Römerforschung in der DDR

Trajan

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Ave Zusammen,
mich würde interessieren, welche Forschungen in der ehemaligen DDR bezüglich des römischen Engagement, das um die Zeitenwende bis zur Elbe ausgedehnt war und in Einzelfällen sogar darüber hinaus, durchgeführt wurden.

Welche Forscher, Namen, Münzkataloge etc.pp. gibt es aus dieser Zeit und Raum?
Hat jemand nähere Kenntnis ?

Beste Grüsse, Trajan.
 
Moin,

an der Berliner Humboldt-Uni lehrt heute noch Prof. Klaus Johne in Alter Geschichte - einer der wenigen Profs, die tatsächlich aus DDR-Zeiten stammen und die Wende berufstechnisch überlebt haben.
Johnes Forschungen gehen zum Teil in die von Dir angesprochene Richtung, etwa in diesem Aufsatz:

Die Elbe als Ziel römischer Expansion, in: Rom und Germanien. Dem Wirken Werner Hartkes gewidmet, Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1983, 15 G., 37-44

Eine vollständige Publikationsliste findest Du auf der HU-Homepage.
Wale
 
.... Prof. Klaus Johne .... Die Elbe als Ziel römischer Expansion, in: Rom und Germanien. Dem Wirken Werner Hartkes gewidmet, Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1983....

Vielen Dank, ich habs gleich mal bestellt, gefunden habe ich auch noch:

Walter Pflug, Media in Germania, Eine Darstellung der römischen Expansion in Germanien, 1956, Verlag Schröter, Giessen.

Gibt es sonst noch Tips ?

Beste Grüsse Trajan.
 
Die Arbeit von Pflug habe ich zwar noch nie gelesen, weil sie wohl auch selten/regional begrenzt vorhanden sind. Er war aber wohl ein Ingenieur, der angenommen hatte, dass Magdeburg eine römische Gründung gewesen sei und es noch andere Kastelle rechts der Elbe gegeben habe. Das macht ihn heute sehr interessant für die Friebe-Anhängerschaft.
 
Schaunmermal

ashigaru schrieb:
.... Er war aber wohl ein Ingenieur, der angenommen hatte, dass Magdeburg eine römische Gründung gewesen sei und es noch andere Kastelle rechts der Elbe gegeben habe. Das macht ihn heute sehr interessant für die Friebe-Anhängerschaft.

Ave Ashigaru,

die Pflug Arbeit ist hier an der Uni Bonn vorhanden, ich werde sie wohl morgen bekommen. Schaunmermal.

Den Hinweis habe ich aus antikefan.de, aber natürlich gibts den auch bei Friebe. Als verdächtige Namen tauchen in Antikefan.de sowie bei Friebe Rogätz, Magdeburg und Aken auf.

Rogätz enthält interessanterweise wohl in seiner Stadtchronik einen Hinweis auf die römische Okkupationszeit:

Zitat aus Friebes-Forum schrieb:
.... „Aus sagenhafter Zeit berichtet uns die Altmärkische Chronika von Pastorius Christoph Entzelt, Osterburg, verlegt in Salzwedel 1736. Hier in unserer Heimat links der unteren Elbe wohnten die Longobarden, ein Stamm der Westgermanen. Jenseits der Elbe hatten die Semnonen ihre Wohnsitze. Entzelt schreibt: Endlich griff Drusus auch an Longobardos und Lacobardos, die zur Hülffe rufften die Semnones über der Elbe ... . Es baute Drusus zur Erhaltung der Lande, an der Elbe viele Kastelle ... . Item Castellum Ragusti Centurionis ist Ragetz ...."

Nun, Friebe hin und Rogätzer Stadtchronik her, nachweislich der Quellen waren wenigstens Drusus und Tiberius in der Gegend des Elbeknies tätig. An den strategisch günstigsten Stellen wird man zeitweise gelagert haben, mit welchem Aufwand auch immer.

Und da ergeben, geostrategisch gesehen, die drei obigen Verdächtigen durchaus Sinn:

(a) Magdeburg liegt auf einer trockenen und fruchtbaren Anhöhe der Magdeburger Börde und ist der nächstgelegenste Punkt des Elbeknies, den man trockenen Fusses auf der Landachse via Castra Vetera/Lippe/Weserbergland erreichen kann.

