohorte oder als Centurie).
Auch innerhalb dieser war die Befehlshierarchie klar und wurde entsprechend eingehalten. Man muss bedenken, dass die römischen Soldaten aufgrund des ständigen Trainings sehr diszipliniert und abgebrüht waren. Jeder kannte seinen Platz. Sie versuchten solange es ging, als geschlossene Einheit zu kämpfen und dafür sorgten die Centuriones und Optiones.

Vale, Sidonius Callidus
 
Der den Ihr sucht der das Kommando über mehrere Legionen in einer Provinz hat ist doch der Legatus Propraetor oder nicht?
Zum einen ist die Bezeichnung "Legatus Propraetor" unglücklich. Ich nehme an, Du meinst den "legatus Augusti pro praetore". Er war aber trotzdem kein Propraetor. Als solcher hätte er ein eigenes imperium gehabt und wäre nicht nur Vertreter des Kaisers gewesen. Im Deutschen wird "pro praetore" oft als "mit praetorischem Rang" oder "praetorischen Ranges" wiedergegeben, das trifft es eher.
Zum anderen wurden Provinzen, in denen mehr als eine Legion stationiert war, normalerweise von einem "legatus Augusti pro consule" verwaltet. (Der Umkehrschluss gilt allerdings nicht immer: Die Provinz Hispania Tarraconensis hatte auch einen legatus Augusti pro consule, obwohl dort nur eine Legion stationiert war.)
 
Der den Ihr sucht der das Kommando über mehrere Legionen in einer Provinz hat ...

Nö, nach dem habsch nie gefragt, weil das ja klar ist. Es ging mir um den Oberbefehl bei Feldzügen mit provinzübergreifender Zusammführung von Legionen. Aber die Frage wurde ja beantwortet: Es gab keinen Rang jenseits des Legaten.
 
Noch eine Ergänzung zu meinem Beitrag #14:
Dass sich der eigentliche Statthalter in seinen Provinzen von Legaten vertreten ließ, war übrigens auch keine Neuerung der Kaiserzeit, sondern gab es schon in der Republik: Pompeius war ab 55 v. Chr. Statthalter der spanischen Provinzen, blieb aber in Rom und schickte stattdessen zwei Legaten nach Spanien, Afranius und Petreius.
 
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