Niederlage bei der Hermannsschlacht im Teutoburger Wald

H

Hermann

Gast
ein wie ich finde interessantes Thema sind die Auswirkungen der verlorenen Varusschlacht im Jahre 9. n. Chr.
Durch die Schlacht wurden nämlich die Expansionsbestrebungen des Reiches nach Norden gestoppt. Wie schätzt Ihr die Folgen der Niederlage ein??
Wer Interesse hat: auf dieser Seite gibts kompakte Infos und Wissenswertes rund um die Schlacht im Teutoburger Wald: :fs: www.hermannsschlacht.de
Viele Grüße
 
Erstmal herzlich willkommen!

Das Thema Varusschlacht hatten wir schon öfters diskutiert, sowohl hier im Thema "römisches Reich" als auch in der Sektion Mittelalter unter "Völkerwanderung und Germanen", deshalb auch die geringe Resonanz auf Deinen Beitrag.

Was die Folgen der Schlacht angeht stelle ich mal eine neue These auf:
Durch die römische Niederlage sind den Westfalen 400 Jahre mediterrane Kultur entgangen.
Wäre Westfalen römisch geworden, würden die Westfalen heute Karneval feiern und nicht dauernd trübsinnig über ihre Kotten stiefeln.:rofl:
*duckundweg*
 
Ja, Secundus, aber auf meinem Bärenfell mit einem Becher Met in der Faust habe ich hier in Ostfalen doch recht behaglich gelebt!
 
Die Varusschlacht stellte einen Wendepunkt in der römischen Germanien- und eigentlich auch (zumindest auf beschränkte Zeit) einen Wendepunkt in der römischen Expansionspolitik da. Eigentlich schien die Region bis zur Elbe bereits befriedet zu sein und nun fehlten auf einmal drei Legionen. Augustus gab seinem Nachfolger Tiberius vor seinem Tod nicht umsonst den Auftrag die Grenzen des Reiches nicht über seine natürlichen Grenzen hinaus auszuweiten.

Wenn man bedenkt, dass unter Augustus die Zahl der Legionen drastisch reduziert wurde (am Ende der Bürgerkriege waren es bis zu 70), kann man erkennen, dass dieser Verlust sehr schwer war.
Außerdem kommt hinzu, dass es ein harter Schlag für die römische Ehre war: schließlich hatten die zuvor noch scheinbar unbesiegbaren Germanenlegionen noch nie eine solche Schlappe hinnehmen müssen.

Ich habe übrigens neulich in einem Bericht (History Channel) gehört, dass Augustus seitdem Albträume hatte, die ihn bis Lebensende begleiteten.

s.d.caes.
 
Die Webseite über die "Herrmannschlacht" macht mich stutzig. Dort wird die Stärke einer Legion mit 8000 Mann angegeben. Quellenangaben? Fehlanzeige! Gemeinhin nimmt man an, eine Legion habe 5000-6000 Mann gehabt.
 
Mal ne Frage:

Was hätte den Römern ein Vordringen bis zur, sagen wir mal: Elbgrenze gebracht?

Natürlich ein größeres Reichsgebiet. Aber das allein kann's ja wohl nicht sein.

Mehr Sklaven? Rohstoffe? Handel? Und das in diesem Urwald, wo es nur Wilde gab und kaum Verkehrswege?

Versteht meine Frage nicht als provokant oder rhetorisch. Es würde mich wirklich interessieren.

Gruß

Jacobum
 
Im Prinzip war fast jede Provinz Roms einmal ein Urwald, in dem nur Wilde lebten. Gut, für Griechenland und Kleinasien gilt das aus römischer Sicht weniger, aber für Britannien und Gallien, sicher auch Spanien zu Beginn mit Sicherheit. Ein größeres Reich bedeutet wirtschaftlichen Reichtum, mehr eingeführte Güter, aber auch Abnehmer für die eigenen Waren. Ein gewonnener Krieg bedeutete Unmengen von Sklaven, quasi kostenlose Arbeitskräfte, ohne die das römische Imperium nicht funktionieren konnte.

