"Das ist einfach furchtbar!" Josef Löffl würde seine Legionärsstiefel wohl am liebsten gegen ein Paar bequeme Turnschuhe eintauschen. Doch die alten Römer sind vor 2000 Jahren nicht mit Luft in den Sohlen über die Alpen gezogen, also tut es der Regensburger Geschichtsstudent auch nicht. Weiter geht der Marsch im Namen der Wissenschaft. Zusammen mit elf weiteren Latein-, Geschichts- und Archäologiestudenten will Löffl in vier Wochen von Regensburg nach Trient laufen. 478 Kilometer müssen die modernen Legionäre zurücklegen - und das mit einer 25 Kilogramm schweren Rüstung am Leib, von Proviant und Zelten ganz zu schweigen. Auf dem Gewaltmarsch wollen die Studenten hautnah erleben, welche Strapazen römische Soldaten auf dem Weg nach Süden überstehen mussten.
Quelle:
http://www.spiegel.de/unispiegel/wu...,313582,00.html
Wenn man mal das untere Bild vergrößert und sich die Ausrüstung betrachtet, dann fällt als erstes das durcheinander von Teilen aus verschiedenen Zeiten auf !! Das fällt selbst mir auf, und ich bin kein Historiker und die severische Zeit ist nicht mein Ding....
Ich bin selbst auch kein Reenactor, kenne aber einige, und die haben sich schon SEHR kritisch bezüglich dieses Projektes geäußert, da dies in einem anderen Forum war kann ich keinen Link zu der Kritik setzen ,daher kopiere ich einfach mal einige Kommentare dazu:
1 Bin mal gespannt, was aus dieser Zirkusveranstaltung wird.
Abgesehen davon war die Aktion von 1985 um Welten besser als diese!
2 Ich will nicht mosern, aber:
- Was für neue Erkenntnisse erhofft man sich davon? Anders: Experimentelle Archäologie mit WELCHEN Fragestellungen?
- Die Ausrüstung der Gesellen ist nicht gerade severisch Die langärmeligen Kettenhemden die loricae segmentatae sind von einem zu frühen Typus (sieht zumindest so aus), die Lederwaren wie Schwertgurt und Gürtel basieren scheinbar nicht gerade auf intensiver Recherche ; etc.
- Wie üblich, (scheint mir) wird das Geld hsl. ins Metall investiert, die Kleidung bleibt auf der Strecke... Die Tunicen mit den riesigen Ausschnitten... das Material...
Summa summarum: Wie will man da eine gute Note bekommen, es sei denn der Prof kennt sich nicht gut aus...
Von angehenden Wissenschaftlern könnte man etwas mehr erwarten.(postuliert)
3 Hallo Caius,
ich denke nicht um sonst steht zu Beginn des Artikels "... Regensburger Studenten marschieren als Römer verkleidet ..."
Wobei die Betonung auf "verkleidet" liegen sollte.
Auch ganz nett finde ich das Foto von "Legionär Löffl", der nicht nur sein Handy dabei hat, sondern auch noch ein tolles T-Shirt unter seiner Tunica trägt und sich so der Presse präsentiert.
Ich kenne Darsteller denen soetwas nicht einmal im Traume einfallen würde, und das sind Leien!
Wie dem auch sei, wenn schon "experimentelle Archäologie", dann auch bitte richtig.
Da frodern einige Stimmen eine "Darsteller-Prüfung" und (angehende) Fachleute dürfen machen was sie wollen? ...
4 Achja, hätte ich fast vergessen ... *g*
Wenn man sich diesen Artikel durchließt, dann könnte man meinen das diese "Studis" Neuland betreten.
Etwas Lesen zuvor hätte evtl. gut getan, oder die Darstellung im Artikel ist falsch!
Nicht nur das es bei der Recherche zur angebrachten Kleidung und Ausrüstung zu mangeln scheint, sondern auch minderwertige Gegenstände in der "dreijährigen" Vorlaufphase angeschaft wurden.
