Römische Sagen

Tib. Gabinius

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Salvete,
nach dem Vorbild des von Lukrezia eingerichteten griech. Sagenthemas halte ich es für eine gute Idee, die Sagenwelt der Römer nicht hinten anstehen zu lassen. Zwar ähnelt und stammt vieles davon den Griechen, aber sie haben doch eine Menge reizvoller Geschichten aufzuweisen.

Beginnen möchte ich mit der Geschichte der Horatier und Curatier. (Vor allem weil eines meiner Lieblingsbilder von Jaques-Louis David eine Szene daraus zeigt :D )

Zu Zeiten der Herrschaft des Tullus Hostilius kam es auf dessen betreiben zum Krieg zwischen Alba Longa und Rom.
Da beide Völker aber eng miteinander verwandt waren, scheuten sie sich, als es zur Schlacht kommen sollte, den Kampf zu beginnen. So schlug ein Feldherr der Albaner, Mettius Fufetius vor, die besten des jeweiligen Volkes gegeneinander antreten zu lassen.
Wie der Zufall oder das Schicksal oder die Götter es so wollten, gab es in beiden Seiten Drillingsbrüder, von Alter und Stärke etwa dem anderen Trio ebenbürtig. Auf römischer Seite stammten sie aus der Familie der Horatier, auf der albanischen aus der Familie der Curatier.

Feierlich ging man einen Pakt, einen Vertrag ein, in dem besagt wurde, dass die siegreiche Seite die andere in ehrenhaftem Frieden beherschen solle.

Der Kampf selbst schließlich verlief sofort dramatisch. Kaum begonnen fiel der erste der Horatier in den Staub und hauchte sein Leben aus.
Kaum hatten sich die römischen Bürger von diesem Schock erholt, fiel auch der zweite. Doch bevor sie gestorben waren, hatten sie ihren Gegner noch jeweils eine Verwundung beigebracht. Der letzte der Horatier stand nun drei Feinden ggenüber, und so wandte er sich um und begann zu laufen. Beide Seiten der Zuschauer hielten den Kampf durch die Flucht für entschieden, und die Curatier nahmen die Verfolgung auf. Durch die unterschiedliche schwere ihrer Wunden entwickelte sich dabei jedoch eine Distanz zwischen den drei. Darauf hatte der letzte der Horatier gesetzt. Er blieb plötzlich stehen, wandte sich um und tötete den gefährlichsten, da unverletzt, der Curatier, welcher schon unmittelbar hinter ihm gewesen war und nicht mit einer derartigen Aktion gerechnet hatte.
Danach tötete er den leichter Verletzten, der als nächstes zu ihm stieß.
So verblieb nur der schwer verletzte letzte Curatier, den er nicht schonte und ebenfalls aus dem Leben beförderte.

Die Albaner waren besiegt und hielten sich an den Vertrag.
Als der Triumphzug des Siegers aber das Stadttor erreichte trat eine seiner Schwester an ihn heran. Sie war mit einem der Curatier verlobt gewesen, und hatte an diesem Tag nicht nur zwei Brüder sondern auch ihren Geliebten und ihre zukünftigen Schwager verloren.
Als sie das Gewand ihres Verlobten erkannte begann sie zu klagen, löste vor Trauer ihr Haar und schrie seinen Namen.
Der Bruder nahm dies zum Anlaß sie mit einem Schwertstich zu töten, wobei er ihren Mangel an Vaterlandsliebe und Bruderliebe beklagte. "So soll jede Römerin dahinfahren, die einen Feind betrauert." soll er gesagt haben.
Dies konnte nicht ungesühnt bleiben und noch am Tage seines Triumphes saßen auf Befehl des Königs zwei Männer, die Duumviri über ihn zu Gericht. Sie verurteilten ihn zu Tode, doch der Vater des Publius, so hieß der siegreiche Mörder, legte Einspruch ein und trug dem Volk vor, dass er, wäre die Tat nicht gerecht gewesen, als Vater seinen Sohn gerichtet hätte. Außerdem hätte sein Sohn vor wenigen Stunden Roms Ehre verteidigt. Und das Volk solle ihm sein letztes Kind lassen, nachdem er ihm schon drei geopfert hatte.
Daraufhin wurde das Urteil abgemildert, aber symbolisch mußte es vollzogen werden. So mußte er, verhüllten Hauptes unter einem Joch hindruchschreiten, welches als Schwesternbalken bekannt wurde.
 

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Der einäugige Horatius

Eine andere, geradezu unglaubliche Geschichte spricht von der Heldentat eines weiteren Horatiers.
Cocles sah mit Bestürzung, wie die römischen Wachposten vor den anrückenden Etruskern unter der Führung des Lars Porsenna flohen. Da hielt er einige der Fliehenden an und befahl ihnen, die hölzerne Pfahlbrücke über den Tiber, Roms Schwachpunkt zu der Zeit, abzureißen, während er sie verteidigte.
Spurius Larcius und Titus Herminius traten neben ihm auf die Brücke, wurden jedoch nach kurzem Gefecht mit den Feinden von Cocles fort geschickt. Da die Brücke fast zum Einsturz gebracht war, folgten sie seiner Aufforderung, während er alleine weiter der Übermacht trotzte. Diese zögerten wegen dem ungewohnten Anblick eine Weile, dann schleuderten sie ihre Speere. Diese blieben aber wie von Götterhand gelenkt alle in seinem Schild stecken, und gerade als die Gegner den Sturm anbringen wollten, brach die Brücke zusammen. Cocles aber vertraute sich mit einem kurzen Stoßgebet Tiberinus dem Flußgott an und sprang in voller Rüstung ins Wasser. Scheinbar hörte der Gott auf ihn, denn er kam unbeschadet am anderen Ufer an, nicht ein Geschoß des Feindes hatte ihn getroffen.