Und schließlich hat Rom seit Mitte des 3. Jh v. Chr. nichts anderes getan, als beständig sein Hoheitsgebiet zu erweitern. Man darf annehmen, dass wirtschaftliche Überlegungen dabei im Vordergrund standen, aber nicht zu unterschätzen ist sicher die ideologische Seite. Der Römer sah sich als die Krone der Schöpfung, der den gottgegebenen Auftrag hatte, dem Erdkreis die Zivilisation - ja Frieden - zu bringen.

Was die Römer von den Nazis unterschied: war ein Gebiet erst einmal unterworfen, gab es für die Besiegten einige Vorteile. Wenn sie von außen angegriffen wurden, konnten sie sich sicher sein, von Rom Hilfe zu bekommen, also war das mit dem "römischen Frieden" nicht nur leeres Gerede, da nun sehr viel weniger untereinander Krieg geführt wurde als vorher. (Man lese nur einmal den gallischen Krieg, dann erhält man eine Vorstellung davon, wie sehr in einer nicht besetzten Region untereinander der Punk abging!) Sie durften immer ihre Religionen* behalten - die sich teilweise auch in Rom durchsetzen (Mysterienkulte), ihre täglichen Gebräuche, ihre Sprache, sogar ihre Herrscher (die Geiseln an Rom stellten). Für die Unterworfenen blieb das meiste beim Alten. Aufstände waren eher selten, und wenn, dann an von Rom gezogenen Grenzen (Limes, Hadrianswall), oder eben in Judäa, wo das alles nicht so lief, wie man sich das in Rom vorgestellt hatte.

An welcher Stelle man wunderbar jene klassische Diskussion aus "Leben des Brian" zitieren kann:
Reg: Okay, okay, aber abgesehen von Aquädukten, Medizin, Erziehung, öffentlicher Ordnung, Bewässerung, Straßen und Volksgesundheit - was haben die Römer je für uns getan?
Xerxes: Sie haben uns Frieden gebracht.
Reg: Frieden? Halt bloß dein Maul.



*Mit klarer Ausnahme des Judentums natürlich, wo man sich weigerte, den römischen Kaiser neben dem eigenen Gott anzuerkennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kurz : Wie handhabten denn die Römer die Tributpolitik bei den
unterworfenen Völkerschaften / Stämmen ?
War ein Tribut jährlich fällig und in welcher Form denn ?

Ich las mal, das die Römer in Dakien umgekehrt eine Zeit lang Tribut
an die Daker zahlten , damit die stillhielten.
Ziemlich flexibel , diese Römer =)
 
Die Webseite über die "Herrmannschlacht" macht mich stutzig. Dort wird die Stärke einer Legion mit 8000 Mann angegeben. Quellenangaben? Fehlanzeige! Gemeinhin nimmt man an, eine Legion habe 5000-6000 Mann gehabt.

Die reine Legion, ja - aber es werden immer noch die Auxiliartruppen hinzugezählt, die stark variieren können. Da ist 8000 noch eher die Untergrenze.
 
Im Prinzip war fast jede Provinz Roms einmal ein Urwald, in dem nur Wilde lebten. Gut, für Griechenland und Kleinasien gilt das aus römischer Sicht weniger

... auch für Syrien, Ägypten, Karthago und die punischen und griechischen Siedlungen in Südfrankreich und Spanien.

Also, das "fast jede Provinz" kann man so nicht stehen lassen.

aber für Britannien und Gallien, sicher auch Spanien zu Beginn mit Sicherheit.

Spanien und Gallien werden aus römischer Sicht nicht in gleichem Maße als "Urwald" angesehen worden sein wie die Magna Germania, die sich noch nicht einmal zum Weinbau eignete.

Die Gallier wurden - wenn man Caesar Glauben schenken mag - von den Römern auch nicht als ganz so "wild" angesehen wie die Germanen.

Die Eroberung Spaniens zog sich ja recht lange hin. Den Anfang machten die punischen Kolonien. Die Eroberung des Hinterlandes war erst viel später abgeschlossen. Im Falle Germaniens scheint die langfristige Motivation tatsächlich geringer gewesen zu sein.
 