(b) Rogätz liegt etwas nördlich Magdeburgs an der Einmündung der Ohre. Dieser Punkt wäre über den kombinierten See- und Wasserweg der nächstgelegene Ort, der logistisch unter weitgehender Vermeidung des riskanten Landweges zu erreichen wäre: Via Ijselmeer/Nordseeküste in die Weser, dann in die Aller und dann via Ohre nach Rogätz.

(c) Aken liegt südlich von Magdeburg in der Nähe der Saaleeinmündung: hier ist via Wasserweg über die Saale/Unstrut und dann via Gebirgssenke bei Eisenach die Südroute nach Mainz über die Wetterau leicht anzuschliessen.

Somit wären alle drei Haupteinfallswege der Römer nach germania inferior anbindbar.

Soweit ich weiss, wurden auch einige wenige augusteiische Streumünzen zu DDR Zeiten im Bereich Magedeburg gefunden, dass muss ich aber noch genauer recherchieren. Wenn Drusus mehr als einen Sommerausflug geplant hatte, so tat er jedenfalls gut daran, sich die strategisch günstigsten Orte an der Elbe anzuschauen und ggf. zu sichern.

Schaunmermal.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Ich glaube ähnliche Funde gibt es auch rechtselbisch, wohl durch Handelsverkehr. Aber ich will da nicht näher darauf eingehen. Von einer weitesten Ausbreitung der Römer bis Barby habe ich schon gehört.
 
Brissotin schrieb:
Ich glaube ähnliche Funde gibt es auch rechtselbisch, wohl durch Handelsverkehr. .... Von einer weitesten Ausbreitung der Römer bis Barby habe ich schon gehört.

Ave Brissotin,

danke für die Info.

Ich glaube mich zu erinnern gelesen zu haben, dass sogar bis nach Estland römischer Handel nachgewiesen wurde. Wenn dem tatsächlich so wäre, dann hat es wohl ziemlich mutige Händler gegeben die sich auch ohne Schutz der Legionen sehr weit nach Nordosten hinauswagten. Soviel ich weiss, war den römisch-hellenistischen Chronisten sogar Finnland bekannt, ich glaube Tacitus erwähnt das in seiner germania.

Ja und Barby liegt natürlich perfekt linkselbisch auf einer trockenen Anhöhe an der Saaleeinmündung. Und da passt auch noch sonst einiges ganz gut, ein durchaus nachvollziehbarer Ansatz.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Ave Trajan!
Bei einer Stadtführung in Barby wurde das mal erwähnt; im Netz fand ich bis jetzt nichts darüber. Wikipedia ist da ganz gerne vorsichtiger als Stadtführer, ist ja ganz klar. Es fragt sich eben, wieviel davon Spekulation ist und wieviel archäologisch nachzuweisen. Auf die eventuelle Ursache für Häufungen von Münzfunden kommt man ja leicht.

An den wichtigen Flüssen Elbe, Oder, Havel finden sich ganz logisch auch Münzen der Römer, weil dort der Handel florierte, ich komme ja auch aus einer Stadt, die Oderanrainer ist. Die germanische Besiedlung am Barnim lässt sich bspw. nachweisen, auch wenn die Archäologie die Slawen natürlich eher belegen kann, die dann in das Gebiet nachrückten.

Leider wohne ich jetzt (wie unter meinem Avatar zu erkennen) zu weit weg, um mir nochmal die Heimatforschung anzuschauen, aber ich besuche mal wieder bei mir daheim im Dez. die Museen und schreibe dann hier meine Erfahrungen dazu. Der Fernhandel der Römer ist sicherlich ein spannendes Gebiet.
 
Pflug

Ave Zusammen:

@ashigaru:

Ich lese gerade den Pflug. In der Tat ein Dr.-Ing., dem man in jedem Kapitel seine Begeisterung für dasThema anmerkt, was ihn natürlich vom kühl sachlichen Ton des Profihistorikers unterscheidet. In seiner Diktion bleibt er aber weitgehendst sachlich und ist daher überhaupt nicht friebisch.

Besonders interessant ist er, da er in sonst wenig beachteterweise den grossen Rahmen der römischen Germanienpolitik aufspannt und in seine geostrategisch geprägten Überlegungen insbesondere den Marbodfeldzug des Jahres 6 einbaut. Das macht er rechtüberzeugend und mit interessanten Ansätzen, die dass Buch lesenswert machen.