In einer anderen Version ertrinkt er bzw. opfert sich für sein Vaterland.
 
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Beide Sagen werden von Livius überliefert, erstere in Buch I, 24,4, zweiteres Buch II 10,8.
Plinius d. Ältere berichtet noch von einer dem Cocles gewidmeten Statue.
 
Da gibt es doch die schaurig-schöne Sage Die Vergewaltigung von Lucretia. Seit meiner Jugendzeit bin ich nie mehr auf sie gestossen.
 
Oh ja, die hatten wir damals im Lateinunterricht übersetzt! Und das in der 9. Klasse. Unsere armen Seelen...
 
Die Vergewaltigung der Lucretia

Ich nehme das als Publikumswunsch :)
Um das Jahr 509 v. Chr. war Tarquinius Superbus mit einem Krieg gegen Ardea beschäftigt, denn er hatte mit seiner Verschwendungssucht und Bauerei die Staatskasse geleert.
Während der Belagerung ließen es sich seine Söhne mit ihrem Vetter Collatinus gutgehen und zechten eines Abends über die Maße. Dabei prahlten sie, wie unter jungen Burschen üblich, mit ihren Gattinnen. Da man sich nicht einigen konnte schlug Collatinus vor, diese unangemeldet zu besuchen, um zu sehen was diese wohl in der Abwesenheit ihrer Männer trieben, um sie danach zu beurteilen.
Die Prinzesinnen fand man in geselliger Runde, Lucretia aber, die Frau des Collatinus, fand man trotz der späten Stunde noch über ihrer Wollarbeit vertieft, sittsam und tugendhaft, wie man es sich nur wünschen konnte.
Damit aber erregte sie die Begierde des Sextus Tarquinius.
Wenige Tage nach diesem Ereignis suchte er sie nachts und ohne wissen des Gatten auf. Er gestand ihr seine Liebe, bat und flehte sie an, ihm zu gewähren was er begehrte.
Als sie sich weigerte drohte er ihr schließlich, sie und einen Sklaven zu töten und beide, nackt als Liebespaar umschlungen im Bett zurück zu lassen, und so ihre Familie, ihren Gatten und dessen Familie entehre.
Da gab sie ihm nach und ließ über sich ergehen, was unvermeidlich war.
Doch sobald ihr Peiniger fort war, ließ sie nach ihrem Vater und ihrem Gatten rufen und berichtete beiden alles, wobei sie hervorhob, dass nur ihr Körper geschändet, ihr Herz aber rein bliebe.
Und obwohl Gatte und Vater sie trösteten und Rache versprachen, während sie ihre Unschuld anerkannten und hervorhoben, tötete sie sich mit den Worten: "...ich aber befreie mich, auch wenn ich mich von Schuld freispreche, nicht von der Strafe; es soll künftig keine Schamlose unter Berufung auf Lucretia leben dürfen."

Die Folge waren, das Brutus, Collatinus und Lucretius ihren Leichnam unter großer Trauer und Verzweiflung zum Forum brachten und dort eine flammende Ansprache hielten, welche eine Revolution, einen Königssturz und die Errichtung der Republik zur Folge hatte.
Nachzulesen bei Livius I 58,7
 
Scaevola

Die Sage um Gaius Mucius ist ebenfalls lesenswert.
Porsenna belagerte Rom, nachdem ihm der Brückenweg versperrt war.
Dies war so erfolgreich, dass sich belagerter Gaius Mucius genötigt sah, ein gewagtes Unternehmen zu beginne. Er holte sich die Genehmigung des Senats um die Stadt verlassen zu können, schlich sich ins feindliche Lager, nur mit einem Dolch bewaffnet und suchte nach dem König. Dieser saß aber mit seinem Schreiber über einigen Schriftstücken, und es war Gaius nicht möglich zu erkennen, wer König und wer Schreiber war. So stach er blind zu und traf nur den Schreiber.
Porsenna reagierte darauf natürlich unwirsch und ließ ihn verhaften. Doch der Römer zeigte keine Angst, im Gegenteil. Er erklärte, dass der Tod ihn nicht schrecke und weitere Anschläge folgen würden.
Nun war der König sehr interessiert an Details, aber statt zu antworten hielt der Gefangene seine rechte Hand über ein Feuerbecken. Dort ließ er sie bis sie verbrannt war und dabei zeigte er kein Anzeichen von Schmerz.
Davon war wiederum der König so beeindruckt, dass er ihn freiließ. Und obwohl er nun frei war, verriet Gaius dem Porsennas, dass 300 weitere Adlige darauf warteten, Attentate auf ihn zu verüben, bis eines gelang.
Dies veranlaßte Porsennas Verhandlungen einzuleiten und schließlich abzuziehen.
Gaius erhielt den Cognomen Scaevola, Linkhand.
Livius Buch II 12
 