Nicht im gleichen Maße wie Germanien, klar (auch Gallien und Britannien würde ich dazu zählen), aber "barbaren" war ja freundlicherweise alles außer dem Griechen ;)
 
Ich glaube, wir haben ein zu sehr von Tacitus "Germania" geprägtes Germanenbild in den Hinterköpfen. Es wird immer noch viel diskutiert, ob "Germanen" einfach nur "Kelten rechts des Rheins" waren; sie lebten in Dörfern und Städten und hatten durchaus nicht nur "Hass auf Rom", wie uns das politische Szenario der Jahrhunderte nach Augustus zeigt - eher ein bisschen zuviel "Gier nach Rom (und seinen Schätzen)". Für lange Zeit war Germanien kein "Urwald" oder "Unbefriedetes Gebiet" sondern einfach ein Puffergebiet mit verschiedenen sorgsam gegeneinander ausgespielten Stämmen, die durchaus Spass am Handel mit den beiden römischen Provinzen "Germanien" hatten.

Was Augustus von einem eroberten Germanien (d. h. bis zur Elbe) gehabt hätte? Ein weiteres, relativ dicht bevölkertes Land als Provinz, dass sicher genau so bald Soldaten, Beamte, Redner, Philosophen und letztlich Kaiser
hervorgebracht hätte wie Gallien, Hispanien und Africa. Ab hier könnten wir dann aber getrost den "Schmetterlingseffekt" sehen*; Köln wäre sicher nicht so wichtig geworden, vielleicht wären später deutsche Kaiser in Waldgirmes gekrönt oder der Erzbischof von Haltern eine politische Größe geworden. Wer weiß.

Ich meinesteils halte Augustus' Reaktion für eine typische Altmännerverzagtheit; er hätte sich zu diesem Zeitpunkt längst aufs Altenteil zurückziehen sollen wie Sulla. Tragisch ist, dass er genau dies tat - aber im Amt blieb. Hätte er (und seine Frau Livia) nicht unbedingt dynastisch "weiterregieren" wollen sondern z. B. ihren Schwiegersohn Agrippa als Nachfolger eingesetzt, hätte man vielleicht schon früh ein gutes Adoptivkaisertum gehabt - aber jetzt tun den Schmetterlingen schon die Flügel weh, und es ist genug hätte und wäre für einen langen Winterabend.

* Der Luftzug eines Schmetterlingsflügels in Amerika bewirkt einen Taifun in Japan, bildlich für "kleine Ursache - große Wirkung" in der Chaostheorie.
 
Moment lieber Mummius,

die Germanen lebten im Gegensatz zu den Galliern nicht in Städten, sondern in verstreuten Kleinstsiedlungen. Es sind keine Oppida archäologisch nachweisbar, sondern kleine Haufendörfer und Fliehburgen (ein germanisches Bibracte gibt es nicht). Das machte die Romanisierung ja so schwer, man konnte nicht wie in Gallien die Oppida besetzen und von dort das Land kontrollieren, sowie die Bewohner langsam an römische Errungenschaften und Gesetze gewöhnen.

Die Kelten werden meist zu Unrecht als haarige Wilde dargestellt, die Historienmalerei des 19. Jahrhunderts hat da Verheerungen angerichtet.
Tatsächlich hatten sie den entscheidenden Schritt zur Stadtkultur schon (teilweise) gemacht und hatten differenzierte Sozialstrukturen.
In punkto Kunsthandwerk mussten sie sich nicht hinter den Römern der vorchristlichen Zeit verstecken. Dieses Niveau hatten die Germanen zu dieser Zeit nicht (und noch lange danach nicht).

Ich meinerseits werfe Augustus keine Altmännerverzagtheit vor.
Das Reich hatte gerade erst (im Donaugebiet) eine Phase der Expansion erlebt, dann kam noch der pannonische Aufstand dazu. Gerade dieser machte deutlich dass man neu erworbene Gebiete erst konsolidieren muss.
Noch eine grossräumige Expansion hätte die Kräfte leicht überfordert.
Die folgenden Kaiser machten dann eine Kosten-Nutzen-Rechung auf und verzichteten auf Germanien.
 