Einen dicken Bock schiesst er allerdings, wenn er dann auch gleich die Varusschlacht auf der Linie Leipzig-Jena plaziert. Letzterer Patzer, der mit dem Erscheinungsjahr 1956 mühsam entschuldigt werden darf, sollte aber nicht dazu dienen das 102-seitige Werk als ganzes zu diskreditieren.

beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo,

bei GoogleEarth kann man neuerdings sehr gut das Römerlager in Dorlar sehen. Das bewog mich nochmal den alte Pflug "Media in Germania" rauszukramen - und siehe da, die Lagerform kam mir doch gleich bekannt vor. Der gute Ort heißt Zörbig, welcher zwischen Halle und Dessau liegt. Von bisher 16 aufgefundenen römischen Münzen ist ein Republikdenar des L. Memmius (109 v. Chr.) vertreten. Von der Keramik wurde u.a. Halterner Ware gefunden und solche der frühen Kaiserzeit aus dem Wallgraben(!).

Im Anhang findet man die Anlagen von Dorlar und Zörbig (gespiegelt und gedreht), sowie den Textauszug von Pflug.

Das dieser Mann mit seiner Varusschlachtthese nicht Recht hatte, soll hier einmal ausgeklammert werden. Im Übrigen kann man auch mehr von Waldgirmes sehen.

Grüße
 

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Ave Zusammen:

@ashigaru:

Ich lese gerade den Pflug. In der Tat ein Dr.-Ing., dem man in jedem Kapitel seine Begeisterung für dasThema anmerkt, was ihn natürlich vom kühl sachlichen Ton des Profihistorikers unterscheidet. In seiner Diktion bleibt er aber weitgehendst sachlich und ist daher überhaupt nicht friebisch.

Besonders interessant ist er, da er in sonst wenig beachteterweise den grossen Rahmen der römischen Germanienpolitik aufspannt und in seine geostrategisch geprägten Überlegungen insbesondere den Marbodfeldzug des Jahres 6 einbaut. Das macht er rechtüberzeugend und mit interessanten Ansätzen, die dass Buch lesenswert machen.



Einen dicken Bock schiesst er allerdings, wenn er dann auch gleich die Varusschlacht auf der Linie Leipzig-Jena plaziert. Letzterer Patzer, der mit dem Erscheinungsjahr 1956 mühsam entschuldigt werden darf, sollte aber nicht dazu dienen das 102-seitige Werk als ganzes zu diskreditieren.

beste Grüsse, Trajan.

Salve,
das sehe ich auch so wie Du. Der Schlüssel zur Beantwortung der Vorkommnisse hat aus meiner Sicht auch viel mit Marbod zu tun. Nachdem die Stämme bis zur Elbe unterworfen bzw. vertraglich eingebunden waren, war Marbod mit seinem Reich so etwas wie ein Stachel im römischen Fleisch, der einen Angriff rechtfertigte, wollte man nicht wieder Einfluss verlieren. So weit ich mich erinnere, war auch von einem Zangenangriff die Rede. Das macht für mich dann Sinn, wenn von Nord und Süd angegriffen wird, sonst ist das halt keine Zange. Griffe man von Süd und West an, würde man Marbod vertreiben oder zurückdrängen wollen, mit einer Zange vernichten oder unterwerfen.
Nach dem abgeblasenen Angriff war es trotz Friedensbekundungen sicher notwendig, die Gebiete gegen Marbod zu sichern, da dieser die Schwäche der Römer erkannt haben musste. Das schildert Pflug ganz gut.
Marbod muss auch irgendwie der Nachbar des Arminius gewesen sein, zumindest nicht so weit entfernt, sonst hätte Arminius nicht das Haupt des Varus dorthin gesendet und man hätte bei einem späteren Krieg auch erst andere Gebiete durchqueren müssen, halte ich für unwahrscheinlich,
Wenn Pflug vorgeworfen wird, seine Theorie zur Varusschlacht sei falsch, hieß es, er konnte keine Beweise beibringen.
Jedoch mit Verlaub, das konnte bisher auch kein anderer, in jeder Theorie gibt es Kinken, und schließlich dürfte nur eine der über 700 Theorien wahr sein, somit folglich über 700 falsch.
Johne hat 2006 ein dickes gutes Buch geschrieben, jedoch spricht er dort nur über das, was er belegen kann, ansonsten hält er sich sehr zurück, vielleicht eine Folge der Ächtung Pflugs?
Warten wir doch einfach noch ein paar Ausgrabungen ab. Dass die Römer dort im Osten wesentlich präsenter waren, als man bis vor kurzem glaubte, zeichnet sich ja bereits ab.
 