Coriolanus

Gnaeus Marcius Coriolanus war ein Feldherr, welcher unter großem, persönlichen Einsatz die Volskerstadt Corioli erobert hatte und von dort seinen Cognomen bekommen hatte.
Nachdem zwei Jahre vorher das Volk aus Rom auf den heiligen Berg geogen war, um den Senat unter Druck zu setzen, war dieses betreffende Jahr eine Hungersnot ausgebrochen, da ja die Felder nicht bestellt worden waren.
Daraufhin erlaubte sich Coriolanus mehr als ein paar harsche Worte gegen das Volk und die selbstverschuldete Not, was ihm prompt eine Anklage durch die Volkstribune einbrachte. Auch der Senat war entsetzt, hatte man doch kurz vorher erst mühsam die Kluft zwischen Senat/Adel und Volk überwunden, und nun stieß ein Volksheld in diese gerade erst verheilende Wunde.
Er wurde vor Gericht gestellt, egal wie sehr die Senatoren für ihn baten oder ihren Klienten untersagten zur Verhandlung zu gehen.
Doch Coriolanus erschien nicht vor Gericht. (Nach Plutarch erschien er zwar, beleidigte das Volk jedoch nur noch tiefer und beschwerte sich über die undankbare Art)
Dafür wurde er in Abwesenheit in die Verbannung geschickt, was für einen Römer neben dem Tod das schlimmste Urteil war. Der Feldherr war darüber so entsetzt und erbost, dass er zu den Volskern ging und dort seine Dienste anbot. Diese wußten natürlich am besten, welchen Krieger sie da gesandt bekamen, und Attilus Tullius machte ihn zu seiner rechten Hand und Feldherren. Damit dieser Neuzugang auch nützlich sei, brachte er den römischen Senat dazu, alle Volsker, die anläß von Spielen in Rom weilten, auszuweisen. Aus diesem Zwischenfall entspann sich dann eine Neuauflage des Krieges, in welchem Coriolan die erst kürzlich verlorenen Gebiete für die Volsker wieder gewann und anschließend erfolgreich Latium angriff.
Zu guter letzt belagerte er Rom. Der Senat erkannte seine hoffnungslose Lage und schickte zwei mal Gesandte, beim zweiten Mal wurden sie nicht einmal mehr empfangen.
Die Frauen in der Stadt wandten sich daraufhin an die in Rom verbliebene Familie (dies war damals bei Verbannungen üblich).
So zogen die Frauen Roms, darunter Mutter, Ehefrau und Kinder des Coriolan in das feindl. Lager.
Als dieser seine Mutter erblickte wollte er sie in Arme schließen, aber sie verweigerte dies, und wollte von ihm wissen, ob sie zu ihrem Sohn oder zum Landesfeind ins Lager gekommen war. Eine herzzerreißende Szene der restlichen Familie schließlich erweichte den Mann, und er zog das Heer ab.
Was aus ihm wurde ist nicht ganz klar, vielleicht führte er ein unglückliches Leben, getrennt von Heimat, Frau, Kindern und Mutter, vielleicht erschlugen ihn die Volsker für seinen Rückzug.... so oder so ist seine Geschichte tragisch.

Nachzulesen Livius Buch II um 39 (glaube ich).
 
Brutus, der erste römische Konsul

Söhne des Tarquinius Priskus waren ganz anders geartet als der weise und gerechte Vater, der vom Volke verehrt wurde. Tarquinius Superbus, der "Stolze", errichtete eine Gewaltherrschaft des Königtums, nachdem er seinen Bruder ermordet hatte, um dessen Frau zu ehelichen. Er regierte das Land nach seiner Willkür und achtete wenig auf die Gesetze. Da erhob sich das römische Volk und vertrieb ihn aus der Stadt. Rom wurde Republik, und Konsuln traten an die Spitze der Stadtgemeinde. Tarquinius fand in Etrurien Unterschlupf, und es gelang ihm sogar, die Freundschaft des Tuskerkönigs Porsenna zu gewinnen. Er gab seine Sache nicht verloren und hoffte, sich durch Schlauheit und List des Zepters wieder zu bemächtigen.
Tarquinius Superbus besaß noch Anhänger in Rom. Sogar die Söhne des Konsuls Brutus, der ihn vom Throne gestoßen hatte, fühlten sich - am Hofe aufgewachsen - ihm innerlich mehr verbunden als den neuen Konsuln. Darauf baute Tarquinius seinen Plan. Er schickte Gesandte nach Rom, die öffentlich über die Rückgabe seines Privateigentums verhandeln sollten, insgeheim gab er ihnen den Auftrag, eine Verschwörung anzuzetteln und das Konsulat zu beseitigen.

Die Verschwörung wurde jedoch vorzeitig entdeckt. Den Gesandten des Tarquinius, die unter dem Schutz des geheiligten Gastrechts standen, wurde die sofortige Abreise nahegelegt; die mitbeteiligten Römer, auch die Söhne des Brutus, kamen vor das Konsulargericht.

Kopf an Kopf stand die Menge auf dem Forum, als die beiden Konsuln, Brutus und Collatinus, am nächsten Morgen den Prozeß eröffneten.

"Ich frage Euch, Titus und Tiberius", rief Brutus, indem er die schriftlichen Beweise ihrer Schuld in die Höhe hielt, "ob ihr das Verbrechen des Hochverrats eingestehen wollt?"

Als von den Söhnen keine Antwort kam, fällte er das Urteil: "Euer Schweigen nehme ich als Geständnis. Titus und Tiberius, die Söhne des Konsuls Lucius Junius Brutus, werden zum Tod durch das Beil verurteilt. Liktoren, waltet eures Amtes!"

Viele aus dem Volke schrien auf und baten um Gnade für die Verurteilten, während die Jünglinge von den Liktoren ergriffen und zum Richtblock geschleppt wurden. Manch einer unter der Menge barg sein Gesicht in den Händen, Brutus aber stand regungslos da, wie zu einer Bildsäule erstarrt, und sah unverwandten Blickes zu, wie seine Söhne enthauptet wurden.