Klar das bei Billig-Caligae aus China oder Indien sich die Nägel durchdrücken. Die hätten ja mal jemanden fragen können der schon längere Zeit auf diesen Latschen durch die Landschaft eiert.
Möchte mal wissen wer für die Kosten aufkommen darf!? Ich hoffe das dies nicht aus öffentlichen kassen bestritten wird, denn m.E. wäre da jeder Cent falsch investiert! Denn alle Erkenntnisse die die Herren Studenten zu erlangen versuchen liegen ja bereits vor. Und für pers. Grenzwerterfahrungen sehe ich keinen Vorteil für die Allgemeinheit!
5 In Ihrem Artikel "Neuzeit-Legionäre ziehen über die Alpen" sagt der Student
Löffler: "Entweder waren die Legionäre Übermenschen oder wir machen etwas
falsch."
Vermutlich trifft letzteres zu. Nicht nur hatten die römischen Legionäre
keine modernen T-shirts unter ihrer Tunica (siehe Bild 3 des Beitrags), auch
hatten sie in severischer Zeit keine langärmeligen Kettenhemden (siehe Bild
2). Insgesamt sieht die Ausrüstung der Herrschaften so aus, als hätten sie
wenig Recherche betrieben.
Der Satz "Zuvor mussten sämtliche Ausrüstungsgegenstände nachgebaut werden."
ist wohl eher ins Reich der Legenden zu verweisen. Obwohl, nein: Es wird ja
nicht gesagt, WER sie "nachgebaut" hat. Ein "Nachbau" ist in der
wissenschftlichen Terminologie eine "Rekonstruktion".
Von Rekonstruktion kann gar keine Rede sein: Die Helme, z.B. stammen von
einer indischen Firma (siehe
http://www.deepeeka.com/). Diese ist in
Fachkreisen besonders dafür bekannt, sogenannte "look-alikes" herzustellen,
die in Gewicht, Material und aussehen den Originalen bestenfalls ähnlich
sind.
Der Satz: "Schilde, Schwerter, Helme und Beinschienen entsprechen ebenfalls
den Originalen." trifft in eigentlich KEINEM Punkt zu. So ist z.B. auch das
Schwert des Standartenträgers in Bild 1 von besagter indischer Firma, und
datiert, zumindest seinem groben Aussehen nach, ins 4. Jh, ist somit nicht
severisch.
Zusätzlich stellt sich noch die Frage nach dem Sinn der Unternehmung:
"Experimentelle Archäologie" ist eine wissenschaftliche Disziplin, die
Fragestellungen fordert. Was die Fragestellungen einer wiederholten
Alpenüberquerung (Dr. M. Junckelmann hat bereits 1985 eine solche
unternommen, siehe dazu: Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus. Der
römische Soldat im archäologischen Experiment,
Kulturgeschichte der antiken Welt, Band 33, Mainz: von Zabern 2000) sein
soll, wird aus dem Artikel auch nicht so recht klar. "Helden" mögen diese
Studenten in ihren eigenen Augen vielleicht werden, aber für
wissenschaftliches Arbeiten reicht das allein nicht aus.
Mit freundlichen Grüßen,
6 Auf der Spiegel-Seite ist ein Link zu der Seite der Studentengruppe.
http://www.legion-regensburg.de/vorlindex.html
Wenn man sich dort die Teilnehmer ansieht, findet man 4 mit T-Shirt unter der Tunika.
Auch der Text unter "Durchfuehrung" ueberzeugt mich nicht so ganz.
Die Erklaerung, dass zu severischer Zeit von den Legionaeren Stiefel getragen wurden und keine Caligae, finde ich komisch.
Ich kenne bisher nur die Schuhfunde aus Mainz und da waren jede Menge Caligae dabei, m.W. auch aus dem 2. Jh.