Salve,
das sehe ich auch so wie Du. Der Schlüssel zur Beantwortung der Vorkommnisse hat aus meiner Sicht auch viel mit Marbod zu tun. Nachdem die Stämme bis zur Elbe unterworfen bzw. vertraglich eingebunden waren, war Marbod mit seinem Reich so etwas wie ein Stachel im römischen Fleisch, der einen Angriff rechtfertigte, wollte man nicht wieder Einfluss verlieren. So weit ich mich erinnere, war auch von einem Zangenangriff die Rede. Das macht für mich dann Sinn, wenn von Nord und Süd angegriffen wird, sonst ist das halt keine Zange. Griffe man von Süd und West an, würde man Marbod vertreiben oder zurückdrängen wollen, mit einer Zange vernichten oder unterwerfen.
Nach dem abgeblasenen Angriff war es trotz Friedensbekundungen sicher notwendig, die Gebiete gegen Marbod zu sichern, da dieser die Schwäche der Römer erkannt haben musste. Das schildert Pflug ganz gut.
Marbod muss auch irgendwie der Nachbar des Arminius gewesen sein, zumindest nicht so weit entfernt, sonst hätte Arminius nicht das Haupt des Varus dorthin gesendet und man hätte bei einem späteren Krieg auch erst andere Gebiete durchqueren müssen, halte ich für unwahrscheinlich,
Wenn Pflug vorgeworfen wird, seine Theorie zur Varusschlacht sei falsch, hieß es, er konnte keine Beweise beibringen.
Jedoch mit Verlaub, das konnte bisher auch kein anderer, in jeder Theorie gibt es Kinken, und schließlich dürfte nur eine der über 700 Theorien wahr sein, somit folglich über 700 falsch.
Johne hat 2006 ein dickes gutes Buch geschrieben, jedoch spricht er dort nur über das, was er belegen kann, ansonsten hält er sich sehr zurück, vielleicht eine Folge der Ächtung Pflugs?
Warten wir doch einfach noch ein paar Ausgrabungen ab. Dass die Römer dort im Osten wesentlich präsenter waren, als man bis vor kurzem glaubte, zeichnet sich ja bereits ab.

Die Römer waren zwar präsent, aber Pflug hat, trotz hervorragender Argumentation, bei fast allen Hypothesen über römische Hinterlassenschaften in Mitteldeutschland einen Bock geschossen. Die Funde und Ausgrabungsbefunde sprechen eine andere Sprache. Er meint zwar, dass zu Trajans Zeiten eine Elbbrücke existiert habe, die von einem weitläufigen Brückenkopf, dem Fläming-Limes, geschützt wurde. Aber jeder Beweis fehlt bisher .
Außer den, immer im Gegenargument behaupteten, schnellen Durchzügen durch Mitteldeutschland scheint es tatsächlich nichts Bemerkenswertes gegeben zu haben.
Gruß
 
So weit ich mich erinnere, war auch von einem Zangenangriff die Rede. Das macht für mich dann Sinn, wenn von Nord und Süd angegriffen wird, sonst ist das halt keine Zange. Griffe man von Süd und West an, würde man Marbod vertreiben oder zurückdrängen wollen, mit einer Zange vernichten oder unterwerfen.
Von einem "Zangenangriff" ist im lateinischen Text (Velleius Paterculus 2,109) nicht eindeutig die Rede, nur von einem Angriff "aus verschiedenen Teilen" (diversis e partibus). Die Stoßrichtungen werden relativ klar angegeben: Sentius Saturninus sollte vom Land der Catten aus durch den Hercynischen Wald nach Boiohaemum als Herzstück von Marbods Reich vorstoßen, Tiberius von Carnuntum aus. Der Angriff sollte also vom Westen und Süden her erfolgen. Marbod sollte auch nicht von einer Zange gefasst und zerquetscht werden, sondern die beiden Armeen sollten sich an einem vorbestimmten Ort vereinigen. Die Armeen setzten sich auch in Marsch, aber zur Vereinigung kam es nicht mehr, da der Pannonische Aufstand ausbrach.