Auch die Neffen des Collatinus, der die Volksversammlung für die Jünglinge um Gnade bat, wurden hingerichtet. Jetzt erst gab sich Brutus seinem Schmerze hin. Er zerriß als Zeichen tiefster Trauer sein Gewand und ließ die heilige Opferflamme entzünden.

Brutus hatte zwei Söhne verloren, Rom aber die Zuversicht gewonnen, daß die neuen Konsuln die Bürde ihres Amtes zu tragen würdig seien.

Als der erste Konsul später im Kampfe gegen Tarquinius fiel, trugen die Frauen Roms ein ganzes Jahr Trauerkleider für Brutus, den Vater der Freiheit.

Quelle: Schoppenhauer, Arthur: Enzyklopädie der Mythologie
 
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Die Fabier

Es war üblich, die Familiengeschichte ein wenig aufzupeppen, um besser da zu stehen. So führten die Julier ihre Abstammung auf die Götter zurück.

Ein wenig einfallsreicher waren die Fabier.
In ihrer Familiengeschichte spielt der Krieg gegen die Stadt Veji eine besondere Rolle.
Lange Zeit spielten die Bürger Vejis mit den römischen Legionen Katz und Maus, man überfiel römisches Gebiet, stellte sich aber nicht der Schlacht.
Nun war aber Veji nicht der einzige Gegner Roms zu dieser Zeit, und man brauchte die Legionen andernorts. In dieser Situation versprachen die Fabier, sie würden allein, ohne das es den Staat Geld oder Männer kostete, gegen Veji kämpfen.
Sie stellten 306 Mann auf, jedes kampfbereite Mitglied ihrer Familie. Diese Truppe marschierte aus, errichtete am Fluß Cremera eine Festung und überfiel von dort die Siedlungen und Gehöfte der Vejientern.
Diese zogen sich, wann immer sie der Fabier angesichtig wurden, panikartig zurück. Mit der Zeit wurden die Fabier übermütig und verließen sich auf die Feigheit ihres Feindes. Doch die hatten nur so getan und bald darauf liefen die Römer in eine Falle. Sämtliche Fabier bis auf den Jüngsten kamen ums Leben.

Doch das Ziel war erreicht. Veji war lange genug aufgehalten worden.
 
Im Fundus gekramt und gefunden:
Links oben die Geschichte des Cocles, rechts oben ermordet der Horatier seine Schwester und links unten opfert Scaevola seine Hand.
 

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Hallo Tib. Gabinius,
warum erzählst du so traurige Geschichten? Da sterben aus 2 Familien jeweils 3 Geschwister, eine Frau sogar durch den eignen Bruder. Das ist ja echter Horror.
Wie kann es sein, das die Römer sich auf solche Tragödien eingelassen haben und diese schlimme Geschichte auch noch weitererzählt haben?
 
Hallo Tib. Gabinius,
warum erzählst du so traurige Geschichten? Da sterben aus 2 Familien jeweils 3 Geschwister, eine Frau sogar durch den eignen Bruder. Das ist ja echter Horror.
Wie kann es sein, das die Römer sich auf solche Tragödien eingelassen haben und diese schlimme Geschichte auch noch weitererzählt haben?

Es ist schon eine sehr interessante Frage, inwiefern sich die Sagen und Mythen der Römer und der Griechen unterschieden. Dazu Meinungen aus dem werten Forum wären sehr interessant !

Viele Sagen der Römer sind griechischen Vorbildern entlehnt oder mehr oder weniger offen geklaut. Dennoch unterscheidet sich die römische von der griechischen Darstellung.

@Hallo Paul: Für die Römer waren eben diese Geschichten Keine Tragödien, daß ist schon einmal ein Unterschied, die Griechen hätten sie im Gegensatz zu den Römern eher als Tragödien gestaltet und gesehen, für die Römer aber waren diese Geschichten erhebend und positiv besetzt.

Das war eine ganz andere Geisteshaltung, eine ganz andere Kultur.

Auch bei den Griechen wurde der Opfertod hochgehalten, dennoch sind hier die Motive verschoben, und gerade die Römer betonten den Opfertod für das Vaterland mehr als andere zeitgenössische Kulturen. Dazu kommt immer eine gewisse Trockenheit und Nüchternheit, Primitivität in der Erzählung und Darstellung, die Griechen schmückten ihre Erzählungen mehr aus und machten sie viel blumiger und farbiger.

Darüber hinaus sind die römischen Sagen stets direkter und brutaler, Rom wird ja schon durch einen Brudermord gegründet, und das aus wirklich nichtigen Gründen. In römischen Erzählungen fällt grundsätzlich eine Geringschätzung menschlichen Lebens auf und eine noch größere Geringschätzung für die Rechte von Nicht Römern die meist nur in der Rolle von Opfern oder Feinden die dann noch zu Opfern werden vorkommen. Diese Betrachtung von anderen Völkern als Jagdbeute, als Opfer kenne ich so von den Griechen nicht. Auch fehlt den Griechen der Zug zur direkten ungeschönten Brutalität, der Kernzug der griechischen Kultur war ja mit die Schönheit, und sei es die Schönheit des Leidens, das ging den frühen Römern demgegenüber ab.

Diese Sagen spielen ja eben auch zu Teilen die Gedanken und Empfindenswelt von Völkern wieder, so bei den Griechen das Streben nach Schönheit und der Hang zur totalen Übertreibung und Ausschmückung, zur Melodramatischen Sicht auf die Welt, bei den Römern dagegen eine fast raubtierhafte Sicht und zugleich extrem nüchterne Sicht auf die anderen und ein stets extreme Züge annehmender Wille. Der absolute Wille und der Wille kein anderen neben sich zu tolerieren sind die Kernziele die die Römer selbst als Wertvoll und Wichtig bewunderten. Tatsächlich entwickelte sich diese Einstellung wohl aus dem ständigen Überlebenskampf um alles oder nichts dem das frühe Rom mehr als andere Gemeinwesen ausgesetzt war.