Daniel Oswald hat's gefunden:
http://www.zeit.de/2006/43/A-Keltenmetropole

Ich würde das schon als Stadt bezeichnen, natürlich nicht von den Ausmaßen Korinths oder Karthagos, und man kann sich auch darüber streiten ob das jetzt die "wilden Germanen" waren oder "zivilisiertere" Kelten. Ich vermute auch, dass einige Überraschungen unter der einen oder anderen Stadt liegen - nicht (oder nur schwer) nachzuweisen, weil Gräben und Pfahllöcher schneller in der Baggerschaufel verschwinden als ein 3,5 t Brocken opus caementitium. Zugegebenermaßen mutmaße ich hier viel, der o. a. Artikel hat mich allerdings auch in meinem bisherigen Germanenbild - das von Dörflern und Hofgemeinschaften ausging - etwas verunsichert.

Für Augustus war das "Clades Variana" trotz alledem und alledem eher ein psychologischer Schock angesichts eines offiziell ausgerufenen Goldenen Zeitalters und Römischen Friedens. Vielleicht wurde in Germanien dieser Frieden einfach zu früh und zu gutgläubig ausgerufen - wenn man betrachtet, dass in einem "Außenposten des Fortschritts" wie Waldgirmes eine vergoldete, lebensgroße Reiterstatue herumstand, kann man das als Demonstration der Macht betrachten - oder als Einladung zum Plündern.
 
Ich glaube das für die Römer im Grundsatz nur die Gebiete in Frage kamen, die auch reich an Bodenschätzen waren. Spanien z.B. war bekannt für seine Silbervorkommen, Ägypten war die Kornkammer, Dakien für Gold usw..
Was war im freien Germanien von Wert? Es gab genug Menschen und Holz. Beides sehr wichtig für die damalige Zeit. Reichte das für einen kostspieligen Krieg? Wo war der Gewinn? Die Kosten Nutzen Aufstellung (wie schon erwähnt) halte ich hier für sehr wahrscheinlich. Selbst heute hat unser Land kaum Bodenschätze.
Militärisch gab es einige Schwierigkeiten aber auf lange Sicht, so glaube ich, hätten die Germanen verloren.
Außerdem sollte man auch beachten, dass die Germanen "Das römische" ja nicht zerstören wollten, sondern eher an den Errungenschaften Teil haben wollten. Trotz vieler Kriege, die für beide Seiten äußerst Kräfteraubend waren, wurde weiter Handel getrieben.
Auch der viel hochgelobte Arminius, der später als Hermann verklärt dargestellt wurde, war nicht gegen das römische an sich, sondern wollte ja selbst ein germanisches Gebiet, Reich oder wie auch immer nach römischen Muster errichten. Nur unabhängig von Rom, wenn man das überhaupt sein konnte. Viele vergessen, das er römischer Offizier war.
 
Also die Heuneburg hat meines Erachtens nichts mit Germanen zu tun, sondern ist klar den Kelten zugeordnet. Als Beleg für germanische Städte, gegen die sich Secundus wohl zurecht wehrt, eignet sie sich nicht.
Hätte er (und seine Frau Livia) nicht unbedingt dynastisch "weiterregieren" wollen sondern z. B. ihren Schwiegersohn Agrippa als Nachfolger eingesetzt, hätte man vielleicht schon früh ein gutes Adoptivkaisertum gehabt
Ob Agrippa die tolle Lösung gewesen wäre in Bezug auf ein Adoptivkaisertum ist auch recht fraglich. Immerhin ist er genauso alt gewesen wie Augustus. So sonderlich lange hätte er Augustus nicht überleben können - und er ist ja auch deutlich vor ihm gestorben.
 
Daniel Oswald hat's gefunden:
http://www.zeit.de/2006/43/A-Keltenmetropole

Ich würde das schon als Stadt bezeichnen, natürlich nicht von den Ausmaßen Korinths oder Karthagos, und man kann sich auch darüber streiten ob das jetzt die "wilden Germanen" waren oder "zivilisiertere" Kelten.

Da dürfte es keinen Streit geben: Es waren Kelten, keine Germanen.

Und die Gegend gehörte zur römischen Provinz Raetia und lag keineswegs in der Germania Magna.
 
und war in römischer Zeit sowieso nicht mehr besiedelt. Wenn ich mich nicht täusche hört die Besiedlung der Heuneburg schon im 5. Jh. oder kurze Zeit später auf. Die nächstgelegenen Römer gibts meines Wissens in Mengen, ca. 10 km Donauaufwärts mit Lager aus claudischer Zeit.
 
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