Marbod muss auch irgendwie der Nachbar des Arminius gewesen sein, zumindest nicht so weit entfernt, sonst hätte Arminius nicht das Haupt des Varus dorthin gesendet und man hätte bei einem späteren Krieg auch erst andere Gebiete durchqueren müssen, halte ich für unwahrscheinlich,
Beide Anführer führten ganze Stammeskoalitionen an.
Außerdem war es nicht so ungewöhnlich, auf Feldzügen fremde Gebiete zu durchqueren. Im alten Griechenland führten auch keineswegs nur benachbarte Poleis Krieg gegeneinander, sondern marschierten Armeen mitunter durch halb Griechenland.
 
Guten Morgen,

@ Ravenik

man kann nicht einfach die Verhältnisse von Griechenland auf jene in Germanien übertragen. An der Saale haben wir für die frühe Kaiserzeit sogar klare Abgrenzungen in den Kulturen (Rhein-Weser-Germanen vs. Elbgermanen). Wir wissen mittlerweile sogar ganz genau, dass rechts zwischen Saale und Weißer Elster einst Hermunduren saßen. Demzufolge erstreckte sich das Gebiet der Chatten links bis zur Saale. Die neuen Erkenntnisse wurden aus dem Fürstinnengrab von Profen gezogen. Ein Teil des Goldschmucks wurde nördlich der Donau bei den Quaden hergestellt (Vergleichsfunde). Die Fürstin wurde um 50/60 n. Chr. bestattet - also in jener Zeit, als auch der Salzkrieg zwischen Chatten und Hermunduren stattfand. Zu jener Zeit griff auch Vibilius massiv in die Politik der Quaden ein. Somit hat sich auch die Schlacht am Salzfluss geklärt - es ist die Thüringische Saale.

"Auch die restlichen Ausstattungstücke geben trotz schwerster Beschädigung im Bestattungsfeuer aufschlussreiche Auskünfte über das Leben dieser Dame. Die Präsentation lässt den Besucher an der Auswertung der Sachzeugnisse teilhaben. So stellt sich heraus, dass die Frau aus königlichem Geblüt der Quaden stammt, einem ursprünglich ebenfalls elbgermanischen Stamm, den es im Laufe der Zeit in das mittlere Donaugebiet direkt an die Grenze zur römischen Provinz Noricum verschlagen hat. Sie kam Mitte des 1. Jahrhunderts in unser Gebiet zu den Hermunduren – genau zu jener Zeit, als in ihrem eigenen Stamm Thronstreitigkeiten tobten, in denen wiederum nachweislich der hiesige Herrscher entscheidend Partei ergriff. Infolge dieser Unterstützung dürfte die hochedle Quadin zur Bekräftigung des Waffenbündnisses mit einem ebenbürtigen Hermunduren vermählt worden sein. Derartige Heiratsarrangements waren probate Instrumentarien der Politik."

Februar: Römer vs. Germanen ? ein bildungsbürgerlicher Klassiker bereichert die archäologische Schausammlung in Halle - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle
 
man kann nicht einfach die Verhältnisse von Griechenland auf jene in Germanien übertragen. An der Saale haben wir für die frühe Kaiserzeit sogar klare Abgrenzungen in den Kulturen (Rhein-Weser-Germanen vs. Elbgermanen).

Ja klar, und über Kulturgrenzen konnten damals Heere nicht marschieren, wenn sie sich auf einem Feldzug befanden.
Oder was ist der Sinn des Gesagten?


Wir wissen mittlerweile sogar ganz genau, dass rechts zwischen Saale und Weißer Elster einst Hermunduren saßen.
Wer weiß das denn so ganz genau?


Die Feststellung Springers
"Keine Quelle versetzt die Ermunduren nach Thüringen. Faßbar werden sie rechts der Elbe und im Donauraum."
wurde meines Wissens bis heute nicht widerlegt.


Auch die Quellenlage zu Vibilius hat sich nicht geändert:

"Der Schauplatz der Ereignisse befand sich in der Nähe Pannoniens, denn der Statthalter dieser Provinz war mit den Vorgängen befaßt, wie aus der weiteren Schilderung des Tacitus hervorgeht. Man denkt an Mähren und die Slowakei. Wir kommen immer weiter weg von Thüringen."