7 So lange die Studenten, die das versuchen, als Spaß verstehen, als "ich will es auch Mal probieren" spielt allerdings natürlich die Ausrüstung weniger eine Rolle, solange das Gewicht und dessen ungefähre Verteilung einigermaßen paßt - es geht ja dabei darum, was der Mensch leisten muß und dabei für Probleme bekommen kann, nicht darum, richtig "auszusehen" - auch wenn das richtige Aussehen natürlich auch bei einem solchen Unterfangen nicht schaden würde! Problematisch wird es erst, wenn (sich selbst und/oder Dritten gegenüber) so getan wird, als ob das ganze Vergnügen in Bezug auf die Ausstattung als authentisch oder experimentell zu verstehen sei. Ob hier allerdings der Zeitungsbericht oder das Unterfangen selbst daran Schuld ist, daß es nach letzterem wirkt, muß - solange nicht mehr Informationen vorliegen - vorerst einmal offen bleiben. Bedenklich stimmt es allerdings schon.
8 Genau hier könnten und sollten sich historische Darsteller eben auch als Gruppe distanzieren und den (angehenden oder fertigen) WissenschafterInnen auch das entsprechende Feedback geben können. Und natürlich auch ernstgenommen werden, und nicht als "das sind ja die spinnerten Laien die keine Ahnung haben" abgetan werden können, weils halt eben solche und solche "Reenactors" gibt.
9 Ist es nicht als "schade" zu bewerten wenn Akademiker (oder angehende) in diesem Falle fast schon halbherzig bei der Sache sind?
Wäre es zuviel gewesen sich vor dem Marsch ausgibig in die Bibliothek zu setzen, mit einer Liste bewaffnet, um auch die Rahmenbedingungen des Experimentes mit in seine Ausführung einfließen zu lassen?
10 Das ist ja das Schlimme an der ganzen Sache! Es ist ja ein Prof. an der ganzen Aktion beteiligt, aber er scheint wirklich, wie Ray treffend bemerkt hat, bestenfalls "mal was darüber gelesen zu haben"! Dabei sollte dieser Akademiker ja, wenn er so ein Projekt unterstützt, sich eingehender mit der Materie beschäftigt haben. Irgendwie drängt sich mir der Eindruck auf, als wären bestenfalls "Hobbyrömer" im Stil eines Dan Peterson unterwegs, fragt mal Caius, der kann euch ein Lied über dessen Vorstellung des Reenactments singen.
Übrigens hat Jupp vollkommen recht, wenn er meint, daß hier nur dilletantisch vorgegangen wurde und man nur die Strapazen an sich bewältigen wollte. Nebenbei, die Strapazen wären gar nicht so groß, wenn die Ausrüstung authentisch rekonstruiert worden wäre, was eindeutig beweist, daß dieser Versuch einer pseudowissenschaftlichen Alpenüberquerung vollkommen sinnlos ist! Bin gespannt, wann die "Legionäre" beidseitig Platten haben und aufgeben.
11 Du selbst sagst ja das Studenten und Professoren bei solchen Experimenten oft den Weg des geringsten Widerstandes gehen.
Oder anders ausgedrückt; hier werden faule Kompromisse gebilligt.
Sein sie nun beabsichtigt, oder aufgrund mangelder Information zustande gekommen.
Denn sehe ich nun das Gesamtbild dieses Experimentes, dann ist die visuelle Erscheinung nicht sehr entfernt von dem, was div. Märchenkelten und Flokatigermanen auf kommerziellen Veranstaltungen präsentieren.
12 bei den StudentInnen werden 99% der Leute glauben, daß das paßt, wurscht ob es stimmt, und beim Hobby-Geschichtsdarsteller werden 80% der Leute glauben, das das zwar ein lustiger, aber trotzdem ein etwas verrückter Spinner ist, der nicht wirklich weiß, was er da tut. Dabei ist es vermutlich häufiger umgekehrt...
usw usw usw
Da gab es so viel Kritik das diese Auswahl glaube ich schon reicht....
Auf jeden Fall kann ich euch hiermit Gegenstimmen bieten, so daß ihr euch ein eigenes Bild machen könnte, unter den Kritikern finden sich übrigens auch einige wirklich gute Historiker die man als Koryphäen betrachten muß.....