Ein Römer hätte eben bei solchen Erzählungen Stolz und nationale Erhabenheit und Ehrfurcht empfunden, dem Volk anzugehören, dessen Vorfahren ihre eigene Schwester bedenkenlos wegen unrömischen Denkens töteten.

Eine weitere Geschichte:

Der Raub der Sabinerinnen:

Um die neue Stadt zu bevölkern errichtete Romulus sie als eine Freistätte für Flüchtlinge aller Art und aus allen Stämmen der Nachbarschaft und da er das Bürgerrecht und Land versprach kamen immer mehr Verbannte und Abenteurer herbei. Jedoch fehlten den jungen Männern die Frauen, denn die Nachbarstämme verschmähten eine Verbindung mit ihnen. Da ließ Romulus Festspiele zu Ehren des Gottes Neptun verkünden und lockte damit die Leute von nah und fern mit ihren Frauen und Kindern herbei. Als aber die Zuschaer dem Gang der Spiele folgten, fielen die jungen Römer über die Zuschauer her und raubten die jungen Frauen und Mädchen. Am meisten traf es dabei den am zahlreichsten erschienenen Stamm der Sabiner.

Um diesen Raub zu rächen zog nun der König der Sabiner, Titus Tatius gegen die Römer ins Felde. Durch den Verrat der jungen Römerin Tarpeia (Tarpeischer Fels!) gelang es dem König der Sabiner Titus Tatius, die Burg auf dem Kapitolischen Berg einzunehmen. Im Tal, das sich vor dem Kapitolischen Berg erstreckte, standen sich schließlich die beiden Heere in erbittertem Kampfe gegenüber. Als aber die beiden Parteien aneinander gerieten, warfen sich die jungen Ehefrauen zwischen die Reihen und stifteten Frieden. "Wenn die gegenseitige Verwandtschaft, wenn der Ehebund euch zuwider ist, so richtet euer Wüten gegen uns! Wir ja sind die Ursache für den Krieg, wir der Wunden und des Mordes Anlass für unsere Männer und Väter! Lieber wollen wir zugrunde gehen als ohne die einen von euch als Witwen oder Waisen weiterleben!"
(Livius 1,13,3)

Daraufhin beschlossen beide Stämme von nun an eine Bürgerschaft zu bilden und Romulus herrschte mit Tatius fortan über die Stadt in einem Doppelkönigtum, daß aber nach dem Willen beider wieder zu einer Alleinherrschaft nach ihrem Tod werden sollte. Dies trat ein als der Sabinerkönig von einer aufgebrachten Volksmenge erschlagen wurde. Danach regierte Romulus den Staat alleine bis er bei einer Heeresschau unter Donner und Blitzen zu den Göttern entrückt wurde. Als Gott Quirinus ging er von da an in das Andenken und die Verehrung seines Volkes ein. Daher nannten sich die Römer seit dieser Zeit auch Quiriten.


Anbei: interessantererweise ist der Kult des Gottes Quirinus eben sabinischer Herkunft und dort viel länger und älter belegt. Der Kriegsgott der Latiner und ersten Römer war Mars, Quirinus ist aber der Sabinische Kriegsgott. Und zugleich eben auch der vergöttlichte Romulus. Das Volk der Sabiner war ein Teil der indogermanischen Sabeller in Mittelitalien. Sie waren unmittelbare Nachbarn der Römer und kamen 290 v. Chr. endgültig unter deren Herrschaft. Städte des Sabinerreiches waren unter anderem: Cures, Amiternum, Reate, Nomentum und Nursia.

Tib. Gabinius: Publikumswunsch: Die Sage von Romulus und Remus, umfangreich und mit vielen Details, und und und
 
Romulus und Remus

Argl...konnts nicht ne kleine Geschichte sein Quintus ...na dann will ich mal...
Aber vorher noch ein paar Worte zur Ergänzung deiner hervorragenden Ausführungen.
Paul, den Geschichte kannst du vor allem eines entnehmen, Opfermut. Das weh und wohl des einzelnen wurde unter das des Staates gestellt. Das Individuum verschwindet in der Bedeutungslosigkeit. An erster Stelle kommt der Staat und ein absoluter Patriotismus. An zweiter Stelle kommen Familie und die Patrone, erst dann darf man sich selbst nach vorne drängen.
Vielleicht wird das gemeinte mit der Geschichte der Decii, die ich im Anschluß an die Romulus-Sage erzählen werde.