Und wenn eine in Thüringen bestattete Dame Schmuck aus dem Donauraum besaß, folgt daraus weder, dass sie Quadin gewesen sein muss noch dass ihr Ehemann Hermundure gewesen sein muss.
 
Von einem "Zangenangriff" ist im lateinischen Text (Velleius Paterculus 2,109) nicht eindeutig die Rede, nur von einem Angriff "aus verschiedenen Teilen" (diversis e partibus). Die Stoßrichtungen werden relativ klar angegeben: Sentius Saturninus sollte vom Land der Catten aus durch den Hercynischen Wald nach Boiohaemum als Herzstück von Marbods Reich vorstoßen, Tiberius von Carnuntum aus. Der Angriff sollte also vom Westen und Süden her erfolgen. Marbod sollte auch nicht von einer Zange gefasst und zerquetscht werden, sondern die beiden Armeen sollten sich an einem vorbestimmten Ort vereinigen. Die Armeen setzten sich auch in Marsch, aber zur Vereinigung kam es nicht mehr, da der Pannonische Aufstand ausbrach.
Beide Anführer führten ganze Stammeskoalitionen an.
Außerdem war es nicht so ungewöhnlich, auf Feldzügen fremde Gebiete zu durchqueren. Im alten Griechenland führten auch keineswegs nur benachbarte Poleis Krieg gegeneinander, sondern marschierten Armeen mitunter durch halb Griechenland.

Pflug meint aber nicht ganz ohne Berechtigung, dass es die politische Lage keinesfalls erlaubt hätte, 5 Legionen in das strategisch völlig indifferente Ems-Lippe-Gebiet zu postieren.
Gruß
 
Mal übersetzt: Wo es gefährlich wird, setzen Römer keine Truppen ein. Hä? Und das Tiberius hier gerade für Ruhe gesorgt hatte, sollte bekannt sein. Nur darum konnte man die Truppen aus Germanien abziehen.

Abgesehen davon war die Lippe ein wichtiger Versorgungsweg. Aber die Argumentation bezüglich Lippe/Ems ist sowieso sinnlos:

Wie wir aus den Germanicus-Feldzügen wissen, nahmen die Römer zu den Chatten andere Wege. Und von dort ist man recht schnell in Böhmen.
 
Pflug meint aber nicht ganz ohne Berechtigung, dass es die politische Lage keinesfalls erlaubt hätte, 5 Legionen in das strategisch völlig indifferente Ems-Lippe-Gebiet zu postieren.
Gruß

Salve,
das sagt übrigens auch Helmut Raddatz in seinem Buch Veni-Vidi-Vici 2012. Der ehemalige Grenzschutzmann erklärt dort, dass an strategisch wahrscheinlichsten für einen Aufenthalt der römischen Armee der Großraum Hall gewesen ist. Auf der Nordharz-Route wäre man schnell in Richtung Nordrhein, auf der Südharz -Route Richtung Mainz gekommen. Man hätte Marbod in Sicht und die Versorgung hätte über Elbe-Saale laufen können.:fs:
 
Dumm nur, dass die Quellen was von Chatten sagen.

Immer diese hässliche Realität. Hat schon Delbrücks Vermutung von Aliso bei Paderborn und von der Varusschlacht in der Dörenschlucht widerlegt. Und der war immerhin ehemaliger Offizier der königlich Preußischen Armee.

Das ist doch kein Quartett! Unsere Anschauungen sind für die Anschauungen der Antike irrelevant. Magdeburg und Halle mögen aus unserer Sicht toll gelegen sein. Waren sie das aber auch aus Sicht von Augustus und Tiberius? Tiberius kannte Germanien. Aber wie gut waren seine geographischen Kenntnisse wirklich? Und für wie sicher hielt er den erreichten Frieden in Germanien?

Und mindestens genauso wichtig: wie gut konnte er seine strategischen Vorstellungen in der Realität umsetzen? In Zusammenhang mit der Varusschlacht ist bezüglich der Plätze, die den Römern gehörten von Zufall die Rede...

Und Hätte-könnte-sollte ist eben deshalb keine Widerlegung von Quellen.
 
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