Die Sage um die Gründung Roms existiert in verschiedenen Versionen.
Mit die bekannteste dürfte folgende sein:
Aneas, der Mann, der seinen Vater auf dem Rücken aus dem brennenden Troja trug, hatte einen Sohn Namens Ascanius. Eben dieser hatte die Stadt Alba Longa gegründet, über welche seine Nachfahren beherrschten.
An elfter Stelle nach Acansius' Sohn Silvius folgte Proca als König. Dessen beide Söhne wiederum gerieten ob der Herrschaft in Streit. Numitor, der ältere, war seines Vaters rechtmäßiger Erbe, doch sein Bruder Amulius neidete ihm dies. So stürzte er ihn, ermordete seine Söhne und, man kann es als Gnade oder als Boshaftigkeit sehen, zwang seine Tochter Rea Silvia in die Reihen der Vestalinnen einzutreten, der jüngfräulichen Priesterinnen, um zu verhindern, dass sie Kinder gebäre.
Aber da hatte er nicht mit den Göttern gerechnet. Rea Silvia wurde im Traum (nach anderer Version während sie Wasser aus einem heiligen Hain herbeibrachte) von Mars vergewaltigt, zumindest gab sie dies an.
Nun konnte damit ihr Onkel aber nicht zufrieden sein, war die Familie seines Bruders nun doch fortgesetzt, göttlicher Einfluß hin oder her. So befahl er, seine Nichte in Ketten zu legen und, als sie geboren waren, die männlichen Zwillinge, denn solche waren es, im Fluß Tiber zu ertränken.
Doch wie Knechte so sind, wurde dieser Befehl ehernachlässig ausgeführt. Aus Angst vor dem Zorn des göttlichen Vaters oder aus einer barmherzigen Anwandlung oder aus Sympathie zum eigentlichen König und dessen Familie setzten diese die Kinder einen Korb und ließen diesen den FLuß hinunter treiben.
Die Kleinen wurden in der nähe des ruminalischen Feigenbaums angetrieben. Dies mußte wohl die Aufmerksamkeit der Göttin Rumina erregt haben, denn diese war die Schutzgöttin für Kinderwachstum. Kurz darauf erschien eine Wölfin an der Stelle und säugte die beiden ausgehungerten Babys.
Ein Hirte namens Faustulus fand die Zwillinge schließlich und nahm sie mit zu sich nach Hause. Interessanterweise soll seine Frau Laurentia eine Lupa, eine Prostituierte gewesen sein, wobei das Wort auch einen weiblichen Wolf bezeichnet.

Unter solchen Umständen wuchsen Romulus und Remus, die Zwillinge, behütet auf. Doch hatten sie schon früh die Tendenz ihren ererbten Rang als Führer einzunehmen, und so gründeten sie eine Bande, die Banditen überfiel und die Beute unter den Hirten verteilte.
Die Banditen sahen kurze Zeit zu, dann fassten sie den Plan zurück zu schlagen.
Am Hirtenfest der Luperkalia bekamen sie durch List und Tücke den Remus in die Hände, Romulus jedoch konnte fliehen.
Damit ihnen nicht Mord vorgeworfen werden konnte und um die Bande der Zwillinge unschädlich zu machen brachten sie Remus vor Amulius und behaupteten, die Diebstähle der letzten Zeit gingen auf diesen und seinen Bruder zurück.
Amulius gab diesen Fall uninteressiert an seinen gestürtzten Bruder Numitor weiter, obwohl seine Hinrichtung schon beschlossene Sache war.
Dies bekam Faustulus mit und griff ein. Er berichtete Numitor, wie die beiden von den Göttern geschützt zu ihm gekommen waren. Doch Numitor kombinierte und kam zu einem freudigen Schluß.
Angesichts dieser Lage versammelten sie alle Hirten und unter Faustulus und Remus drangen sie in den Königspalast ein und töteten Amilius während Numitor in die Burg einbrach und sich seinen rechtmäßigen Rang zurück holte.

Unter der Herrschaft des Numitor wurde blühte das Land auf und bald war die Stadt Alba überbevölkert. Die Prinzen wollten daraufhin die Neugründung einer weiteren Stadt übernehmen. Doch, das Elend der Herrschsucht, der Machtgier und der Geltungsansprüche stellte sich wie bei ihren Großeltern ein. Um den Streit, wer denn nun offizieller Stadtgründer und Namensgeber sein sollte zu schlichten wurden Auspizien befragt. Um also die Vogelschau zu betreiben stellte sich Romolus auf dem Palatium auf, während sein Bruder auf dem Aventin die Zeichen der Götter erwartete.
Remus erblickte als erstes etwas, als sechs Geier am Himmel ihre Kreise zogen.
Romulus aber sah nur kurz darauf ein dutzend dieser Tiere am Himmel. Nun war es Auslegungssache, welches Zeichen bedeutsamer war, das erste oder das größere. Darüber entstand ein heftiger Streit und in dessen Verlauf erschlug Romulus seinen Bruder.

Zwei andere Versionen sollten angeführt werden. Die eine, von Plutarch stellt die Entstehung der Zwillinge etwas anders dar.
Dem König von Alba Tarchetius erschien ein Wunder. Aus seinem Herd stieg Rauch auf und formte einen Phallus. Der verschwand auch nicht wieder, und so ließ er das Orakel der Tethys befragen, die ihm weissagte, eine Jungfrau würde von diesem Glied einen Sohn empfangen von höchster Kraft und Tapferkeit, der es weit bringen würde.
Um die Vorteile eines solchen Nachfolgers zu kommen, befahl er einer seiner Töchter, sich mit der Erscheinung auseinander zu setzen, doch diese dachte nicht daran und schickte an ihrer Stelle eine Dienerin, die sich da offensichtlich nicht bitten ließ.
Als der König dahinter kam wollte er seine Tochter und die Dienerin hinrichten lassen. Doch die Göttin Vesta erschien ihm im Traum und Verbot dieses vorhaben, so ließ er sie ein Gewebe herstellen. Wenn sie dieses vollendeten wollte er ihnen die Freiheit und gute Ehemänner geben. Nachts aber kamen andere Frauen und lösten das Gewebe wieder auf.
Als die Dienerin dann endlich die Zwillinge gebar wurden diese einem Knecht übergeben, der sie aber, wie in der anderen Version nicht tötete sondern aussetzte.

Die zweite wichtige Version bezieht sich auf den zweiten Brudermord.
Die Zahl seiner Anhänger ließ Romulus den Disput zwischen seinem Bruder und ihm gewinnen. So zog er eine Furche und ließ eine erste Mauer errichten.
Remus aber soll diese übersprungen haben um seinen Zwilling zu verspotten. Diese Schmach ließ Romulus nicht auf sich sitzen, zumal nach altem Recht jede Mauer einer Stadt heilig sei, und er erschlug kurzerhand seinen Bruder. Dabei soll er gerufen haben: "So ergehe es zukünftig jedem, der meine Mauern überspringt!" (Livius Buch I 7,2)

Nach dieser schaurigen Tat setzte er sich als Herrscher ein und nannte die neue Stadt nach sich selbst.
40 Jahre regierte er. Eines schicksalhaften Tages soll er seine Truppen einer Musterung unterzogen haben. Plötzlich fiel ein Unwetter über das Marsfeld her und umhüllte ihn mit einer dicken Wolke. Als diese sich verzogen hatte, war er verschwunden. Ein paar Älteste, die in seiner nähe gestanden hatten erklärten sofort, er wäre in die Höhe entführt worden, doch andere Stimmen glaubten, die Unstimmigkeiten mit den Ältesten hätten sie zu seiner Ermordung geführt.
Ein Albaner namens Iulius Proculus aber hielt vor den Römern eine Ansprache, in der er behauptete, Romulus wäre ihm erschienen und hätte ihm befohlen den Römern zu verkünden, sein Rom sei ausersehen den Weltkreis zu beherrschen und nichts den römischen Waffen standhalten könne, wenn sie das Kriegswesen pflegten.

Hiernach verschwanden die skeptischen Stimmen und Romulus wurde als Gott Quirinus verehrt und auf dem Quirinal wurde ihm geopfert.

Ein auffallendes Detail am Rande: Ascanius, Sohn des Aeneas wurde von den Römern auch als Iulus bezeichnet und wird später von den Iuliern als Ahnherr herangezogen. Auch soll der erwähnte Iulius Proculus aus der Familie stammen.

Wichtig ist auch die Verbindung mit Aeneas, die wohl erst im Laufe der Zeit entstanden sein dürfte.
Ebenso ein interessantes Detail, zwar erhielt Quirinus sofort einen Priester und einen Ort der Anbetung, aber ein Tempel wurde ihm erst ein paar jahrhunderte später errichtet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Decii und Manlii, zwei opfernde Familien

Der Konsul Publius Decius hatte die Ehre oder das Pech, in einer Schlacht gegen die Latiner zu erleben, wie der Flügel seiner Armee zurück gedrängt wurde. Da fasste er einen heroischen Entschluß. Er wollte sich den Göttern opfern, indem er sich in die feindlichen Reihen warf. Dies nannte sich Devotio, Selbstaufopferung.
Dazu kleidete er sich sorgsam und den Sitten entsprechend in seine Toga, verhüllte sein Haupt und ließ sich von einem Priester eine Eidesformel vorsprechen. Danach ritt er gegen den Feind und kam in deren Geschoßhagel um. Kaum war dies geschehen, da wendete sich das Kriegsglück und die Latiner verloren die Schlacht.

Im Zusammenhang mit dieser Schlacht ließ sich ein junger Mann zu einem Zweikampf herausfordern, obwohl dies ausdrücklich untersagt war. Leider war er zudem auch noch der Sohn des zweiten Konsul dieses Jahres, Titus Manlius Torquatus. So mußte dieser seine Hinrichtung anordnen, und er wohnte ihr auch bei, verzog aber keine Miene, als sein Sohn sein Leben verlor.

Der decischen Familie war das Schicksal nicht alleinig treu, und so kam es, dass Publius Decius' Sohn ebenfalls zu einer devotio greifen mußte, als die zusammen marschierenden Heere der Gallier und Samniten die Römer zu überwältigen drohten. Auch hier siegten sie letztlich, und dominierten nach diesem Krieg Italien.
 
Um einmal ein bißchen positives hier einfließen zu lassen:
Valerius Maximus berichtet in seinen "Denkwürdige Taten und Worte" von einem unbekannten Vater, der erfahren hatte, dass sein eigener Sohn ihn ermorden wollte.
Daraufhin wandte er sich an seine Frau und bat sie, ihm zu sagen, ob das Kind von einem anderen Manne stamme. Als diese ihm versicherte, der Junge sei von ihm und niemand sonst nahm er ihn mit an einen entlegenen, stillen Ort.
Dort gab er ihm ein mitgebrachtes Schwert und entblößte seine eigene Kehle. Sein Sohn brauche kein Gift oder einen Schläger und Mörder.
Von dieser Tat sofort belehrt warf der Sohn das Schwert von sich und bat den Vater nicht um Gnade, sondern nur darum, dass er ihn überlebe.
Die Lehre, die Valerius zieht: "Die Einsamkeit war wirkungsvoller als die Sprache des Blute, die Wälder friedenstiftender als das Haus das Schwert gewinnender als die elterliche Sorge, das Angebot, freiwillig zu sterben überzeugender als das Geschenk des Lebens!" Valerius Maximus Buch V 10
 
De Papirio Praetextato

Die Geschichte des Jungen Papirius ist eine der wirklich lustigen Geschichten, die auch heute noch ein Lachen hervorrufen können.

Es gab eine Zeit, da war es Sitte, dass die Senatoren ihre Söhne, die gerade die Toga Praetextata trugen, mit in den Senat nahmen, um diese anzulernen.
Nun nahm sein Vater den Knaben Papirius just an einem Tag mit, als etwas bedeutendes diskutiert wurde, aber nicht zu einem Ende kam. Also beschloß man, es zu vertagen, aber niemand solle ein Wort verlauten lassen.
Als der Knabe aber nach Hause kam überfiel ihn seine Mutter fast, in dem begehren, Informationen von ihm zu bekommen.
Da der Junge schwieg, wurde ihre Neugier nur noch mehr geweckt. Sie bedrängte ihn lang, und schließlich gab der Knabe scheinbar nach.
Er berichtete seiner Mutter dass im Senat darüber beraten worden war, ob es nicht besser sei, wenn ein Mann zwei Frauen oder eine Frau zwei Männer heiraten dürfe.
Das traf die Mutter und sie beeilte sich, es ihren Freundinnen mitzuteilen.
Am nächsten Tag staunten die Senatoren nicht schlecht, als eine große Menge Mütter vor der Kurie aufmarschierte. Mit flehenden Stimmen, Tränen in den Augen und großem Klagen forderten sie, dass eher eine Frau zwei Männer haben dürfe, als ein Mann zwei Frauen.

Als die Senatoren, in der Kurie unter sich, verwundert fragten, was denn dieses Verhalten solle, trat der Knabe Papirius vor und erklärte, was seine Mutter gefordert, und was er geliefert habe, nämlich eine Lüge mit klaren Folgen.
Die Senatoren lobten seine Intelligenz schon in Jungen Jahren und seine Zuverlässigkeit, der eigenen Mutter gegenüber so standhaft gewesen zu sein.
Daraufhin erließen sie ein Verbot, dass die Väter ihre Kinder mitbringen durften, die einzige Ausnahme war jener Papirius, der zudem den Ehrennamen Praetextatus erhielt, da er solches volbrachte, obwohl er noch in diesem Alter war.
 
Die Gänse des Kapitols

Einst geschah es, dass sich vom Norden her keltische Völkerscharen [1] gegen Rom wendeten. Die Römer verachteten diese barbarischen Gallier, doch ihr Anblick ließ sie auch erzittern.

Es war an der Allia [2], wo das Römerheer auf die hünenhaften Gallier traf. Die Römer mussten sich dem wilden Ansturm geschlagen geben, und nur wenige Streiter konnten sich in den Schutz der römischen Mauern retten.

Nun war es Markus Manlius, der als Befehlshaber Rom verteidigen sollte. Zuerst wies er die ganze Bevölkerung an, die Stadt zu verlassen, weil er sie nicht schützen konnte. Dann schickte er seine Männer zum Kapitol [3] hinauf, um der Belagerung in steiler Höhe standzuhalten.

Doch einer der Gallier hatte bei einem Rundgang einen verborgenen Zugang entdeckt. Dort stieg des Nachts eine Anzahl mutiger Männer hinauf, um die Römer im Schlafe zu überraschen. Schon waren sie lautlos bis an den Mauerrand vorgedrungen, und noch immer zeigte sich kein Posten auf dieser Seite.

Da fingen die heiligen Gänse ängstlich an zu schnattern, die zu Ehren der Göttin der Juno [4] auf dem Kapitol gehalten wurden. Markus Manlius erwachte und stürzte eilig zu der unbewachten Stelle. Dort stieß er den vordersten Eindringling von der Mauerkante, worauf dieser die Nachfolgenden mit sich riss.

Trotz dieser wundersamen Rettung konnte sich die tapfere Besatzung auf Dauer nicht halten. Der Führer der Gallier, Brennus genannt, erklärte sich aber für tausend Pfund Gold bereit, mit seinem Heere abzuziehen.

Den Römern blieb keine andere Wahl, sie mussten die Bedingung erfüllen. Da ging man vor die Tore der Stadt, um das kostbare Metall zu wiegen. Doch schon bald beklagten sich die Römer, dass die Gallier falsche Gewichte hätten. Brennus lachte nur laut, nahm sein Schwert und warf es zum Gold in die Waagschale. Streng schaute er die Römer an und rief mit drohender Stimme: "Wehe den Besiegten!" So lernten die Römer, dass im Krieg Besiegte keine gerechte Behandlung erwarten durften.


Ein schönes Beispiel, wie man Sagen auch Kindern nahe bringen kann.
http://www.zzzebra.de/lesekorb/index.asp?themaid=30&titelid=335

Von einem unbekannten Verfasser stammt diese Version:
http://gutenberg.spiegel.de/sagen/rom/gallier.htm

Und wer ad fontes steigen will:

Die Gallier besiegen die Römer am 18. Juli (nach Livius 390 oder abweichend 387) an der Allia (dies Alliensis), sie erobern Rom und brennen es nieder. Einige Senatoren und der Pontifex maximus Marcus Folius Flaccinator bleiben voller Stolz in der Stadt und werden getötet. Die übrigen Römer verschanzen sich unter dem Kommando des Marcus Manlius Capitolinus auf dem Kapitol, das die Gallier sieben Monate lang belagen (Plut.Cam.30; Polyb.2,22,5).
Der Umschwung kommt von den Römern in Veii. Sie schicken Pontius Cominius auf das Capitol, damit die römische Magistratur Camillus zurückrufe (Liv.5,46). Auf seinen Spuren versuchen die Gallier, die Burg zu besteigen. Doch gelingt es dem Kommandanten Marcus Manlius, sie mit Hilfe der heiligen Gänse der Iuno zu verteidigen.


http://www.gottwein.de/roge/his_0390.htm
 
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